TE OGH 1990/5/29 5Ob37/90

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Veröffentlicht am 29.05.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Roderich P***, Architekt, Wien 3., Landstraßer Hauptstraße 104/7, vertreten durch Dr. Jakob Zanger, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin K*** V*** AG,

Wr. Neudorf, Palmersstraße 4-8, vertreten durch Dr. Walter Prüfling, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 22. Feber 1990, GZ 48 R 108/90-7, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 16. November 1989, GZ 42 Msch 38/89-4, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Antragsgegnerin auf Zuspruch von Pauschalkosten wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Am 6.2.1969 mietete der Antragsteller von Margarethe R***, der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin, beginnend mit 1.3.1969 die Wohnung top. Nr. 7 in deren Haus Wien 3., Landstraßer Hauptstraße 104 gegen einen nach dem Index der Verbraucherpreise 1966 wertgesicherten Hauptmietzins von monatlich 2.000 S. Zwischen dem Antragsteller und Margarethe R*** bestand ein nahezu freundschaftliches Verhältnis. Der Antragsteller vermittelte der Hauseigentümerin Arbeitskräfte, sofern sie Professionisten benötigte, und beteiligte sich finanziell an verschiedenen Arbeiten im Haus, so etwa beim Einbau eines Lifts. Margarethe R*** schrieb dem Antragsteller durchaus bewußt nie Wertsicherungsbeträge zum Hauptmietzins von monatlich 2.000 S vor. Erstmals mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 15.12.1988 wurde vom Antragsteller ab 1.1.1989 ein monatlicher Hauptmietzins von 5.008,13 S begehrt. Nachdem die Entscheidung der Schlichtungsstelle durch rechtzeitige Anrufung des Erstgerichtes seitens des Antragstellers außer Kraft getreten war, stellte dieses fest, daß die Antragsgegnerin als Vermieterin gegenüber dem Antragsteller als Mieter das gesetzlich zulässige Zinsausmaß im Zeitraum Jänner bis einschließlich April 1989 durch Vorschreibung eines monatlichen Hauptmietzinses von 5.008,13 S anstatt 2.000 S um je 3.008,13 S überschritten habe.

Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Sachbeschluß mit dem Ausspruch, daß der Revisionsrekurs zulässig sei, weil der Oberste Gerichtshof in jüngerer Zeit zur Frage der Verschweigung einer Wertsicherungsberechtigung auch für die Zukunft nicht Stellung genommen habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist mangels Relevierung einer im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO (iVm § 37 Abs 3 Z 16 und 18 MRG) erheblichen Rechtsfrage unzulässig.

Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Verzicht auf Aufwertungsbeträge angenommen werden, wenn dies bei Überlegung aller Umstände des konkreten Falles gerechtfertigt erscheint; Voraussetzung ist hiefür, daß besondere Umstände darauf hinweisen, daß der Verzicht ernstlich gewollt ist und der Verpflichtete unter Bedachtnahme auf die im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche sowie unter Berücksichtigung aller Umstände den zweifelsfreien Schluß ziehen durfte und auch tatsächlich gezogen hat, daß der Berechtigte ernstlich auf seinen Anspruch verzichtet; dabei sind an einen schlüssigen Verzicht auf die Aufwertung eines wertgesicherten Bestandzinses hinsichtlich erst zu leistender Beträge strengere Anforderungen zu stellen als hinsichtlich bereits eingeforderter, bezahlter und unbeanstandet entgegengenommener Beträge (Schubert in Rummel, ABGB2, Rz 11 zu § 988, 989; Binder in Schwimann, ABGB, Rz 41 und 42 zu § 986; Harrer in Schwimann, ABGB, Rz 10 zu § 1444 je mwN; MietSlg. 39.074/46, 1 Ob 523/89). Ebenso ist es ständige Rechtsprechung, daß die Vertragsparteien von der gewillkürten Schriftform jederzeit ausdrücklich oder stillschweigend abgehen können (MietSlg. 16.067 f, 23.101, 26.064, 27.112 f, 29.096, 30.118, 34.125 ua). Die auf die besonderen Umstände des vorliegenden Falles entsprechend Bedacht nehmenden Entscheidungen der Vorinstanzen halten sich im Rahmen dieser Rechtsprechung. Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

Der Antrag der Antragsgegnerin auf Zuspruch von "Pauschalkosten" für die Erstattung der Revisionsrekursbeantwortung war abzuweisen, weil Barauslagen nicht bescheinigt wurden und die Kosten rechtsfreundlicher Vertretung grundsätzlich jede Partei selbst zu tragen hat (§ 37 Abs 3 Z 19 MRG).

Anmerkung

E21412

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0050OB00037.9.0529.000

Dokumentnummer

JJT_19900529_OGH0002_0050OB00037_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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