TE OGH 1990/6/12 5Ob578/90

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Veröffentlicht am 12.06.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schiemer als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz W***, Immobilienmakler, Kufstein, Blumengasse 6, vertreten durch Dr. Othmar Mair, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Karl M***, Westendorf, Hauptstraße 5, vertreten durch Dr. Herwig Grosch, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wegen 126.000 S samt Anhang, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 20. Februar 1990, GZ 1 R 344/89-24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 7. Juli 1989, GZ 12 Cg 316/88-19, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Es wird der Revision Folge gegeben und in Abänderung des angefochtenen Urteils das Ersturteil in der Hauptsache wiederhergestellt.

In teilweiser Stattgebung des in der Berufung der beklagten Partei enthaltenen Kostenrekurses wird das Ersturteil im Kostenpunkt dahin abgeändert, daß die beklagte Partei schuldig erkannt wird, der klagenden Partei die mit 43.580,79 S bestimmten Prozeßkosten (darin enthalten 6.358,10 S an Umsatzsteuer und 5.432,19 S an Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.328,65 S bestimmten Kosten des Kostenrekurses (darin enthalten 221,45 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 25.427,80 S bestimmten Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens (darin enthalten 2.571,30 S an Umsatzsteuer und 10.000 S an Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt die Zahlung eines Betrages von 126.000 S samt Anhang an Maklerprovision mit der Begründung, er sei von der bevollmächtigten Mutter des Beklagten in dessen Namen beauftragt worden, für die diesem gehörenden 112/1288 Miteigentumsanteile an der Liegenschaft EZ 650 KG Westendorf, mit welchen Wohnungseigentum an der Geschäftseinheit top.Nr. 3 untrennbar verbunden sei, einen Kaufinteressenten namhaft zu machen. Der Kläger habe die Firma P. H*** Immobilien-Leasing Unterland & Co (in der Folge kurz Firma P. H***) in Kufstein, Endach 32, als Kaufinteressentin namhaft gemacht. Diese sei bereit gewesen, die Geschäftseinheit top.Nr. 3 zu einem Kaufpreis von 3,5 Mill S zu erwerben. Das Kaufobjekt sei jedoch mit einem Vorkaufsrecht zugunsten der Sparkasse der Stadt Kitzbühel belastet gewesen, welcher Umstand dem Kläger zunächst verschwiegen worden sei. Die Sparkasse der Stadt Kitzbühel habe fristgerecht ihr Vorkaufsrecht ausgeübt und die Geschäftseinheit top.Nr. 3 zum erwähnten Preis von 3,5 Mill S erworben. Der Kläger habe somit als beauftragter Vermittler im Sinne der Immobilienmaklerverordnung einen Honoraranspruch gegenüber dem Beklagten, weil er verdienstlich geworden sei und insbesondere, weil der Provisionsanspruch auch bei Ausüben des Vorkaufsrechtes bestehe. Im übrigen habe die Vollmachtnehmerin Martha M*** infolge Vermittlungstätigkeit des Klägers den ihr gehörenden Bauhof um rund 5 Mill S an die Firma P. H*** verkauft, sodaß Zweckgleichheit im Sinne der Immobilienmaklerverordnung vorliege. Die Mutter des Beklagten habe als dessen Vollmachtnehmerin zwar das Alleinvermittlungsauftragsformular nicht unterfertigt, dem Inhalt jedoch nicht widersprochen, sodaß die Klauseln auf diesem Formular konkludent vereinbart worden seien, weshalb auch im Vorkaufsfalle eine Provision als vereinbart gelte. Zudem habe die Mutter des Beklagten dem Kläger zunächst das Vorliegen eines Vorkaufsrechtes verschwiegen und dieses erst nach erfolgreicher Vermittlungstätigkeit bekanntgegeben, weshalb der Klagebetrag auch aus dem Titel des Schadenersatzes geschuldet werde, weil Martha M*** damit rechnen habe können, daß die Sparkasse von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen werde.

Der Beklagte beantragt Klageabweisung und wendet ein, daß zwischen den Streitteilen ein rechtsverbindlicher Vermittlungsauftrag nicht zustande gekommen sei. Die Mutter des Beklagten habe auch nie einen Vertrag unterfertigt. Es sei auch keine fixe Provisionszahlung vereinbart worden. Die geltend gemachte Provision sei überdies überhöht. Der Kläger sei ausdrücklich auf das Vorkaufsrecht und darauf hingewiesen worden, daß eine Vergütung entfalle, wenn die Sparkasse der Stadt Kitzbühel das Vorkaufsrecht ausüben sollte. Im übrigen sei die Mutter des Beklagten nicht bevollmächtigt gewesen, mit dem Makler eine Provision für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechtes durch die erwähnte Sparkasse zu vereinbaren. Da es geradezu darauf angekommen sei, einen Kaufvertrag mit einem anderen als dem Vorkaufsberechtigten abzuschließen, fehle es am vertragsmäßigen Geschäftsabschluß. Die Sparkasse habe erst von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht, als der Kläger bereits von diesem unterrichtet gewesen sei. Der Kläger hätte demnach nach Treu und Glauben einen Provisionsanspruch für diesen Fall ausdrücklich erwähnen müssen. Im übrigen habe die Mutter des Beklagten dem Kläger ausdrücklich zu verstehen gegeben, daß ein eventueller Vertrag, und zwar hinsichtlich aller 4 Geschäftseinheiten, nur mit einer Leasinggesellschaft in Frage kommen würde.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es ging von folgenden Feststellungen aus:

Anfang April 1987 setzte sich Martha M***, die Mutter des Beklagten, telefonisch mit dem Kläger in Verbindung und vereinbarte für den 29.4.1987 einen Termin, weil sie - auftretend als Vollmachtnehmerin des Beklagten - und ihre Familie sich von einigen Liegenschaften trennen wollten. Zur Rede standen

