TE OGH 1990/9/6 6Ob647/90

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Veröffentlicht am 06.09.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schlosser, Dr. Redl und Dr. Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Kurt (auch: Kunibert) O***, Facharzt, Wien 9., Garnisongasse 4, vertreten durch Dr. Karl Bernhauser, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Helene O***, Pensionistin, Greifenstein, Am Damm 2a, vertreten durch Dr. Ruth E. Hütthaler-Brandauer, Rechtsanwaltin in Wien, wegen Räumung eines Überbaues, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgerichtes vom 20. März 1990, GZ R 660/90-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Tulln vom 17. August 1989, GZ 2 C 1657/88p-17, mit dem Ausspruch der Zulässigkeit der ordentlichen Revision bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Streitteile sind geschiedene Ehegatten. Ihre im Dezember 1950 geschlossene Ehe wurde nach der Protokollierung eines Vergleiches über einen vom Kläger der Beklagten zu leistenden Unterhaltes sowie über den vom Kläger der Beklagten zu zahlenden Prozeßkostenbeitrag in Stattgebung einer Klage des Mannes sowie eines Mitschuldantrages der Frau mit Urteil vom 29. September 1971 aus beiderseitigem Verschulden geschieden. Nach der Verkündung dieses Urteiles erklärten beide anwaltlich vertretenen Parteien nicht nur einen Rechtsmittelverzicht, sondern auch den Verzicht auf eine Antragstellung nach der Sechsten Durchführungsverordnung zum Ehegesetz.

Der Kläger war schon vor Eingehung der Ehe mit der Beklagten Unterpächter eines Kleingartens. Dieses Grundstück benutzte die Beklagte seit 1949 mit. Unter Mithilfe ihres Vaters und ihres Bruders wurde auf dem Kleingartengrundstück ein Haus errichtet. Während des im März 1970 anhängig gemachten Scheidungsverfahrens brachte der Mann im Mai 1971 gegen die Frau eine Besitzstörungsklage an, weil sie an der Eingangstür der als Sommerhaus bezeichneten Baulichkeit auf dem Kleingartengrundstück ein "Schloß im Schloß" angebracht hatte. Eine zunächst für den 4. August 1971 anberaumte, in der Folge auf den 20. September 1971 verlegte Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung blieb beiderseits unbesucht. Seither ruht das Besitzstörungsverfahren.

Im Zuge einer außergerichtlichen, ohne anwaltliche Intervention stattgefundenen Besprechung der Streitteile zur Regelung der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung anläßlich der Scheidung forderte die Frau einerseits eine Wohnung und andererseits das Kleingartengrundstück mit dem Haus. Die Streitteile einigten sich über einen vom Mann der Frau zum Erwerb einer (Eigentums-)Wohnung zu zahlenden Betrag, der in der Folge auch noch vor der Tagsatzung im Scheidungsverfahren geleistet wurde. Zum Kleingartengrundstück mit Haus erklärte der Mann seiner Ehefrau, daß er darauf keinen Wert lege. Dem fügte er bei, es gehöre der Frau und den Kindern. Im Zusammenhang damit einigten sich die Streitteile darüber, daß der Besitzstörungsstreit nicht fortgesetzt werden sollte. Im Verlaufe eines Zusammentreffens der Ehegatten und ihrer beiden Töchter aus Anlaß des Geburtstages des Klägers im August 1971 wiederholte der Kläger in Gegenwart der beiden Töchter gegenüber der Beklagten, daß diese und die Kinder das Haus auf dem Kleingartengrundstück "haben können". Die Beklagte faßte diese Erklärung als Einräumung eines lebenslangen Nutzungsrechtes am (untergepachteten) Grund und der darauf errichteten Baulichkeit auf, zumal ihr der Kläger versichert hatte, sie bräuchte wegen des Kleingartengrundstückes keine Angst zu haben, er habe ihr und den Kindern das Haus "notariell verschrieben". Gemeint war damit eine letztwillige Verfügung.

In den Jahren nach der Ehescheidung benützten die Beklagte und die Töchter der Streitteile das Kleingartengrundstück. Die jüngere Tochter der Streitteile bewohnte das Haus zeitweilig, so insbesondere in den letzten acht bis neun Jahren, ganzjährig. Den Pachtschilling zahlte immer der Kläger. Für die Instandsetzung und die Verbesserungen der auf dem Kleingartengrundstück stehenden Baulichkeit kamen teils der Kläger (zum Beispiel für die Fensterauswechslung), teils die Beklagte (beispielsweise für die Heizungsanlage) auf.

Der Kläger begehrte mit seiner im Juli 1988 angebrachten Klage von seiner geschiedenen Ehefrau die Räumung des auf dem Kleingartengrundstück stehenden Hauses.

