TE OGH 1990/6/13 6Ob14/90

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Veröffentlicht am 13.06.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Schobel, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Registersache der unter HRB 2015 in dem vom Landes- als Handelsgericht Linz geführten Handelsregister eingetragenen Verhältnisse der G*** Elektro-Handelsgesellschaft mbH mit dem Sitz in St.Georgen an der Gusen, wegen Eintragung einer Kapitalerhöhung infolge Revisionsrekurses des Helmut G***, Elektrotechniker, St.Georgen an der Gusen, Linzerstraße 234, als des Geschäftsführers der eingetragenen Gesellschaft, vertreten durch Dr. Hermann Schneeweiß, öffentlicher Notar, Enns, Dr. Karl Rennerstraße 14, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 9. April 1990, GZ 6 R 73/90-24, womit der Beschluß des Landes- als Handelsgerichtes Linz vom 21.Februar 1990, HRB 2015/21, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht stattgegeben.

Text

Begründung:

Die 1978 zum Betrieb eines Elektrohandelsunternehmens gegründete und im Handelsregister des Gerichtes erster Instanz eingetragene Gesellschaft hat seit der Anpassung im Sinne der GmbH-Novelle 1980 ein Stammkapital in der Höhe von 500.000 S. Nach der Erklärung des zum alleinvertretungsbefugten Geschäftsführer bestellten Gründungsgesellschafters haben sämtliche vier zu je einem Viertelanteil an der Gesellschaft beteiligten Gesellschafter ihre bisherige Stammeinlage von 125.000 S voll eingezahlt. Am 4.August 1989 beschlossen die Gesellschafter einstimmig die Erhöhung des Stammkapitals von 500.000 S auf eine Million Schilling und die Zulassung der Gesellschafter zur Übernahme der Kapitalerhöhung im Verhältnis ihrer bisherigen Beteiligung. Im Sinne des Kapitalerhöhungsbeschlusses erklärten die vier Gesellschafter die Übernahme je eines weiteren Stammeinlagebetrages von 125.000 S. Diese Erhöhungsbeträge sind nach dem Gesellschafterbeschluß über die Kapitalerhöhung "zu den jeweils von der Generalversammlung festzusetzenden Einzahlungsterminen zu Handen der Geschäftsführer einzuzahlen". Dazu hatten die Gesellschafter ihre übereinstimmende Auffassung festgelegt, daß mit Rücksicht auf die volle Einzahlung des bisherigen Stammkapitals von 500.000 S eine weitere Einzahlung auf den diesen Betrag nicht übersteigenden Erhöhungsbetrag nicht erforderlich wäre.

Im Sinne dieser Auffassung beantragte der Geschäftsführer der Gesellschaft die Eintragung der Kapitalerhöhung, ohne daß auf den Erhöhungsbetrag etwas eingezahlt worden wäre, weil von dem auf eine Million Schilling erhöhten Stammkapital das bisherige Stammkapital in der Höhe des gesetzlichen Mindestbetrages von 500.000 S bereits voll eingezahlt worden sei.

Das Registergericht lehnte die beantragte Eintragung der Kapitalerhöhung ab.

Es verstand unter der nach § 52 Abs. 6 GmbHG angeordneten sinngemäßen Anwendung des § 10, daß bei einer durch Barleistungen aufzubringenden Kapitalerhöhung auf den Erhöhungsbetrag mindestens ein Viertel eingezahlt sein müßte.

