TE OGH 1990/8/29 9ObA178/90

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.08.1990
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.phil.Eberhard Piso und Dr.Gerhard Dengscherz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Gino Di L***, Graz, Feuerbachgasse 25, vertreten durch den gesetzlichen Vertreter Josef Di L***, ebendort, dieser vertreten durch Dr.Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Yvonne I***, Gastwirtin, Graz, Feuerbachgasse 9, wegen S 42.125,44 sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18.April 1990, GZ 8 Ra 26/90-6, womit der Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 15.Feber 1990, GZ 34 Cga 143/89-3, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

"Der Name der beklagten Partei wird dahin berichtigt, daß er zu lauten hat 'Yvonne I***'".

Die klagende Partei hat die Kosten des Berichtigungsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die in der Klage mit "Yvonne T***" bezeichnet wurde, die Zahlung eines Betrages von 42.125,44 S an restlichen Ansprüchen aus einem Lehr- bzw Arbeitsverhältnis.

Das Erstgericht erließ einen Zahlungsbefehl im Sinn des Begehrens des Klägers. Der Zahlungsbefehl wurde an Yvonne T***, Gastwirtin, Graz, Feuerbachgasse 9, durch Hinterlegung zugestellt. Das Zustellstück wurde von der Beklagten nicht behoben und nach Ende der Abholfrist an das Erstgericht zurückgesandt. Am 14.9.1989 bestätigte das Erstgericht die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Zahlungsbefehles.

Am 9.2.1990 gab der Kläger bekannt, daß der Familienname der Beklagten infolge eines Schreibfehlers in der Klage irrtümlich mit "T***" bezeichnet worden sei. Der tatsächliche Name der Beklagten laute "Yvonne I***". Beantragt wurde die Berichtigung der Parteienbezeichnung in diesem Sinn und die Zustellung des Zahlungsbefehles an die Beklagte unter diesem Namen. Das Erstgericht wies den Antrag ab. Da der Zahlungsbefehl in Rechtskraft erwachsen sei, sei das Verfahren beendet; eine Berichtigung der Parteienbezeichnung sei in diesem Verfahrensstadium ausgeschlossen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers nicht Folge und sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Die Worte "in jeder Lage des Verfahrens" in § 235 Abs 5 ZPO könnten nur bedeuten, daß die Berichtigung bis zum Abschluß des Verfahrens in letzter Instanz zulässig sei. Eine Berichtigung der Parteienbezeichnung nach Eintritt der Rechtskraft sei jedoch ausgeschlossen. Gegen diesen Beschluß richtet sich der "außerordentliche" Revisionsrekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, die Änderung der Parteienbezeichnung zuzulassen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Vorerst ist darauf zu verweisen, daß das Rekursgericht mit Recht die Zulässigkeit des Revisionsrekurses ausgesprochen hat. Es ist nämlich von der Judikatur des Obersten Gerichtshofes abgewichen, so daß schon aus diesem Grund eine Frage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 45 ASGG vorliegt.

Eine bloße Berichtigung der Parteienbezeichnung liegt nur dann vor, wenn die Bezeichnung des als Person genannten Rechtssubjektes geändert wird, ohne daß dadurch an die Stelle des bisher als Partei angesehenen und als Partei behandelten Rechtssubjektes ein anderes treten soll. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Berichtigung der Parteienbezeichnung ist trotz der der Verfahrensökonomie Rechnung tragenden Zielsetzung der Zivilverfahrens-Novelle 1983, daß aus der Klage diejenige Person, die geklagt ist - wenn auch nicht namentlich so doch - in einer "jeden Zweifel ausschließenden Weise" erkennbar ist. Nur so ist es im Sinne der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze möglich, eine - zulässige - Berichtigung der Parteienbezeichnung von einer unzulässigen abzugrenzen (4 Ob 7/90). Aus der vorliegenden Klage ergibt sich in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise, daß jene Person geklagt werden sollte, die mit dem Standort, Graz, Feuerbachgasse 9, eine Gastwirtschaft betreibt und Partner des Lehrvertrages mit dem Kläger war. Nach dem Vorbringen im Berichtigungsantrag handelt es sich dabei um Yvonne I***. Die Berichtigung der Parteienbezeichnung ist daher im Sinn der vorstehenden Ausführungen zulässig; sie ist nicht mit einem Parteiwechsel verbunden, weil tatsächlich das Rechtssubjekt, das mit dem Berichtigungsantrag bezeichnet wurde, mit der Klage erkennbar in Anspruch genommen wurde.

Entgegen der vom Rekursgericht vertretenen Auffassung ist die Berichtigung der Parteienbezeichnung nach der Rechtsprechung auch noch im Verfahren zur Aufhebung der Vollstreckbarkeit (GesRZ 1985, 194 und 196; Rechberger in FS Fasching, 385 ff Ä396Ü; 4 Ob 7/90) und auch noch nach Rechtskraft eines Zahlungsbefehles im Mahnverfahren zulässig (Fasching ZPR2 Rz 323). Die Erlassung eines Zahlungsbefehles gegen "Yvonne T***" und die Zustellung dieses Zahlungsbefehls durch Hinterlegung hindert daher - entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes - die Richtigstellung der Parteienbezeichnung auf "Yvonne I***" nicht. Wie weit die Zustellung des Zahlungsbefehles im Hinblick auf die unrichtige Angabe des Empfänges auf dem Rückscheinbrief wirksam war, ist für die Entscheidung über die Zulässigkeit der Berichtigung der Parteienbezeichnung ohne Belang (4 Ob 7/90).

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben; die Entscheidungen der Vorinstanzen waren im Sinn des Richtigstellungsantrages abzuändern.

Der Kläger hat im Berichtigungsverfahren keinen Kostenersatzanspruch, weil die Kosten des Berichtigungsantrages und des Rechtsmittelverfahrens wegen der Vermeidbarkeit der fehlerhaften Parteienbezeichnung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig waren.

Anmerkung

E21512

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00178.9.0829.000

Dokumentnummer

JJT_19900829_OGH0002_009OBA00178_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten