TE OGH 1990/5/31 6Ob12/90

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Veröffentlicht am 31.05.1990
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Schlosser, Dr.Redl und Dr.Kellner als weitere Richter in der Firmenanfallssache der P*** A*** M*** Gesellschaft mbH in Innsbruck, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers Thomas S***, Kaufmann, Beda-Weber-Gasse 14, 6020 Innsbruck, vertreten durch Dr.Ulrich Sinnißbichler, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 2.April 1990, GZ 3 R 66/90-7, womit der Beschluß des Landes- als Handelsgerichtes Innsbruck vom 1.Februar 1990, GZ Fa 588/89-4, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Mit Gesellschaftsvertrag vom 20.10.1989 errichteten zwei in Innsbruck ansässige Kaufleute eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit der Firma "P*** A*** M*** Gesellschaft mbH" mit dem Sitz in Innsbruck. Das Stammkapital beträgt S 500.000, wovon beide Gesellschafter Stammeinlagen von je S 250.000 übernahmen.

Gegenstand des Unternehmens ist:

" a) die Ausübung des Handelsgewerbes gemäß der Vorschrift des § 103 Absatz 1 litera b Ziffer 25 der Gewerbeordnung 1973;

b) die Ausübung des Gewerbes der Handelsagenten gemäß § 103 Absatz 1 litera b Ziffer 24 der Gewerbeordnung 1973 einschließlich der Übernahme von Werks- und Industrievertretungen und Repräsentanzen;

c) die Ausübung des Gewerbes Werbungsmittler nach § 103 Abs I, 1 litera b Ziffer 55 der Gewerbeordnung 1973;

d) die Ausübung des Gewerbes Werbeberater gemäß § 103 Absatz 1 litera b Ziffer 54 der Gewerbeordnung 1973;

e) die Ausübung des Gewerbes Versicherungsmakler gemäß § 103 Absatz 1 litera b Ziffer 49 a der Gewerbeordnung 1973;

f) die Ausübung des Gewerbes Vermietung von Kraftfahrzeugen ohne Beistellung eines Lenkers gemäß § 103 Absatz 1 litera c Ziffer 22 der Gewerbeordnung 1973;

g) die Ausübung des Gewerbes Personalkreditvermittlung gemäß § 267 LH der Gewerbeordnung 1973;

h) die Ausübung des Gewerbes Immobilienmakler gemäß § 259 LH der Gewerbeordnung 1973;

i) die Ausübung des Gewerbes Immobilienverwaltung gemäß § 263 LH der Gewerbeordnung 1973;

j) die Ausübung des Gewerbes Überlassung von Arbeitskräften gemäß § 223 a der Gewerbeordnung 1973;

k) die Gesellschaft ist zu allen geschäftlichen Maßnahmen berechtigt, die der Verwirklichung des Gesellschaftszweckes dienen, sowie zur Beteiligung an und zum Erwerb von anderen Unternehmungen mit gleichem oder ähnlichen Gegenstand, weiters zu deren Geschäftsführung, Pachtung, Verpachtung und Vertretung, wobei Bankgeschäfte im Sinne des § 1 Kreditwesengesetz ausgeschlossen sind."

Die mit Gesellschafterbeschluß zu Geschäftsführern mit dem Recht, die Gesellschaft selbständig zu vertreten, bestellten Gründungsgesellschafter meldeten die Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister an.

Das Registergericht bestimmte den Einschreitern unter Bekanntgabe seiner Rechtsansicht, die Umschreibung des Unternehmensgegenstandes mit der Wendung "Ausübung des Handelsgewerbes gemäß der Vorschrift des § 103 Absatz 1 litera b Ziffer 25 der Gewerbeordnung 1973" sei zu weit gefaßt, um den Schwerpunkt der Gesellschaftstätigkeit klar erkennen zu lassen, eine Frist zur entsprechenden Anpassung des Gesellschaftsvertrages sowie zum Nachweis, daß den Geschäftsführern die bar eingezahlten Teile der Stammeinlage zur freien Verfügung stünden, die Vorlage einer schriftlichen Bestätigung einer Bank oder der Österreichischen Postsparkasse. Die Einschreiter lehnten sowohl die angregte Anpassung des Gesellschaftsvertrages wie die Vorlage einer Bankbestätigung ab.

