TE OGH 1990/7/3 13Os71/90

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Veröffentlicht am 03.07.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Juli 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Dr. Ungerank als Schriftführer in der Strafsache gegen Friedrich D*** und Dietmar D*** wegen des Vergehens der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Beschwerde des Zeugen Christoph K*** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 11.Mai 1990, GZ 8 Bs 62/90-8, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

In oben bezeichneter Strafsache hat das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht im Rahmen einer Beweiswiederholung beschlossen, für die am 29.März 1990 anberaumte Berufungsverhandlung unter anderem Christian (richtig: Christoph) K*** als Zeugen zu vernehmen.

Ungeachtet gehöriger Vorladung war der Genannte zur Vernehmung unentschuldigt nicht erschienen, so daß über ihn eine Ordnungsstrafe von S 1.000,-- verhängt wurde. Ersichtlich am 3.April 1990 entschuldigte Christoph K*** fernmündlich sein Fernbleiben am 29. März 1990 mit der Begründung, daß er den Termin vergessen hätte; er ersuchte, von der Verhängung einer Ordnungsstrafe abzusehen. Das Oberlandesgericht behandelte dieses Vorbringen als rechtzeitig erhobenen Einspruch gegen die verhängte Ordnungsstrafe. Mit dem angefochtenen Beschluß gab der Vorsitzende des Berufungsgerichtes diesem Einspruch keine Folge, weil der Zeuge K*** nicht nachzuweisen vermochte, daß ihn ein unvorhergesehenes und unabwendbares Hindernis vom Erscheinen bei der Berufungsverhandlung abgehalten hat; das Vergessen einer gerichtlichen Vorladung rechtfertige weder eine Nachsicht, noch eine Minderung der verhängten Geldstrafe.

Gegen diesen Beschluß richtet sch die rechtzeitig erhobene Beschwerde des Christoph K***.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist zu prüfen, ob gegen eine vom Gerichtshof zweiter Instanz (als Berufungsgericht) gemäß dem § 242 Abs. 3 StPO verhängte Geldstrafe eine Beschwerde zulässig ist.

Nach dieser Gesetzesstelle sind Zeugen, die zur Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht nicht erschienen sind, zu einer Geldstrafe bis zu 10.000 S zu verurteilen. Gemäß dem § 243 Abs. 1 StPO kann der nach dem § 242 StPO Verurteilte gegen die Geldstrafe Einspruch erheben, über den - wenn er erst nach dem Schluß der Hauptverhandlung erhoben wurde - der Vorsitzende zu entscheiden hat. Nach der gemäß dem § 489 Abs. 1 StPO auf das Verfahren über Berufungen gegen ein Urteil des Einzelrichters beim Gerichtshof erster Instanz ua sinngemäß anzuwendenden Vorschrift des § 473 Abs. 1 StPO sind die vom Berufungsgericht allenfalls vorgeladenen Zeugen zu vernehmen, wobei die für die Hauptverhandlung vor den Gerichtshöfen erster Instanz gegebenen Vorschriften zu beachten sind. Daraus folgt, daß der Gerichtshof zweiter Instanz als Berufungsgericht auch die Vorschriften der §§ 242 und 243 StPO über einen trotz ordnungsgemäßer Vorladung zur Berufungsverhandlung nicht erschienenen Zeugen sinngemäß anzuwenden hat. Gegen einen der Berufungsverhandlung ferngebliebenen Zeugen ist demnach die Verhängung einer Ordnungsstrafe (Geldstrafe) iS des § 242 Abs. 3 StPO durch das Berufungsgericht und gegen diesen Beschluß auch ein Einspruch zulässig, über den, wenn er nach der Berufungsverhandlung erhoben wurde, der Vorsitzende des Berufungsgerichtes zu entscheiden hat. Dessen Entscheidung wieder ist in sinngemäßer Anwendung des § 243 Abs. 4 StPO mit Beschwerde anfechtbar.

Die vorliegende Beschwerde des Christoph K*** ist daher zulässig, sie ist aber nicht begründet.

Gemäß dem § 243 Abs. 2 StPO wäre die vom Beschwerdeführer im vorliegenden Fall angestrebte Nachsicht der über ihn verhängten Geldstrafe nur gerechtfertigt, wenn er nachzuweisen vermöchte, daß ihn ein unvorhergesehenes und unabwendbares Hindernis vom Erscheinen bei der Berufungsverhandlung abgehalten hat. Davon kann aber nach dem Vorbringen in der Beschwerde - darnach besuchte der Zeuge im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung am 29.März 1990 einen Kurs beim WIFI Innsbruck - keine Rede sein. Daß dieser Kursbesuch - er dauerte nach der vom Beschwerdeführer vorgelegten Bestätigung vom 26. bis zum 29.März 1990 - kein unvorhergesehenes Ereignis darstellt, bedarf keiner Erörterung. Es fehlt aber auch jeder Anhaltspunkt für die Annahme, daß er ein für Christoph K*** unabwendbares Hindernis gebildet haben könnte, das ihn vom Erscheinen bei der Berufungsverhandlung abgehalten hätte. Der zunächst ins Treffen geführte Umstand, auf den Termin vergessen zu haben, ist aber gleichfalls kein ausreichender Grund iS des § 243 Abs. 2 StPO für das Absehen von der verhängten Geldstrafe, zumal es dem Zeugen durchaus zumutbar war, den Vernehmungstermin zu notieren und auf diese Weise ein Vergessen des Termines hintanzuhalten. Der unbegründeten Beschwerde war daher ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E21097

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0130OS00071.9.0703.000

Dokumentnummer

JJT_19900703_OGH0002_0130OS00071_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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