TE OGH 1990/6/26 10ObS228/90

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Veröffentlicht am 26.06.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Franz Köck und Dr. Wolfgang Dorner (beide Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Karl H***, 8903 Lassing, Döllach 44, vertreten durch Dr. Bernd Fritsch und Dr. Klaus Kollmann, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei

S*** DER G*** W***, Wiedner

Hauptstraße 84-86, 1051 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Ausgleichszulage infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7.März 1990, GZ 8 Rs 130/89-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 4. Juli 1989, GZ 23 Cgs 65/89-6, teilweise bestästigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.292,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 548,80 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger und seine Gattin beziehen von der beklagten Partei Alterspensionen, und zwar der Kläger ab 1.5.1987 eine Pension von 2.293,40 S und seine Gattin ab 1.5.1987 eine solche von 1.375,20 S. Der Kläger und seine Gattin sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 55 KG Lassing-Schattseite, deren Einheitswert zum 1.1.1979 30.000 S betrug. Diese Liegenschaft haben sie seit dem Jahr 1980 an ihren Sohn Karl H*** jun verpachtet. Als Zubehör dieser Liegenschaft war im Grundbuch des Bezirksgerichtes Rottenmann aufgrund eines Vergleiches vom 25.November 1865 das Miteigentumsrecht im Idealanteil von 51 Joch 207,9 Quadratklafter an verschiedenen Waldungen im Gesamtausmaß von 1.486 Joch 315,7 Quadratklafter als Entgelt für Holzungs- und andere Rechte einverleibt. An dieser agrargemeinschaftlichen Liegenschaft (EZ 2 KG Lassing-Schattseite) war das gemeinschaftliche Eigentum für die jeweiligen Besitzer von insgesamt 130 Liegenschaften einverleibt. Der Anteil des Klägers entspricht einer Fläche von 27,6376 ha. Der Einheitswert dieser Grundfläche betrug zum 1.1.1983 69.000 S und erhöhte sich zum 1.1.1988 auf 95.000 S. Über die Agrargemeinschaft Waldgenossenschaft Lassing wurde ein Spezialteilungsverfahren eröffnet. Der Spezialteilungsplan wurde am 10.4.1987 rechtskräftig. Bereits mit Schenkungsvertrag vom 9.3.1987 übergaben der Kläger und seine Gattin die ihnen aus der Agrargemeinschaft zufallenden Abfindungsgrundstücke, die zu diesem Zeitpunkt bereits ausmaßmäßig und hinsichtlich der Grundstücksbezeichnungen feststanden, an ihren Sohn Karl H*** jun. Für die Abfindungsgrundstücke wurde eine Einlagezahl im Grundbuch des Bezirksgerichtes Rottenmann eröffnet. Grundbücherlicher Eigentümer wurde nach Auflösung der Agrargemeinschaft unmittelbar der Sohn des Klägers. Mit Bescheid vom 11.6.1987 stellte die beklagte Partei die Ausgleichszulage des Klägers bis einschließlich 31.12.1986 fest, sprach aus, daß über die Ausgleichszulage ab 1.1.1987 zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werde und gewährte dem Kläger einen jederzeit verrechenbaren Vorschuß auf die Ausgleichszulage ab 1.1.1987. Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die beklagte Partei den Anspruch des Klägers auf Ausgleichszulage für die Zeit vom 1.1.1987 bis 30.4.1987 mit monatlich 1.871,40 S fest, sprach aus, daß ab 1.5.1987 ein Anspruch auf Ausgleichszulage nicht bestehe sowie daß der Vorschuß gegen die Nachzahlung aufgerechnet und der zuviel bezogene Vorschuß von insgesamt 45.088,70 S mit der zu erbringenden Leistung verrechnet werde.

Der Kläger begehrte, die beklagte Partei zur Leistung der Ausgleichszulage (offenbar ab 1.5.1987) zu verpflichten sowie "die Nachzahlung zu streichen".

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Das Erstgericht wies das Begehren des Klägers, die beklagte Partei zu verpflichten, ihm die Ausgleichszulage auch über den 30.4.1987 hinaus zu gewähren, ab. Mit dem Eigentum der Stammsitzliegenschaft EZ 55 KG LassingSchattseite sei als Zubehör das Miteigentumsrecht im Idealanteil von 51 Joch