4 Geschäftseinheiten eines Wohn- und Geschäftshauses in Westendorf sowie das Areal des Bauhofes in Hopfgarten. Martha M*** erteilte dem Kläger einen mündlichen Vermittlungsauftrag. Bei dem Gespräch am 29.4.1987 machte Martha M*** den Vorschlag, die Liegenschaften in Form eines Sale and lease back-Verfahrens zu realisieren. Der Kläger nannte Martha M*** die Firma P. H*** als mögliche Kaufinteressentin. Diese Firma war Martha M*** zuvor unbekannt. Daraufhin besichtigte der Kläger die Liegenschaft und machte davon fotografische Aufnahmen. Es kam dann zu zwei weiteren Terminen mit Martha M***, wobei ihr der Kläger bei letzterem ein Alleinvermittlungsauftragsformular übergab. Martha M*** sollte dieses mit ihren Kindern durchbesprechen und dann dem Kläger unterfertigt wieder bringen. Es wurde nicht vereinbart, daß kein Provisionsanspruch besteht, wenn die Sparkasse der Stadt Kitzbühel von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch macht. Zu einer Unterfertigung des vorerwähnten Formulars kam es in der Folge nicht. Mittlerweile stellte der Kläger Kontakt mit der Firma P. H*** her und unterbreitete ihr ein Angebot über die vier Geschäftseinheiten in Westendorf. Während der ersten Gespräche zwischen dem Kläger und Martha M*** war dem Kläger nicht bekannt, daß an der Geschäftseinheit top.Nr.3 ein Vorkaufsrecht der Sparkasse der Stadt Kitzbühel besteht. Am 1.6.1987 schickte der Kläger Martha M*** eine schriftliche Auftragsbestätigung, in der er für den Fall des Zustandekommens eines Rechtsgeschäftes durch seine Vermittlungstätigkeit 3 % Provision begehrte. Erst als der Kläger von Martha M*** die Mietverträge der zum Verkauf stehenden Objekte erhielt, erlangte er Kenntnis vom Vorkaufsrecht. Der Kläger übermittelte der Firma P. H*** die Mietverträge. Diese erstellte dann am 27.7.1987 ein Kaufanbot an den Beklagten. Nachdem das Kaufanbot der vorkaufsberechtigten Sparkasse der Stadt Kitzbühel vorgelegt worden war, teilte diese mit Schreiben vom 14.8.1987 mit, daß sie von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch mache und in das Kaufanbot der Firma P. H*** zu denselben Konditionen eintrete. Vor der Zustellung des Kaufanbotes an die Sparkasse der Stadt Kitzbühel gab es keine Verkaufshandlungen zwischen Martha M*** und der Sparkasse. Zu einem Verkauf der übrigen drei Geschäftseinheiten an die Firma P. H*** kam es daraufhin nicht mehr. Da es zu einem Verkauf der Geschäftseinheit top.Nr.3 gekommen war, begehrte der Kläger am 28.9.1987 vom Beklagten unter Hinweis auf die Immobilienmaklerverordnung eine 3 %ige Provision.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß zwischen den Streitteilen rechtsgültig ein mündlicher Vermittlungsauftrag zustande gekommen sei. Für den Provisionsanspruch des Klägers als Realitätenvermittler reiche die bloße Nachweisung der Kaufgelegenheit ohne besondere Zuführung oder Vermittlungstätigkeit aus. Im vorliegenden Fall stehe fest, daß vom Kläger sogar mehr als die bloße Nachweisung der Kaufgelegenheit erreicht worden sei, weil nach mehrmaligem Tätigwerden des Klägers die Firma P. H*** ein Kaufanbot erstellt habe, welches letztlich nur deshalb ins Leere gegangen sei, weil die Sparkasse der Stadt Kitzbühel von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht habe. Nach geltendem Recht bestehe ein Provisionsanspruch auch dann, wenn ein zweckgleichwertiges Geschäft vorliege, also wenn mit dem abgeschlossenen Geschäft der gleiche wirtschaftliche Zweck erreicht werde wie mit dem ursprünglich vorgesehenen. Dies liege hier vor; es sei wirtschaftlich für den Beklagten einerlei, ob der vermittelte Kaufinteressent oder der Vorkaufsberechtigte zum Zug komme, weil der Kaufpreis in beiden Fällen der gleiche gewesen wäre. Es sei zwar eine spzielle Vereinbarung im Sinne des § 9 Abs 1 Z 3 lit d IMV schriftlich nicht fixiert worden, doch stehe die verdienstliche Vermittlungstätigkeit des Klägers außer Frage, weil die erfolgreiche Vermittlung des Kaufinteressenten den Vorkaufsfall herbeigeführt habe. Unter diesen Voraussetzungen sei der Verkauf an die vorkaufsberechtigte Sparkasse der Stadt Kitzbühel dem Kläger als Vermittlungserfolg zuzuschreiben.

Das Berufungsgericht wies die Klage ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei. Ohne auf den Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung und Tatsachenfeststellung sowie auf die geltend gemachten Feststellungsmängel einzugehen, nahm es zur Rechtsrüge des Beklagten im wesentlichen wie folgt Stellung:

