TE Vwgh Erkenntnis 2005/11/25 2005/02/0177

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Veröffentlicht am 25.11.2005
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §52;
StVO 1960 §29b Abs1;
StVO 1960 §29b;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des A S in Wien, vertreten durch Dr. Josef Unterweger, Mag. Robert Bitsche und Mag. Doris Einwallner, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Buchfeldgasse 19a, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 9. Mai 2005, Zl. MA 65-3896/2004, betreffend Ausweis gemäß § 29b StVO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. Mai 2005 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Abs. 1 StVO abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Gemäß § 29b Abs. 1 erster Satz StVO hat die Behörde Personen, die dauernd stark gehbehindert sind, auf deren Ansuchen einen Ausweis über diesen Umstand auszufolgen.

Der Gesetzesbegriff der "starken Gehbehinderung" im Sinn des § 29b Abs. 1 StVO stellt darauf ab, ob die betreffende Person in einer als Gehen zu qualifizierenden Weise ohne Aufwendung überdurchschnittlicher Kraftanstrengung und ohne große Schmerzen eine bestimmte Wegstrecke zurücklegen kann; ist sie dazu in der Lage, so wird eine festgestellte Gehbehinderung nicht als schwer im Sinne des Gesetzes anzusehen sein. Die Fähigkeit zum Zurücklegen einer Strecke von mehr als 300 m ohne überdurchschnittliche Kraftanstrengung und ohne große Schmerzen schließt eine starke Gehbehinderung im Sinne des Gesetzes aus, wobei der Umstand, dass dies nur mit Hilfsmitteln (wie etwa einem Gehstock oder orthopädischen Schuhen) möglich ist, die Behinderung nicht zu einer schweren macht. Die Feststellung der Grundlagen für die Beurteilung, ob eine Person stark gehbehindert ist, ist Gegenstand eines Beweises durch einen ärztlichen Amtssachverständigen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 2005, Zl. 2003/02/0037).

Die Feststellung im Sinne der zitierten hg. Rechtsprechung, ob der Beschwerdeführer stark gehbehindert ist, stützte die belangte Behörde auf Gutachten von Fachärzten für Orthopädie und Neurologie.

Soweit sich der Beschwerdeführer gegen diese Gutachten wendet, ist ihm zunächst entgegen zu halten, dass er diesen im Verwaltungsverfahren nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 1996, Zl. 95/02/0365). Dass diese Gutachten (insbesondere jenes der Fachärztin für Orthopädie) auf die Zurücklegung einer Strecke von mehr als 300 m auf "ebenem" Gelände Bedacht nehmen, ist nicht als rechtswidrig zu erkennen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 22. Februar 1989, Zl. 88/02/0207, zum Ausdruck gebracht, Zweck der Regelungen des § 29b StVO sei es, bestimmten behinderten Personen die nähere Zufahrt zu ihrem Ziel zu ermöglichen, als dies allgemein rechtlich zulässig wäre; dabei sei auf Verhältnisse abzustellen, unter denen nicht gerechnet werden könne, in nächster Nähe des Zieles einen (erlaubten) Abstellplatz für das Kraftfahrzeug zu finden, also etwa auf städtische Straßenverhältnisse.

Da aber bei "städtischen" Straßenverhältnissen in der Regel von "ebenen" Straßenflächen (insbesondere also auch für Fußgänger) ausgegangen werden kann, vermag der Beschwerdeführer mit seinem Hinweis auf "Unebenheiten und Hindernisse" der "Wegeverhältnisse" keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Im Übrigen hat der Gerichtshof bereits im Erkenntnis vom 18. Mai 1978, Slg. Nr. 9560/A, dargetan, dass "außergewöhnliche Wetterverhältnisse" insoweit außer Betracht zu bleiben haben. Schließlich sei in diesem Zusammenhang bemerkt, dass der Beschwerdeführer anlässlich seiner Untersuchung durch die Fachärztin für Orthopädie am 14. Juli 2004 selbst erwähnt hat, er könne "auf ebener Strecke etwa eine halbe Stunde gehen", wodurch dem Beschwerdevorbringen entsprechend der oben dargestellten Rechtslage ohnedies der Boden entzogen ist.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 25. November 2005

Schlagworte

Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Arzt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005020177.X00

Im RIS seit

25.12.2005

Zuletzt aktualisiert am

15.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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