TE OGH 1990/6/27 9ObA145/90

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Veröffentlicht am 27.06.1990
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Alfred Mayer und Mag.Wilhelm Patzold als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Claus B***, Burtenbach, Weinbergstraße 10, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr.Robert Amhof und Dr.Heinz Damian, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei E*** Apparatebau Gesellschaft mbH, Sillian, Industriezone, vertreten durch Dr.Josef Klaunzer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen DM 38.275 - S 400.674,72 sA und Ausstellung eines Dienstzeugnisses (Streitwert S 5.000,-), infolge Revision des Klägers gegen das Teilurteil und Revision (richtig: Rekurs) der Beklagten gegen den Teilaufhebungsbeschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25.Juli 1989, GZ 5 Ra 96/89-39, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 5.Dezember 1988, GZ 43 Cga 1243/87-31, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs der Beklagten gegen den Teilaufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes wird nicht Folge gegeben.

Der Revision des Klägers gegen das Teilurteil des Berufungsgerichtes wird teilweise Folge gegeben und dieses dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:

1. Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger einschließlich der im Punkt II.1. des Ersturteils festgestellten Hauptsachenbeträge

a) DM 38.275 mit dem am Zahlungstag dem amtlichen Umrechnungskurs der Wiener Börse für DM entsprechenden öS-Betrag,

b) S 348.078,10 brutto abzüglich S 4.176,- netto

binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

2.

Das Mehrbegehren von S 23.734,12 (Hauptsache) wird abgewiesen.

3.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger ein Dienstzeugnis für den Anstellungszeitraum 13.8.1984 bis 7.7.1987 binnen 14 Tagen zu Handen des Klagevertreters auszustellen.

              4.              Die Entscheidung über das Begehren auf Zahlung von Stufenzinsen und über die Kosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger, der deutscher Staatsbürger ist, war seit 13.4.1984 bei der beklagten Gesellschaft mit beschränkter Haftung als Geschäftsführer angestellt (schriftlicher Geschäftsführervertrag vom 7.6.1985) und seit 7.1.1985 neben Josef S*** und Dr.Sonja S*** als selbständig vertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer (§ 15 Abs 1 GmbHG) im Handelsregister eingetragen. Eine Ausländerbeschäftigungsbewilligung wurde dem Kläger erst am 14.1.1985 erteilt.

Der Kläger bezog ein monatliches Gehalt von S 48.750,- 14 mal jährlich, das auf seinen Wunsch zum Teil in Schillingwährung (zuletzt mit S 25.768,- monatlich) und zum Teil in DM-Währung (DM 4.827,- monatlich inclusive anteiliger Sonderzahlungen) ausgezahlt wurde. Der DM-Anteil wurde zeitweise von der Fa. E*** GmbH München gezahlt und der Kläger dort zur Sozialversicherung gemeldet, um den Anschein eines (mit diesem Unternehmen bestehenden) Dienstverhältnisses zu erwecken. Später wurde der DM-Anteil in Umgehung österreichischer abgabenrechtlicher Vorschriften auf Grund fingierter Rechnungen gezahlt, die die Ehefrau des Klägers der E*** GmbH München legte. Diesen Rechnungen lagen keine Leistungen zugrunde. Zuletzt geschah dies im April 1987. Ferner hatte der Kläger Anspruch auf eine Gewinnprämie (Punkt 2.2 des Geschäftsführervertrages), wenn er den im Jahresbudget vorgesehehen Bruttogewinn erreichte. Diese Gewinnprämie betrug 3 % vom Gewinn und war ein Monat nach dem Zeitpunkt der Vollversammlung auszuzahlen. Schließlich stand dem Kläger "ein Firmenauto der oberen Mitteklasse zur Verfügung" (Punkt 2.3 des Geschäftsführervertrages).

Mit Schreiben vom 17.6.1987, das dem Kläger am selben Tag in der Sitzung der Geschäftsleitung überreicht wurde, kündigte die Beklagte sein Dienstverhältnis unter Einhaltung der im Geschäftsführervertrag (Punkt 8.2) vereinbarten sechsmonatigen Kündigungsfrist zum 31.12.1987 und forderte ihn auf, den Firmenwagen zurückzustellen. Dem kam der Kläger am 18.6.1987 nach. Er wurde vorläufig vom Dienst freigestellt, mit Schreiben vom 30.6.1987 jedoch aufgefordert, seinen Dienst am 7.7.1987, 14 Uhr, wieder anzutreten. Mit Schreiben vom 25.6.1987 kündigte die Beklagte dem Kläger die Aufrechnung von Ansprüchen aus den Haftungsfällen "S***" und "P***" (siehe die unten erwähnten Gegenforderungen) an und teilte ihm mit, daß sie bis zur Beendigung seines Dienstverhältnisses seine Entgeltansprüche auf die ausstehenden Forderungen in Höhe von S 191.640,- und S 577.629,16 anrechnen werde. Die Einforderung des dadurch nicht abzudeckenden Restes behalte sie sich vor. Die handelsrechtliche Vertretungsbefugnis des Klägers (seit 5. Mai 1986 nur mehr gemeinsam mit Dr.Sonja S***) wurde mit 1.7.1987 gelöscht und Rudolf G*** zum neuen Geschäftsführer bestellt (Handelsregisterauszug Beilage I).

Mit Schreiben vom 2.7.1987, eingelangt bei der Beklagten am 3.7.1987 (einem Freitag), forderte der Vertreter des Klägers den damals offenen DM-Anteil der Bezüge des Klägers für Mai und Juni 1987 in Höhe von je DM 4.827,-, den Schlllinganteil des Junigehalts 1987 (S 25.768,-) sowie die restliche Gewinnprämie für 1986 in Höhe von S 36.293,-, als Ersatz für den entzogenen Firmen-PKW S 6.660,- und S 10.237,-, für Leistungen seiner Ehefrau S 9.000,-, ferner Verzugszinsen sowie die Kosten des Klageanwalts von S 8.334,70. Ferner drohte er seinen Austritt für den Fall an, daß nicht bis spätestens am 6.7.1987 (Montag) die bankmäßige Gutschrift dieser Beträge erfolgt sei. Schließlich verlangte der Kläger eine Umschreibung seines neuen Aufgabenbereiches. Am 3. und 7.7.1987 waren die beiden zeichnungsberechtigten Geschäftsführer nicht in Sillian anwesend.