Das Registergericht wies den Antrag auf Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister ab, weil der gesellschaftsvertraglich umschriebene erste Teilbereich des Unternehmensgegenstandes der gebotenen Bestimmtheit ermangle. Nach neuerer Lehre und Rechtsprechung müsse der gemäß § 40 Z 2 HRV in Verbindung mit § 4 Abs 1 Z 2 GmbHG in das Handelsregister einzutragende Unternehmensgegenstand individualisiert und so konkret gefaßt sein, daß der Schwerpunkt der Gesellschaftstätigkeit klar zu erkennen sei. Dies sei aber bei der bereits in der Vorerledigung bemängelten gesellschaftsvertraglichen Umschreibung des Unternehmensgegenstandes nicht der Fall.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es führte in Auslegung des § 4 Abs 1 Z 2 GmbHG unter Hinweis auf seine neuere ständige Rechtsprechung (NZ 1989, 73) aus, die gesellschaftsvertragliche Bestimmung des Unternehmensgegenstandes sei Wesensbestandteil des Gesellschaftsvertrages. Die besondere Bedeutung dieser Festlegung ergebe sich nicht zuletzt aus der gesetzlich vorgeschriebenen Eintragung und Bekanntmachung. Im Innenverhältnis stecke die gesellschaftsvertraglich festgelegte Tätigkeit der Gesellschaft den Rahmen für die Geschäftsführung ab, im Außenverhältnis bedeute sie die Aufklärung der beteiligten Verkehrskreise. Deshalb sei eine möglichst konkrete Fassung des Unternehmensgegenstandes zu fordern, die den Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit klar erkennen lasse. Die nun in der deutschen Lehre und Rechtsprechung allgemein anerkannte Auslegung des § 3 Abs 1 Z 2 dGmbHG sei auch für die inhaltlich gleichlautende Regelung des § 4 Abs 1 Z 2 GmbHG zu übernehmen. In diesem Sinne erfülle die Umschreibung der Gesellschaftstätigkeit im Punkt IV lit a des Gesellschaftsvertrages das Bestimmtheitserfordernis nicht. Als "eine allzu weite und farblose Bezeichnung des Unternehmensgegenstandes" erfülle die Umschreibung der Gesellschaftstätigkeit nicht den nach dem Zweck der gesetzlichen Regelung zu fordernden Bestimmtheitsgrad im Sinne des § 4 Abs 1 Z 2 GmbHG.

Der gegen die Rekursentscheidung erhobene Revisionsrekurs ist zulässig, weil sich die veröffentlichte jüngere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Auslegung des § 4 Abs 1 Z 2 GmbHG vorwiegend auf Aussagen im Rahmen der Erledigung von Rechtsmitteln beschränkte, die nur aus den Anfechtungsgründen des § 16 Abs 1 AußStrG aF zulässig waren. In der Entscheidung NZ 1970, 74 wurde die strittige Frage unter dem besonderen Gesichtspunkt der Beteiligung einer Genossenschaft an der Gesellschaft und der damit verbundenen mittelbaren Umgehung des § 1 GenG geprüft.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Gemäß § 4 Abs 1 Z 2 GmbHG hat der Gesellschaftsvertrag "den Gegenstand des Unternehmens" zu bestimmen. Inhaltlich deckt sich diese Vorschrift über den zwingenden Satzungsinhalt mit § 5 Z 2 GenG und § 17 Z 2 AktG. Die zwingend angeordnete gesellschaftsvertragliche Umschreibung der beabsichtigten Gesellschaftstätigkeit ist gemäß § 11 GmbHG in Verbindung mit § 40 Z 2 und § 43 Z 2 HRV (vgl. § 32 AktG und § 9 Abs 2 Z 2 GenRegV) in das Handelsregister einzutragen und gemäß § 12 Abs 2 Z 3 GmbHG (vgl. § 33 Abs 1 Z 1 AktG) auch in die Veröffentlichung der Eintragung aufzunehmen. Die Bestimmung des Unternehmensgegenstandes ist also kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung Wesensbestandteil des Gesellschaftsvertrages und in das Handelsregister einzutragen und zu veröffentlichen. Vergleichbare Regelungen für die Personenhandelsgesellschaften oder gar für den Einzelkaufmann fehlen.

