TE OGH 1990/7/26 8Ob594/89

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Veröffentlicht am 26.07.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Fritz L***-H***, Pensionist, Wien 5, Margartenstraße 98, vertreten durch Dr. Gustav Etzl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien

1.) Dr. Peter K***, Rechtsanwalt, Wien 1, Wipplingerstraße 18, vertreten durch Dr. Otto Philp und Dr. Gottfried Zandl, Rechtsanwälte in Wien, und 2.) Dr. Johannes S***, Rechtsanwalt, Wien 1, Niebelungengasse 1, vertreten durch Dr. Ernst Gruber, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,638.469,08 s.A. infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 15. Dezember 1988, GZ 13 R 169/88-15, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 12. April 1988, GZ 2 Cg 106/87-9, aufgehoben wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

1.) Dem Rekurs des Erstbeklagten wird teilweise Folge gegeben. Es wird der angefochtene Beschluß, soweit er sich auf das gegen den Erstbeklagten gerichtete Klagebegehren von S 1,592.035,70 (Schadenersatzanspruch) bezieht, aufgehoben und in diesem Umfang das klageabweisende erstgerichtliche Urteil als Teilurteil wiederhergestellt.

Im übrigen, d.h. hinsichtlich des auf S 46.433,88 (Honorarrückforderung) gerichteten Begehrens, wird der angefochtene Beschluß bestätigt.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.

2.) Dem Rekurs des Zweitbeklagten wird nicht Folge gegeben. Die diesbezüglichen Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt in der am 8. 5. 1987 eingebrachten Klage die Verurteilung des Erstbeklagten zur Zahlung von S 46.433,38 samt 4 % Zinsen seit 12. 8. 1986 und die Verurteilung von beiden Beklagten zur Zahlung von S 1,592.035,70 samt 4 % Zinsen seit 12. 8. 1986 zur ungeteilten Hand. Dazu brachte er vor: Im Jahre 1976 habe er, der Kläger, die P*** Metallfertigbauteile Ges.m.b.H. (in weiterer Folge Firma P*** genannt) mit der Herstellung einer Tennishalle in Mödling beauftragt. Nach Fertigstellung des Werkes seien wiederholt Mängel aufgetreten. Deshalb sei vor dem Handelsgericht Wien ein Prozeß geführt worden, in dem der Kläger den Erstbeklagten mit seiner Vertretung betraut habe. In der Tagsatzung vom 15. 9. 1983 sei ein gerichtlicher Vergleich geschlossen worden, in dem sich die Firma P*** verpflichtet habe, die Mängel zu beheben und Verbesserungen durchzuführen; dafür hätte der Kläger insgesamt S 750.000,- bezahlen sollen. Bei dieser Tagsatzung sei der Zweitbeklagte als Substitut des Erstbeklagten eingeschritten. Im Zuge der ausführlichen Vergleichsgespräche sei vereinbart worden, daß die zweite aufzubringende Dachschale kunststoffbeschichtet sein müsse. Bei Protokollierung des Vergleiches habe es der Zweitbeklagte aber unterlassen, darauf zu achten, daß diese Spezifikation ("kunststoffbeschichtet") in den Vergleichstext aufgenommen werde. Über Aufforderung des Klägers habe dann der Erstbeklagte versucht, mit dem Rechtsfreund der Firma P*** eine Sanierung dieses Mangels im Korrespondenzweg herbeizuführen. Die Firma P*** habe sich aber geweigert, kunststoffbeschichtete Dachschalen aufzubringen. Mit Brief vom 9. 3. 1984 habe der Erstbeklagte seine Vollmacht niedergelegt. Der Kläger habe nach dem Vollmachtswechsel gegen die Firma P*** einen Feststellungs- und Leistungsprozeß mit dem Begehren angestrengt, daß aufgrund des Vergleiches vom 15. 9. 1983 kunststoffbeschichtete Dachschalen in dunkelgrüner Farbe aufzubringen seien. In diesem Verfahren habe er in erster Instanz obsiegt. Über die von der Firma P*** erhobene Berufung sei wegen der Eröffnung des Konkurses über deren Vermögen am 12. 8. 1986 nicht mehr entschieden worden. Der Masseverwalter habe am 21. 11. 1986 mitgeteilt, daß er in das noch nicht erfüllte Rechtsgeschäft nicht eintrete. Das Nachfolgeunternehmen der Firma P*** habe den Abschluß eines neuen Werkvertrages angeboten. Demzufolge belaufen sich die Kosten der Mängelbehebung und Verbesserung auf S 2,288.958,-