Am 7.7.1987 erklärte der Kläger seinen Austritt, den er auf das Vorenthalten des Entgelts sowie auf das Entziehen des Firmenschlüssels und des Firmenfahrzeuges gründete. In dem ausgestellten Dienstzeugnis wurde dem Kläger eine Dienstzeit vom 14.1.1985 (Erteilung der Beschäftigungsbewilligung) bis 7.7.1987 bestätigt.

Der Kläger erhob gegen die Beklagte zuletzt folgende Ansprüche:

1. Gehaltsanteil in DM von Mai bis

Dezember 1987 abzüglich einer Gegenforderung

der Beklagten von DM 341,- = S 2.388,- (S 61)

für einen auf Firmenkosten angeschafften

privaten Staubsauger, sohin restlich   DM  38.275,-

samt Stufenzinsen

2. Gehaltsanteil in Schilling für Juni

bis Dezember zuzüglich 13. und 14. Ge-

halt abzüglich einer Zahlung von

S 3.217,28 für Juli                    S 228.694,72

3. Abfertigung, da das Arbeitsver-

hältnis ohne Unterbrechungen über

drei Jahre gedauert habe,              S 120.000,-

4. restliche Gewinnprämie 1986         S  36.293,-

5. Ersatz für die Entziehung des ver-

traglich zugesicherten PKWs ab

18.6.1987 S 6.660,- (S 4) und S 13.860,-

(S 172)                                S   20.520,-

6. Entgelt für Arbeitsleistungen der

Ehegattin (der Anspruch wurde dem Kläger

mit Notariatsakt abgetreten)           S    9.000,-

zusammen                               S 414.507,72

abzüglich Arbeitslosenbezug            S  42.795,20

verbleiben daher                       S 371.712,52

samt Stufenzinsen (siehe die Berechnung des Klägers mit S 371.712,22, AS 174); er begehrt jedoch insgesamt, ohne entsprechende Deckung des Mehrbetrages, S 400.647,42 samt Stufenzinsen.

Ferner begehrt der Kläger die Ausstellung eines Dienstzeugnisses für den Anstellungszeitraum vom 13.8.1984 bis 31.12.1987. In der Klage behauptete der Kläger seinen Austritt wegen Vorenthaltens rückständiger Lohnansprüche und rufschädigender Äußerungen (§ 26 Z 2 und 4 AngG) und bezog sich dazu auf die Schreiben seines Vertreters vom 2. und 7.7.1987. Er berechnete seine Ansprüche jedoch so, als ob das Dienstverhältnis erst am 31.12.1987 geendet hätte. Eine Kündigungsentschädigung machte er ausdrücklich erst in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 4.7.1988 geltend (S 83 f).

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger sei zu Unrecht ausgetreten, weil er für die DM-Gehaltsanteile keine Honorarrechnungen vorgelegt habe, obwohl die bisherigen Zahlungen stets auf Grund der Vorlage solcher Rechnungen geleistet worden seien. Der Kläger habe zunächst Ansprüche aus dem laufenden Dienstverhältnis geltend gemacht und sich erst nach Ablauf der Frist des § 34 AngG auf den Rechtsgrund der Kündigungsentschädigung gestützt. Die Kündigungsentschädigung und die Abfertigung seien daher verfallen. Die Lohnansprüche in Schillingwährung habe der Kläger bis 7.7.1987 erhalten. Der Kläger habe sich in der Generalversammlung vom 26.3.1987 und im Umlaufbeschluß vom 23.5.1987 damit einverstanden erklärt, daß die restliche Gewinnprämie von S 36.293,- zur Abdeckung der von ihm verschuldeten dubiosen Forderungen (siehe unten) verwendet werde.

Außerdem wendete die Beklagte insgesamt fünf Gegenforderungen ein. Die beiden ersten gründete sie darauf, daß der Kläger den zahlungsunfähigen Unternehmen "S***" in Cannes und "P***" in Mailand weisungswidrig ohne Absicherung durch eine Bankgarantie Waren geliefert habe. Hiedurch sei:

1. im Geschäftsfall "S***"

ein Schaden von S 147.490,- an Zinsenverlusten, von S 97.466,87 an Kursverlusten und von S 76.663,78 an Anwaltskosten, sohin ein Gesamtschaden

von S 321.620,65 entstanden.

2. Im Geschäftsfall "P***" (S 132)

sei ein Schaden von S 164,761,- wegen Uneinbringlichkeit der Forderung, von S 27.054,- durch Kursverluste, an Zinsen bis 31.12.1987 S 34.423,- und an Anwaltskosten bzw Verfahrenskosten in Höhe von S 1.182,48 und S 7.642,-,

zusammen daher S 235.062,48 enstanden.

Die weiteren Gegenforderungen (3. bis 5.) sind nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens. Es handelt sich um

3. Reparatur einer privaten Schreibmaschine auf den Namen der Beklagten:

Diese Forderung wurde vom Erstgericht mit dem Hauptsachenbetrag von S 4.800,- als zu Recht bestehend, mit den ferner eingewendeten Prozeßkosten von S 2.064,48 und S 3.773,68 (in den Entscheidungsgründen) als nicht zu Recht bestehend erkannt.

4. "Malusschäden" aus Kfz-Unfällen des Klägers und seiner Frau:

Diese Forderungen in Höhe von S 20.245,- wurden vom Erstgericht in den Entscheidungsgründen als nicht zu Recht bestehend erkannt.

5. Mehrkosten für neue Leasingverträge:

Auch diese Forderung in Höhe von S 12.769,- wurde vom Erstgericht in den Entscheidungsgründen als nicht zu Recht bestehend erkannt.

Das Erstgericht stellte die Klageforderung mit DM 10.767,92 brutto und S 38.305,03 brutto abzüglich S 4.176,- netto jeweils samt Stufenzinsen als zu Recht und "die eingewendete Gegenforderung" bis zur Höhe der Klageforderung als zu Recht bestehend fest und wies das Zahlungsbegehren (mit dem richtig berechneten Betrag) von DM 38.275,- und S 371.712,22 (je samt Stufenzinsen) sowie das Begehren auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses für den Zeitraum vom 13.8.1984 bis 31.12.1987 ab.