207,9 Quadratklafter an der EZ 2 KG Lassing-Schattseite verbunden gewesen. Wenn auch eine Veräußerung dieser Fläche nur mit Genehmigung der Agrarbehörde möglich gewesen sei, so schränke doch diese Zustimmungspflicht, die im übrigen bei land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen nicht unüblich sei, die Verfügungsmacht des Eigentümers nicht wesentlich ein. Der Kläger habe seine Stammsitzliegenschaften und seine Anteile an der Agrargemeinschaft seinem Sohn verpachtet. Für beide Liegenschaften lägen Einheitswerte des Finanzamtes Liezen vor. Da die Voraussetzungen für die Pauschalanrechnung bereits aus diesem Grund gegeben seien, erübrige es sich, auf den zeitlichen Ablauf (9.3. Schenkungsvertrag, 10.4. Rechtskraft des Spezialteilungsplanes) einzugehen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil "mit der Maßgabe", daß es aussprach, daß der vom Kläger bezogene Vorschuß auf die Ausgleichszulage, soweit er seinen Anspruch für die Zeit vom 1.1. bis 30.4.1987 übersteige, mit der von der beklagten Partei zu erbringenden Leistung zu verrechnen sei, wobei es im wesentlichen der Begründung des Erstgerichtes beitrat.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, es dahingehend abzuändern, daß seinem Begehren auf Gewährung der Ausgleichszulage auch über den 30.4.1987 hinaus stattgegeben werde.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision is teilweise berechtigt.

Strittig ist im vorliegenden Verfahren, ob durch die Schenkung der dem Kläger im Rahmen der Spezialteilung der Agrargemeinschaft zugewiesenen Grundstücke die Voraussetzungen für die Pauschalanrechnung hergestellt wurden. Die beklagte Partei hat sich auch ausschließlich auf den zwischen dem Kläger und seinem Sohn abgeschlossenen Schenkungsvertrag gestützt und vorgebracht, daß durch die schenkungsweise Übergabe die Voraussetzungen für die Pauschalanrechnung eingetreten seien. Es erübrigt sich daher, darauf einzugehen, ob bereits durch die Verpachtung der als Zubehör mit der Stammsitzliegenschaft verbundenen Anteilsrechte vor Eintritt der Wirksamkeit der Spezialteilung die Voraussetzungen für die Pauschalanrechnung gegeben gewesen wären.

Der Kläger vertritt die Ansicht, daß die Voraussetzungen für die Pauschalanrechnung nicht erfüllt seien, weil er nie Eigentümer der fraglichen Grundstücke auf Grund der Ergebnisse des Spezialteilungsverfahrens gewesen sei. Der Schenkungsvertrag sei bereits vor dem Zeitpunkt der Rechtskraft des Bescheides der Agrarbehörde über den Abschluß der Spezialteilung erfolgt, so daß der Geschenknehmer, dem die Anwartschaft übertragen worden sei, unmittelbar die Eigentumsrechte erlangt habe. Diesen Ausführungen kann nicht beigetreten werden. Fest steht, daß im Zeitpunkt des Abschlusses des Schenkungsvertrages die Grundstücke, die dem Kläger im Rahmen des erst später rechtskräftig abgeschlossenen Spezialteilungsverfahrens zugewiesen wurden, bereits feststanden. Im Schenkungsvertrag werden diese Grundstücke auch katastermäßig bezeichnet. Beide Parteien des Schenkungsvertrages gingen davon aus, daß die Grundstücke auch in dieser Form endgültig zugewiesen werden; der Schenkungsvertrag war daher durch den rechtskräftigen Abchluß des Spezialteilungsverfahrens in dieser Form bedingt, und dies war auch Voraussetzung für die Einverleibung des Eigentums des Geschenknehmers. § 22 Grundbuchsgesetz ist nur scheinbar eine Ausnahme gegenüber der Bestimmung des § 21 Grundbuchsgesetz. In Wahrheit ist nämlich eine geschlossene Kette von Urkunden erforderlich, aus welchen zu ersehen ist, daß der bücherliche Vormann (§ 21 GBG) seine Rechte an die Vormänner übertragen hat, von denen nunmehr der neue Erwerber seine Rechte ableitet. Diese Bestimmung weist sohin nur darauf hin, daß es nicht notwendig ist, zuerst die Zwischenübertragungen bücherlich durchzuführen. Der letzte Übernehmer kann daher seine Rechte im Grundbuch eintragen lassen, wenngleich sein unmittelbarer Vormann im Grundbuch nicht aufscheint. Dies aber immer nur dann, wenn der Rechtserwerb bis zum unmittelbaren bücherlichen Vormann durch eintragungsfähige Urkunden nachgewiesen ist (Marent, Grundbuchsrecht, 34). Es ließe sich nun wohl nicht begründen, daß für die Zwischenberechtigten § 149 Abs 7 GSVG (§ 282 Abs 8 ASVG, § 140 Abs 7 BSVG) nur deshalb nicht anzuwenden ist, weil sie nicht im Grundbuch eingetragen und aus diesem Grund nicht Eigentümer des landwirtschaftlichen Betriebes wurden. Für diese Ansicht sprechen nicht zuletzt die Gesetzesmaterialien, in denen die Regelung über die Pauschalanrechnung mit der in der Land- und Forstwirtschaft verbreiteten Gepflogenheit begründet wird, bei Übergabe eines Betriebes ein Ausgedinge zu vereinbaren (vgl die Darstellung in SSV-NF 2/129). Dies gebietet aber nicht bloß eine sachenrechtliche, sondern auch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise. Die Möglichkeit ein Ausgedinge zu vereinbaren, hat aber auch ein Zwischenberechtigter (10 Ob S 121/90) und sie stand damit auch dem Kläger zur Verfügung, wenngleich er die in Frage stehenden Grundstücke bereits vor Vorliegen der Voraussetzungen für seine bücherliche Eintragung mit Schenkungsvertrag an seinen Sohn übertrug, zumal dieser Schenkungsvertrag durch die Rechtskraft der Entscheidung über die Spezialteilung und damit den Eintritt der Voraussetzungen für die grundbücherliche Eintragung des Eigentums des Klägers bedingt war.