Nach seinem Prozeßstandpunkt habe er der Beklagten die Benützung der als Sommerhaus bezeichneten Baulichkeit (nur) in den Sommermonaten bei jederzeitigem Widerruf gestattet. Die Beklagte ließe aber ohne seine Zustimmung die jüngere Tochter das Haus ganzjährig benützen. Ein lebenslanges, unwiderrufliches Benützungsrecht sei im Zusammenhang mit der Regelung der Scheidungsfolgen nicht vereinbart, und auch nicht in den gerichtlich protokollierten Vergleich aufgenommen worden.

Die Beklagte wendete die Einräumung eines lebenslangen Benützungsrechtes ein.

Das Prozeßgericht erster Instanz wies das Räumungsbegehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Dazu sprach es aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 50.000 S übersteigt. Weiters sprach das Berufungsgericht aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.

Das Prozeßgericht erster Instanz hatte in rechtlicher Beurteilung der im Zusammenhang mit der Besprechung über die vermögensrechtlichen Scheidungsfolgen über das auf dem vom Kläger in Unterpacht gehaltene Kleingartengrundstück mit der darauf errichteten Baulichkeit festgestellten Forderung der Beklagten und der diesbezüglichen Erklärung des Klägers die Einräumung eines vom Kläger nicht jederzeit nach Belieben widerruflichen Benützungsrechtes und daher entgegen seinem Prozeßstandpunkt keine bloß bittleihweise Überlassung angenommen.

Das Berufungsgericht trat dieser Nichtannahme einer vom Kläger jederzeit widerruflichen Benützungseinräumung bei. Dazu führte das Berufungsgericht - ohne diesbezügliche Geltendmachung durch eine der Prozeßparteien - aus, daß in der Überlassung der Nutzungsrechte durch den Kläger an seine geschiedene Ehefrau ein Verstoß gegen das gesetzliche Verbot einer Weiterverpachtung nach § 3 Abs 3 KlGG gelegen sein mochte, aber selbst ein solcher Verstoß keine Nichtigkeit der zwischen den Streitteilen zustandegekommenen Vereinbarung begründete, sondern höchstens einen Kündigungsgrund für das zwischen dem Kleingartenverein und dem Kläger bestehende Unterpachtverhältnis darstellen könnte.

Der Kläger ficht das bestätigende Berufungsurteil wegen (qualifizierter) unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem auf Stattgebung seines Räumungsbegehrens zielenden Abänderungsantrag an. Die Beklagte strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen nach § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.

Die berufungsgerichtliche Ansicht über die Rechtsfolgen einer das gesetzliche Verbot nach § 3 Abs 3 KlGG verletzenden Weiterverpachtung stimmt mit der in der Entscheidung SZ 42/15 dargelegten Meinung des Revisionsgerichtes überein. Der Revisionswerber erachtet zwar diese Rechtsansicht als unrichtig, unterläßt aber die Ausführung jeder erörterungswürdigen Argumentation gegen die Ableitung, daß mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Nichtigkeitssanktion die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes nur insoweit anzunehmen sei, als dies der Zweck der Verbotsnorm erfordere, eine gänzliche Übertragung der Rechtsstellung eines Unterpächters an einen im § 14 Abs 2 KlGG genannten Angehörigen unter Umständen auch gegen den Willen des Generalpächters gerichtlich durchgesetzt werden könnte, woraus gefolgert werden müsse, daß bloß die Überlassung der Rechte aus dem Unterpachtvertrag an einen solchen Angehörigen nicht mit absoluter Unwirksamkeit bedroht sein könne. Das gesetzliche Verbot nach § 3 Abs 3 KlGG wurde gegen die von der Beklagten behauptete und vom Kläger bestrittene Vereinbarung nicht als Anfechtungsgrund geltend gemacht und wäre vom Kläger auch nicht mit Erfolg geltend zu machen gewesen.

Die rechtliche Beurteilung, ob nach vertrauenstheoretischen Grundsätzen eine bestimmte Vereinbarung nach Anlaß und Zweck des Geschäftes und dem bei den Vertragserklärungen gebrauchten Formulierungen als Bittleihe oder aber als eine nicht nach Belieben des Klägers widerrufliche Gebrauchsüberlassung zu werten sei, ist eine von den Vorinstanzen ohne Verstoß gegen anerkannte Vertragsauslegungsgrundsätze oder Regeln der Logik gelöste Frage des Einzelfalles.

Die Revisionszulässigkeitsvoraussetzungen nach § 502 Abs 1 ZPO liegen daher entgegen der berufungsgerichtlichen Ansicht nicht vor. Die Revision war aus diesem Grunde zurückzuweisen.

Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die dargelegte Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen. Ihre Rechtsmittelgegenschrift kann daher nicht als zur zweckmäßigen Rechtsverteidigung notwendig angesehen werden. Für die Revisionsbeantwortung gebührt deshalb kein Kostenersatz.

Anmerkung

E21705

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0060OB00647.9.0906.000

Dokumentnummer

JJT_19900906_OGH0002_0060OB00647_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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