TE OGH 1990/5/23 9ObA116/90

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Veröffentlicht am 23.05.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang Adametz und Eduard Giffinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei L*** Baugesellschaft mbH, St. Michael, Hauptstraße 35, vertreten durch Dr. Heinz Kallan, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei B***-U***- und

A***, Wien 5., Kliebergasse 1 a, vertreten durch

Dr. Gustav Teicht und Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 135.045,98 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 31.Jänner 1990, GZ 8 Ra 115/89-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Arbeits- Sozialgericht vom 29. Mai 1989, GZ 21 Cga 105/89-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 21.314,80 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (davon S 1.885,80 Umsatzsteuer und S 10.000,- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Franz J*** war bei der klagenden Baugesellschaft, einem nunmehr dem § 2 Abs. 2 lit a BUAG unterliegenden Unternehmen, vom 12. September 1951 bis 3.Jänner 1955 als Maurerlehrling, anschließend als Maurer und ab 1.März 1974 als Polier im Angestelltenverhältnis beschäftigt. Am 6.März 1989 beendeten die Arbeitsvertragsparteien dieses Arbeitsverhältnis einvernehmlich wegen Pensionierung des Arbeitnehmers. Die Klägerin zahlte Franz J*** die ihm zustehende Abfertigung im Ausmaß von 12 Monatsentgelten. Die Klägerin begehrt von der beklagten B***-U***- und A*** (im folgenden auch kurz: BUAK), gestützt auf

§ 13 b Abs 8 Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungs-BUAG den aliquoten Rückersatz der an Franz J*** gezahlten Abfertigung in der außer Streit gestellten Höhe von S 135.045,98 sA; nach der zitierten Bestimmung habe der Arbeitgeber Anspruch auf anteilsmäßige Refundierung der gezahlten Abfertigung, wenn für eine Abfertigung nach dem Angestelltengesetz gemäß § 23 Abs 1 AngG auch Beschäftigungszeiten nach dem BUAG berücksichtigt wurden. Diese Refundierung habe entsprechend dem Verhältnis zwischen den zurückgelegten Beschäftigungszeiten nach dem BUAG und der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses zu erfolgen. Unter Berücksichtigung dieses Maßstabes und der Übergangsregelung des Art V Abs 11 BUAG ergebe sich ein Betrag von S 135.045,98. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß § 13 b Abs 8 BUAG nur dann anzuwenden sei, wenn der Arbeitnehmer nach dem Inkrafttreten des BUAG, also nach dem 1. Oktober 1987 in das Angestelltenverhältnis übergetreten sei. Vor dem 1.Oktober 1987 geleistete Vordienstzeiten seien von der Beklagten nur zu übernehmen, wenn der Arbeitnehmer am 1.Oktober 1987 im Sachbereich der Abfertigungsregelung des BUAG beschäftigt gewesen sei. Es müsse also am 1.Oktober 1987 noch ein den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes unterliegendes Arbeitsverhältnis vorhanden gewesen sein; dies treffe aber auf Franz J***, der schon 1974 Angestellter geworden sei, nicht zu. Der nur pro futuro anzuwendende § 13 b Abs 8 BUAG habe den Zweck, Unbilligkeiten auszugleichen, die dadurch entstehen, daß der Arbeitgeber für einen Arbeitnehmer Zuschläge für dessen Abfertigung an die Beklagte zu entrichten habe, später aber bei Übernahme dieses Arbeitnehmers in das Angestelltenverhältnis diesem trotzdem diese Zeiten gemäß § 23 Abs 1 AngG auf den Abfertigungsanspruch anrechnen müsse. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Bestimmung des § 13 b Abs 8 BUAG sei erst am 1.Oktober 1987 in Kraft getreten. Nach der Übergangsbestimmung des Art V Abs 4 BUAG seien Arbeitnehmern, die am 1.Oktober 1987 bei einem dem Sachbereich der Abfertigungsregelung unterliegenden Arbeitgeber beschäftigt gewesen seien, alle bei diesem geleisteten und dem Bauarbeiter-Urlaubsgesetz 1972 (BArbUG) unterlegenen Beschäftigungszeiten für die dreijährige Anspruchsvoraussetzung sowie für einen Abfertigungsanspruch anzurechnen, soferne diese in den Sachbereich der Abfertigungsregelung fallenden Beschäftigungszeiten unter Berücksichtigung kollektivvertraglicher Regelungen einem Abfertigungsanspruch nach dem Arbeiter-Abfertigungsgesetz (ArbAbfG) zugrundezulegen wären und nicht für eine Abfertigung herangezogen wurden. Franz J*** sei aber schon ab 1.März 1974 als Angestellter der Klägerin beschäftigt worden, das Arbeiter-Abfertigungsgesetz hingegen erst am 1.Juli 1979 in Kraft getreten. Für das am 28.Februar 1974 beendete Arbeiterdienstverhältnis des Franz J*** sei daher bei der Beklagten ein Abfertigungsanspruch nach dem Arbeiterabfertigungsgesetz nicht begründet worden. Auf die Beschäftigungszeiten des Franz J*** nach dem 1.März 1974 finde das BUAG keine Anwendung.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und sprach dieser den begehrten Betrag von S 135.045,98 sA zu. Die Bestimmung des § 13 b Abs 8 BUAG sehe ausdrücklich vor, daß der Arbeitgeber dann, wenn er an einen Angestellten eine Abfertigung nach dem Angestelltengesetz auszahle und dabei Beitragszeiten nach dem BUAG, also Zeiten, die der Arbeitnehmer als Lehrling oder Arbeiter im Baugewerbe zugebracht habe, berücksichtige, einen Anspruch auf anteilsmäßige Refundierung dieser Abfertigung habe. Dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, daß der Rückersatzanspruch nur dann bestehe, wenn der die Abfertigung empfangende Arbeitnehmer am 1. Oktober 1987 unter das BUAG gefallen sei.