Nach den Feststellungen sei davon auszugehen, daß zwischen den Streitteilen zwar ein mündlicher Vermittlungsauftrag abgeschlossen, jedoch keine ausdrückliche Vereinbarung dahin getroffen worden sei, daß der Beklagte auch dann provisionspflichtig werde, wenn der Vorkaufsberechtigte sein Vorkaufsrecht ausübe. Die gesetzliche Grundlage der Tätigkeit eines Immobilienmaklers sei nämlich § 29 HVG. Der Provisionsanspruch eines solchen Vermittlers setze gemäß §§ 6, 29 HVG einen Vermittlungsauftrag voraus. Provisionen könnten auch gemäß § 8 Abs 1 IMV nur aufgrund einer Vereinbarung gefordert werden. Ohne Vermittlungsvertrag gebe daher selbst eine noch so verdienstliche Tätigkeit des Vermittlers keinen Provisionsanspruch. Ein solcher Vermittlungsvertrag könne allerdings auch schlüssig zustandekommen. Provisionspflichtig sei daher der Auftraggeber des Immobilienmaklers, der mit ihm ausdrücklich oder schlüssig einen Maklervertrag abgeschlossen habe. Für die schlüssige Erklärung des Abschlußwillens durch den Auftraggeber reiche es im allgemeinen aus, daß er sich der Vermittlung nutzbringend bediene. Eine stillschweigende Auftragserteilung sei immer dann anzunehmen, wenn der Interessent die vom Realitätenvermittler für ihn entfaltete Tätigkeit kenne und ihr nicht widerspreche. Nach den hier vorliegenden Feststellungen sei zwischen den Streitteilen zumindest ein mündlicher Vermittlungsauftrag abgeschlossen worden, und zwar auch hinsichtlich der im Eigentum des Beklagten stehenden Geschäftseinheit top.Nr.3. Diesbezüglich habe dann die Firma P. H*** ein Kaufanbot an den Beklagten bzw. an die bevollmächtigte Mutter des Beklagten gerichtet und sei es zu einer Annahme dieses Anbotes deshalb nicht gekommen, weil die vorkaufsberechtigte Sparkasse der Stadt Kitzbühel ihr Vorkaufsrecht ausgeübt habe. Aus diesem Sachverhalt gehe hervor, daß es mit der Firma P. H*** tatsächlich zu keinem Geschäftsabschluß gekommen sei. Gemäß § 8 Abs 1 IMV dürften Provisionen oder sonstige Vergütungen nur für den Fall erfolgreicher Vermittlung gemäß § 8 Abs 2 der zitierten Verordnung oder in den Fällen des § 9 IMV vereinbart werden. Nach § 8 Abs 2 IMV sei eine Vermittlung nur dann erfolgreich, wenn das im Vermittlungsauftrag bezeichnete Rechtsgeschäft durch die Tätigkeit des Immobilienmaklers zwischen dem Geschäftsherrn und dem vom Immobilienmakler namhaft gemachten Interessenten rechtswirksam zustande gekommen sei oder für den Fall fehlenden Vermittlungserfolges einer der im § 9 Abs 1 IMV aufgezählten Tatbestände als ebenfalls provisionsbegründend gesondert vereinbart worden sei. Nach dieser Bestimmung dürfe nämlich für den Fall fehlenden Vermittlungserfolges trotz zweckentsprechender verdienstlicher Tätigkeit eine Provision oder sonstige Vergütung nur bei Verwirklichung der dort im einzelnen aufgezählten Tatbestände vorgesehen werden. Hiebei handle es sich um eine taxative Aufzählung. Nach ständiger Rechtsprechung handle es sich bei den Bestimmungen der Immobilienmaklerverordnung nicht nur um Standesrecht, sondern gemäß § 69 Abs 2 GewO auch um Konsumentenschutzbestimmungen, auf die sich wegen ihrer allgemeinen Geltung auch Kunden berufen könnten. Aufgrund des spezifischen Zweckes des Kundenschutzes, der auch den § 9 IMV kennzeichne, werde nach ständiger Rechtsprechung, soweit in der vorgenannten Bestimmung von "Vorsehen" die Rede sei, eine ausdrückliche Vereinbarung verlangt. Dies bedeute, daß zwar eine derartige Vereinbarung zur Gültigkeit nicht der Schriftform im Sinne des § 886 ABGB bedürfe, doch eine ausdrückliche mündliche Vereinbarung jedenfalls erforderlich sei. Eine konkludent geschlossene Vereinbarung in dieser Richtung scheide für die Gültigkeit derselben aus. Dem Erfordernis einer ausdrücklichen Vereinbarung der im § 9 Abs 1 IMV aufgezählten Tatbestände wird auch durch eine pauschale Verweisung auf den der Vereinbarung nicht angeschlossenen Wortlaut der Verordnung nicht Rechnung getragen. Nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen habe nun der beweispflichtige Kläger nicht den Nachweis erbringen können, daß zwischen den Streitteilen ausdrücklich der Tatbestand des § 9 Abs 1 Z 3 lit d IMV vereinbart worden sei, wonach eine Provisionspflicht auch dann bestehe, wenn das im Vermittlungsauftrag bezeichnete Rechtsgeschäft nicht mit dem vom Immobilienmakler namhaft gemachten Interessenten zustandekomme, sondern mit einer Person, die ihr Vorkaufsrecht ausübe. Ein Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens könnte dem Kläger nur dann zugestanden werden, wenn der Beklagte eine Verletzung vertraglicher Aufklärungspflichten zu verantworten hätte. Nach den Feststellungen liege aber eine solche nicht vor. Ein Schadenersatzanspruch des Klägers wäre nur dann denkbar, wenn der Beklagte schon bei Erteilung des Vermittlungsauftrages wissen hätte müssen, daß der Vorkaufsberechtigte auf jeden Fall sein Vorkaufsrecht ausüben werde, sodaß für den Beklagten schon bei Auftragserteilung klar hätte sein müssen, daß die Bemühungen des Vermittlers nicht zum Abschluß eines Rechtsgeschäftes führen werden und daher der Kläger mangels einer ausdrücklichen Vereinbarung nach § 8 Abs 2, § 9 Abs 1 Z 3 IMV um seinen Provisionsanspruch kommen werde, und daß der Makler bei Kenntnis der Umstände nur bei Abschluß einer entsprechenden Vereinbarung tätig geworden wäre. Letzteres sei weder behauptet worden noch aus den Feststellungen ableitbar. Darüber hinaus erübrigten sich aber auch Ausführungen zum behaupteten zweckgleichwertigen Geschäft durch Vermittlung eines Käufers für den Bauhof, weil diese Liegenschaft ja bereits Gegenstand des Vermittlungsauftrages gewesen sei. Im übrigen gebühre die Provision für Verkaufsgeschäfte grundsätzlich nur dann, wenn die abgeschlossenen Verträge inhaltlich den zu vermittelnden Geschäften entsprächen. Die Frage der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit, somit des zweckgleichwertigen Geschäftes, könnte nur dann eine Rolle spielen, wenn etwa im vorliegenden Fall hinsichtlich der Liegenschaften ein Sale and lease back-Rechtsgeschäft abgeschlossen werden hätte sollen, tatsächlich jedoch dann ein reines Verkaufsgeschäft abgeschlossen worden wäre.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist berechtigt.