Es traf folgende weitere wesentliche Feststellungen:

Der DM-Gehaltsanteil des Klägers von zuletzt brutto DM 4.827,-

wurde ab Mai 1987 weder auf Grund fingierter Rechnungen noch einer "Quasi-Anstellung" des Klägers bei der E*** GmbH München ausgezahlt. Es kann nicht festgestellt werden, ob der Kläger oder seine Ehefrau für Mai und Juni 1987 ebenfalls fingierte Rechnungen ausgestellt haben oder daß diese Gehaltsbestandteile auf eine andere Weise vor dem 2.7.1987 eingefordert wurden oder ein neuer Auszahlungsmodus vereinbart wurde.

Für Juni 1987 erhielt der Kläger (im Verrechnungswege) ein Bruttogehalt von S 25.768,-, einen Urlaubszuschuß in derselben Höhe und S 867,- brutto für den entzogenen Firmenwagen. Abgezogen wurden ihm außer einem gewährten Vorschuß von S 2.000,- weitere S 26.021,-, und zwar: S 2.388,- für den (erwähnten) Staubsauger, den der Kläger privat, aber auch Firmenkosten angeschafft hat,

S 10.788,- für eine vom Kläger im Namen der Beklagten gekaufte, aber (zunächst) zurückbehaltene IBM-Schreibmaschine,

S 6.185,- Selbstbehalt der Kaskoversicherung für den Unfall vom 26.8.1985,

S 6.660,- für eine Zahlung, die die Beklagte an die Haftpflichtversicherung leistete, um eine Prämienrückstufung aus diesem Unfall zu verhindern.

Am 31.7.1987 gab der Kläger die IBM-Schreibmaschine an die Beklagte zurück, worauf ihm der Betrag von S 10.788,- ausgezahlt wurde. Für Juli 1987 erhielt der Kläger einen anteiligen Monatsgehalt von S 6.013,- brutto, für den entzogenen Firmenwagen S 467,- brutto und eine anteilige Weihnachtsremuneration von S 776,-

brutto.

Ende Februar/Anfang März 1985 fand eine Verwaltungsratssitzung der E*** AG Bruneck statt, bei der beschlossen wurde, daß dieses Unternehmen und die Beklagte die Unternehmen "S***" und "P***" nur mehr gegen Barzahlung oder Beibringung einer Bankgarantie über die Rechnungssumme beliefern werden. Davon wurde der Kläger telefonisch informiert. Bei der Besprechung am 6.3.1985 erhielt der Kläger neuerlich diese Weisung. Dennoch belieferte er im März und April 1985 die Fa "S***", obwohl keine Bankgarantie, sondern nur eine Exportgarantie der Österreichischen Kontrollbank AG mit 40 % Selbstbehalt vorlag. Von Dr.Sonja S*** wurde am 7.5.1985 ein Lieferstopp für "S***" verfügt. Die Fa "S***" zahlte die vom Kläger veranlaßten Lieferungen vorerst nicht. Nach Verhandlungen unter Einschaltung eines französischen Rechtsanwaltes kam es schließlich zu einem Vergleich, mit dem sich die Fa "S***" zur Zahlung der Fakturensumme, nicht jedoch der Zinsen und Kursverluste infolge des Zahlungsverzuges verpflichtete. Hiedurch erlitt die Beklagte einen Zinsenverlust von S 147.490,- und einen Kursverlust von S 97.466,87.

Mit Datum 23.5.1986 unterfertigte unter anderem auch der Kläger einen Umlaufbeschluß, mit dem die Vermögensbilanz und Gewinn- und Verlustrechnung der Beklagten für das Jahr 1985 zur Kenntnis genommen und von den Gesellschaftern genehmigt wurde: Der letzte Absatz lautet wie folgt:

"Wir erteilen hiermit den Geschäftsführern einstimmig die Entlastung, vorbehaltlich dem, daß Herr B*** die Gewährleistung über die Forderung gegenüber den Firmen S*** in Cannes und P*** in Mailand gemäß Seite 14 des Jahresabschlusses 1985 übernimmt."

In der Generalversammlung vom 23.3.1987 wurde die 3 %ige Gewinnprämie des Klägers für das Jahr 1986 mit S 136.293,-

festgelegt, auf die der Kläger im Mai 1987 eine Acontozahlung von S 100.000,- erhielt. Dazu wurde im Protokoll über die Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 23.3.1987 folgendes festgehalten:

"... Die Vollversammlung erkennt die besonderen Verdienste an, und legt unter Berücksichtigung der zu korrigierenden Faktoren bei der Gewinnermittlung die Prämie mit öS 136.293,- fest. Die Vollversammlung erläutert Hr. Dipl.Ing.B*** die Notwendigkeit, davon eine Summe von 36.293,- öS einzufrieren, zur eventuellen Abdeckung der uneinbringbaren, in Eigenverantwortung übernommenen Forderungen S*** und P***.

...

Hr. Dipl.Ing.B*** erklärt sich mit dem Vorschlag einverstanden und dankt im Namen aller den Gesellschaftern für das erwiesene Vertrauen. ... "

Dieses Protokoll wurde vom Kläger nicht verzeichnet. Das Erstgericht war der Ansicht, daß der Kläger die Kündigungsentschädigung und den erst während der fiktiven Kündigungsfrist entstandenen (und daher ebenfalls als Kündigungsentschädigung zu qualifizierenden) Abfertigungsanspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht habe, weil er zunächst nur Ansprüche aus dem laufenden Dienstverhältnis erhoben habe. Da über die Auszahlung des Lohnanteils in DM-Währung Unklarheiten über die Mitwirkung des Klägers bestanden hätten, sei er zum Austritt ohne Setzung einer angemessenen Nachfrist nicht berechtigt gewesen. Die der Beklagten gesetzte Frist von Freitag, 3.7.1987, bis Montag, 6.7.1987 sei im Hinblick auf die (dem Kläger bekannte) Abwesenheit der verfügungsberechtigten Geschäftsführer zu kurz gewesen. Als Ersatz für die Entziehung des Firmenfahrzeuges stehe dem Kläger gemäß § 273 ZPO ein Betrag von S 5.000.- monatlich zu.