In der nun mehr als 80 Jahre langen praktischen Anwendung und der literarischen Behandlung schwankten die Auffassungen über den erforderlichen Bestimmtheitsgrad der vorgeschriebenen Betätigungsumschreibung. Insbesondere unter Bedachtnahme darauf, daß die deutsche Lehre und Rechtsprechung in den letzten Jahrzehnten auf eine strengere Auffassung einschwenkten, wandte sich auch die zweitinstanzliche Praxis der österreichischen Registergerichte eher einer strengeren Auslegung zu. Hiezu ist allerdings anzumerken, daß in der Bundesrepublik Deutschland ganz augenscheinlich die geänderte Umschreibung des Unternehmensgegenstandes im deutschen Aktienrecht (§ 23 Abs 3 Z 2 AktG 1965 gegenüber § 16 Abs 3 Z 2 AktG 1937) Anstoß des tendenziellen Wandels zu einer strengeren Auffassung, aber auch Argumentationsgrundlage für die Befürwortung einer strengeren Auslegung der textlich unverändert gebliebenen Regelung des (deutschen) Gesetzes betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung war.

Die Gesetzesmaterialien bieten für die Entscheidung der strittigen Auslegungsfrage keine wesentlichen Anhaltspunkte. Die Regierungsvorlage (236 BlgHH XVII. Session 1904, 56) beschränkte sich zu § 4 auf den Hinweis, durch den hier aufgezählten Vertragsinhalt erschienen Wesen und Zweck der Gesellschaft, ihre Kreditbasis und ihre Stellung im Wirtschaftsleben für den einzelnen Fall hinlänglich charakterisiert. Der Bericht der Spezialkommission des Herrenhauses (272 BlgHH XVII. Session 1905, 4) enthält ebenso wie der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses des Abgeordnetenhauses (2520 BlgAbgH XVII. Session 1906) keine Änderungen.

Die Aussagen des Obersten Gerichtshofes zur Auslegung des § 4 Abs 1 Z 2 GmbHG beschränkten sich bei der Erledigung von Rekursen gegen bestätigende Entscheidungen der Gerichte zweiter Instanz im wesentlichen darauf, es möge strittig sein, ob die Umschreibung des Gegenstandes des Unternehmens mehr oder minder zu individualisieren sei, keinesfalls werde sie aber durch die Angabe des Gesellschaftszweckes "völlig entbehrlich gemacht" (NZ 1917, 251), bei Erledigung des außerordentlichen Revisionsrekurses (§ 16 Abs 1 AußStrG aF) könne nicht darauf eingegangen werden, ob bei Beurteilung der Bestimmtheit des Unternehmensgegenstandes ein strenger oder ein großzügiger Maßstab anzulegen sei (NZ 1972, 222); dem Eintragungserfordernis nach § 4 Abs 1 Z 2 GmbHG sei allerdings dann nicht entsprochen, wenn die Undeutlichkeit (der Tätigkeitsumschreibung) eine Frage von erheblicher Wichtigkeit bedeute, was wegen der Beteiligung einer Genossenschaft und der Beschränkung deren zulässigen Tätigkeitsbereiches ebenso bejaht wurde (JBl. 1970, 317) wie bei Zweifeln über eine bestehende Konzessionspflicht nach § 3 Abs 2 GmbHG aF (SZ 46/58) oder bei Bedenken wegen Verletzung eines verfassungsgesetzlichen Monopols (NZ 1981, 8).

Im österreichischen Schrifttum kann - in zeitlicher Reihenfolge - auf die Äußerungen von Kornfeld-Scheu, Komm.z.GmbHG (1906), 7; Feil-Igerz, GmbHG3 (1980), 103; Gellis-Feil, Komm.2 (1982), 85 f; Kostner, GmbHG3 (1981), 21 f; Kastner, Grundriß des Gesellschaftsrechts4, 270 und 158; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht, 15, und Wünsch, Komm.z.GmbHG, § 4 Rz 12 ff verwiesen werden.