Beizupflichten ist der mit Lehre und Rechtsprechung übereinstimmenden Auffassung des Berufungsgerichtes, daß die Immobilienmaklerverordnung nicht nur Standesrecht, sondern auch Konsumentenschutzbestimmungen enthält, auf die sich auch die Kunden der Immobilienmakler berufen können (SZ 53/117, EvBl 1982/178 ua), wobei - wie zu ergänzen ist - der Vermittlungsauftrag für den Kunden nicht ein Verbrauchergeschäft im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes sein muß. Das Berufungsgericht hat auch unter Hinweis auf § 8 Abs 1 und 2, § 9 Abs 1 Z 3 lit d IMV zutreffend ausgeführt, daß ein Provisionsanspruch des Klägers in Ansehung des Verkaufes der Geschäftseinheit top.Nr. 3 des Beklagten an die Sparkasse der Stadt Kitzbühel nur dann bestünde, wenn der Kläger mit dem Beklagten eine ausdrückliche Vereinbarung im Sinne der zuletzt genannten Bestimmung geschlossen hätte; daß dem hiefür beweispflichtigen Kläger der Nachweis einer derartigen Vereinbarung nicht gelungen ist, haben die Vorinstanzen - durch den Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüfbar - festgestellt. Angesichts der durch die Immobilienmaklerverordnung geschaffenen klaren Rechtslage und des Fehlens einer ausdrücklichen Vereinbarung im Sinne des § 9 Abs 1 Z 3 lit d IMV vermögen die Argumente, die erfolgreiche Vermittlungstätigkeit des Klägers sei im Auslösen des Vorkaufsfalles zu erblicken und der Kauf durch die Sparkasse der Stadt Kitzbühel sei überdies ein zweckgleichwertiges Geschäft, einer ausdrücklichen Vereinbarung im vorerwähnten Sinne habe es daher nicht bedurft, gleichfalls einen Provisionsanspruch des Klägers nicht zu begründen. Ebenso ist die Ansicht des Klägers abzulehnen, § 9 Abs 1 Z 3 lit d IMV beziehe sich nur auf jene Fälle, in denen Auftraggeber der Käufer sei - die Ausführungen von Assem in ImmZ 1981, 266 sprechen nicht für, sondern gegen die Ansicht des Klägers - oder die höchstzulässige Provision (im Sinne des § 8 Abs 7 IMV) um 100 % überschritten werden solle.