Auch das Erfordernis des Art V Abs 4 BUAG sei erfüllt. Franz J*** sei am 1.Oktober 1987 bei einem dem BUAG unterliegenden Arbeitgeber beschäftigt gewesen. Auch wären seine Vordienstzeiten im Sinne des Arbeiter-Abfertigungsgesetzes anrechenbar gewesen. Wäre nämlich Franz J*** nicht am 1.März 1974 in das Angestelltenverhältnis übernommen worden, so hätte er bei seinem Übertritt in den Ruhestand am 6.März 1989 gegenüber der Beklagten Anspruch auf eine Abfertigung gehabt. In diesem Fall wären alle bei seinem Arbeitgeber geleisteten Beschäftigungszeiten für die Anspruchsvoraussetzung anzurechnen gewesen. Da nun die Abfertigung nicht von der Beklagten, sondern von der Klägerin als Arbeitgeberin gezahlt worden sei, habe diese anteilsmäßig Anspruch auf Refundierung ihrer Leistungen.

Die Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragt, das Ersturteil wiederherzustellen.

Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Die Revisionswerberin macht geltend, daß § 13 b Abs 8 BUAG erst am 1.Oktober 1987 in Kraft getreten sei und eine Übergangsvorschrift, die sie verpflichte, Abfertigungen aus Dienstverhältnissen von Angestellten teilweise zu refundieren, wenn der betreffende Arbeitnehmer vor dem 1.Oktober 1987 in den Geltungsbereich des Bauarbeiter-Urlaubsgesetzes (1972) gefallen sei, also Bauarbeiter gewesen sei, nicht bestehe. In Art V BUAG sei genau geregelt, welche zurückliegenden Dienstzeiten eines Arbeitnehmers von der Beklagten zu übernehmen (und bei der Berechnung der Abfertigung zugrunde zu legen seien). Art V Abs 4 BUAG sei auf Franz J*** nicht anzuwenden, weil er am 1.Oktober 1987 keinen Abfertigungsanspruch nach dem ArbAbfG gehabt hätte. Art V Abs 6 BUAG habe nur dem Umstand Rechnung getragen, daß infolge des rückwirkenden Inkrafttretens dieses erst am 23.Dezember 1987 kundgemachten Gesetzes in der Zeit zwischen Inkrafttreten (1.Oktober 1987) und Kundmachung (23.Dezember 1987) Abfertigungsansprüche, die nach dem BUAG eigentlich die Beklagte hätte erbringen müssen, durch den Arbeitgeber zu erfüllen waren. Nur aus diesem Grunde sei dem Arbeitgeber ein besonderer Refundierungsanspruch eingeräumt worden. Diese Sonderregelung lasse aber nicht den Schluß zu, daß die Beklagte auch sonst zur Refundierung der auf frühere Bauarbeiterdienstzeiten entfallenden Abfertigung verpflichtet sei. Die Bestimmung des § 13 b Abs 8 BUAG habe nur den Zweck, eine doppelte Anrechnung von Dienstzeiten auszuschließen, die dadurch zustande käme, daß der Arbeitgeber nunmehr auch für die Abfertigung Zuschläge zum Lohn der Bauarbeiter an die Beklagte zu entrichten habe und einem Bauarbeiter trotzdem bei Übernahme in das Angestelltenverhältnis die gesamte Dienstzeit als Arbeiter auf den späteren Abfertigungsanspruch anrechnen müsse. Dieses Problem bestehe nur in der Zukunft, nicht aber für die Vergangenheit, weil der Arbeitgeber ja bisher keine Zuschläge für die Abfertigung entrichten habe müssen.