Das Rekursgericht bestätigte diese erstinstanzliche Entscheidung. Dazu sprach es aus, daß der Entscheidungsgegenstand 50.000 S übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Nach der rekursgerichtlichen Auslegung des § 52 Abs. 6 GmbHG bedeute die sinngemäße Anwendung der Regelungen nach den §§ 6, 6 a und 10 im Falle einer Erhöhung des Stammkapitals entgegen den Lehrmeinungen von Reich-Rohrwig (GmbH-Recht, 485 und 516 ff), Kastner (Grundriß des Gesellschaftsrechtes4, 329) und Kostner (GmbH-Handbuch3, 26), daß die die Mindesteinzahlungspflicht auf das bisherige Stammkapital übersteigenden Bareinzahlungen nicht auf die sich aus der Kapitalerhöhung ergebenden, gesondert zu beurteilenden weiteren Bareinzahlungsverpflichtungen anrechenbar seien. Nur diese Auslegung würde dem Zweck einer effektiven Deckung des im Gesellschaftsvertrag ausgewiesenen Stammkapitals gerecht, wenn Einzahlungen, etwa gelegentlich einer vor vielen Jahren erfolgten Gründung nicht mehr die volle Gewähr für das Vorhandensein eines Gegenwertes bieten könnten. Anpassungsregelungen wie etwa die der GmbHG-Novelle 1980 gestatteten wegen ihrer besonderen Aufgabe und Zielsetzung keinen Rückschluß auf den Regelfall einer Kapitalerhöhung aufgrund eines individuellen, autonomen Aktes der Gesellschafter.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Geschäftsführer der eingetragenen Gesellschaft gegen die bestätigende Rekursentscheidung erhobene Revisionsrekurs ist im Sinne des § 14 Abs. 1 AußStrG zulässig, aber nicht berechtigt. Die Erhöhung des Stammkapitals ist ein Fall der Abänderung des Gesellschaftsvertrages, die handelsregisterliche Eintragung ist daher rechtsbegründend. Die gesellschaftsvertragliche Festlegung des Stammkapitals ist die Grundlage für die Haftungsordnung im Verhältnis der Gesellschaft gegenüber Dritten. Das Gesetz fordert im Interesse der Gesellschaftsgläubiger bei einer Neugründung das tatsächliche Vorhandensein eines realen Befriedigungsfonds innerhalb der Grenzen des Haftungsnennbetrages und eine Leistung jedes einzelnen Übernehmers einer Stammeinlage als reales Zeichen seiner Leistungswilligkeit und -fähigkeit.

Die im § 52 Abs. 6 GmbHG angeordnete sinngemäße Anwendung der §§ 6, 6 a und 10 bedeutet aus den zutreffenden Wertungen des Rekursgerichtes, daß auf die neuen Verpflichtungen der Übernehmer, auch wenn es sich dabei um die bisherigen Gesellschafter handelt, die ihren Leistungsverpflichtungen im Rahmen ihrer bisherigen Stammeinlage voll oder doch über das Mindestmaß hinaus nachgekommen sind, in gleicher Weise zu erfüllen sind, als handelte es sich bei dem Erhöhungsbetrag um den Betrag des bei der Gründung festgelegten Stammkapitals. Die von Eder im (d)GmbH-Handbuch (Herausgeber Centrale für GmbH Dr.Otto Schmidt)12, I (Gesellschaftsrecht) Rz 501, als "Zusatzgründung" bezeichnete Erhöhung des Stammkapitals ist in der strittigen Frage der Anrechenbarkeit von Leistungen auf das bisherige Stammkapital als neue selbständige Schaffung eines weiteren Haftungsfonds zu begreifen, für den dieselben Sicherungen gelten sollen wie für den bei der Gründung festgelegten. Die vom Rekursgericht vertretene Auslegung stimmt mit der ganz überwiegenden Lehre zu § 56 a dGmbHG überein (vgl Ulmer in Hachenburg, GmbHG7, Rz 6; Bartl/Henkes, GmbH-Recht2, Rz 534;

Meyer-Landrut, GmbHG, in der Sammlung Guttentag, Rz 2;

Fischer/Lutter/Hommelhoff, GmbHG12, Rz 2; Zöllner im Beckschen Kurzkommentar Band 20, GmbHG15, Rz 2 Buchstabe a; Scholz-Priester, GmbHG7, Rz 4; Rowedder-Zimmermann, GmbHG2, Rz 3; abweichend mit Einschränkungen: Roth, GmbHG2, Rz 3).

Sieht man die Erhöhung des Stammkapitals als "Zusatzgründung", bei der für den zusätzlichen Haftungsbetrag dieselben Sicherheiten obwalten sollen wie für den bei der Gründung festgesetzten, dann ist auch dem Vorwurf unsachgemäßer Ungleichbehandlung im Verhältnis auf das gesamte Stammkapital im Falle einer gesellschaftsvertraglichen Festlegung in einem Akt (der Gründung) oder in mehreren Akten (Gründung und Kapitalerhöhung) der Boden entzogen.

Ausdrücklich angeordnete Abweichungen von den dargelegten Grundsätzen im Falle einer gesetzlich vorgeschriebenen Anpassung bestehender Gesellschaften an eine neue Gesetzeslage mit strengeren Erfordernissen erklären sich aus den besonderen, bei einer Anpassung zu berücksichtigenden Interessenslagen und bestätigen eher den erkannten allgemeinen Grundsatz, als sie ihn zu widerlegen vermöchten.

Dem Revisionsrekurs war aus diesen Erwägungen ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E20987

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0060OB00014.9.0613.000

Dokumentnummer

JJT_19900613_OGH0002_0060OB00014_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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