TE OGH 1990/6/26 5Ob39/90

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Veröffentlicht am 26.06.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Gisela R***, Innenarchitektin, Mödling, Kielmanseggasse 13, vertreten durch Dr. Josef Wegrostek, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Irma K***, Private, Wien 13, Elßlergasse 22, vertreten durch Dr. Reinhard Armster, Rechtsanwalt in Maria Enzersdorf, wegen Zuhaltung eines Mietvertrages infolge Rekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 13. Feber 1990, GZ 41 R 848/39-35, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 25. September 1989, GZ 4 C 385/87-29, sowie das vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben und dem Erstgericht die Erledigung des Rechtsschutzbegehrens im außerstreitigen Verfahren aufgetragen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Es wird den Rekursen Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin, Mieterin der Dachgeschoßwohnung im Hause Mödling, Kielmanseggasse 13, begehrte, die Beklagte als Vermieterin schuldig zu erkennen, die mitvermietete Terasse binnen 3 Monaten ordnungsgemäß in einem baubehördlich genehmigten Zustand herzustellen und der Klägerin zur Verfügung zu stellen. Das Erstgericht wies die Klage ab, nachdem es zwar ausdrücklich seine sachliche Zuständigkeit bejaht (ON 6), die Frage der Zulässigkeit des streitigen Rechtsweges aber nicht beurteilt hatte. Aus Anlaß der Berufung der Klägerin erklärte das Berufungsgericht das angefochtene Urteil sowie das diesem vorausgegangene Verfahren für nichtig und trug dem Erstgericht - unter gegenseitiger Aufhebung der Kosten beider Instanzen - die Erledigung des Rechtsschutzbegehrens im außerstreitigen Verfahren auf. Es begründete dies wie folgt:

Begehre der Mieter die Durchführung von Arbeiten, die der Erhaltung oder Verbesserung des Mietgegenstandes dienten, ohne sich dabei - wie auch in diesem Fall - auf eine die Durchführung solcher Arbeiten enthaltende Zusage des Vermieters zu stützen, so sei darüber gemäß § 37 Abs 1 Z 2 MRG im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden. Die Wahrnehmung der Unzulässigkeit des Rechtsweges führe, weil in Mödling dem außerstreitigen Verfahren kein Verfahren bei der Gemeinde im Sinne des § 39 MRG voranzugehen habe, bloß zur Aufhebung des Urteiles und des diesem vorangegangenen Verfahrens als nichtig, nicht aber zur Zurückweisung der Klage, sondern zum Auftrag an das Erstgericht, im Verfahren außer Streitsachen über das Rechtsschutzbegehren zu entscheiden. Ein Zulässigkeits- (und Bewertungs)ausspruch habe zu entfallen, weil die Überweisung einer Rechtssache vom streitigen in das außerstreitige Verfahren in Analogie zu § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ohne jede Beschränkung anfechtbar sei.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobenen Rekurse sind berechtigt, derjenige der Klägerin allerdings nur im Ergebnis.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof ist zulässig, weil - wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte - im Falle der Zurückweisung der Klage die Anfechtbarkeit nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO uneingeschränkt zulässig wäre. Der Zurückweisung der Klage ist die Ablehnung des streitigen Rechtsweges unter gleichzeitiger Überweisung in das Verfahren außer Streitsachen gleichzuhalten, weil in einer solchen Entscheidung ebenfalls die für die Rechtsmittelzulässigkeit nach der genannten Gesetzesstelle maßgebende Ablehnung einer Sachentscheidung enthalten ist und lediglich die sonst (im Fall der Zurückweisung) dem Kläger freistehende Einbringung des Begehrens in Form eines Antrages im Verfahren außer Streitsachen schon vorweggenommen wird. Zutreffend wies die Beklagte darauf hin, daß sie im Verfahren erster Instanz geltend gemacht hat, bei dem im Jahre 1902 errichteten Haus handle es sich um eines mit nicht mehr als zwei selbständigen Wohnungen. Das Dachgeschoß sei erst im Jahre 1972 ausgebaut worden (ON 27 AS 75). Wäre diese Tatsache richtig, so wäre gemäß § 1 Abs 4 Z 2 MRG auf das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis unter anderem die Bestimmung über die Zuständigkeit des Verfahrens außer Streitsachen bei Streitigkeiten über die Durchführung von Erhaltungsarbeiten nicht anwendbar. Die Beurteilung eines Wohnhauses als Zweifamilienhaus im Sinne des § 1 Abs 4 Z 2 MRG hängt nämlich davon ab, ob zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Mietrechtsgesetzes oder des späteren Abschlusses des Mietvertrages nicht mehr als zwei selbständige Wohnungen vorhanden waren, wobei Wohnräume, die nachträglich durch einen Ausbau des Dachbodens neu geschaffen wurden oder werden nicht zählen (MietSlg. XXXVII/33; Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 Rz 51 und 52 zu § 1 MRG). Als durch "nachträglichen" Dachbodenausbau geschaffen sind solche Räume anzusehen, die in der Errichtungsphase des Hauses noch nicht vorhanden waren (Würth-Zingher aaO). Ob die gegenständliche Rechtssache im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden ist, hängt daher von der Richtigkeit der oben angeführten Tatsachenbehauptung der Beklagten ab.

Im übrigen billigt der Oberste Gerichtshof die seiner ständigen Rechtsprechung entsprechende Auffassung des Berufungsgerichtes, daß bei Nichtvorliegen des Ausnahmetatbestandes nach § 1 Abs 4 Z 2 MRG, also der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 37 MRG, das Begehren auf Durchführung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten nur dann im streitigen Rechtsweg gegen den Vermieter geltend gemacht werden könnte, wenn sich der Anspruch auf eine ausdrückliche vertragliche Zusage stützen könnte. Eine derartige vertragliche Zusage ist aber - entgegen dem von der Klägerin im Rekurs vertretenen Standpunkt - bisher nicht einmal behauptet worden.

Tatsachengrundlage des von der Klägerin gestellten Klagebegehrens ist die Behauptung, sie habe eine Wohnung mit Terasse gemietet und letztere sei während des Mietverhältnisses unbenützbar geworden. Die Klägerin leitet ihr Begehren zwar von der Zuhaltung des Bestandvertrages an sich ab; dies ist aber immer auch die Grundlage für das Begehren nach Durchführung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten im Sinne des MRG. Eine vertragliche Zusage gerade auf Durchführung der nun begehrten Arbeiten kann darin hingegen nicht erblickt werden.

Das Berufungsgericht wird daher zunächst die für die Beurteilung der Anwendbarkeit des Ausnahmetatbestandes nach § 1 Abs 4 Z 2 MRG erforderlichen Tatsachenfeststellungen zu treffen haben. Erst dann wird es entweder abermals im gleichen Sinne zu entscheiden oder aber die Berufung sachlich zu erledigen haben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E21413

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0050OB00039.9.0626.000

Dokumentnummer

JJT_19900626_OGH0002_0050OB00039_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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