(Daß der Kläger seiner Berechnung nur einen Betrag von S 2.100,-

monatlich zugrundegelegt hatte, blieb im Rechtsmittelverfahren

unbeanstandet.) Daher gebühre ihm für die restliche Dienstzeit bis

7.7.1987 noch ein Betrag von

brutto S  1.795,03,

die aliquote Weihnachtsremuneration

in Höhe von                            brutto S   215,--,

die restliche Gewinnprämie von         brutto S 36.253,--,

und für die Arbeitsleistungen seiner

Ehegattin                              netto S  9.000,--,

wovon für die Anschaffung des privaten

Staubsaugers S 2.388,- und für den Ankauf

einer IBM-Schreibmaschine (infolge Rücker-

stattung des Betrages an den Kläger nach

Ausfolgung des Gerätes) ein Betrag von

S 10.788,- abzuziehen sei.

Daraus errechne sich eine Forderung von

                                   brutto S 38.303,03

abzüglich                              netto  S  4.176,--.

Ferner gebührten dem Kläger die DM-Gehaltsanteile für Mai, Juni und Juli (bis 7.7.1987) in Höhe von brutto DM 10.767,92. Die von der Beklagten eingewendete Gegenforderung aus dem Geschaftsfall "S***" sei berechtigt, weil der Kläger rechtswidrig und schuldhaft gegen die ihm erteilte Weisung gehandelt habe. Bei Vorliegen der Bankgarantie wäre der Beklagten der festgestellte Verzögerungsschaden ohnedies nicht entstanden. Der Kläger hafte für diesen Betrag gemäß § 25 GmbHG, wenngleich aus dem Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 23.3.1987 kein konstitutives Anerkenntnis oder eine Haftungsübernahme des Klägers hervorgehe. Da die Gegenforderung aus dem Geschäftsfall "S***" mit S 147.490,- und S 94.039,- allein schon höher als die Klageforderung sei, erübrige sich das Eingehen auf die Gegenforderung aus dem weiteren Geschäftsfall "P***". Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers im Umfang der Abweisung eines Betrages von DM 27.507,08 samt Stufenzinsen und S 33.407,19 brutto plus S 4.176,- netto samt Stufenzinsen, sowie des Begehrens auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses nicht Folge und bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes insoweit mit Teilurteil; im übrigen hob es die Entscheidung der zweiten Instanz im Ausspruch über die Gegenforderung (gemeint sind die Gegenforderungen aus den Geschäftsfällen "S***" und allenfalls "P***") und im Umfang der Abweisung eines Zuspruches von DM 10.767,92 sA und S 38.305,03 brutto abzüglich S 4.176,- netto sA und im Ausspruch über die Zinsen und Kosten unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es billigte die Ansicht des Erstgerichtes, daß der Kläger Ansprüche auf Kündigungsentschädigung nicht rechtzeitig geltend gemacht habe. Im übrigen sei aber auch sein Austritt ungerechtfertigt gewesen. Die Enthebung des Klägers als (handelsrechtlicher) Geschäftsführer habe ihn nicht zum Austritt berechtigt, solange nicht festgestanden sei, welche Arbeitsbereiche ihm die Beklagte ab 7.7.1987 zugewiesen hätte. Auch der Austrittsgrund des § 26 Z 2 erster Fall AngG liege nicht vor. Im Zeitpunkt des Zugehens des Aufforderungsschreibens vom 2.7.1987 sei nur der in DM-Währung zustehende Gehaltsteil offen gewesen. Für die Auszahlung dieses Betrages sei die Mitwirkung der Ehefrau des Klägers durch Ausstellen einer fingierten Rechnung erforderlich gewesen. Sie habe aber derartige Rechnungen für die Monate Mai und Juni 1982 nicht erstellt und der Beklagte diesen Gehaltsteil vor dem 2.7.1987 auch nicht auf eine andere Weise eingefordert. Unter diesen Umständen sei aber die dem Kläger gewährte Nachfrist zu kurz gewesen, weil der Beklagten zur Nachzahlung nur ein Arbeitstag zur Verfügung gestanden sei. Die Beklagte habe zwar mit Schreiben vom 25.6.1987 die Aufrechnung aller Bezüge des Klägers mit Gegenforderungen angekündigt; auch daraus könne aber der Kläger nichts für sich ableiten, weil auf sein Arbeitsverhältnis als Geschäftsführer einer GesmbH die Bestimmungen des DHG, insbesondere dessen § 7, nicht anzuwenden gewesen seien.

Eine den Bestimmungen des § 293 EO widersprechende Aufrechnung liege aber nicht vor, weil die Beklagte ihre Schadenersatzansprüche aus den Geschäftsfällen "S***" und "P***" bis zum Schreiben des Klagevertreters vom 2.7.1987 nicht mit fälligen Gehaltsansprüchen aufgerechnet habe; ein aus diesem Rechtsgrund geltend gemachter Austritt wäre daher nicht berechtigt. Die (damals angekündigte) Aufrechnung hätte erst mit der Fälligkeit der einzelnen weiteren Gehaltsansprüche wirksam werden können, so daß der Austritt auch aus diesem Gesichtspunkt verfrüht gewesen sei. Dem Kläger stehe daher weder Kündigungsentschädigung noch Abfertigung zu.

Was "die Gegenforderung" betreffe, richte sich die Haftung des Klägers für allfällige Schadenersatzansprüche nach § 25 GmbHG. Den Geschäftsführer der GesmbH treffe die Beweislast dafür, daß er die ihm gesetzlich obliegende Sorgfalt - für die ein objektiver Maßstab gelte - angewendet habe. Nach § 25 GmbHG habe der Kläger für alle aus der weisungswidrigen Warenlieferung entstandenen Schäden einzustehen, also auch für den durch Verzugszinsen und Kursverluste eingetretenen Schaden.