Nach Kornfeld-Scheu sollte "eine allgemeine Bezeichnung" genügen. Feil erachtet die Umschreibung "Betrieb von Handelsgeschäften" als ungenügend, fordert eine eindeutige Bezeichnung des Unternehmensgegenstandes auch nach seinem "Bereich", hält jedoch eine weitergehende Konkretisierung für entbehrlich. In Gellis-Feil übernimmt dieser Autor die Formulierungen, die zu fordernde konkrete Fassung des Unternehmensgegenstandes sei erreicht, wenn der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit klar erkennbar sei. Daher erachtet er Umschreibungen wie "Ein- und Ausfuhr" oder "Handelsgeschäfte aller Art" für ausreichend. Kostner hält es für "zweckmäßig, den Wortlaut des Betriebsgegenstandes den Erfordernissen für die Erteilung der Gewerbeberechtigung anzupassen". Kastner, der gegen Mantelgründungen keine grundsätzlichen Bedenken hegt, lehnt zur Begrenzung des Aufgabenbereiches des Vorstandes zum Schutz der Gesellschaft nur "allzu vage Bezeichnungen" ab. Reich-Rohrwig will keinen allzu strengen Maßstab angelegt wissen und hält nur eine allzu weite und farblose Bezeichnung für unzureichend. Wünsch fordert dagegen eine Individualisierung im Sinne einer genauen Beschreibung und referiert die bereits erwähnte strenger gewordene Tendenz der deutschen Lehre und Rechtsprechung, die er auch für Österreich für anwendbar hält. Völlig farblose Bezeichnungen wie "jegliche gesetzliche kaufmännische Tätigkeit" erklärt er für unzureichend; das gelte auch für die Umschreibung "Handel mit Waren aller Art". Wünsch stellt in Anlehnung an Ulmer in Hachenburg, GmbHG7, § 3 Rz 21 den innergesellschaftlichen Zweck (die Abgrenzung der Geschäftsführertätigkeit) und jenen für das Außenverhältnis der Gesellschaft (die Information des allgemeinen Wirtschaftsverkehrs) einander gegenüber.

Zu ergänzen bleibt, daß etwa Schiemer, AktG2, § 17 Anm. 4.2 unter Hinweis auf § 23 Abs 3 Z 2 dAktG 1965, der sich von § 16 Abs 3 Z 2 dAktG 1937 durch die Beifügung: "namentlich ist bei Industrie- und Handelsunternehmen die Art der Erzeugnisse und Waren, die hergestellt und gehandelt werden sollen, näher anzugeben", unterscheidet, gleiches auch für das österreichische Aktienrecht fordert. Seiner Auffassung nach dient die Festlegung des Unternehmensgegenstandes in der Satzung dem Schutz gegen willkürliche Änderungen der Gesellschaftstätigkeit durch die Unternehmensleitung und außerdem als Grundlage für die Prüfung durch das Registergericht.

Schon Fischer hatte im Großkomm AktG2 (1961) § 16 Rz 11 als Zweck der positiven gesetzlichen Anordnung der Festlegung des Unternehmensgegenstandes in der Satzung der Aktiengesellschaft einen gewissen Schutz der Aktionäre, aber auch eine Grundlage für die Prüfungstätigkeit des Registergerichtes ausgemacht und dem hinzugefügt, Außenstehende bedürften freilich solches Schutzes kaum, weil ihnen gegenüber die Aktiengesellschaft für die Handlungen ihres Vorstandes auch dann hafte, wenn dieser die ihm gezogenen Grenzen nicht einhalte.

Ähnlich äußern sich auch deutsche Schriftsteller und Kommentatoren zum deutschen Gesetz betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung (vgl. Götz-Hueck in Baumbach/Hueck, GmbHG15, § 3 Rz 9; Scholz-Emmerich, Komm.z.GmbHG7, § 3 Rz 12; Rowedder-Rittner, GmbHG-Komm., § 3 Rz 12; Meyer-Landrut, GmbHG-Komm., § 3 Rz 11). Bartl/Henkes, GmbH-Recht2, § 3 Rz 35, erblicken in der Information der interessierten Öffentlichkeit gerade den Hauptzweck der Festlegung der Gesellschaftstätigkeit. Während Eder im GmbH-Handbuch (Herausgeber Centrale für GmbH Dr.Otto Schmidt)12, I, 26 Rz 53 die Bedeutung der Angabe des Unternehmensgegenstandes (gesellschaftsintern, im Verhältnis nach außen und gegenüber dem Registergericht) besonders herausstreicht, schätzt Roth, GmbHG2, § 3 Anm. 2.3.1 weder den Schutz der Gesellschafter noch den Informationswert zum Schutz des Rechtsverkehrs als allzu hoch ein. Monographisch hat sich Wallner in JZ 1986, 721 ff eingehend und überzeugend mit der Auslegung des § 3 Abs 1 Z 2 dGmbHG, den einzelnen Auslegungskriterien und ihrer Wertung in der deutschen Literatur auseinandergesetzt. Eine dem § 4 Abs 1 Z 2 GmbHG entsprechende Regelung fand sich bereits im § 5 Z 2 GenG. Dazu verweisen beispielsweise Keinert, Österreichisches Genossenschaftsrecht, Rz 179, und die Kommentatoren in ÖRV, Genossenschaftsrecht2 (Orac 1989), zu § 5 Z 2 GenG auf die Strafbestimmung des § 88 GenG und die sich daraus ergebende Folgerung einer eindeutigen Umschreibung der Genossenschaftstätigkeit.