Im Gegensatz zum Berufungsgericht ist jedoch dem Beklagten bzw. dessen Vertreterin (vgl. Koziol-Welser8 I 197 bei und in FN 31) eine Verletzung (vor-)vertraglicher Aufklärungspflichten vorzuwerfen. Nach der in Lehre und Rechtsprechung herrschenden Auffassung (Koziol-Welser8 I 195 ff mwN), wonach im vorvertraglichen Schuldverhältnis Aufklärungs-, Schutz- und Sorgfaltspflichten bestehen, deren schuldhafte Verletzung schadenersatzpflichtig macht, wäre die Vertreterin des Beklagten (die nach ihrer eigenen Zeugenaussage damit rechnen konnte, daß die Sparkasse der Stadt Kitzbühel ihr Vorkaufsrecht ausüben wird: AS 37) verpflichtet gewesen, den Kläger so rechtzeitig über das bestehende Vorkaufsrecht, dessen Ausübung zu erwarten war, aufzuklären, daß er die zu seiner Absicherung notwendige Vereinbarung im Sinne des § 9 Abs 1 Z 3 lit d IMV treffen oder - wenn er das Risiko, ohne Erlangung eines Provisionsanspruches tätig zu werden, nicht eingehen wollte - von einer Vermittlungstätigkeit Abstand nehmen konnte (zur Aufklärungspflicht vgl. Jabornegg, Handelsvertreterrecht und Maklerrecht 246). Daß dies nicht geschehen ist, ergibt sich schon aus der Zeugenaussage der Martha M*** selbst, wonach der Kläger erst mit der Übergabe des (über die Geschäftseinheit top.Nr. 3 geschlossenen) Mietvertrages erfahren hat, daß es einen Vorkaufsberechtigten gibt, zu welchem Zeitpunkt er den Namen der Firma P. H*** bereits genannt hatte (AS 68). In einem solchen Fall steht dem Gegner im Falle eines Verschuldens (infolge Kenntnis des Beklagten und seiner Vertreterin von dem Vorkaufsrecht liegt hier Vorsatz vor) an der Verletzung der Aufklärungspflicht ein Schadenersatzanspruch zu, wobei das positive Interesse (Erfüllungsinteresse) verlangt werden kann, wenn ohne die Pflichtverletzung der Vertrag (hier: der Vermittlungsvertrag mit einer Vereinbarung nach § 9 Abs 1 Z 3 lit d IMV) zustande gekommen wäre (vgl. dazu Koziol-Welser8 I 197 bei und in FN 34 sowie 198). Da es sich hier um eine Frage der Kausalität handelt, wäre in diesem Punkt der Kläger beweispflichtig. Insbes. bei Unterlassungen dürfen an den Kausalitätsbeweis jedoch keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. Es genügt der Beweis eines sehr hohen Wahrscheinlichkeitsgrades (Reischauer in Rummel II Rdz 3 zu § 1295 ABGB u.a.). Der Kläger mußte also nur bestimmte Tatsachen beweisen, aus denen sich aus der Lebenserfahrung mit erheblicher Wahrscheinlichkeit auf andere Tatsachen schließen läßt, für die er die Beweislast trägt. Das Ergebnis dieser Schlußfolgerung kann der Gegner dadurch erschüttern, daß er Tatsachen beweist, die einen Schluß auf einen anderen Geschehensablauf zulassen, der zumindest gleich wahrscheinlich ist (Reischauer a.a.O., Rdz 4 zu § 1296 ABGB u. a.).