Mit Recht berufe sich aber der Kläger auf die von ihm behauptete, ihm zumindest teilweise gewährte Entlastung. Eine solche Entlastung stelle den Geschäftsführer bei allen Ansprüchen frei, die der Gesellschaft bei Beschlußfassung erkennbar gewesen seien. Ob eine solche Entlastung im Jahre 1987 erfolgt sei, könne den Feststellungen nicht entnommen werden. Im Jahre 1986 sei allerdings eine Entlastung aus den Geschäftsfällen "S***" und "P***" nach den Feststellunge nicht erfolgt. Zu prüfen werde auch sein, ob ein entsprechender Gesellschafterbeschluß gemäß § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG vorliege.

Sei der Kläger im Geschäftsfall "S***" nicht entlastet worden, werde auch zu prüfen sein, ob dieses Unternehmen auch zur Abdeckung des Zinsenschadens bereit gewesen wäre und die Beklagte ihre Schadensminderungspflicht gegenüber dem nicht in die Vergleichsverhandlungen einbezogenen Kläger verletzt habe. Der vom Kläger unterfertigte Umlaufbeschluß vom 23.5.1986 könne nur als Übernahme einer Ausfallsbürgschaft gewertet werden. Für die Zeit vom 13.8.1984 bis 14.1.1985 stehe dem Kläger kein Anspruch auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses zu, weil es nur auf die rechtliche Dauer des Arbeitsverhältnisses und nicht auf die tatsächliche Arbeitsleistung ankomme.

Der Kläger bekämpft das (abweisende) Teilurteil des Berufungsgerichtes mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragt, die Entscheidung insoweit im Sinne des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagte richtet ihre Revision (richtig: ihren Rekurs) gegen den aufhebenden Teil der Entscheidung der zweiten Instanz, macht Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt (im Umfang der Anfechtung) die Wiederherstellung des Ersturteils, in eventu die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

Beide Rechtsmittelwerber beantragen in ihren Rechtsmittelschriften, dem Rechtsmittel der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist berechtigt, der Rekurs der Beklagten im Ergebnis nicht berechtigt.

1. Zur Revision des Klägers:

Die Zulässigkeit der Revision ergibt sich aus § 46 Abs 1 Z 2 ASGG und nicht, wie der Revisionswerber meint, aus § 502 ZPO. Der Revisionswerber tritt der Ansicht der Vorinstanzen entgegen, er habe zunächst nur laufendes Entgelt angesprochen und den Rechtsgrund seines Begehrens erst nach Ablauf der Frist des § 34 Abs 1 AngG auf Kündigungsentschädigung wegen berechtigten vorzeitigen Austritts (§ 29 Abs 1 AngG) geändert.

Diese Ausführungen sind berechtigt. Der Kläger hat schon in der Klage vorgebracht, daß er mit Schreiben der Beklagten vom 17.6.1987 zum 31.12.1987 gekündigt worden sei und - nachdem ihm rückständige Lohnansprüche seit Mai 1987 vorenthalten worden seien und der neue Geschäftsführer rufschädigende Behauptungen über seine Geschäftsführung aufgestellt habe -, gemäß § 26 Z 2 und 4 AngG berechtigt vorzeitig ausgetreten sei. Den Austrittstag hat der Kläger in der Klage zwar nicht genannt, doch bezog er sich auf die nach dem Kündigungsschreiben der Beklagten liegenden Schreiben des Klagevertreters vom 2. und 7.7.1987; auch wenn daraus keine sicheren Schlüsse auf den Tag des Austrittes zu ziehen waren, hat der Kläger jedenfalls unmißverständlich behauptet, während der Kündigungsfrist ausgetreten zu sein. Die von da an bis 31.12.1987 berechneten Ansprüche konnten daher nur Ansprüche auf Kündigungsentschädigung sein; die unrichtige rechtliche Qualifikation, die auch in der Formulierung des Begehrens auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses nicht nur bis 7.7.1987, sondern bis 31.12.1987 zum Ausdruck kam, schadet daher dem Kläger nicht; seine Klage enthielt alle rechtserzeugenden Tatsachen auch für die Geltendmachung einer Kündigungsentschädigung. Die Klarstellung des Austrittstages hatte gemäß § 182 ZPO auch im Anwaltsprozeß in Ausübung der richterlichen Anleitungspflicht zu erfolgen, ohne daß diese Unvollständigkeit die verjährungs-(verfalls-)unterbrechende Wirkung der Klage gehindert hätte.

Der Revisionswerber macht ferner geltend, daß die am 2.7.1987 gesetzte viertägige Nachfrist ausreichend gewesen sei, habe doch die Beklagte schon in ihrem Schreiben vom 25.6.1987 erklärt, bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses des Klägers anfallende Bezüge mit den (voraussichtlich höheren) Ersatzforderungen aus den Geschäftsfällen "P***" und "S***" (zur Gänze) zu verrechnen. Auch diesen Ausführungen ist zu folgen. Nach stRsp verwirkt ein Arbeitnehmer, der Zahlungsrückstände durch längere Zeit hingenommen hat, dadurch sein grundsätzliches Austrittsrecht nicht. Er kann aber den (längere Zeit geduldeten) Zustand nicht zum Anlaß eines plötzlichen Austritts nehmen, dh. ohne vorherige Ankündigung und damit für den Arbeitgeber überraschend eine weitere Zusammenarbeit ablehnen; vielmehr muß er in einem solchen Fall den Arbeitgeber vorher unter Setzung einer, wenn auch nur kurzen Nachfrist, zur Zahlung des Rückstandes auffordern und dadurch zu erkennen geben, daß er weitere Verzögerungen nicht mehr hinnimmt. Erst nach fruchtlosem Verstreichen dieser Frist kann er mit Grund austreten (Arb 9350, 10.218, 10.535; DRdA 1990/12 ÄEypeltauerÜ ua). Umgekehrt muß aber der Arbeitnehmer unter Umständen gar nicht erst das Nichteinhalten des Fälligkeitszeitpunktes abwarten; er kann schon vor diesem vorzeitig austreten, wenn sich aus den Erklärungen des Arbeitgebers unzweifelhaft ergibt, daß er trotz Reklamation des Arbeitnehmers das diesem zustehende Entgelt nicht zahlen will (RdW 1988, 172; vgl infas 1985, 6, 11).