Die Auslegung des § 4 Abs 1 Z 2 GmbHG hat zwar darauf Bedacht zu nehmen, daß einer zwingenden gesetzlichen Anordnung durch völlig inhaltslose Angaben nicht entsprochen werden kann, für das Erfordernis angemessener Bestimmtheit der Angabe ist jedoch der mit der gesetzlichen Anordnung verfolgte und auch tatsächlich erreichbare Zweck entscheidend:

Für die registergerichtliche Prüfung im negativen Sinn, daß die vorgesehene Gesellschaftstätigkeit nicht etwa ungesetzlich sein oder doch in der gegebenen Gesellschaftsform nicht betrieben werden dürfe, muß eine Umschreibung der Gewerbetätigkeit nach der entsprechenden Regelung der Gewerbeordnung hinreichen. Bei der Forderung nach gesellschaftsinterner Festlegung und damit bewirkter Abgrenzung des Rahmens der Geschäftsführertätigkeit ist zu berücksichtigen, daß die Gesellschafter bei der Bestimmung ihrer Gesellschaftszwecke und der Mittel zu ihrer Erreichung im Rahmen der Gesetze grundsätzlich frei sind und es ihnen daher auch überlassen bleiben kann, wie weit sie die Geschäftsführer dabei gesellschaftsvertraglich binden wollen. Nach der grundsätzlichen Vorstellung des Gesetzgebers ist die typische Möglichkeit und Häufigkeit eines Gesellschafterwechsels bei der Genossenschaft und der anonymen Aktiengesellschaft wesentlich höher zu veranschlagen als bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Der Gesellschaftsvertrag ist daher für die Genossenschaft und die Aktiengesellschaft als objektive Grundlage der vorgesehenen Gesellschaftstätigkeit - als "Verfassungsgrundlage" des gesellschaftlichen Zusammenwirkens - von ungleich größerer Bedeutung als für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Auf diesen Gesichtspunkt nimmt das deutsche Schrifttum zu wenig Bedacht. Bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann aus gesellschaftsinternen Rücksichten auf die Mitglieder somit auch eher eine verhältnismäßig allgemein gehaltene Umschreibung des Unternehmensgegenstandes hingenommen werden. Daß eine Änderung des festgelegten Unternehmensgegenstandes eine Satzungsänderung bedeutete und daher nur unter den dafür vorgesehenen strengen Erfordernissen möglich wäre, besagt für die Frage nach dem Bestimmtheitserfordernis bei der Angabe des Unternehmensgegenstandes im Gesellschaftsvertrag deshalb nichts, weil es den jeweiligen Gesellschaftern überlassen bleiben kann, wie konkret sie ihre gemeinsame gesellschaftsrechtliche Tätigkeit jeweils umschrieben wissen wollen.

Für die Information der beteiligten Verkehrskreise mag eine möglichst genaue Umschreibung dagegen erstrebenswert erscheinen. Der Zweck der Information kann aber nach der positiven Gesetzeslage nur in der Gestaltung der Gesellschaft ohne persönlich haftenden Gesellschafter gelegen sein. Für die Einschätzung der Kreditwürdigkeit und der wirtschaftlichen Position der Gesellschaft ist die Angabe des Unternehmensgegenstandes auch im Zusammenhang mit den sonstigen zu veröffentlichenden Angaben über die Gesellschaft gewiß nur sehr wenig aussagekräftig. Der Umstand, daß das Motiv des Gesetzgebers nicht augenfällig ist, weshalb er die genaue Angabe des Unternehmensgegenstandes einer neu ins Wirtschaftsleben tretenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung für die beteiligten Verkehrskreise für wichtiger hielt als bei Eintritt einer Kommanditgesellschaft, rechtfertigt es zwar nicht, die gesetzliche Anordnung durch inhaltsleere Floskeln praktisch zu umgehen, wohl aber die Anordnung großzügig zu handhaben.

