TE OGH 1990/9/13 12Os79/90

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Veröffentlicht am 13.09.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.September 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Löschenberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz H*** wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 21.Februar 1990, GZ 29 Vr 2683/89-25, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik, des Angeklagten Franz H*** und der Verteidigerin Dr. Bobek zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 15 (fünfzehn) Monate erhöht.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte hierauf verwiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 1.November 1954 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Franz H*** des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 25. Oktober 1989 in Innsbruck getrachtet, Geld und Wertgegenstände in einem 25.000 S nicht übersteigenden Wert anderen zu stehlen, indem er jeweils durch die Heckklappe in die Personenkraftwagen des Johann G***, des Heinrich O*** und des Christian G*** einstieg.

Rechtliche Beurteilung

Diese Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe des § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Unter den beiden erstgenannten Nichtigkeitsgründen rügt der Beschwerdeführer, der Schuldspruch gründe sich ausschließlich auf Wahrnehmungen des Klaus G***, der ihn jedoch als Täter nicht genau habe identifizieren und lediglich habe angeben können, daß der von ihm beobachtete Täter einen Oberlippenbart getragen habe. Im übrigen habe das Erstgericht seine Darstellung, er sei zu Fuß zu seinem Fahrrad unterwegs gewesen und habe zu dessen Abstellplatz eine Abkürzung über den Tatort (einen Innenhof des Hauses Egger-Lienzstraße 102-108) gewählt, sowie seine Behauptung übergangen, der im Kraftwagen des Johann G*** vorgefundene Schlüsselbund gehöre nicht ihm.

Den Beschwerdeausführungen zuwider war die Zeugenaussage des Klaus G***, deren Glaubwürdigkeit und Verläßlichkeit von den Tatrichtern positiv bewertet wurde, sehr wohl geeignet, die Verantwortung des Angeklagten zu widerlegen und die Täterschaft einer anderen Person auszuschließen. Hat doch der Zeuge nicht nur jeweils das Einsteigen eines Mannes (mit Oberlippenbart) in die Kraftfahrzeuge Marke Toyota des Heinrich O*** und Marke VW Golf des Johann G***, sowie unmittelbar vorher das Herumhantieren dieses Täters im innen beleuchteten Kraftwagen Marke Opel Kadett des Christian G*** beobachtet, sondern auch wahrgenommen, wie sich der Täter nach Verlassen des VW Golf unter einem anderen Fahrzeug versteckt hat, wo schließlich der Angeklagte von der Polizei betreten wurde (S 56, 79, 80, 102 und 103). Die Urteilsfeststellung, wonach es der Angeklagte war, der durch die Heckklappe in die drei genannten Komibfahrzeuge mit dem Vorsatz eingestiegen ist, diese nach Geld und Wertgegenständen zu durchsuchen, findet daher in der Zeugenaussage des Klaus G*** volle Deckung. Bei dieser Beweislage erübrigte sich jede weitere Erörterung über die Motive, welche den Angeklagten zum Tatort führten, und über die Herkunft des im Kraftwagen des Johann G*** vorgefundenen Schlüsselbundes. Ebenso kann auf sich beruhen, weshalb die Wegnahme der Autoradios, die sich in dem einen oder anderen Fahrzeug befunden haben, unterblieben ist. Den entscheidungswesentlichen Urteilsfeststellungen haften daher weder formelle Begründungsmängel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO an, noch ergeben sich gegen deren Richtigkeit aus den Akten erhebliche Bedenken (Z 5 a).

Mit der Behauptung, das Eindringen in ein Fahrzeug durch eine nicht versperrte Heckklappe erfülle nicht die Qualifikation des § 129 Z 1 StGB, macht der Beschwerdeführer der Sache nach Nichtigkeit gemäß der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO geltend. "Einsteigen" in ein Gebäude, in ein Transportmittel, in eine Wohnstätte oder sonst einen abgeschlossenen Raum, der sich in einem Gebäude oder Transportmittel befindet, oder in einen Lagerplatz erfordert nach ständiger Rechtsprechung (vgl. LSK 1976/299, 1977/41, 1982/73) das Benützen einer zum Eintritt nicht bestimmten Öffnung, die ein normales Eintreten nicht gestattet, sodaß es zum Hineingelangen einer nicht ganz unerheblichen Veränderung der gewöhnlichen Körperhaltung oder einer gewissen Anstrengung bedarf. Diesen Voraussetzungen entspricht es, wenn jemand durch die - wenn auch unversperrte - Heckklappe, die üblicherweise nicht als Einstieg für Personen, sondern ausschließlich zum Be- und Entladen des Gepäcksraumes dient, in ein Kombifahrzeug, dessen Türen versperrt sind, eindringt, sich in - bedingt durch die Bauart eines solchen Fahrzeuges - kriechender Stellung durch den Gepäcksraum durchzwängt und von dort in den vorderen Teil des Kraftwagens schlüpft. Die Annahme der die Qualifikation des § 129 Z 1 StGB begründenden Tatbegehung des Angeklagten durch Einsteigen in ein Transportmittel erweist sich sohin als rechtlich unbedenklich. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Gericht verhängte über den Angeklagten gemäß § 129 StGB eine Freiheitsstrafe von elf Monaten. Erschwerend waren die über die Rückfallsvoraussetzungen im Sinn des § 39 StGB weit hinausreichenden einschlägigen Vorstrafen, der sehr rasche Rückfall und die Tatwiederholung, mildernd hingegen war lediglich, daß es in allen Fällen beim Versuch blieb.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte zumindest eine Herabsetzung der Strafe bis an die Untergrenze von sechs Monaten, jedenfalls aber die bedingte Nachsicht eines Teils der verhängten Freiheitsstrafe unter Hinweis darauf an, daß nichts gestohlen oder beschädigt wurde. Die Staatsanwaltschaft verlangt in ihrer Berufung mit der Behauptung, die Strafzumessungsgründe seien nicht gehörig gewürdigt worden, die verhängte Strafe würde angesichts einer bis 7 1/2 Jahre reichenden Strafbefugnis dem Schuldgehalt der Taten nicht gerecht, eine Erhöhung der Freiheitsstrafe.

Die Anklagebehörde ist im Recht.

Wenn auch die mit keiner Beschädigung einhergehenden Taten beim Versuch blieben und deren gewiß bei der Strafbemessung mit zu berücksichtigender relativ geringer Unrechtsgehalt nicht außer acht bleiben kann (LSK 1979/185), so lassen doch die konkret festgestellten Erschwerungsgründe eine Täterpersönlichkeit erkennen, die durch milde Bestrafungen offensichtlich nicht zu beeindrucken ist. Wie anders sollte der wahrlich überaus rasche Rückfall am 25. Oktober 1989 nach einer Verurteilung wegen Diebstahls erst am 4. Oktober 1989 zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe gedeutet werden ? Wenn überhaupt, kann hier nur eine (wegen des relativ geringen Unrechtsgehalts immer noch im unteren Bereich des Strafrahmens geschöpfte, indes) gegenüber der letzten Strafe fühlbar angehobene Sanktion die Erreichung der Strafzwecke erwarten lassen. Mit seiner Berufung war der Angeklagte hierauf zu verweisen.

Anmerkung

E21801

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0120OS00079.9.0913.000

Dokumentnummer

JJT_19900913_OGH0002_0120OS00079_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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