Im vorliegenden Fall hat der Kläger mit der Geltendmachung des

in DM-Währung auszuzahlenden Entgeltteils zunächst längere Zeit

zugewartet; die Gründe für dieses Zögern waren nicht restlos

aufklärbar; das Erstgericht konnte nicht feststellen, daß vom Kläger

oder von seiner Frau auch für Mai und Juni 1987 fingierte Rechnungen

gelegt wurden oder die Gehaltsteile vor dem 2.7.1987 in anderer

Weise eingefordert wurden. Da es sich um fingierte Rechnungen

handelte, war die Fälligkeit des vertraglich in DM-Währung zu

zahlenden Teiles des Monatsentgelts jedenfalls nicht von einer

vorherigen Arbeitsleistung der Ehefrau des Klägers abhängig. Ob die

Fälligkeit von einer Mitwirkung der Ehefrau des Klägers (durch

Erstellen der entsprechenden fingierten Belege) abhängig war, wie

das Berufungsgericht meint, kann aber auf sich beruhen, weil die

Beklagte dem Kläger am 25.6.1987 unmißverständlich mitteilte, daß

sie alle bis zum Ende des Dienstverhältnisses fällig werdenden

weiteren Bezüge mit Gegenforderungen (aus den Geschäftsfällen

"S***" und "P***") verrechnen werde.

Die damit angekündigte Aufrechnung widersprach aber bezüglich

der der Exekution entzogenen Teile der Bezüge des Klägers dem § 293

Abs 1 EO, soweit sie nicht zur Einbringung eines Vorschusses oder

einer im rechtlichen Zusammenhang stehenden Gegenforderung oder

einer Schadenersatzforderung ( - wenn der Schaden absichtlich

zugefügt wurde - ) bestimmt war. Diese Voraussetzungen lagen nicht

vor. Eine absichtliche Schadenszufügung wurde nicht behauptet.

Zwischen den Entgeltansprüchen des Dienstnehmers und einer

eingewendeten Schadenersatzforderung des Dienstgebers aus einem

Verhalten bei Erbringung seiner Dienstleistungen besteht aber (bei

Fehlen eines unmittelbaren und engen Sachbezuges zum

Entgeltanspruch) auch kein rechtlicher Zusammenhang im Sinne des

§ 293 Abs 3 EO (ausf SZ 56/70 = Arb 10.247; SZ 56/150).

Die Ansicht des Berufungsgerichtes, die Beklagte habe von der

angekündigten Aufrechnung mit der Ersatzforderung aus den zwei

genannten Geschäftsfällen bis 2.7.1987 ohnehin keinen Gebrauch

gemacht, so daß der Kläger nicht zum Austritt berechtigt gewesen

sei, ist verfehlt. Die Beklagte hat einerseits mit dem in

Schillingwährung zu zahlenden Teil des Junigehaltes verschiedene Verrechnungen vorgenommen; sie hat S 2.000,- zulässig für Vorschüsse und weitere S 26.021,- über die Grenzen des § 293 Abs 3 EO hinaus für diverse Ersatzforderungen abgezogen. Gemäß § 3 Z 2 LPfG sind nämlich die für die Dauer eines Urlaubs über das Arbeitseinkommen hinaus gewährten Bezüge bis zur Höhe eines Monatseinkommens (Urlaubszuschuß, Urlaubsbeihilfe; 14. Monatsgehalt u.dgl.) unpfändbar (wie sich aus Beilage 3 ergibt, fielen daneben noch hohe Lohnsteuerabzüge an, so daß der Kläger überhaupt nichts ausgezahlt erhielt, sondern ein Minus von S 1.052,80 errechnet wurde). Es wurde aber auch der in DM-Währung zu entrichtende Gehaltsteil nicht gezahlt, so daß der Kläger annehmen mußte, die Beklagte bleibe bei der angekündigten Aufrechnung; da die Beklagte eine Auszahlung abgelehnt hatte, war der Kläger mangels einer besonderen Aufforderung der Beklagten auch nicht verpflichtet, auf das allfällige Erstellen weiterer fingierter Rechnungen durch seine Frau hinzuwirken.

Da der Kläger aus dem Verhalten des Beklagten unzweifelhaft annehmen mußte, daß sie ihm weiteres Entgelt nicht mehr bar auszahlen, sondern über die zulässigen Grenzen des § 293 Abs 3 hinaus mit Gegenforderungen verrechnen wollte, war er schon nach dem Empfang des Schreibens vom 25.6.1987 zum sofortigen Austritt berechtigt. Es konnte ihm daher nicht schaden, daß der Beklagten eine Frist setzte, die in dem (hier nicht Ä!Ü vorliegenden) Fall der längeren Duldung eines vorhergehenden Zahlungsverzuges eines an sich zahlungsbereiten Dienstgebers vielleicht zu knapp gewesen wäre (s aber etwa Eypeltauer zu DRdA 1990/12, 135 mwN); jedenfalls war die Frist gerade noch lang genug, um den Arbeitgeber objektiv in die Lage zu versetzen, die erforderlichen Dispositionen zu treffen (DRdA 1990/12).

Der Kläger war daher wegen Vorenthaltens des Entgelts zum vorzeitigen Austritt berechtigt. Auf die Frage, ob er auch wegen Enthebung von der Geschäftsführerbefugnis und wegen vertragswidriger Entziehung des beigestellten Firmenfahrzeuges austrittsberechtigt gewesen wäre, braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden. Dem Kläger gebühren daher - über die vom Erstgericht bereits als zu Recht bestehend festgestellten Forderungen hinaus - (aber vorbehaltlich der offenen Gegenforderungen) folgende Beträge:

1. Geschäftsführergehalt (DM-Anteil) für die

Zeit vom 8.7. bis 31.12.1987           DM  27.507,08 brutto

2. Geschäftsführergehalt (Schilling-

Anteil) für die Zeit vom 8.7. bis 31.12.1987

inklusive (anteiliger) Sonderzahlung    S 177.593,07

3. Abfertigung gemäß § 23 Abs 1 AngG

iVm § 29 AngG, da das Dienverhältnis

des Klägers ohne seinen gerechtfertigten

Austritt ununterbrochen mehr als drei

Jahre gedauert hätte (Arb 9866, 10.407;

SZ 59/97; WBl 1988, 137). Die vereinbarte

Gewinnprämie bildet als regelmäßiger (wenn auch

von einem bestimmten Unternehmenserfolg ab-

hängiger) Bezug einen Bestandteil der Be-

messungsgrundlage. Damit liegt aber die Be-

messungsgrundlage der Abfertigung jedenfalls

nicht unter dem vom Kläger errechneten Monats-

bezug von S 60.000,-, betrug doch allein die

Gewinnprämie für 1986 S 136.293,-.