einschließlich Umsatzsteuer. Abzüglich der im Vergleich vom 15. 9. 1983 vereinbarten eigenen Leistung von S 750.000,- errechne sich somit ein Schaden von S 1,538.958,-; dazu komme noch die Prozeßkostenforderung an die Firma P*** aus dem Feststellungs- und Leistungsprozeß von S 53.077,70. Durch die Weigerung der Firma P*** sei die Tennishalle ab Dezember 1986 überhaupt unbenützbar geworden. Die Ausdehnung des Klagebegehrens um den daraus resultierenden Mietzinsentgang bleibe vorbehalten. Infolge schlechter Vertretung habe der Erstbeklagte auch seinen Honoraranspruch gegen ihn verwirkt. Er habe an den Erstbeklagten S 46.433,38 am 21. 3. 1984 bezahlt. Der Erstbeklagte habe es unterlassen, gegen die Nichtaufnahme der Spezifikation "kunststoffbeschichtet" in den Vergleichstext sofort rechtliche Schritte zu setzen. Weiters habe er die Information und Kontrolle des Substituten unterlassen, habe seine anwaltliche Aufklärungspflicht dem Kläger gegenüber verletzt und habe annährend 6 Monate nichts unternommen, um sein und des Zweitbeklagten Versehen wieder gutzumachen.

Die Beklagten beantragen Klageabweisung. Der Erstbeklagte könne lediglich für Auswahlverschulden haften. Der für ihn als Substitut einschreitende Zweitbeklagte sei ihm aber als tüchtig bekannt gewesen. Es treffe ihn daher kein Auswahlverschulden. Die Schadenersatzforderung sei auch verjährt, weil der Kläger den angeblichen Fehler im Vergleichstext bereits im Oktober 1983 bemerkt habe. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 15. 9. 1983 sei der Kläger persönlich anwesend gewesen und habe auch die Verantwortlichkeit für die technische und kaufmännische Durchführung des Prozesses übernommen. Die Verantwortung für den technischen und kaufmännischen Inhalt des Vergleiches trage daher der Kläger und nicht der Zweitbeklagte. Außerdem sei die Firma P*** bereit gewesen, die kunststoffbeschichtete Ausführung gegen eine Aufzahlung von S 234.000,- herzustellen. Da dies der Kläger abgelehnt habe, sei ihm eine Verletzung der Schadensminderungspflicht vorzuwerfen. Wenn man eine Haftung der Beklagten annehme, dann treffe den Kläger ein Mitverschulden im Ausmaß von 80 %. Die zwischenzeitig eingetretene Insolvenz der Firma P*** könne den Beklagten nicht angelastet werden. Auch bei Aufnahme des Wortes "kunststoffbeschichtet" in den Vergleichstext wäre eine Durchsetzung zum Zeitpunkt der Leistungspflicht nicht möglich gewesen, weil sich die Firma P*** bereits damals zumindest unmittelbar vor der Insolvenz befunden habe.

Der Kläger replizierte, daß die Verjährungsfrist erst mit der Weigerung des Masseverwalters, in das noch nicht erfüllte Rechtsgeschäft einzutreten, zu laufen begonnen habe. Bei pflichtgemäßem Verhalten des Zweitbeklagten wäre der Schaden nicht eingetreten, weil nach Ablauf der Leistungsfrist mit 30. 6. 1984 der Anspruch exekutiv durchgesetzt hätte werden können. Das Erstgericht wies die beiden Klagebegehren ab. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Die Firma P*** stellte für den Kläger eine Dreifeldtennishalle in Mödling, Guntramsdorferstraße 10 her. Die Halle wurde später um 1 Feld erweitert. Als Mängel durch Feuchtigkeitsbildung auftraten, kam es zu mehreren Streitverfahren zwischen dem Kläger und der Firma P***. Als im Jänner 1981 ein Sturm die Lichtbänder-Abdeckungen und diverse Trapezbleche abtrug, hat der Kläger im Verfahren 10 Cg 90/82 des Handelsgerichtes Wien S 320.000,- als notwendige Kosten der vorläufigen Sanierung eingeklagt. Der an einem Vergleich interessierte Kläger unterbreitete dem Sachverständigen Dipl.Ing. Kurt V*** einen Vergleichsvorschlag, demzufolge er, der Kläger, sich bereit erklärte, nach Durchführung bestimmter Leistungen S 500.000,- an die Firma P*** zu bezahlen, wogegen diese unter anderem ein Warmdach durch Aufbringung einer zweiten flugschneedichten und beschichteten P***-Schalenüberdachung mit entsprechender Isolierung herzustellen habe. Unter "beschichteter P***-Schalen-Überdachung" wurde eine kunststoffbeschichtete verstanden. Dieser Vergleichsvorschlag wurde von der Firma P*** nicht angenommen.

