TE OGH 1990/5/29 5Ob20/90

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Veröffentlicht am 29.05.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als weitere Richer in der Grundbuchssache der Antragsteller 1.) Erich Alexander W***, Berufsoffizier, Weizelsdorf 82, 9162 Strau, und 2.) Judith Romana K***, Hausfrau, Burghausen, Robert-Koch-Straße 158, Bundesrepublik Deutschland, beide vertreten durch Dr. Arthur Roßbacher, öffentlicher Notar in Ferlach, wegen Verbücherung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 24.Jänner 1990, GZ 2 R 32/90-4, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Ferlach vom 15.November 1989, TZ 981/89-1, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Das Erstgericht bewilligte auf Grund der am 9.November 1989 zwischen Erich W***, Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 20 Grundbuch Weizelsdorf, und dem in dieser Vereinbarung als seine Kinder bezeichneten Antragstellern Erich Alexander W*** und Romana K*** abgeschlossenen Vereinbarung die Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes zugunsten der Antragsteller ob der genannten Liegenschaft.

Über Rekurs des Liegenschaftseigentümers änderte das Gericht zweiter Instanz diesen Beschluß in abweisendem Sinn ab. Die begehrte Eintragung dürfe nicht bewilligt werden, weil weder das Verwandtschaftsverhältnis der Streitteile durch entsprechende Standesurkunden nachgewiesen sei noch in der Vereinbarung ein Rechtsgrund (§ 26 GBG) für das Belastungs- und Veräußerungsverbot genannt sei.

Das Rekursgericht sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil die Rechtsprechung zur Frage, ob auch ein bloß abstraktes Belastungs- und Veräußerungsverbot verbüchert werden dürfe, nicht einheitlich sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Gemäß § 95 Abs 3 GBG sind in einem abweisenden Beschluß alle Gründe anzugeben, die der Bewilligung entgegenstehen. Ist daher - wie hier - wegen eines von zwei Abweisungsgründen der Revisionsrekurs von der zweiten Instanz zutreffend für zulässig angesehen worden, so hindert der Umstand, daß das Gesuch ohnedies wegen des anderen Grundes abgewiesen werden müßte, wegen der genannten grundbuchsrechtlichen Sondervorschrift nicht die Annahme, daß die Entscheidung dennoch von einer erheblichen Rechtsfrage abhängt. Ist aber der Revisionsrekurs wegen der Beurteilung eines Abweisungsgrundes zulässig, so ist die Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses auch hinsichtlich des anderen Abweisungsgrundes zu überprüfen, weil der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung alle Abweisungsgründe anzuführen hat und ihm demgemäß auch die rechtliche Prüfung aller Abweisungsgründe obliegt.

a) Zum Nachweis des Verwandtschaftsverhältnisses:

Ein Belastungs- oder Veräußerungsverbot im Sinne des § 364 c ABGB wirkt gegen Dritte nur dann, wenn es (ua) zwischen Eltern und Kindern begründet und im öffentlichen Buch eingetragen wurde. Das Vorliegen des im Gesetz vorgesehenen Verwandtschaftsverhältnisses ist materielle Voraussetzung für ein auch gegen Dritte wirkendes Belastungs- oder Veräußerungsverbot. Nur ein solches darf verbüchert werden (NZ 1980, 56). Nach § 94 Abs 1 Z 3 GBG muß das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheinen, dh bewiesen sein. Nach § 94 GBG hat das Grundbuchsgericht das Gesuch einer genauen Prüfung zu unterziehen. Dazu gehört nicht nur die Prüfung, ob die für die Urkunde geltenden Formvorschriften eingehalten wurden und der begehrten Eintragung kein aus dem Grundbuch selbst hervorgehendes Hindernis entgegensteht, sondern auch, ob das Begehren materiellrechtlich begründet ist (vgl EvBl 1976/13). Es bedarf also auch des urkundlichen Nachweises des Verwandtschaftsverhältnisses zwischen den Antragstellern und dem Liegenschaftseigentümer als materiellrechtliche Voraussetzung für das Vorliegen eines verbücherbaren Verbotes im Sinne des § 364 c ABGB. Dieser Nachweis kann nach ständiger neuerer Rechtsprechung, auch des Obersten Gerichtshofes (NZ 1980, 56), nur durch Vorlage der entsprechenden Standesurkunden erbracht werden, nicht aber durch die Bezeichnung der Verbotsberechtigten in dem über das Rechtsgeschäft aufgenommenen Notariatsakt als "Kinder" des Liegenschaftseigentümers. Daran hält der Oberste Gerichtshof trotz der Kritik der Lehre (Hofmeister in NZ 1985, 75) aus den nachstehenden Erwägungen fest, allerdings mit der Modifikation, daß der Nachweis des Verwandtschafts(Angehörigkeits)verhältnisses nach § 364 c ABGB bloß im allgemeinen durch Vorlage der entsprechenden Standesurkunden zu erfolgen hat:

Nach § 1 PStG dienen die Personenstandsbücher der Beurkundung ua der Geburt einer Person und ihres Personenstandes, das ist der sich aus den Merkmalen des Familienrechtes ergebenden Stellung einer Person innerhalb der Rechtsordnung einschließlich ihres Namens. Mit der für den grundbücherlichen Rechtsverkehr erforderlichen Sicherheit wird nur auf Grund der Eintragung in die Personenstandsbücher der Personenstand einer Person im Sinne des § 94 GBG "bescheinigt". Nur die Vorschriften des Personenstandsgesetzes und seiner Durchführungsverordnungen bieten Gewähr dafür, daß die Eintragung der Personenstandsmerkmale dem faktischen Zustand entspricht (vgl zB Beurkundung der Geburt nur auf Grund der Anzeige der bei der Geburt anwesenden Personen oder desjenigen, zB Anstaltsleiters, dessen Gehilfen sie sind; amtswegige Erforschung des Sachverhaltes durch die Personenstandsbehörden; siehe Anlage 1 zu BGBl 1983/629 - Anzeige der Geburt). Der Notar kann daher bei Errichtung des Vertrages das Vorliegen des im § 364 c ABGB geforderten Verwandtschafts- oder Angehörigkeitsverhältnisses gar nicht aus eigenem Wissen beurkunden, sondern lediglich die Tatsache, daß ein solcher Sachverhalt in den Personenstandsbüchern beurkundet ist (vgl die von Hofmeister aaO, als zweckmäßig erkannte Form, wenn der Notar das Personenstandsverhältnis zwischen den Vertragsteilen prüfte). Die in der hier zu beurteilenden Vereinbarung enthaltene Bezeichnung der Antragsteller als Kinder des Liegenschaftseigentümers ist nicht mehr als eine von den Parteien darüber abgegebene Erklärung. Eine Beurkundung des Inhaltes, daß dieses behauptete Verwandtschaftsverhältnis den Eintragungen in die Personenstandsbücher entspreche, fehlt hingegen. Das Rekursgericht wies daher mangels urkundlichen Nachweises des für die Verbücherung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes geforderten Verwandtschaftsverhältnisses den Antrag der Antragsteller zutreffend ab.

b) Zum Erfordernis der Angabe des Rechtsgrundes bei der Verbotseinräumung:

Zur Frage der Angabe des Rechtsgrundes als Erfordernis für die Verbücherungsmöglichkeit eines Belastungs- oder Veräußerungsverbotes zeigt die Rechtsprechung (vor allem der zweiten Instanz bei spärlicher Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes) verschiedene Strenge: Teils wurde der Zusammenhang mit einem die Liegenschaft betreffenden Rechtsgeschäft verlangt (EvBl 1937/114), teils die Angabe des Rechtsgrundes (SZ 43/102), teils bloß des Vereinbarungszweckes wirtschaftlicher oder ideeller Natur (wie etwa Sicherung des Familienvermögens, GBG/MGA3 § 9/E 57), teils wurde ausgesprochen, daß die Angabe eines Rechtsgrundes überhaupt entbehrlich sei (MGA-GBG3 § 9/E 58). Ein ähnliches Bild zeigt die Lehre: Klang2 II 185 verlangt die Angabe eines Rechtsgrundes, wobei aber ein wirtschaftlicher Grund, die Erhaltung des Familienvermögens, genüge; nach Schwimann/Pimmer ABGB II, § 364 c Rz 7 sowie Hofmeister in NZ 1985, 197 f und Feil, Österreichisches Grundbuchsrecht, 191 ist die Angabe eines Rechtsgrundes nicht erforderlich; Bartsch, Grundbuchsgesetz7, 347 erklärt sich zu diesem Problem nicht ausdrücklich.