Diesen Ausführungen ist im wesentlichen zu folgen.

Wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 20. Mai 1987, 14 Ob 78/87 (RdW 1988, 170; ähnlich 9 Ob A 26/90 vom 14. Februar 1990) dargelegt hat, ist das durch Art I des Bundesgesetzes vom 25.November 1987 in "Baurbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz - BUAG" umbenannte bisherige Bauarbeiter-Urlaubsgesetz (1972) (schon in seiner ersten Fassung) im Jahre 1946 aus der Notwendigkeit entstanden, für Bauarbeiter, die in der Regel die für einen Anspruch nach dem Arbeiter-Urlaubsgesetz erforderliche Beschäftigungszeit nicht erreichen, die Möglichkeit zu schaffen, ebenfalls einen (bezahlten) Urlaub in natura nehmen zu können. Nach dem geltenden System entrichtet der Arbeitgeber an die Bauarbeiter-Urlaubskasse (nunmehr: B***-U***- und A*** ÄBUAKÜ) einen Zuschlag zum Lohn (§ 21 BUAG). Die BUAK zahlt dem Arbeitnehmer - nach Erfüllung der Anwartschaft für den Urlaub - bei Urlaubsantritt ein Urlaubsentgelt (§ 8 BUAG). Dieses System wurde mit dem Bundesgesetz vom 25.November 1987 auf die Zahlung von Abfertigungen ausgedehnt. Es sollte damit eine speziell auf die Verhältnisse in der Bauwirtschaft zugeschnittene Regelung geschaffen werden, um den Arbeitnehmern trotz der branchenüblichen Unterbrechungen der Arbeitsverhältnisse (insbesondere während der Wintermonate) den Erwerb eines gesetzlichen Abfertigungsanspruches zu ermöglichen (AB 382 BlgNR 17.GP 1; 9 Ob A 138/89). Der Abfertigungsanspruch kann bei der Pensionierung oder dann geltend gemacht werden, wenn der Arbeitnehmer länger als ein Jahr nicht mehr in der Bauwirtschaft tätig ist. Der Anspruch richtet sich ebenso wie jener auf das Urlaubsentgelt gegen die BUAK; die Finanzierung dieser zusätzlichen Aufwendungen erfolgt - wie für die Urlaubsregelung - durch einen vom Arbeitgeber zu entrichtenden Zuschlag zum Lohn, der allerdings erst ab 1.Jänner 1990 eingehoben wird (AB 2; Art V Abs 10 BUAG). Die BUAK übernahm mit dem Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Regelung am 1. Oktober 1987 (grundsätzlich) alle bisherigen Beschäftigungszeiten, soweit sie aufgrund des Arbeiter-Abfertigungsgesetzes in Verbindung mit kollektivvertraglichen Bestimmungen einem Abfertigungsanspruch zugrunde zu legen wären (AB 2).

Gemeint ist mit diesen kollektivvertraglichen Bestimmungen der seit 1972 schrittweise verbesserte Kollektivvertrag für das Baugewerbe, der Bauarbeitern unter bestimmten Voraussetzungen (insbesondere Wiedereinstellungszusage) trotz einer - bestimmte Höchstgrenzen nicht überschreitenden - saisonbedingten Unterbrechung ihres Arbeitsverhältnisses Abfertigungsansprüche gewährte (siehe dazu im einzelnen Adametz-Schenk-Tschepl, Komm zur Abfertigung für Bauarbeiter Ä1982Ü, Martinek-Widorn, Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz Äim folgenden: BUAGÜ 32 ff; zur Auslegung dieses Kollektivvertrags siehe Arb 10.447; RdW 1987, 61).