Während eines Lokalaugenscheines wurden 3 Sanierungsvarianten erwogen, nämlich eine Reparatur des Daches oder eine Anbringung einer zweiten verzinkten oder einer zweiten beschichteten Dachschale. Der Kläger strebte die Anbringung einer beschichteten Dachschale an; die Preisdifferenz zwischen einer verzinkten und einer beschichteten P***-Dachschale betrug damals zirka S 250.000,-. Außerdem wurde von der Farbe "grün" gesprochen.

Mit Brief vom 23. 12. 1982 wandte sich der Erstbeklagte als damaliger Vertreter des Klägers an den Vertreter der Firma P***, Dr. Alfred H***, und unterbreitete einen außergerichtlichen Vergleichsvorschlag. Im Antwortschreiben erklärte sich die Firma P*** bereit, gegen einen Kostenbeitrag von S 735.000,- eine Deckschale aus verzinktem Stahlblech und gegen eine Aufzahlung von S 183.334,- Dachschalen aus kunststoffbeschichtetem Stahlblech anzubringen.

In der mündlichen Streitverhandlung am 15. 9. 1983, die 6/2 Stunden dauerte, waren der Verhandlungsrichter Hofrat Dr. Karl-Hans K***, ein Schriftführer, der Sachverständige Dipl.Ing. Dr. V***, der Kläger und der Geschäftsführer der Firma P*** anwesend. Als Parteienvertreter trat auf Seite des Klägers der nunmehr Zweitbeklagte in Substitution des Erstbeklagten auf. Als Vertreter der Firma P*** schritt Rechtsanwalt Dr. Alfred H*** ein. Bei dieser Verhandlung wurde lebhaft diskutiert. Kunststoffbeschichtete P***-Dachschalen waren nach wie vor ein Anliegen des Klägers und dieser Wunsch fand bei der Ausmittlung der Beträge seinen Niederschlag. Es war klar, daß der Kläger eine dunkle Farbe, am besten grün anstrebte. Schließlich erhöhte der Kläger das finanzielle Angebot von bisher maximal S 500.000,- auf S 750.000,-. Der Vergleich wurde dann in Anwesenheit aller genannten Personen vom Richter formuliert und dem Schriftführer diktiert; er lautete wie folgt:

"1.) Die beklagte Partei verpflichtet sich bei sonstigem Zwange, zwischen dem 30. 4. 1984 und dem 30. 6. 1984 auf der Tennishalle des Klägers in Mödling, Guntramsdorferstraße 10, eine zweite P***-Dachschale so aufzubringen, daß dieses Dach die Eigenschaften eines Warmdaches aufweist (die Zwischenisolierung ist mit 6 cm Rollfilz - in gepreßtem Zustand - auszuführen, die Nietlöcher in der bestehenden P***-Dachschale sind dicht zu verschließen). Die Lichtbahnen in der bestehenden Dachschale, sind in der zweiten Schale zu doublieren; die Lichtbahnen sind mit einem Abschlußblech von der Isolierung zu trennen und ist für eventuell auftretendes Kodenswasser eine wirksame Ableitung zu schaffen. Die Wärmedämmung ist auszulegen auf eine maximale 70 %-ige Luftfeuchtigkeit.

