TE OGH 1990/5/31 8Ob17/89

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Veröffentlicht am 31.05.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Schwarz Dr. Schalich und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Konkurssache über das Vermögen der Firma "H***" Textiltechnik Gesellschaft mbH, 6844 Altach, Altweg 9, bzw. Unter Hub 33, Masseverwalter Dr. Hermann B***, Jurist, 6850 Dornbirn, Bachgasse 1, infolge Revisionsrekurses des Masseverwalters gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 5. Jänner 1989, GZ 1 R 1/89-94, womit der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 17. Oktober 1988, GZ S 1/88-72, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Über das Vermögen der "H***" Textiltechnik GesmbH. wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 14. 1. 1988 der Konkurs eröffnet. Die Raiffeisenbank A*** meldete bei der Prüfungstagsatzung nicht bestrittene offene Forderungen von S 995.408,- (Kreditkonto Nr. 19.661) und S 3,009.595,83 (Kreditkonto Nr. 56.010) per 13. 1. 1988 an (ON 50), wobei pfandrechtliche Sicherungen ob der Liegenschaft EZ 887 Grundbuch Altach (C-LNR 3 a und 4 a) bestanden.

Zur Sonderverteilung des bei der außergerichtlichen Veräußerung dieser Liegenschaft erzielten Erlöses von S 5,301.001,- meldete die Raiffeisenbank A*** inklusive Zinsen bis 25. 4. 1988 S 4,104.294,55 an (ON 48).

Der Masseverwalter erhob gegen die Berücksichtigung dieser Forderungen in voller Höhe Widerspruch. Der unter Konto Nr. 19.661 gewährte Kredit sei mit einer Höchstbetragshypothek bis

S 4,200.000,- gesichert, der unter Konto Nr. 56.010 gewährte Kredit aber nur mit einer Höchstbetragshypothek bis zu S 2,000.000,-, sodaß für die aus dem letztgenannten Kredit resultierende Forderung nur

S 2,000.000,- zugewiesen werden dürften. Eine diesen Betrag übersteigende Besicherung sei nicht vereinbart worden. Das Erstgericht wies mit Verteilungsbeschluß ON 72 der Raiffeisenbank A*** folgendes zu:

a) Aufgrund des zu C-LNR 4 a einverleibten Höchstbetragspfandrechts an Kapital, Zinsen und Kosten S 2,000.000,-

zur vollständigen Berichtigung durch Barzahlung;

b) auf Grund des zu C-LNR 3 a einverleibten Höchstbetragspfandrechts an Kapital, Zinsen und Kosten einen Betrag von zusammen S 1,020.085,80 zur Berichtigung durch Barzahlung sowie

c) auf Grund des zu C-LNR 3 a einverleibten Höchstbetragspfandrechts an Kapital, Zinsen und Kosten restliche

S 2,087.869,43 durch gerichtlichen Erlag (Pkt II. 1. B dieses Beschlusses).

Einem dagegen erhobenen Rekurs des Masseverwalters (ON 75) gab das Erstgericht mit Beschluß ON 79 dahin Folge, daß der Raiffeisenbank A*** durch gerichtlichen Erlag nur S 1,084.208,75 zugewiesen wurden, hingegen der freibleibende Restbetrag von S 1,003.660,68 an die gemeinschaftliche Konkursmasse zugewiesen wurde. Den Gerichtserlag begründete das Erstgericht damit, daß es strittig geblieben sei, in welchem Maß die Höchstbetragshypothek bis zu S 4,200.000,- forderungsbe- oder entkleidet sei. Es sei die Klärung des Parteiwillens bei Abschluß der Kreditverträge und der Pfandbestellungsurkunden sowie der Höhe der jeweils gewährten Kredite bzw. noch aushaftenden Kreditbeträge erforderlich. Dies habe im Rechtsweg zwischen Masseverwalter und Gläubigerin Raiffeisenbank A*** zu geschehen.

Dem Rekurs der Raiffeisenbank A*** (ON 74) gegen den Beschluß ON 72 gab das Rekursgericht Folge. Es änderte Punkt II.) 1.) B.) b und c dahin ab, daß

b) auf Grund des zu C-LNR 3 a einverleibten Höchstbetragspfandrechtes an Kapital, Zinsen und Kosten ein Betrag von S 2,104.294,55 zur Berichtigung durch Barzahlung zugewiesen werde, und

c) die Zuweisung des Restbetrages von S 1,003.660,68 an die Masse unberührt bleibe.