Die Bestimmung des § 13 b Abs 8 BUAG (der die im vorliegenden Prozeß strittige Refundierungsbestimmung enthält) regelt gemeinsam mit Abs 9 die Abgrenzung von Abfertigungsansprüchen nach dem BUAG gegenüber solchen nach dem AngG. Die Notwendigkeit einer Abgrenzung ergibt sich bei der Übernahme eines dem BUAG unterliegenden Arbeitnehmers ins Angestelltenverhältnis. Gemäß § 23 Abs 1 AngG idF des Art II ArbAbfG sind nämlich alle Zeiten, die der Angestellte in unmittelbar vorangegangenen Arbeitsverhältnissen als Arbeiter oder Lehrling zum selben Dienstgeber zurückgelegt hat, für die Abfertigung anzurechnen. Das BUAG geht bei der Abgrenzung gegenüber dem AngG vom Grundsatz der Nichteinwirkung auf die durch die Verwendung des AngG jeweils geschaffene Rechtssituation aus. Es liegt ausschließlich an den beiden Kontrahenten, wie sie die vor dem Arbeitsverhältnis als Angestellter liegenden Arbeiterzeiten behandeln (Martinek-Widorn aaO 169 f). Gemäß § 13 b Abs 8 erster Satz BUAG sind Beschäftigungszeiten nach diesem Bundesgesetz, die nach § 23 Abs 1 AngG in der jeweiligen Fassung für eine Abfertigung nach dem Angestelltengesetz berücksichtigt werden, für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 13 b Abs 1 BUAG (sogenannte Einstiegsvoraussetzungen ÄMartinek-Widorn aaO 156 ffÜ) sowie für die Anrechnung nach § 13 c BUAG (Anrechnung aller Beschäftigungszeiten für den Fall der Erfüllung der Einstiegsvoraussetzungen ÄMartinek-Widorn aaO 174Ü) nicht heranzuziehen. Werden diese Beschäftigungszeiten für eine Abfertigung gemäß §§ 23 und 23 a AngG berücksichtigt, so hat der Arbeitgeber Anspruch auf anteilsmäßige Refundierung dieser Abfertigung. Die Refundierung hat entsprechend dem Verhältnis der im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes zurückgelegten Beschäftigungszeiten zur Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses zu erfolgen (§ 136 Abs 8, Satz 2 und 3 BUAG). Wird also das den Abfertigungsbestimmungen des BUAG unterliegende (Arbeiter-)Arbeitsverhältnis vor Übernahme des Arbeitnehmers in das Angestelltenverhältnis gelöst und die Zeiten dieses Arbeitsverhältnisses nicht als Vordienstzeiten angerechnet, so können diese Beschäftigungszeiten nach den Bestimmungen des BUAG abgefertigt werden. Werden aber die Beschäftigungszeiten aus einem den Abfertigungsbestimmungen des BUAG unterliegenden Arbeitsverhältnis bei der Übernahme ins Angestelltenverhältnis als Vordienstzeiten gemäß § 23 Abs 1 AngG angerechnet und in die Berechnung der Angestelltenabfertigung einbezogen, so können sie nicht mehr für die Berechnung einer Abfertigung nach dem BUAG herangezogen werden (Martinek-Widorn aaO 170). In diesem Fall besteht der erwähnte Refundierungsanspruch. Das Gesetz trägt damit dem Umstand Rechnung, daß der den Arbeitnehmer in das Angestelltenverhältnis übernehmende Arbeitgeber für die BUAG-Beschäftigungszeiten bereits Zuschläge entrichtet hat. Refundiert werden aber nicht die eingezahlten Zuschlagsbeträge, sondern anteilsmäßig die Abfertigungsleistungen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei seinem Ausscheiden als Angestellter erbringt (Martinek-Widorn aaO 170 f).

Strittig ist im vorliegenden Verfahren, ob diese Refundierungsregelung auch auf Beschäftigungszeiten anzuwenden ist, die vor dem Inkrafttreten des BUAG (1.Oktober 1987) liegen, und ob die Regelung damit auch in Betracht kommt, wenn der Dienstnehmer (längst) vor dem 1.Oktober 1987 in das Angestelltenverhältnis übernommen worden ist.