2.) Die klagende Partei verpflichtet sich bei sonstigem Zwange, der beklagten Partei für die in Punkt 1 dieses Vergleiches beschriebenen Leistungen den Betrag von S 750.000,- (in Worten: Schilling siebenhundertfünfzigtausend) zuzüglich der gesetzlich darauf entfallenden Mehrwertsteuer wie folgt zu bezahlen:

a) S 250.000,- bei Anlieferung des gesamten, gemäß Punkt 1 erforderlichen, Materials in Mödling, Guntramsdorferstraße 10.

b) S 250.000,- bei Herstellung von zwei Drittel des in Punkt 1 beschriebenen Werkes.

c) S 175.000,- bei Fertigstellung und ordnungsgemäßer Übergabe des in Punkt 1 beschriebenen Werkes und nach Abtransport der demontierten Trapezbleche sowie Räumung der Baustelle.

d) S 75.000,- zuzüglich der auf den Gesamtbetrag entfallenden gesetzlichen Umsatzsteuer binnen 14 Tagen nach Rechnungslegung, sofern zugleich mit der Rechnung ein Bankgarantiebrief eines inländischen Bankinstitutes (Laufzeit 2 Jahre, Abruf ohne Prüfung des Rechtsgrundes) für den 5 %-igen Haftrücklaß in der Höhe von

S 37.500,- beigebracht wird.

3.) Die Parteien vereinbaren die wechselseitige Kostenaufhebung und in diesem Sinne auch die Tragung der Sachverständigengebühren je zur Hälfte.

4.) Die Parteien vereinbaren das ewige Ruhen des beim Landesgericht für Zivilrechtssachen, 39 Cg 357/82, anhängigen Rechtsstreites, weil alle dort behaupteten Forderungen und Gegenforderungen durch den vorliegenden Vergleich erledigt werden."

Dieser Vergleich wurde vorbehaltslos unterfertigt.

Schon bald nachher fiel dem Kläger ein, daß im Text die Fixierung der Farbe unterblieben war. Der Kläger sandte daher bereits am 21. 9. 1983 ein Fernschreiben an die Firma P***, in welchem ersucht wurde, die Kunststoffbeschichtung in RAL 6002 oder ähnlich ausführen zu lassen.

Im Brief vom 13. 10. 1983 teilte der Kläger dem Erstbeklagten mit, daß im Vergleichstext die Verpflichtung der beklagten Partei, daß die aufzubringenden P***-Schalen kunststoffbeschichtet sein müssen, fehle. Der Kläger führte aus, daß der Vergleich diesbezüglich ergänzt werden müsse oder Dr. H*** bestätigen müsse, daß die neuen P***-Dachschalen dunkelgrün kunststoffbeschichtet werden.

Hierauf schrieb der Erstbeklagte am 4. 10. 1983 an Dr. H*** und führte aus, daß versehentlich im schriftlich ausgeführten Vergleich die Darstellung unterblieben sei, daß die von der Firma P*** zu montierende Schale kunststoffbeschichtet sein müsse. Der Erstbeklagte bat, zu bestätigen, daß dieses dem ausgehandelten Vergleich entspreche und daher die Firma P*** die Leistungspflicht in dieser Form treffe.

Im Antwortschreiben vom 22. 11. 1983 teilte Dr. H*** mit, daß er nicht in der Lage sei, irgendwelche nachträgliche Änderungen oder Ergänzungen des Vergleichstextes zuzugestehen. Ein Fernschreiben vom 14. 2. 1984 des Klägers direkt an die Firma P*** änderte nichts an dieser Haltung der Firma P***, welche diese mit Brief vom 21. 2. 1984 darstellte. Die Firma P*** teilte mit, daß die Ausführung der Dachschalen aus 1 mm verzinktem Stahlblech erfolgt, sollte eine kunststoffbeschichtete Ausführung gewünscht und in Auftrag gegeben werden, würden die im beiliegenden Offert angebotenen Preise berechnet. Dieses Offert enthielt den Aufpreis für eine außenseitige kunststoffbeschichtete P***-Dachschale inklusive den notwendigen Verblechungen mit der Farbe dunkelgrün mit einem Preis von S 234.000,- exklusive Mehrwertsteuer.

Mit Brief vom 9. 3. 1984 teilte der Zweitbeklagte dem Kläger mit, daß für ihn die Absicht völlig eindeutig gewesen sei, daß für den Fall des Vergleiches die Dachschale kunststoffbeschichtet ausgeführt werden müsse.