Daß ausgehend von der Pauschalanrechnung auch unter Berücksichtigung des Einheitswertes der aus dem Spezialteilungsverfahren zugewiesenen Grundstücke ein Anspruch auf Ausgleichszulage nicht besteht, wird vom Kläger nicht bekämpft. Zutreffend sind daher die Vorinstanzen zu einer Abweisung des auf Gewährung der Ausgleichszulage ab 1.5.1987 gerichteten Begehrens des Klägers gelangt.

Der bekämpfte Bescheid hat zwei Teile. Im ersten Teil sprach die beklagte Partei aus, daß für die Zeit vom 1.1.1987 bis 30.4.1987 Anspruch auf eine monatliche Ausgleichszulage von 1.871,40 S bestehe, die Ausgleichszulage hingegen ab 1.5.1987 nicht gebühre. Im zweiten Teil wurde ausgesprochen, daß der bezogene Vorschuß von 45.088,70 S mit der zu erbringenden Leistung verrechnet werde. Mit der Klage begehrte der Kläger die Zuerkennung der Ausgleichszulage (offenbar ab 1.5.1987) sowie die "Streichung der Nachzahlung". Das Erstgericht erkannte ausschließlich über den Anspruch auf Ausgleichszulage ab 1.5.1987 und sprach über das Begehren des Klägers, die beklagte Partei zur Abstandnahme von der Aufrechnung der erbrachten Vorschußleistungen zu verpflichten, nicht ab, worüber schon aufgrund der Bestimmung des § 89 Abs 4 ASGG zu entscheiden gewesen wäre. Gegen dieses Urteil hat lediglich der Kläger, jedoch nicht die beklagte Partei Berufung erhoben. Die Unterlassung der Entscheidung über die Aufrechnung der vom Kläger bezogenen Vorschüsse hätte vom Berufungsgericht jedoch nur dann wahrgenommen werden können, wenn dieser Verstoß von der beklagten Partei in einem Rechtsmittel geltend gemacht worden wäre. Es handelt sich dabei um einen Verfahrensmangel (§ 496 Abs 1 Z 1 ZPO), der nur über Rüge durch die verletzte Partei aufgegriffen werden kann. Da ein Rechtsmittel von der beklagten Partei nicht ergriffen wurde - die Berufungsbeantwortung wurde nach Ablauf der Berufungsfrist eingebracht, so daß mit den dort erstatteten Ausführungen der Verfahrensmangel nicht mehr wirksam gerügt werden konnte - , war es dem Berufungsgericht verwehrt, diese Frage zum Gegenstand seiner Entscheidung zu machen. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes, mit der es in Form einer "Maßgabebestätigung" über die Aufrechnung des Vorschusses entschied, stellt sich in Wahrheit als Abänderung der Entscheidung des Erstgerichtes dar, mit der das Berufungsgericht die ihm durch den Umfang der Anfechtung gezogenen Entscheidungsgrenzen überschritten hat. Zu Recht wendet sich der Kläger daher in der Revision gegen den Ausspruch über die Aufrechnung des Vorschusses. Dieser Teil des Berufungsurteils war auszuschalten und das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG. Da der Kläger im Revisionsverfahren zumindest teilweise durchgedrungen ist (Entscheidung über Aufrechnung des Vorschusses durch das Berufungsgericht), gebühren ihm auf der Basis des der Kostenverzeichnung zugrunde gelegten Streitwertes die Kosten des Revisionsverfahrens.

Anmerkung

E21536

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:010OBS00228.9.0626.000

Dokumentnummer

JJT_19900626_OGH0002_010OBS00228_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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