Die verwaltungsrechtliche Grundlage der Ausübung eines Gewerbes liegt im Falle eines Anmeldungsgewerbes in der Beschreibung der Tätigkeit in der Anmeldung: Diese grenzt die gewerberechtlichen Befugnisse ab. Das besagt für sich - entgegen der Argumentation des Rechtsmittelwerbers - aber noch keinesfalls, daß damit bereits seinem gesetzlichen Gebot im Interesse der Gesellschafter und der beteiligten Verkehrskreise Genüge geleistet wäre. Der Oberste Gerichtshof gelangt im Hinblick auf die voranstehenden Erwägungen zur Auffassung, daß eine Umschreibung der beabsichtigten wesentlichen Geschäftstätigkeit durch Zitierung der dafür in Betracht kommenden gewerberechtlichen Grundlagen nach § 4 Abs 1 Z 2 GmbHG zwar genügen kann, doch hat das Registergericht im Einzelfall sachlich gerechtfertigte Zweifel am Wahrheitsgehalt des gesellschaftsvertraglich festgelegten Unternehmensgegenstandes aufzugreifen. Solche Bedenken könnten sich jedoch im vorliegenden Fall zwar nicht aus dem relativ unbestimmten Inhalt des § 103 Abs 1 lit b Z 25 GewO, wohl aber aus dem Katalog sehr verschiedenartiger wirtschaftlicher Tätigkeitsangaben im Punkt IV des Gesellschaftsvertrages im Zusammenhang mit der Festsetzung des Stammkapitals in der gesetzlichen Mindesthöhe ergeben. Die in dieser Richtung obwaltenden Bedenken gegen eine krasse Unwahrheit der Angaben über den Unternehmensgegenstand merkte bereits das Rekursgericht an, ohne allerdings daraus ausdrückliche Schlußfolgerungen zu ziehen. Solche Bedenken aufzuklären, wird Sache des Registergerichtes erster Instanz sein. Die Geschäftsführer werden vor allem zur Bescheinigung darüber aufzufordern sein, wann und in welcher konkreten Form, in welchen Geschäftsräumen, mit welchen Arbeitskräften und auf welcher bereits vorhandenen oder doch wenigstens beantragten gewerberechtlichen Grundlage eine Geschäftstätigkeit bereits aufgenommen wurde oder doch entfaltet werden soll.

Keine Bedenken bestehen allerdings gegen die beantragte Eintragung aus dem vom Erstgericht zwar nicht in der Begründung seiner abweislichen Entscheidung, wohl aber in der Zwischenerledigung vom 18.12.1989 ins Treffen geführten Grund, die anmeldenden Gesellschafter-Geschäftsführer hätten gemäß § 10 Abs 3 GmbHG durch Vorlage einer schriftlichen Bestätigung einer Bank oder der Österreichischen Postsparkasse den Nachweis zu erbringen, daß die Geschäftsführer in der freien Verfügung über den eingezahlten Betrag der Stammeinlage nicht, namentlich nicht durch Gegenforderungen, beschränkt sind. Nach dem insoweit klaren Wortlaut des Gesetzes (in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 320/1980) ist der vom Erstgericht geforderte Nachweis (nur) im Falle der Einzahlung durch Gutschrift auf ein Konto einer Bank oder der Österreichischen Postsparkasse durch Vorlage einer schriftlichen Bestätigung der Bank oder der Österreichischen Postsparkasse zu führen. Im vorliegenden Fall haben die Gesellschafter-Geschäftsführer an Eides Statt erklärt, "daß die in barem Geld zu leistenden Stammeinlagen in dem aus der Gesellschaftsliste ersichtlichen Betrag eingezahlten Beträge" (je S 125.000) "bar in der Gesellschaftskasse befinden und zu ihrer freien Verfügung als Geschäftsführer stehen und daß sie als Geschäftsführer in der Verfügung über die eingezahlten Beträge nicht, namentlich nicht durch Gegenforderungen, beschränkt" seien. Kostner (in NZ 1981, 55) meint, dieser Nachweis werde im Falle der Barzahlung an die Geschäftsführer nicht erbracht werden können. Reich-Rohrwig (in GmbH-Recht, 58) vertritt dagegen die Auffassung, daß der Nachweis der freien Verfügung durch Bestätigungen Dritter erfolgen müsse. Selbst dem von diesem Autor geforderten Nachweis entspräche die der Anmeldung beigelegte Erklärung, weil die Geschäftsführer gleichzeitig auch die Gesellschafter der angemeldeten Gesellschaft mit beschränkter Haftung sind. Ein weiterer Nachweis könnte bei Barzahlung in die Gesellschaftskasse auch nicht erbracht werden, wollte man nicht überhaupt die Vorweisung der eingezahlten Barbeträge verlangen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E21204

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0060OB00012.9.0531.000

Dokumentnummer

JJT_19900531_OGH0002_0060OB00012_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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