Das ist im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichtes zu verneinen. Gegen eine solche Auslegung spricht schon der Wortlaut der Bestimmung, die sich auf "Beschäftigungszeiten nach diesem Bundesgesetz" bezieht. Mit diesen Beschäftigungszeiten sind nicht Beschäftigungszeiten gemeint, die in den zeitlichen Geltungsbereich des Bauarbeiter-Urlaubsgesetzes (BArbUrlG 1946 oder 1972) fallen, sondern das am 1.Oktober 1987 in Kraft getretene BUAG, das nur nach Maßgabe der in Art V enthaltenen Schluß- und Übergangsbestimmungen zurückwirkt.

Art V BUAG enthält zur Refundierungsregelung des § 13 b Abs 8 BUAG keine Übergangsbestimmung. Eine Rückwirkung wurde in Art V Abs 4 und 5 BUAG nur insoweit normiert, als Arbeitnehmer, die am 1.Oktober 1987 bei einem in den sachlichen Geltungsbereich des BUAG fallenden Arbeitgeber in Beschäftigung standen (- oder wenn sie an diesem Tag nicht in Beschäftigung standen, innerhalb von 120 Tagen nach Beendigung eines früheren Arbeitsverhältnisses wieder eingestellt wurden -) alle bei diesem Arbeitgeber geleisteten und dem Bauarbeiter-Urlaubsgesetz 1972 unterlegenen Beschäftigungszeiten für die dreijährige Anspruchsvoraussetzung (siehe oben § 13 b Abs 1 BUAG) sowie für einen Abfertigungsanspruch (siehe oben § 13 c Abs 1 BUAG) anzurechnen sind, sofern diese in den Sachbereich der Abfertigungsregelung fallenden Beschäftigungszeiten unter Berücksichtigung kollektivvertraglicher Regelungen einem Abfertigungsanspruch nach dem Arbeiter-Abfertigungsgesetz zugrunde zu legen wären und noch nicht für eine Abfertigung herangezogen wurden. Um zur Erfüllung der Einstiegsvoraussetzungen bzw eines Abfertigungsanspruches herangezogen werden zu können, müssen die Beschäftigungszeiten vor dem 1.Oktober 1987 unter das BArbUG 1972 fallen (Martinek-Widorn aaO 310). Art V Abs 12 BUAG stellt dazu noch ergänzend klar, daß ein vor dem 1.Oktober 1987 beendetes und nicht innerhalb der Frist von 120 Tagen wieder aufgenommenes Arbeitsverhältnis bezüglich der Abfertigungsansprüche nach dem Arbeiter-Abfertigungsgesetz und den kollektivvertraglichen Bestimmungen zu behandeln ist und eine Anrechnung nach den Bestimmungen des BUAG nicht mehr stattfinden kann. Auf Arbeitnehmer, die am 1.Oktober 1987 Angestellte waren, sind diese Übergangsbestimmungen schon deswegen nicht anzuwenden, weil auf sie das BUAG überhaupt nicht anzuwenden ist (§ 1 Abs 2 lit a BUAG). Aus Art V Abs 4 und § 13 b Abs 8 BUAG ergibt sich somit deutlich, daß der Gesetzgeber zwischen Beschäftigungszeiten "nach diesem Bundesgesetz", also Beschäftigungszeiten ab 1.Oktober 1987, und Beschäftigungszeiten, die dem Bauarbeiter-Urlaubsgesetz 1972 unterlagen, unterscheidet. Damit werden aber Beschäftigungszeiten, die vor dem 1.Oktober 1987 lagen, nur von der Anrechnungsregelung des Art V Abs 4 und 5 BUAG, nicht aber von der ohne Rückwirkung (§ 5 ABGB) erlassenen Refundierungsregelung des § 13 b Abs 8 BUAG erfaßt (dasselbe gilt im übrigen auch für § 13 b Abs 9 BUAG, wo ebenfalls von Beschäftigungszeiten "nach diesem Bundesgesetz" die Rede ist).

