TE OGH 1990/8/28 5Ob592/90

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Veröffentlicht am 28.08.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Pflegschaftssache der am 18. Juli 1974 geborenen mj. Regina K*** und der am 22. Juni 1976 geborenen mj. Rita K***, beide 3441 Dietersdorf 85, beide vertreten durch die Mutter Hildegard K***, Hausfrau, ebendort, diese vertreten durch Dr. Christiane Berethalmy-Deuretzbacher, Rechtsanwalt in Wien, infolge Revisionsrekurses der mj. Kinder gegen den Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom 25. April 1990, GZ R 211/90-154, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Tulln vom 14. März 1990, GZ P 56/78-150, als nichtig aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Es wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Rekursgericht eine Sachentscheidung über den Antrag der Mutter und gesetzlichen Vertreterin der minderjährigen Kinder aufgetragen.

Der Antrag auf Zuspruch von Kosten des Revisionsrekursverfahrens wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die am 18.7.1974 geborene Regina K*** und die am 22.6.1976 geborene Rita K*** entstammen der am 31.1.1979 gemäß § 55 a EheG geschiedenen Ehe des Ing. Werner K*** und der Hildegard K***. Die Minderjährigen befinden sich in der Obsorge ihrer Mutter. Am 30.5.1989 beantragte die Mutter, die mit dem erstgerichtlichen Beschluß vom 11.7.1986 festgesetzte monatliche Unterhaltsleistungspflicht des Vaters von je 2.800 S für Regina ab 1.6.1989 auf 2.850 S und ab 1.7.1989 auf 3.400 S sowie für Rita ab 1.6.1989 auf 2.850 S zu erhöhen. Das Erstgericht gab diesem Antrag - davon ausgehend, daß der Vater in der Zeit vom 1.1.1989 bis zum 30.5.1989 ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von 35.020,59 S erzielt hat und nur für die beiden Minderjährigen unterhaltspflichtig ist - mit Beschluß vom 25.7.1989 statt. Am 6.2.1990 beantragte die Mutter, die monatliche Unterhaltsleistungspflicht des Vaters rückwirkend für Regina vom 6.2.1987 bis 30.6.1989 mit 18 % und ab 1.7.1989 mit 20 % sowie für Rita ab 6.2.1987 mit 18 % des durchschnittlichen Monatsnettoeinkommens des Vaters, jeweils errechnet in einem fixen Betrag, festzusetzen. Anläßlich der vorangegangenen Unterhaltsfestsetzung habe sie feststellen müssen, daß das vom Vater erzielte Einkommen wesentlich höher sei und in den Vorjahren wesentlich höher gewesen sei, als sie ursprünglich annehmen habe können. Überdies seien die Bedürfnisse der Minderjährigen gestiegen, die seit September 1988 einen Judokurs besuchten; der Beitrag hiefür koste pro Jahr mindestens 3.500 S.

Mit Beschluß vom 14.3.1990 erhöhte das Erstgericht die monatliche Unterhaltsleistungspflicht des Vaters - davon ausgehend, daß das monatliche Durchschnittsnettoeinkommen des nur für die beiden Minderjährigen unterhaltspflichtigen Vaters seit 1987 mehr als 30.000 S beträgt - ab 1.2.1990 für Regina auf 4.500 S und für Rita auf 4.000 S; das Mehrbegehren der Mutter wies es ab, und zwar hinsichtlich des Zeitraumes vom 6.2.1987 bis zum 31.1.1990 zur Gänze und hinsichtlich des Zeitraumes ab 1.2.1990 in dem die vorangeführten Beträge übersteigenden Ausmaß.

Das Rekursgericht, das in Ansehung des antragsabweisenden Teiles der erstgerichtlichen Entscheidung von der Mutter und in Ansehung des antragsstattgebenden Teiles der erstgerichtlichen Entscheidung vom Vater angerufen wurde, hob den erstgerichtlichen Beschluß als nichtig auf, wies den Antrag der Mutter zurück und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Es vertrat zusammengefaßt den Standpunkt, daß die Rechtskraft der erstgerichtlichen Vorentscheidungen vom 25.7.1989 und 11.7.1986 sowie der diesen vorausgegangenen Unterhaltsfestsetzungsbeschlüsse sowohl einer Unterhaltserhöhung ab dem 1.2.1990 - im Regelfall sei eine Änderung der Unterhaltsbemessung in kürzeren Abständen als etwa ein Jahr nicht vorzunehmen, Umstände, die ein ausnahmsweises Abgehen von diesem Grundsatz rechtfertigen könnten, würden nicht geltend gemacht - als auch einer rückwirkenden Unterhaltserhöhung ab 6.2.1987 entgegenstehe. Dazu komme, daß durch die bisherigen Unterhaltsfestsetzungsbeschlüsse jeweils der Regelbedarf erreicht bzw. geringfügig überschritten worden sei und die Kinder bei einer überdurchschnittlichen Bemessungsgrundlage zwar am erhöhten Lebensstandard des Unterhaltsverpflichteten teilnehmen sollten, dieser erhöhte Lebensstandard jedoch seine Grenze in der Berücksichtigung der Gesamtwirtschaftslage zu finden habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Mutter ist berechtigt.

Aus § 18 AußStrG folgt zwar, daß auch Entscheidungen im außerstreitigen Verfahren der formellen und materiellen Rechtskraft fähig sind. Die materielle Rechtskraft äußert sich aber als zur Zurückweisung des später gestellten Antrages führende Einmaligkeitswirkung nur dann, wenn und insoweit die Begehren deckungsgleich (identisch) sind. Bei Geltendmachung eines Anspruchsteiles erfaßt die Rechtskraft den Anspruch nur soweit, als über ihn entschieden wurde. Dabei macht es keinen Unterschied, ob im Antrag zum Ausdruck gebracht wurde, daß nur ein Anspruchsteil geltend gemacht werde und ob die Geltendmachung des Anspruchsrestes ausdrücklich vorbehalten wurde (vgl. Fasching, Zivilprozeßrecht2 Rz 1516 und Wit in JBl. 1981, 406 ff je mit weiteren Nachweisen; EFSlg. 28.381, 1 Ob 546/87 und 4 Ob 533/90 betreffend eine Unterhaltsfestsetzung im außerstreitigen Verfahren). Ob sich die für die Unterhaltsbemessung maßgebenden tatsächlichen Verhältnisse seit der Erlassung der Vorentscheidung geändert haben und welche Zeit seit der Vorentscheidung verstrichen ist (zum zweitgenannten Umstand vgl. EFSlg. 28.381 und 1 Ob 546/87), ist hiefür ohne Bedeutung. Da somit der meritorischen Entscheidung über den vorliegenden Unterhaltserhöhungsantrag - und zwar sowohl für den Zeitraum vor als auch für den Zeitraum nach Antragstellung - die Rechtskraft der gerichtlichen Vorentscheidungen nicht entgegensteht, war dem Revisionsrekurs Folge zu geben und dem Rekursgericht eine Sachentscheidung über den Antrag (in Erledigung der gegen den erstgerichtlichen Beschluß erhobenen Rekurse der Mutter und des Vaters) aufzutragen.

Der Antrag auf Zuspruch von Kosten des Revisionsrekursverfahrens war abzuweisen, weil im außerstreitigen Unterhaltsfestsetzungsverfahren ein Kostenersatz nicht stattfindet.

Anmerkung

E21402

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0050OB00592.9.0828.000

Dokumentnummer

JJT_19900828_OGH0002_0050OB00592_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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