Das Rekursgericht erachtete sich berechtigt, folgenden unbedenklichen aus den vorgelegten Urkunden sich ergebenden Sachverhalt festzustellen, sodaß keine Notwendigkeit der weiteren Erforschung des Parteiwillens bzw. der Höhe der aushaftenden Kredite im ordentlichen Rechtsweg bestehe:

Die Raiffeisenbank A*** räumte der Gemeinschuldnerin mit Abstattungskreditvertrag vom 12. 11. 1980 für den Bau einer Betriebshalle einen Kredit von S 3,500.000,- ein. Zur Sicherstellung dieses Kredites, unter Konto Nr. 19.661 bei der Gläubigerin geführt, wurde mit Pfandbestellungsurkunde vom 21. 11. 1980 unter anderem auf der Liegenschaft in EZ 887 Grundbuch Altach bis zum Höchstbetrag von S 4,200.000,- ein Pfandrecht bestellt. Unter Punkt 13) der Pfandbestellungsurkunde wird dabei vereinbart: "13) Aus gebührenrechtlichen Gründen wird festgestellt, daß dieses Pfandrecht nicht nur zur Sicherstellung des dem Kreditnehmer mit Urkunde vom 12. 11. 1980 eingeräumten Kredites, sondern auch für zukünftige, im Inland beurkundete Geld-, Haftungs- oder Garantiekredite dient". Der Saldo über das Konto Nr. 19.661 betrug samt Zinsen (unstreitig) zum 25. 4. 1988 S 1,020.085,80 (Beilagen 1 und 2 zu ON 55). Mit Kreditvertrag vom 30. 12. 1980 räumte die Raiffeisenbank A*** neuerlich der späteren Gemeinschuldnerin einen Kontokorrentkredit für laufende Betriebsfinanzierung, geführt unter dem Kreditkonto Nr. 56.010, in Höhe von S 1,000.000,- ein. Ausdrücklich enthält dieser Kreditvertrag unter dem Punkt Sicherheiten die Vereinbarung "pfandrechtliche Sicherung im Rahmen einer eingetragenen Höchstbetragshypothek von S 6,000.000,- ob EZl 887 und 1424 KG Altach." Da zu diesem Zeitpunkt nur ein Pfandrecht für eine Höchstbetragshypothek bis zu S 4,200.000,- an dieser Liegenschaft verbüchert war, bestehen keine Zweifel, daß dieses unter Zahl C-LNR 3 a eingetragene Pfandrecht auch zur Besicherung dieses Kontokorrentkredites nach dem Willen beider Vertragsteile dienen sollte. Dieser Kontokorrentkreditrahmen (Konto Nr. 56.010) wurde mit dem weiteren Kreditvertrag vom 11. 12. 1981 für mittelfristige Betriebsfinanzierung um S 2,000.000,-, damit auf insgesamt S 3,000.000,- erhöht, wobei nach Verlängerung der Laufzeiten dieses Kredites ein Teilbetrag von S 1,000.000,- ein Laufzeitende mit 28. 12. 1990, der Restbetrag von S 2,000.0000,- ein solches mit 10. 12. 1991 aufweist. Der Saldo dieses Kontos Nr. 56.010 betrug zum 25. 4. 1988 S 3,084.208,70, darin enthalten S 74.612,92 an 8,75 % Zinsen aus S 3,009.595,83 für die Zeit vom 14. 1. 1988 bis 25. 4. 1988 (wobei die nach den Krediturkunden ursprünglich vereinbarten Zinssätze wesentlich höher lagen). Am 15. 12. 1981 wurde eine weitere Pfandbestellungsurkunde errichtet, wobei ein Pfandrecht (auch) an der Liegenschaft in EZ 887 Grundbuch Altach zur Sicherstellung aller Forderungen bis zum Höchstbetrag von S 2,000.000,- vereinbart worden ist. Punkt 13) dieser Pfandbestellungsurkunde entspricht dabei inhaltlich der ersten Pfandbestellungsurkunde (Beilagen 3 bis 5 zu ON 55). Beide Pfandbestellungsurkunden wurden verbüchert, die entsprechenden Pfandrechte in EZ 887 Grundbuch Altach unter C-LNR 3 a und 4 a einverleibt (ON 2).

Daraus ergebe sich unbedenklich der (rechtliche) Schluß, daß die Vertragsparteien sowohl bei Abschluß des Kreditvertrages am 30. 12. 1980 als auch bei Aufstockung des Betriebsmittelkredites am 11. 12. 1981 eine Besicherung auch dieser Kredite durch die Höchstbetragshypothek über S 4,200.000,- vereinbarten. In den insgesamt vorliegenden Höchstbetragshypotheken von S 6,200.000,-

fänden aber die Ansprüche der Raiffeisenbank A*** Deckung, sodaß ihrem Rekurs vollinhaltlich stattzugeben gewesen wäre.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs des Masseverwalters ist nicht berechtigt.