Der Oberste Gerichtshof folgt demjenigen Teil der Lehre, die die Angabe eines Rechtsgrundes für entbehrlich hält, unter ausdrücklichem Hinweis auf die nur von Hofmeister, aaO vorgenommene eingehende Begründung aus folgenden Erwägungen:

Materiellrechtlich wirkt das vereinbarte Belastungs- und Veräußerungsverbot nur, wenn ein Rechtsgrund überhaupt besteht, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob in der der Einverleibung zugrunde liegenden Urkunde ein Rechtsgrund angeführt war oder nicht (4 Ob 546/87). Das wirkliche Vorliegen des erforderlichen Rechtsgrundes ist also im Bestreitungsfall jedenfalls einer Prüfung im Prozeßweg zu unterziehen. Aus der der Eintragung zugrunde liegenden Urkunde kann diesbezüglich, entgegen der Meinung der früheren Judikatur (SZ 43/102) nichts gewonnen werden. Die materiellrechtliche Frage, ob für das Belastungs- oder Veräußerungsverbot ein Rechtsgrund bestehen muß, dieses also nicht abstrakt eingeräumt werden darf, ist eine andere als die, ob eine bestimmte Urkunde zur grundbücherlichen Eintragung geeignet ist. Nach § 26 GBG müssen Urkunden nur dann, wenn es sich um die Erwerbung oder Umänderung eines dinglichen Rechtes handelt, einen gültigen Rechtsgrund enthalten. Der Begriff "dingliches Recht" wird in der österreichischen Rechtssprache unterschiedlich gebraucht (vgl Wolff, Grundriß4 22: dingliches Recht kann I. vorzugsweise Haftung mit einer bestimmten Sache, II. Möglichkeit der Geltendmachung gegen jeden = absolutes Recht oder III. Recht auf eigenes Verhalten gegenüber einer Sache = Sachenrecht, wie zB Eigentum als dingliches Vollrecht, bedeuten). Es ist also bei den einzelnen Normen, die diesen Begriff verwenden, zu untersuchen, in welchem Sinn er gebraucht wird. § 9 GBG unterscheidet bei Regelung der eintragbaren Rechte dingliche Rechte und Lasten (ohne diese im einzelnen zu nennen; nach der Systematik handelt es sich aber dabei um dingliche Rechte im Sinne der bei Wolff genannten I. und III. Gruppe) und bloß obligatorische Rechte, die durch die Eintragung dingliche Wirkung (nämlich Möglichkeit der Geltendmachung gegen Dritte) im Sinne der bei Wolff geannnten II. Gruppe erlangen (s auch Wolff, aaO 253). Auch die Bestimmung des § 26 Abs 2 GBG ist im Sinne des in § 9 gebrauchten Begriffes eines dinglichen Rechtes auszulegen. Die Einverleibung des Belastungs- oder Veräußerungsverbotes, bei dem es sich in Wahrheit um eine Verfügungsbeschränkung des Eigentümers handelt (JBl 1989, 389), kann daher ohne Nennung des Rechtsgrundes in der dem Grundbuchsgesuch zugrunde liegenden Vereinbarung erfolgen.

Dazu kommt noch, daß derjenige Teil der Rechtsprechung und Lehre, der zwar die Nennung des Rechtsgrundes verlangt, sich aber mit der Nennung des Motives "Erhaltung des Familienbesitzes" begnügt, damit nur die Wiedergabe einer Formel ohne normative Bedeutung verlangt, weil diese Folge mit jedem zwischen Verwandten begründeten Belastungs- oder Veräußerungsverbot verbunden ist. Gerade der Umstand, daß die Materialien zu den sogenannten Teilnovellen zum ABGB (insbesondere der HHB aus 1912, 42 ff) die Erhaltung des Familiengutes zwar unter den Normzwecken anführen, der Gesetzgeber das Veräußerungs- oder Belastungsverbot des § 364 c ABGB aber ohne Einschränkung auf bestimmte Zwecke einführte, zeigt klar, daß der Gesetzgeber auf diese Motive allein gar nicht abstellte (so Hofmeister in NZ 1985, 198).

Die Nichtnennung eines Rechtsgrundes in der Vereinbarung zwischen dem Liegenschaftseigentümer und dem Verbotsberechtigten stellt daher keinen Abweisungsgrund dar.

Anmerkung

E20672

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0050OB00020.9.0529.000

Dokumentnummer

JJT_19900529_OGH0002_0050OB00020_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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