Mit Brief vom 15. 3. 1984 kündigte der Erstbeklagte dem Kläger die Vollmacht auf und stellte eine Frist von 10 Tagen für den Eingang des restlichen Honorars. Der Kläger zahlte diesen Betrag von S 46.433,38 auch wenige Tage später ein.

Mit Brief vom 9. 4. 1984 legte der nunmehrige Vertreter des Klägers Dris. H*** nochmals den Standpunkt seines Klienten dar und teilte ihm mit, daß er bereits eine Klage beim Handelsgericht Wien eingebracht habe. Zur Vermeidung der Risken schlug daraufhin Dr. P*** vor, daß die Firma P*** unpräjudiziell die gewünschte kunststoffbeschichtete Ausführung innerhalb der im Vergleich vorgesehenen Leistungsfrist anbringe, und der Kläger die daraus entstehenden Mehrkosten trüge, sollte er im Prozeß unterliegen. Im Antwortschreiben vom 14. 5. 1984 teilte Dr. H*** mit, daß nur dann so vorgegangen werden könnte, wenn der Kläger vorerst den Aufpreis bezahlt; die Firma P*** würde bei allfälligem Verlust des Prozesses diesen Mehrpreis zurückzahlen. Dr. H*** teilte weiters mit, der Kläger habe erklärt, daß er schon die Anlieferung und Abladung von P***-Dachschalen aus verzinktem Stahlblech nicht zulassen werde. Dr. H*** bat um unverzügliche Nachricht, sollte diese Erklärung nicht aufrechterhalten werden. Diesen Vorschlag lehnte der Kläger offensichtlich ab.

Am 11. April 1984 hatte der damalige Vertreter des Klägers beim Handelsgericht Wien zur AZ 35 Cg 189/84 eine Klage gegen die Firma P*** überreicht und darin beantragt, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, daß sie die ihr gemäß Punkt 1.) des Vergleiches des Handelsgerichtes Wien vom 15. 9. 1983, 10 Cg 90/83-34, obliegende Aufbringung einer zweiten P***-Dachschale auf der Tennishalle der klagenden Partei in Mödling, Guntramsdorferstraße 10, neben den sonstigen in diesem Vergleich vereinbarten Ausführungsmodalitäten im dunkelgrünen kunststoffbeschichteten Stahlblech ausführe. Im Laufe dieses Prozesses schlug der Vertreter des Klägers mit Brief vom 4. 10. 1984 vor, daß die Firma P*** die Sanierung mit grünen, kunststoffbeschichteten Schalen durchführe und der Kläger der Firma P*** die Eigenkosten bezahle; die Firma P*** müßte sich aber verpflichten, bei Unterliegen im Prozeß den Rechnungsteilbetrag, der sich auf die Kunststoffbeschichtung bezieht, zurückzuzahlen. Dieser Vergleichsvorschlag wurde von der Firma P*** nicht angenommen.

Mit Urteil vom 28. 2. 1986 wurde dem Begehren der klagenden Partei voll stattgegeben. Über die gegen dieses Urteil eingebrachte Berufung wurde nicht mehr entschieden, da am 12. 8. 1986 über das Vermögen der Firma P*** das Konkursverfahren eröffnet wurde. Über Aufforderung erklärte der Masseverwalter, in den streitgegenständlichen Vergleich nicht einzutreten. Der Kläger ist technisch und juristisch fachkundig. In der rechtlichen Beurteilung der Sache erachtete das Erstgericht die geltend gemachten Schadenersatzansprüche für verjährt, weil zum Zeitpunkt der Einbringung der Feststellungs- und Leistungsklage gegen die Firma P*** am 11. 4. 1984 mit einiger Sicherheit zu erwarten gewesen sei, daß diese ihren Standpunkt nicht ändern und es somit auf den Ausgang des angestrebten Prozesses ankommen werde. Zu diesem Zeitpunkt sei der Eintritt eines Schadens bedingt durch die Unterlassung der Spezifikation "kunststoffbeschichtet" und durch die Weigerung der Firma P*** zur Bereinigung dieser Sache als im Bereich des Möglichen liegend vorhersehbar gewesen. Da die Einbringung einer Feststellungsklage gegen beide Beklagten zu diesem Zeitpunkt bereits möglich und zumutbar gewesen sei, habe die Verjährung spätestens mit diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und führte zur Begründung seiner Entscheidung an:

Der Standpunkt des Erstgerichtes, daß die Verjährungsfrist für die Schadenersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagten am 11. 4. 1984 begann, könne nicht geteilt werden. Dem Erstgericht sei zwar zuzustimmen, daß zum Zeitpunkt der Einbringung der Leistungs- und Feststellungsklage zur Ergänzung des Vergleiches vom 15. 9. 1983 am 11. 4. 1984 zur AZ 35 Cg 189/84 des Handelsgerichtes Wien der Eintritt eines Schadens durch die Unterlassung der Spezifikation "kunststoffbeschichtet" bedingt und durch die Weigerung der Firma P*** zur Bereinigung dieser Sache als im Bereich des Möglichen liegend vorhersehbar gewesen sei. Keineswegs sei aber zu diesem Zeitpunkt aufgrund der vom Kläger behaupteten Unterlassungen der Beklagten der Schaden bereits eingetreten oder mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen. Zu diesem Zeitpunkt mußte der Kläger nicht damit rechnen, daß am 12. 8. 1986 über das Vermögen der Firma P*** der Konkurs eröffnet und der Masseverwalter die Erfüllung des Vergleiches ablehnen werde. Der Kläger habe vielmehr zu diesem Zeitpunkt noch erwarten können, daß er alle seine Ansprüche gegen die Firma P*** durchsetzen werde und nicht gezwungen sein werde, sich an den Beklagten schadlos zu halten. Erst ab der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Firma P*** am 12. 8. 1986 sei für den Kläger klar gewesen, daß ihm durch die geltend gemachten mangelhaften Vertretungshandlungen der Beklagten ein Schaden erwachsen ist. Auch wenn man diese Auffassung nicht teile, könnte die Verjährung des Entschädigungsanspruches nicht vor dem Ablauf der im genannten Vergleich mit 30. 6. 1984 vereinbarten Leistungsfrist beginnen, weil bis dahin eine dem tatsächlichen Vergleichsinhalt entsprechende Erfüllung durch die Firma P*** noch möglich gewesen sei.

Daß der Schaden des Klägers durch die spätere Insolvenz der Firma P*** und deren Folgen eine wesentlich größere Dimension erhalten habe, ändere nichts am adäquaten Zusammenhang, weil dies keine ganz außergewöhnliche Folge der versäumten Schaffung eines tauglichen Exekutionstitels für den tatsächlich gewollten Vergleichsinhalt sei. Es könnte dies aber - wenn eine Insolvenz der Firma P*** vorher nicht erkennbar war - eine nicht vorhersehbare neue Wirkung dieses Schadensfalles sein, ab deren Kenntnis die Verjährungsfrist erst beginne.

Im fortzusetzenden Verfahren werde aber das Erstgericht die Beweisaufnahmen über das vom Kläger behauptete Verschulden der Beklagten am Zustandekommen seines Schadens, das von den Beklagten eingewendete Mitverschulden des Klägers und die Schadenshöhe zu ergänzen haben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Zweitbeklagten ist nicht berechtigt, der Rekurs des Erstbeklagten ist nur teilweise berechtigt.

a) Zur Verjährung der Ansprüche:

Zutreffend verneinte das Berufungsgericht die Verjährung der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche. Die dreijährige Frist für die Verjährung von Schadenersatzansprüchen beginnt nämlich gemäß § 1489 ABGB erst dann, wenn dem Geschädigten der Eintritt des Schadens und die Person des Schädigers so weit bekannt wurden, daß eine Klage mit Aussicht auf Erfolg angestrebt werden kann. Die bloße Möglichkeit eines späteren Schadenseintrittes löst noch nicht den Lauf der Verjährungsfrist aus (JBl 1973, 84). Der Kläger leitet seinen Schadenersatzanspruch aus seiner schlechten Vertretung durch die beklagten Rechtsanwälte bei Abschluß des Vergleiches vom 15. 9. 1983 ab, weil aus ihrem Versehen nicht ein Exekutionstitel geschaffen wurde, der alles umfaßt, was der materiellrechtlichen Einigung der Streitteile entsprach. Dies ändert aber nichts daran, daß der Kläger dennoch einen Anspruch gegen die Firma P*** auf Erbringung der vergleichsweise vereinbarten Leistungen hatte. Im Falle der Leistungsverweigerung seines Vertragspartners stand dem Kläger die Möglichkeit zur Klage- und Exekutionsführung offen. Nur im Falle späterer Undurchsetzbarkeit dieses Anspruches, etwa - wie in diesem Fall - infolge Insolvenz des Vertragspartners, könnte ein Schadenersatzanspruch des Klägers gegen den ihn vertretenden Anwalt bestehen. Der Kläger war daher vor Eintritt der Insolvenz der Firma P*** nicht gehalten, zur Vermeidung der Verjährung seine Schadenersatzansprüche gegen den Beklagten schon früher durch Feststellungsklage geltend zu machen, mag vielleicht eine solche auch zulässig gewesen sein. Es gibt nämlich durchaus Fälle, in denen zwar ein Feststellungsbegehren möglich gewesen wäre, aber auch die Unterlassung eines solchen nicht notwendigerweise zur Annahme der Verjährung des Ersatzanspruches für Folgewirkungen führen muß (EvBl 1966/473). Bedarf es zum Eintritt des Schadens neben dem schädigenden Ereignis noch weiterer Voraussetzungen - hier:

Nichtdurchsetzbarkeit der vereinbarten Leistung gegenüber dem Vertragspartner - und ist nicht abzusehen, ob in Zukunft tatsächlich ein Schaden eintreten werde - hier: ob der auf Seite des Vertragspartners allein schadensbegründende Insolvenzfall eintreten wird - so beginnt der Lauf der Verjährungsfrist erst mit dem tatsächlichen Eintritt des Schadens (JBl 1979, 261).

b) Zum Rekurs des Erstbeklagten:

Der Erstbeklagte, der sich zur Vertretung des Klägers in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 15. 9. 1983 zulässigerweise eines Substituten bediente, haftet für einen von diesem begangenen Fehler nach § 1010 ABGB nur, wenn ihn bei der Auswahl der Person des Substituten ein Verschulden trifft. Für die Annahme eines Auswahlverschuldens liegen aber weder Behauptungen des Klägers noch irgendwelche Anhaltspunkte in der Aktenlage vor. Der Erstbeklagte haftet daher für ein dem Zweitbeklagten bei Abschluß des genannten Vergleiches unterlaufenes Versehen nicht. Den Erstbeklagten trifft aber auch keine Schadenersatzpflicht etwa deswegen, weil er in der Folge nicht rechtzeitig gegen die Firma P*** mit Klage vorging oder diesbezüglich den Kläger belehrte. Die Firma P*** war nämlich nach dem Inhalt des tatsächlich geschlossenen Vergleiches vom 15. 9. 1983 zur Anfertigung eines kunststoffbeschichteten Daches verpflichtet, wenngleich nur ein Dach schlechthin Gegenstand des protokollierten und damit nur in diesem Umfang exekutionsfähigen gerichtlichen Vergleiches wurde. Vor Ablauf der vereinbarten Leistungsfrist konnte eine Klage auf Leistung des tatsächlich Vereinbarten keinen Erfolg haben. Eine durch die Weigerung der tatsächlichen Vereinbarung durch die Firma P*** provozierte Feststellungsklage hätte aber mangels Exequierbarkeit des darüber ergehenden Urteiles zu keinem anderen Erfolg als dem dann tatsächlich eingetretenen führen können. Der Erstbeklagte beendete das Vollmachtsverhältnis jedoch schon vor Ablauf der Leistungsfrist.

Das Klagebegehren ist daher, insoweit als es das gegen den Erstbeklagten gerichtete Schadenersatzbegehren betrifft, abweisungsreif. Demgemäß ist insoweit der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes zu beseitigen, sogleich in der Sache selbst zu entscheiden und das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen. Da die vom Zweitbeklagten in Substitution des Erstbeklagten ausgeführte Tätigkeit in der Tagsatzung vom 15. 3. 1983 für den Kläger nutzlos war, weil der wirklich getroffene Inhalt der Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Firma P*** nicht in exekutionsfähiger Form festgelegt wurde, gebührt dem Erstbeklagten dafür auch kein Honorar. Unberührt bleibt aber der Honoraranspruch des Erstbeklagten für die vorher in diesem Prozeß entfaltete Tätigkeit, weil insoweit nicht einmal behauptet wurde, daß sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig und nicht zweckentsprechend gewesen wäre. Der Kläger ist daher zur Rückforderung des an den Erstbeklagten bezahlten Gesamthonorars nur insoweit berechtigt, als es sich um für die Verrichtung der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 15. 9. 1983 in Rechnung gestellte Beträge handelt. In welchem Ausmaß dies der Fall ist, kann mangels Erörterung und allenfalls notwendiger Feststellungen der Vorinstanzen nicht beurteilt werden. Diesbezüglich hat es daher beim Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes zu bleiben.