Abfertigungsanspruch daher             S 120.000,-

4. Entschädigung für die vertragswidrige

Entziehung des Firmen-PKWs vom 8.7.1987 bis

31.12.1987 (monatlich S 2.100,- = S 70,--

pro Tag)                               S  12.180,-

zusammen                               S 309.773,07

Berechtigt ist die Revisions auch, soweit sie sich gegen die Abweisung des Begehrens auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses für die (noch strittige) Zeit vom 13.8.1984 bis 13.1.1985 wendet. (Daß dem Kläger ein Dienstzeugnis für eine Beschäftigungszeit über den 7.7.1987 hinaus nicht gebührt, bestritt er schon im

nicht mehr.) Gemäß § 39 Abs 1 AngG ist der Arbeitgeber verpflichtet, bei Beendigung des Dienstverhältnisses dem Angestellten auf Verlangen ein schriftliches Zeugnis über die Dauer und die Art der Dienstleistung auszustellen. Da einem Ausländer, der entgegen den Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ohne Beschäftigungsbewilligung beschäftigt wird, gegenüber dem ihn beschäftigenden Betriebsinhaber für die Dauer der Beschäftigung die gleichen Ansprüche wie auf Grund eines gültigen Arbeitsvertrages zustehen und sich der Zeugnisanspruch auf die tatsächliche Beschäftigung bezieht (Krejci in Rummel2 II Rz 8 zu § 1163) und das Arbeitszeugnis keine rechtlichen Qualifikationen, sondern Tatsachen bescheinigt (Runggaldier-Eichinger, Arbeitszeugnis 85 f), hat auch der ohne Beschäftigungsbewilligung beschäftigte Ausländer gegen den Dienstgeber Anspruch auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses. Der dazu scheinbar in Widerspruch stehende Rechtssatz, es komme auf die rechtliche Dauer des Arbeitsverhältnisses an (Runggaldier-Eichinger aaO 92 mwN FN 351), besagt nur in positiver Richtung, daß aus der vereinbarten rechtlichen Dauer des Arbeitsverhältnisses Zeiten der faktischen Nichtarbeit (Krankheit, Urlaub, Vereinbarung des Beginns des Arbeitsverhältnisses an einem Sonntag) nicht ausgeklammert werden dürfen. Die Nichtigkeit des Arbeitsvertrages nach § 29 AuslBG hat aber nur zur Folge, daß ein bereits tatsächlich aufgenommenes Arbeitsverhältnis jederzeit gelöst werden kann, ohne daß dem Vertragspartner deswegen aus der Art der Auflösung zeitlich weiterreichende Ansprüche zustünden. Die Regelung des § 29 AuslBG (hier: idF vor der Nov BGBl 1988/231) schließt aber nicht aus, daß der ausländische Arbeitnehmer für die Dauer der Beschäftigung auch Abwicklungsansprüche, wie den Anspruch auf Urlaubsabfindung oder anteilige Sonderzahlungen (9 Ob A 209, 210/87) oder, wie hier, auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses hat (9 Ob A 155/89).

2. Zum Rekurs der Beklagten:

Die Beklagte macht geltend, daß der Kläger das Fehlen eines Generalversammlungsbeschlusses nach § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG nicht behauptet habe; es handle sich um eine interne Vorschrift, so daß sich der verfolgte Geschäftsführer auf das Fehlen eines solchen Beschlusses gar nicht berufen könne. Die Frage der Entlastung des Klägers sei für das (maßgebliche) Jahr 1986 geklärt worden. Für das Jahr 1987 habe er eine Entlastung gar nicht behauptet. Diesen Ausführungen ist insoweit zuzustimmen, als der Kläger die Einwendung, es fehle an einem Generalversammlungsbeschluß nach § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG, nie erhoben hat; von Amts wegen ist aber auf diese Frage nicht einzugehen, zumal die Entlastung, auch wenn sie ohne Gesellschaftersbeschluß nicht möglich ist, kraft Auslegung in einem anderen Beschluß enthalten sein kann (Baumbach-Hueck GmbH-Gesetz15 § 46 Rz 26). Der Kläger hat die Unwirksamkeit des von den Gesellschaftern genehmigten Umlaufbeschlusses vom 23.5.1986 nicht behauptet. Was die Frage der Entlastung betrifft, ist dem Vorbringen des Klägers nur die Behauptung zu entnehmen, er sei für das Jahr 1986 "unter Dankung der geleisteten Verdienste" entlastet worden. Dazu hat er sich auf die Protokolle der Generalversammlung vom 23.3.1987 (Beilage G) berufen, wo sich tatsächlich diese Wendung findet (S 8). Dort wurden aber nicht nur die "besonderen Verdienste" des Klägers anerkannt und die Gewinnprämie für 1986 mit S 136.293,-

festgestellt, sondern auch die Notwendigkeit betont, davon eine Summe von 36.293,- öS zur eventuellen Abdeckung der uneinbringbaren, in Eigenverantwortung übernommenen Forderungen "S***" und "P*** "einzufrieren". Nach dem Inhalt des Protokolls erklärte sich der Kläger damit einverstanden. Gerade diese Zustimmung bestreitet aber der Kläger. Er hat nicht etwa die Behauptung erhoben, daß er mit der Zustimmung zu diesem Vorgang, der als Bestellung einer Sicherheit für einen drohenden, aber noch nicht endgültig feststehenden Schaden aufzufassen wäre, bezüglich weiterer Ansprüche entlastet worden sei. Er hat vielmehr die Zahlung der restlichen Gewinnprämie mit der Begründung begehrt, daß ihn keine Ausfallshaftung treffe und er nur Verwendungszusagen gemacht habe. Der Anspruch auf Zahlung von S 36.293,- wurde auch vom Erstgericht - rechtskräftig - als zu Recht bestehend festgestellt.