Fest steht (die Beweisrüge der Berufung zieht dies auch gar nicht ernstlich in Zweifel, sie will vielmehr nur eine Präzisierung in diese Richtung), daß Martha M*** den Vermittlungsauftrag als Bevollmächtigte des Beklagten erteilt hat. Mit der Bevollmächtigung der Martha M*** hat daher der Beklagte das Entstehen einer Provisionspflicht in Kauf genommen. Da ihm das Vorkaufsrecht bekannt war, konnte er nicht damit rechnen, daß ein Realitätenvermittler in Kenntnis dieses Rechtes das Risiko auf sich nehmen werde, eine Tätigkeit zu entfalten, die seinen Provisionsanspruch bei Ausübung des Vorkaufsrechtes hinfällig machen würde. Der Beklagte mußte daher nach der Lebenserfahrung bei der Bevollmächtigung der Martha M*** damit rechnen, daß der von dieser herangezogene Vermittler im Falle seiner durch das Erfordernis redlichen Verhaltens gebotenen ausreichenden Information seine Tätigkeit von einer Provisionsvereinbarung auch für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechtes abhängig machen werde. Nach der Lebenserfahrung ist also davon auszugehen, daß der Beklagte Martha M*** auch zum Abschluß einer solchen Vereinbarung bevollmächtigt hat, wobei bei dieser Situation eine Ausnahme eines solchen Vertrages mit einem Realitätenvermittler durch den Beklagten nur dann angenommen werden könnte, wenn der Beklagte das gegenüber der Bevollmächtigten eindeutig zum Ausdruck gebracht hätte. Da die Lebenserfahrung demnach für eine Bevollmächtigung der Martha M*** zum Abschluß eines solchen Vertrages spricht, ist deren Widerlegung nicht erfolgt, weil der Kläger eine eindeutige Ausnahme nicht einmal behauptet hat.