c) Zum Rekurs des Zweitbeklagten:

Zutreffend bejahte das Berufungsgericht Verschulden und Haftung des Zweitbeklagten, weil dieser bei der Protokollierung des Vergleiches am 15. 3. 1983 nicht darauf achtete, daß die dem Wunsch des Klägers Rechnung tragende und besprochene Herstellung einer kunststoffbeschichteten P***-Dachschale im Vergleichstext festgehalten und demgemäß über die gesamte Verpflichtung der Firma P*** ein Exekutionstitel zugunsten des Klägers geschaffen wird. Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, daß es sich dabei um ein technisches Detail handelt, auf das zu achten allein Sache des Klägers gewesen sei, weil gerade diese Spezifikation wesentlicher Vergleichsinhalt geworden ist und Gegenstand ausführlicher vorangegangener Erklärungen war. Entgegen der Rechtsmeinung des Zweitbeklagten steht der dem Kläger durch die Insolvenz der Firma P*** entstandene Schaden in adäquatem Kausalzusammenhang mit dem Fehlverhalten des Erstbeklagten, denn die Schaffung eines zur Durchsetzung vertraglicher Ansprüche vollstreckbaren Titels dient vornehmlich auch der Verringerung des Insolvenzrisikos beim Verpflichteten. Gerade dieses Risiko hat sich hier zufolge des mangelhaften Exekutionstitels beim verpflichteten Schuldner verwirklicht.

Der Ablauf der Leistungsfrist im Vergleich vom 15. 9. 1983 und die Konkurseröffnung am 12. 8. 1986 liegen so weit auseinander, daß nicht von vornherein gesagt werden kann, auch im Falle der Schaffung eines ordnungsgemäßen Exekutionstitels hätte dieser vor Konkurseröffnung im Falle der Leistungsunwilligkeit der Firma P*** auch nicht mehr - bei Hereinbringung der Kosten der Ersatzvornahme - durchgesetzt werden können.

Freilich darf nicht übersehen werden, daß der Kläger bei Abschluß des Vergleiches selbst anwesend war und diesen unterfertigte. Auch er hätte daher auf die Aufnahme der entscheidungswesentlichen Spezifikation "kunststoffbeschichtet" in den Text des Exekutionstitels achten müssen. Seine Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten (Mitverschulden) wiegt aber gegenüber dem Verschulden des Zweitbeklagten deswegen geringer, weil schon der Gesetzgeber verlangt, daß sich die Parteien in solchen Verfahren - auch bei Abschluß eines Vergleiches - durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen, damit ihnen, die im Gerichtsbetrieb in allgemeinen unerfahren sind, auch nicht ein derartiges Versehen unterläuft. Unter diesen Gesichtspunkten erscheint dem Obersten Gerichtshof nach dem derzeitigen Verfahrensstand eine Verschuldensteilung im Verhältnis 1 : 2 zu Lasten des Zweitbeklagten angemessen. Bezüglich der Höhe seines Schadensanspruches ist der Kläger - unter Berücksichtigung seines anteiligen Mitverschuldens grundsätzlich so zu stellen, wie er sich ohne das schuldhafte Verhalten des Beklagten befände. Sein Schaden ist - (wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausführte) durch Differenzrechnung derart zu ermitteln, daß von seinem hypothetischen heutigen Vermögensstand ohne das schädigende Ereignis der Betrag seines tatsächlichen heutigen Vermögens abzuziehen ist (EvBl 1977/140 uva).

Die Kostenentscheidungen gründen sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E21724

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0080OB00594.89.0726.000

Dokumentnummer

JJT_19900726_OGH0002_0080OB00594_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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