Daß die Beklagte den Kläger aus der Haftung für die auf das Jahr 1985 zurückgehenden Schäden aus den Geschäftsfällen "S***" und "P***" nicht entlassen hat, ergibt sich zweifelsfrei aus dem vom Kläger unterfertigten Umlaufbeschluß vom 23.5.1986, mit dem den Geschäftsführern für das Jahr 1985 einstimmig die Entlastung im Sinne des § 36 Abs 1 Z 1 GmbHG erteilt wurde, jedoch mit dem Vorbehalt, daß der Kläger "die Gewährleistung über die Forderung gegenüber den Firmen S*** in Cannes und P*** in Mailand gemäß Seite 14 des Jahresabschlusses 1985 übernimmt".

Damit hat aber die Beklagte durch ihre Entlastungserklärung auf Ersatzansprüche aus diesen beiden Geschäftsfällen nicht verzichtet (vgl zur Verzichtswirkung der Entlastung Neumayr, Die Entlastung des Geschäftsführers, JBl 1990, 273 Ä274 ff mwN FN 11-13Ü); der Kläger hat zur Kenntnis genommen, daß seine gesetzliche Haftung nach § 25 Abs 1 und 2 GmbHG für die beiden genannten Geschäftsfälle weiterbestand und allfällige gesetzliche Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihn aufrecht blieben. Daher kann aber die Frage, ob die als Vorbehalt formulierte Erklärung der Gesellschafter (auch) eine über die gesetzliche Geschäftsführerhaftung hinausgehende eigene Verpflichtungserklärung des Klägers enthält, die als Ausfallsbürgschaft zu werten wäre, auf sich beruhen. Auf andere Erklärungen zur Frage der (gänzlichen oder teilweisen) Entlastung (für das Jahr 1985) hat sich der Kläger nicht berufen, so daß die vom Berufungsgericht diesbezüglich erteilten Aufträge zur Verfahrensergänzung entbehrlich sind.

Dennoch hat es bei der vom Berufungsgericht beschlossenen

Aufhebung zu bleiben, weil das Erstgericht zur Behauptung des

Klägers (S 175), die Firma "S***" sei auch zur Abdeckung des

Zinsenschadens bereit gewesen, keine Beweise aufgenommen hat. Wie

das Berufungsgericht zutreffend ausführte, könnte die Beklagte

deswegen eine Verletzung ihrer Schadensminderungspflicht zu

vertreten haben.

Auch wenn die Bestimmungen des DHG auf solche Dienstnehmer einer

GesmbH, die zugleich deren Geschäftsführer sind, nicht zur Anwendung

kommen (Reich-Rohrwig GmbH-Recht, 107; Grillberger in FS

Ostheim 542; EvBl 1979/135; zu § 84 AktG schon SZ 46/113 =

EvBl 1974/83; aM Reischauer in DRdA 1978, 193 f), kann sich auch aus

diesem Rechtsverhältnis bei einem Vergleichsabschluß, der den

Interessen des ersatzpflichtigen Geschäftsführers zuwiderläuft, eine

Verletzung von Schadensminderungspflichten ergeben, zumal neben der Anwendung des § 1304 ABGB die Grundgedanken der §§ 931, 1361 ABGB und der §§ 3 Abs 4 und 4 Abs 4 DHG - über den Bereich von Solidarschuldverhältnissen hinaus (zu diesen Gamerith in Rummel2 Rz 9 zu § 896) - überall dort, wo zwischen Schädiger und Geschädigten schon vor der Schädigung ein Schuldverhältnis bestand (vgl Koziol; Haftpflichtrecht2 I 259), verallgemeinerungsfähig sind. Der Einwand des Klägers, die Beklagte hätte den Schaden im Haftungsfall "S***" noch weiter verringern können, ist daher zu prüfen.

Da dem Kläger mehr als in den Vorinstanzen zugesprochen wurde, kommt auch die bisher vom Erstgericht nicht behandelte Eventualaufrechnungseinrede im Geschäftsfall "P***" zum Tragen, so daß auch auf diese Gegenforderung einzugehen sein wird. Das Erstgericht hat ausgesprochen, daß "die eingewendete Gegenforderung" bis zur Höhe der Klageforderung zu Recht besteht. Aus den Entscheidungsgründen geht hervor, daß damit offenbar nur die wesentlich höhere Gegenforderung "S***" gemeint war, so daß es sich erübrigte, auf die Gegenforderung "P***" einzugehen. Das Erstgericht hat aber - von den Parteien unbekämpft - in den Entscheidungsgründen über eine Reihe weiterer eingewendeter kleinerer Gegenforderungen teils positiv und teils negativ abgesprochen. Da sich die Rechtskraft der Entscheidung über die Gegenforderung nur bis zur Höhe der Klageforderung erstreckt und ein darüber hinausgehender Teil der Entscheidung nicht in Rechtskraft erwächst (Fasching III 713; JBl 1956, 317; 1963, 535; ÖBA 1988, 81), dies aber auch dann gilt, wenn ein über die Höhe des Klagebetrages hinausgehender Teil der Gegenforderung abgewiesen wird (Fasching LB2 Rz 1295; ÖBA 1988, 81), wird das Erstgericht - abgesehen vom Zinsenbegehren - über die Gegenforderungen zu entscheiden haben (siehe dazu Fasching III, 583 f und EvBl 1974/84).

Da die Voraussetzungen des § 391 Abs 3 ZPO vorliegen, ist über die spruchreife Klageforderung durch Teilurteil zu entscheiden. Da die zu ändernde Entscheidung über die einzelnen Zinsstufen eingehender Berechnungen bedurfte (vgl § 510 Abs 1 letzter Satz ZPO), erscheint es zweckmäßig, es diesbezüglich bei der vom Berufungsgericht ausgesprochenen Aufhebung zu belassen. Der Vorbehalt der Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs 2 ZPO.

Anmerkung

E21234

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00145.9.0627.000

Dokumentnummer

JJT_19900627_OGH0002_009OBA00145_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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