TE OGH 1990/5/30 4Ob539/90

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Veröffentlicht am 30.05.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elfriede S***, Graz, Ulmgasse 14 d/7/71, vertreten durch Dr. Adolf Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei DDr. Armin W***, Direktor, p.A. W*** S*** V***, Wien 1., Ringturm 10, vertreten durch Dr. Gottfried Eisenberger und Dr. Jörg Herzog, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 719.090 sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 31. Jänner 1990, GZ 18 R 291/89-16, womit der Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 10. August 1989, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 17.November 1989, GZ 17 Cg 89/89-12, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Aus Anlaß des Revisionsrekurses wird der angefochtene Beschluß für nichtig erklärt; der Rekurs der Klägerin gegen den Beschluß des Erstgerichtes wird zurückgewiesen.

Die Kosten des nichtig erklärten Verfahrens werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Begründung:

Der Beklagte wendete die örtliche Unzuständigkeit des von der Klägerin angerufenen Landesgerichtes für ZRS Wien ein; er halte sich zwar berufsbedingt häufig in Wien auf, habe aber seinen ordentlichen Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichtes für ZRS Graz. Hierauf beantragte die Klägerin für den Fall der örtlichen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes die Überweisung der Rechtssache an das Landesgericht für ZRS Graz.

Mit dem in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 21. Juni 1989 mündlich verkündeten Beschluß gab das Erstgericht der Einrede der örtlichen Unzuständigkeit Folge, sprach seine örtliche Unzuständigkeit aus und überwies die Rechtssache an das Landesgericht für ZRS Graz.

Den von der Klägerin gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs wies das Rekursgericht in der Hauptsache zurück, weil gegen den Überweisungsbeschluß mit Ausnahme der Entscheidung über die Kosten des Zuständigkeitsstreites ein Rechtsmittel nicht zulässig sei; es regte aber eine Berichtigung der Ausfertigung des Beschlusses des Erstgerichtes an, weil darin - anders als im Verhandlungsprotokoll - der Ausspruch des Erstgerichtes über seine Unzuständigkeit fehle. Daraufhin berichtigte das Erstgericht die Ausfertigung des Überweisungsbeschlusses im Sinne der mündlich verkündeten Entscheidung.

Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin neuerlich Rekurs. Das Rekursgericht gab diesem Rechtsmittel Folge; es änderte den Beschluß der ersten Instanz dahin ab, daß es die Einrede der Unzuständigkeit verwarf und dem Erstgericht die Durchführung des gesetzlichen Verfahrens unter Abstandnahme von dem herangezogenen Zurückweisungsgrund auftrug. Zugleich sprach das Rekursgericht aus, daß der Revisionsrekurs unzulässig sei.

Der Beklagte bekämpft die Entscheidung des Rekursgerichtes mit außerordentlichem Revisionsrekurs; er beantragt die Wiederherstellung des Überweisungsbeschlusses des Erstgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Die angefochtene Entscheidung ist nichtig: Gemäß § 261 Abs 6 Satz 5 ZPO ist gegen den Überweisungsbeschluß mit Ausnahme der Entscheidung über die Kosten des Zuständigkeitsstreites ein Rechtsmittel nicht zulässig. War aber der Ausspruch der Überweisung in dem hier vorliegenden Regelfall (anders, wenn eine ausdrücklich gegen § 261 Abs 6 ZPO verstoßende Überweisung ausgesprochen wurde ÄSZ 31/62; EvBl. 1974/289; EvBl. 1981/220; SZ 43/212 uaÜ) überhaupt nicht anfechtbar, dann konnte auch der vom Erstgericht gefaßte Berichtigungsbeschluß, der überdies nur Ausfertigungsfehler betraf, der Klägerin keine Möglichkeit zur Anfechtung der Überweisung verschaffen. Die vom Erstgericht ausgesprochene Überweisung an das Landesgericht für ZRS Graz ist somit in Rechtskraft erwachsen. Damit verletzt aber die meritorische Entscheidung des Rekursgerichtes, mit der es dem (neuerlichen) Rekurs der Klägerin Folge gegeben und die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit verworfen hat, die Rechtskraft des Überweisungsbeschlusses des Erstgerichtes. Die Nichtbeachtung der Rechtskraft bewirkt nach ständiger Rechtsprechung Nichtigkeit (Stohanzl, JN-ZPO14 E Nr. 9 zu § 477 ZPO). Diese Nichtigkeit ist aus Anlaß des außerordentlichen Revisionsrekurses wahrzunehmen. Da Nichtigkeitsgründe immer von erheblicher Bedeutung für die Rechtssicherheit sind (Fasching LB2 Rz 1891; Petrasch ÖJZ 1983, 178 und 1985, 297; EFSlg 57.813), hängt die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des Verfahrensrechtes ab, der erhebliche Bedeutung im Sinne der § 502 Abs 1, § 528 Abs 1 ZPO zukommt.

Die angefochtene Entscheidung ist daher als nichtig aufzuheben und der Rekurs der Klägerin gegen den Beschluß des Erstgerichtes zurückzuweisen.

Da die Parteien die Nichtigkeit nicht geltend gemacht haben, sind die Kosten des für nichtig erklärten Verfahrensteiles gegenseitig aufzuheben (§ 51 Abs. 2 ZPO).

Anmerkung

E20938

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00539.9.0530.000

Dokumentnummer

JJT_19900530_OGH0002_0040OB00539_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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