Für eine solche Rückwirkungsregelung hätte auch kein sachlicher Grund bestanden, weil die ratio des § 13 b Abs 8 Satz 2 und 3 BUAG darin liegt, dem Arbeitgeber, der für einen als Bauarbeiter beschäftigten Arbeitnehmer für diese Beschäftigungszeiten Zuschläge nach dem BUAG zu entrichten hatte, diesen Bauarbeiter aber dann unter Anrechnung der bei ihm verbrachten Zeiten als Arbeiter in das Angestelltenverhältnis übernimmt, doppelt belastet wäre. Um dies zu vermeiden, wurde dem Arbeitgeber ein entsprechender Ausgleich gewährt. Da die Arbeitgeber für die vor dem Inkrafttreten des BUAG in das Angestelltenverhältnis übernommenen Arbeitnehmer solche Zuschläge nicht zu leisten hatten - der Zuschlag für den Sachbereich Abfertigungsregelung ist gemäß Art V Abs 10 BUAG erstmalig für den Zuschlagszeitraum ab 1.Jänner 1990 zu entrichten - ist kein Grund zu sehen, Arbeitgebern für Arbeitnehmer, die (längst) vor dem Inkrafttreten des BUAG in das Angestelltenverhältnis übernommen wurden, anteilige Refundierungsansprüche zu gewähren, zumal diese Arbeitsverhältnisse durch das auf sie nicht anzuwendende BUAG überhaupt nicht berührt wurden (Franz J*** war seit 1. März 1974 Angestellter, so daß sein Arbeitsverhältnis seit damals auch nicht mehr in den Geltungsbereich des BArbUrlG 1972 fiel; selbst die Übergangsbestimmung des Art V Abs 4 BUAG für die im Bauarbeiterstand verbliebenen Arbeitnehmer greift nur bis zum Inkrafttreten des BArbUrlG 1972 zurück).

Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der ebenfalls einen Refundierungsanspruch gewährenden Übergangsbestimmung des Art V Abs 6 BUAG. Nach dieser Bestimmung haben Arbeitgeber, die dem BUAG für den Sachbereich der Abfertigungsregelung unterliegen, Anspruch auf Refundierung der von ihnen geleisteten Abfertigungen durch die Urlaubs- und Abfertigungskasse, wenn

1. die Abfertigungsansprüche in der Zeit vom 1.Oktober 1987 bis zum Zeitpunkt der Kundmachung dieses Gesetzes .... entstanden sind und

2. die Ansprüche nach dem Arbeiter-Abfertigungsgesetz und den kollektivvertraglichen Bestimmungen geltend gemacht wurden. Diese Refundierungsbestimmung ist auf das rückwirkende Inkrafttreten des BUAG zurückzuführen; die nahezu drei Monate nach dem rückwirkenden Inkrafttreten liegende Kundmachung (23.Dezember 1987) führte in diesem Zeitraum zum Entstehen von Abfertigungsansprüchen. Solche Ansprüche waren nach den Bestimmungen des ArbAbfG und den kollektivvertraglichen Bestimmungen von den Arbeitgebern zu erfüllen. Ohne die Bestimmung des Art V Abs 6 wären diese Arbeitgeber gegenüber jenen, die ihre bisherigen Abfertigungsverpflichtungen zur Gänze der BUAG übertragen konnten, wesentlich benachteiligt gewesen (Martinek-Widorn aaO 312; ähnlich Adametz-Schenk-Tschepl, Komm zum Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz 1972). Aus dem besonderen Zweck dieser Bestimmung kann daher entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht abgeleitet werden, daß der Gesetzgeber über den Wortlaut des § 13 c Abs 8 BUAG hinaus ganz allgemein rückwirkende Refundierungsansprüche gewähren wollte. Art V Abs 6 BUAG betrifft vielmehr einen Sonderfall, der im übrigen auch nicht weiter als bis zum 1. Oktober 1987 zurückwirkt. Vorher entstandene Bauarbeiterabfertigungsansprüche hatte der Arbeitgeber nach Maßgabe der bisherigen Bestimmungen allein zu tragen. Es kann daher auch nicht mit Grund angenommen werden, daß der Gesetzgeber jenen Arbeitgebern, die einen Arbeitnehmer (längst) vor dem 1.Oktober 1987 in das Angestelltenverhältnis übernommen hatten, Refundierungsansprüche für Beschäftigungszeiten nach dem Bauarbeiter-Urlaubsgesetz 1972 oder sogar nach dem Bauarbeiter-Urlaubsgesetz 1946 gewähren wollte. Der nicht näher begründeten gegenteiligen Ansicht von Schrank (Arbeits- und Sozialrecht 322/III) ist nicht zu folgen.

Das Ersturteil ist daher wieder herzustellen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E21521

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00116.9.0523.000

Dokumentnummer

JJT_19900523_OGH0002_009OBA00116_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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