Sind Vermögensstücke, an denen Absonderungsrechte bestehen, verwertet worden (hier: die Liegenschaft EZ 887 Grundbuch Altach), so bildet der Erlös eine besondere Masse, die gemäß § 48 KO vorab unter anderem zugunsten der Absonderungsberechtigten zu verwenden ist; nur der überschuß fällt in die allgemeine Masse (Bartsch-Pollak, KO3 I 561). Im Falle der außergerichtlichen Veräußerung einer Sache, deren Erlös eine solche Sondermasse bildet, steht zwar die Verteilung des Erlöses - weil § 119 Abs.3 KO eine Zuständigkeit des Exekutionsgerichtes zur Verteilung des Erlöses nur für den Fall gerichtlicher Veräußerung vorsieht - dem Konkursgericht zu (Bartsch-Pollak aaO 562), doch hat dieses dabei nicht nur für die Rangordnung der aus der Sondermasse zu befriedigenden Ansprüche die Bestimmungen der Exekutionsordnung anzuwenden (§ 49 Abs.2 KO), sondern auch die Verteilungsvorschriften der Exekutionsordnung überhaupt (SZ 40/152; EvBl. 1968/199; EvBl. 1974/44). Auch die Denkschrift zur Konkursordnung Seite 50 Abs.2 vertritt die Auffassung, daß die Vorschriften der Exekutionsordnung (schlechthin) für alle Verteilungen im Konkurs, gerichtliche wie außergerichtliche, gelten. Demnach hat auch das Konkursgericht gemäß § 231 Abs.1 EO die Erledigung eines bei der Verteilungstagsatzung erhobenen Widerspruches auf den Rechtsweg zu verweisen, wenn die Entscheidung von der Ermittlung streitiger Tatumstände abhängt, sonst hingegen über den Widerspruch sogleich im Verteilungsbeschluß zu entscheiden (vgl Bartsch-Pollak, aaO 573). Der Oberste Gerichtshof billigt daher nicht die vom Erstgericht vertretene Auffassung, das Konkursgericht könne eine solche Verweisung auf den Rechtsweg nicht vornehmen.

In dem Beschluß des Rekursgerichtes über die Zuweisung eines Teiles des Verkaufserlöses an die Pfandgläubiger liegt auch eine Entscheidung über den vom Masseverwalter erhobenen Widerspruch, auch wenn eine diesbezügliche ausdrückliche Formulierung im Spruch nicht gebraucht wurde, wobei das Gericht zweiter Instanz zutreffend eine Verweisung auf den Rechtsweg nicht für erforderlich hielt:

Eine Verweisung auf den Rechtsweg hat nur dann zu erfolgen, wenn die Entscheidung von der Ermittlung oder Feststellung streitiger Tatumstände abhängt. Dies ist hier nicht der Fall. Der vom Rekursgericht ergänzend "festgestellte", oben wiedergegebene Sachverhalt ist zum einen der Inhalt der in der Verteilungstagsatzung vorgelegenen Urkunden, deren Echtheit und Richtigkeit nicht bestritten war, zum anderen eine daraus vom Rekursgericht getroffene Schlußfolgerung (Parteiwillen betreffend Hinweis auf ein Pfandrecht von S 6,000.000,-). Diese Schlußfolgerung ist aber nichts anderes als die Wiedergabe der selbstverständlichen Bedeutung dieser Urkunde, also ihre Auslegung. Der Masseverwalter selbst hatte in seinem Widerspruch keine den Urkunden widersprechenden Tatsachen behauptet, sondern nur eine bestimmte rechtliche Beurteilung des Urkundeninhaltes vorgenommen. Es war also das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein eines bestimmten vom Urkundeninhalt abweichenden Parteiwillens gar nicht strittig, sondern nur die rechtliche Bedeutung der vorgelegten Urkunden. Die Auslegung einer nach Form und Inhalt unbestrittenen Urkunde ist aber eine Frage der rechtlichen Beurteilung (2 Ob 531/54 uva; VersRdSch 1988, 183).

Die Entscheidung des Rekursgerichtes hing daher - entgegen der vom Masseverwalter auch noch im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung - nicht von der Klärung strittiger Tatfragen ab, etwa was die Parteien anläßlich der Verfassung der Urkunden vereinbarten, sondern nur von der Auslegung der als solcher unbestrittenen Urkunden.

Da die vom Rekursgericht vorgenommene Urkundenauslegung, dieRals solche auch im Revisionsrekurs nicht in Zweifel gezogen wird unbedenklich ist, war dem Rechtsmittel des Masseverwalters der Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E21015

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0080OB00017.89.0531.000

Dokumentnummer

JJT_19900531_OGH0002_0080OB00017_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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