TE OGH 1990/8/29 9ObA180/90

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Veröffentlicht am 29.08.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. phil. Eberhard Piso und Dr. Gerhard Dengscherz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Josef L***, Arbeiter, Roßbach 57, vertreten durch Dr. Bernhard Steinbüchler, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich, dieser vertreten durch Dr. Aldo Frischenschlager, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Johann K***, Installateurmeister, Ranshofen, Auf der Pfarrwiese 1 a, vertreten durch Dr. Manfred Lirk und DDr. Karl Robert Hiebl, Rechtsanwälte in Braunau, wegen S 36.112,-- netto sA (Revisionsstreitwert S 12.770,-- netto sA) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. Mai 1990, GZ. 12 Ra 27/90-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Teilurteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgericht vom 28. Dezember 1989, GZ. 5 Cga 39/89-11, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit S 2.634,24 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 439,04 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Einziger Streitpunkt des Revisionsverfahrens ist die Frage, ob die vom Kläger erst in der mündlichen Streitverhandlung vom 20. 11. 1989 erhobene Forderung auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 12.770,-- an Urlaubsentschädigung nach Punkt XX. des Kollektivvertrages für das eisen- und metallverarbeitende Gewerbe (dort wird bestimmt, daß alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag bei sonstigem Verfall innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit bzw. Bekanntwerden - wenn sie nicht anerkannt werden - schriftlich geltend gemacht werden müssen) verfallen ist, oder ob die nach dem Austritt des Klägers (5. 7. 1988) am 15. 7. 1988 schriftlich erhobene Forderung auf Zahlung einer "Urlaubsentschädigung für 16 Arbeitstage" im Betrag von S 13.438,-- ausreichend war, um für die gesamte aus diesem Titel offene Forderung die dreimonatige Fallfrist zu wahren; der Kläger hat in diesem Forderungsschreiben für die - später anerkannten - Positionen 1 bis 6 die Zeiträume genau angegeben, für die er den jeweiligen Betrag begehrte, bei der Position 7 jedoch die Urlaubsentschädigung "für 16 Arbeitstage", ohne sonstigen konkreten Zeitbezug verlangt. Die für die Entscheidung des Berufungsgerichtes relevanten Rechtsansichten,

a) daß Verfallklauseln auch bezüglich unabdingbarer Ansprüche (hier: Urlaubsentschädigung gemäß § 12 UrlG) zulässig sind und

b) daß der Kläger mit dem Verlangen nach einer Urlaubsentschädigung für 16 Arbeitstage in der genau errechneten Höhe von S 16.438,-- deutlich zum Ausdruck gebracht hat, nur diesen Betrag zu begehren, so daß durch diese Teilgeltendmachung der Verfall der übrigen Ansprüche aus demselben Titel nicht verhindert wurde, ist zutreffend, so daß es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Die Ausführungen des Revisionswerbers bieten keinen Anlaß, von der wiederholt ausgesprochenen Rechtsansicht, daß Verfallklauseln in Kollektivverträgen nicht schon deshalb unwirksam sind, weil sie unabdingbare Ansprüche betreffen (Arb. 6.062, 10.219; RdW 1986, 52; SZ 59/180 = Arb. 10.578), abzugehen. Soweit die betreffenden Gesetze (insbesondere arbeitsrechtliche Sondergesetze) keine besonderen Vorschriften enthalten, gilt auch für die Verjährung unabdingbarer Ansprüche von Arbeitnehmern aus einem Arbeitsvertrag die Bestimmung des § 1486 Z 5 ABGB, die insofern dispositiv ist, als § 1502 ABGB zwar keine vertragliche Verlängerung, wohl aber eine vertragliche Verkürzung von Verjährungsfristen zuläßt, so daß eine Verfallklausel nicht gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen verstößt (SZ 59/180 = Arb. 10.578 mwN). Wie der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung unter Ablehnung der gegenteiligen Ansicht von Strasser (in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Kollektives Arbeitsrecht2, 111; jetzt auch Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Individualarbeitsrecht3, 196) ausgesprochen hat, beschränken derartige Verfallklauseln nicht die Ansprüche selbst, sondern nur ihre Geltendmachung auf die Zeit bis zum Ablauf der Fallfrist. Selbst wenn man der gegenteiligen Ansicht des Revisionswerbers folgte, daß nur die Vereinbarung einer kürzeren Verjährungsfrist die Geltendmachung der Ansprüche, die Vereinbarung einer Fallfrist aber den Anspruch selbst beschränkt, wäre für ihn nichts gewonnen, weil Verfallfristklauseln in Kollektivverträgen dann jedenfalls als Vereinbarungen kürzerer Verjährungsfristen (teil-)gültig wären und der Beklagte hier ausdrücklich Verjährung geltend gemacht hat. Im übrigen vertreten aber Lehre und Rechtsprechung bei gesetzlichen Fallfristen die Ansicht, daß in jedem Einzelfall nach dem Zweck der Fristsetzung geprüft werden muß, ob auf den Ablauf einer Fallfrist von Amts wegen Bedacht zu nehmen ist (Martinek-Schwarz, AngG6, 685; Klang2 VI 566; Krejci in Rummel2, Rz 2 zu § 1172 d; SZ 2/114; Arb. 8.900; 10.097). Zweck der gesetzlichen Fallfristen des Arbeitsrechtes ist es, für eine möglichst rasche Bereinigung der nach Auflösung des Dienstverhältnisses noch offenen Ansprüche zu sorgen. Die Vertragspartner sollen dazu angehalten werden, möglichst bald ihre Ansprüche geltend zu machen; andernfalls droht Bereinigung durch Verfall (Krejci in Rummel aaO Rz 3). Dies ist aber auch regelmäßig der Zweck der Festsetzung kollektivvertraglicher Fallfristen, so daß auch hier der Verfall nicht von Amts wegen, sondern nur auf entsprechende Einwendung des Beklagten zu berücksichtigen ist. Damit beschränken aber auch kollektivvertragliche Verfallklauseln nicht die Ansprüche selbst, sondern nur ihre Geltendmachung. Für die außergerichtliche Geltendmachung kollektivvertraglicher Ansprüche genügt es grundsätzlich, wenn diese so weit konkretisiert werden, daß der Arbeitgeber erkennen kann, welche Ansprüche ihrer Art nach gemeint sind (DRdA 1981, 250). Stellt jedoch der Arbeitnehmer aus einem bestimmten Rechtsgrund (hier: Urlaubsentschädigung) eine umfänglich genau umschriebene Forderung für eine bestimmte Anzahl nicht verbrauchter Urlaubstage unter Errechnung des hiefür gebührenden Betrages, so macht er damit nicht auch allfällige weitere Ansprüche aus demselben Rechtsgrund geltend. Die erst am 20. 11. 1989 geltend gemachten weiteren Ansprüche sind daher verfallen.

Im übrigen könnte der Revision selbst bei Richtigkeit der vom Revisionswerber vorgetragenen Rechtsansicht nur ein geringer Teilerfolg beschieden sein, weil er der Berechnung seiner Gesamtforderung an Urlaubsentschädigung 32 Urlaubstage zugrundegelegt hat, die Parteien aber später einen Urlaubsverbrauch außer Streit stellten, aus dem sich nur mehr ein Urlaubsrest von 26 Arbeitstagen ergibt.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E21757

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00180.9.0829.000

Dokumentnummer

JJT_19900829_OGH0002_009OBA00180_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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