Natürlich hätten der Beklagte oder seine Bevollmächtigte direkt mit dem Vorkaufsberechtigten verhandeln können. Warum sie das nicht gemacht haben, liegt im Hinblick auf § 1077 ABGB auf der Hand. In Direktverhandlungen hätte nämlich der Vorkaufsberechtigte seine durch dieses Recht begründete Stärke ausspielen können, was ihm bei Vorgabe eines Drittangebotes nicht möglich war. Die Einschaltung eines Realitätenvermittlers konnte daher nur den Zweck haben, einen den Vorkaufsberechtigten bindenden günstigen Preis zu erlangen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat der Beklagte, der ja mit einem Eintritt des Vorkaufsberechtigten nicht mit absoluter Sicherheit rechnen konnte, das Entstehen einer Provisionspflicht in Kauf genommen. Es mußte ihm jedoch klar sein, daß ein Vermittler im Falle der Kenntnis des Vorkaufsrechtes nicht das übermäßige Risiko einer Vergeblichkeit seiner Bemühungen in Kauf nehmen werde. Demnach mußte er damit rechnen, daß der Vermittler den Abschluß eines Vermittlungsvertrages von einer entsprechenden Provisionsvereinbarung abhängig machen werde. Es widerspricht nun der Lebenserfahrung, daß der Beklagte oder seine Bevollmächtigte durch die Verweigerung eines solchen Abschlusses die Erreichung ihres Zieles, mit Hilfe eines Vermittlers einen für den Vorkaufsberechtigten verbindlich günstigen Kaufpreis zu erlangen, vereitelt hätten. Derartiges wäre nur dann anzunehmen, wenn man dem Beklagten oder seiner Bevollmächtigten die betrügerische Absicht unterstellen wollte, so lange Vermittler zu suchen, bis sich einer findet, der sich endgültig durch das Verschweigen des Vorkaufsrechtes täuschen läßt. Eine solche betrügerische Absicht ist jedoch nicht so wahrscheinlich, daß sie den Ablauf der Geschehnisse nach der Lebenserfahrung zweifelhaft erscheinen lassen könnte. Demnach spricht die Lebenserfahrung eindeutig dafür, daß der Kläger im Falle ausreichender Information auf den Abschluß eines Vertrages im Sinne des § 9 Abs 1 Z 3 lit b IMV gedrängt, ohne einen solchen Abschluß seine Mitwirkung verweigert und Martha M*** daher dem Begehren des Klägers entsprochen hätte. Da ein Vorbringen des Klägers im Verfahren erster Instanz in diese Richtung erstattet wurde und der Beklagte ein konkretes Vorbringen, das die Annahme des auf der Lebenserfahrung beruhenden Sachverhaltes erschüttern könnte, unterlassen hat, erweist sich das der Höhe nach nicht mehr strittige Schadenersatzbegehren als gerechtfertigt.

Die Mängelrüge der Berufung enthält in Wahrheit nur eine Bekämpfung der erstrichterlichen Feststellungen über den zeitlichen Geschehensablauf, ohne daß ausgeführt würde, auf Grund welcher Verfahrensergebnisse ein verschiedener Ablauf festgestellt werden hätte können. Dies gilt auch für die Ausführungen betreffend die Namhaftmachung eines Kaufinteressenten durch den Kläger. Der Beklagte übersieht im übrigen, daß, wie die Vorinstanzen richtig festgelegt haben, die Tätigkeit des Realitätenvermittlers in der Namhaftmachung eines Kaufinteressenten besteht und hier eindeutig feststeht, daß der Kläger den Kaufinteressenten vor Kenntnis des Vorkaufsrechtes genannt hat.

Da sohin die Mängel- und Feststellungsrüge der Berufung bereits nach ihrer Ausführung zu keinem Erfolg hätte führen können, war der Revision Folge zu geben und in Abänderung des angefochtenen Urteils das Ersturteil in der Hauptsache wiederherzustellen. Der in der Berufung enthaltene Kostenrekurs des Beklagten ist teilweise berechtigt. Der Oberste Gerichtshof pflichtet dem Beklagten darin bei, daß dem Kläger für den Schriftsatz ON 17 vom 19. Mai 1989 kein Kostenersatz gebührt, weil die Erstattung dieses Schriftsatzes zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig war; der Kläger hätte die Urkundenvorlage und die Ergänzung des Vorbringens auch noch in der nächsten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vornehmen können. Hingegen erachtet der Oberste Gerichtshof, daß dem Kläger für den Antrag auf neuerliche Klagezustellung ON 3 vom 11.August 1988 ein Kostenersatz gebührt, allerdings nur nach TP 1 I c.

Die Entscheidung über die Prozeßkosten beruht auf § 41 ZPO, jene über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens auch auf § 50 ZPO.

Anmerkung

E21401

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0050OB00578.9.0612.000

Dokumentnummer

JJT_19900612_OGH0002_0050OB00578_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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