TE OGH 1990/9/25 5Ob73/90

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Veröffentlicht am 25.09.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Zehetner, Dr.Klinger und Dr.Schwarz als Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin WIENER E*** M*** Michaela F*** GesmbH & Co KG, Wien 6., Gumpendorferstraße 81, vertreten durch Dr.Klaus Braunegg, Dr.Klaus Hoffmann und Dr.Horst Auer, Rechtsanwälte in Wien, wider die Antragsgegnerinnen 1.) Maria F***, Pensionistin, 2.) Michaela DE W***, Firmengesellschafterin, 3.) Daniele DE W***, Angestellte, alle Wien 6., Gumpendorferstraße 81, die Erst- und die Drittantragsgegnerin vertreten durch Dr.Hans Frieders, Dr.Christian Tassul und Dr.Georg Frieders, Rechtsanwälte in Wien, die Zweitantragsgegnerin vertreten durch Dr.Erich Nikolaus Vogler und Dr.Michael Ritter, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen § 37 Abs. 1 Z 8 und 13 MRG, infolge Rekurses der Erst- und der Drittantragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 29.März 1990, GZ 41 R 843, 930/89-61, womit der Teilsachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 25. August 1989, GZ 42 Msch 53/87-41, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 31.Oktober 1989, GZ 42 Msch 53/87-48, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist Mieterin mehrerer zu Geschäftszwecken in Bestand genommener Objekte in dem den Antragsgegnerinnen gehörenden Haus Wien 6., Gumpendorferstraße 81.

Gegenstand des Rekursverfahrens ist die Frage, ob der Überprüfung der Angemessenheit des von den Antragsgegnerinnen der Antragstellerin vorgeschriebenen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages der Ausstattungs-(und Erhaltungs-)Zustand der Objekte im Zeitpunkt des Mietvertragabschlusses oder der erstmaligen Vorschreibung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages zugrundezulegen ist.

Das Erstgericht ging in seinem Teilsachbeschluß von dem zweitgenannten Zeitpunkt aus. Das Rekursgericht hielt in seinem mit dem Ausspruch, daß der weitere Rekurs zulässig sei, verbundenen Aufhebungsbeschluß den erstgenannten Zeitpunkt für maßgebend. Der gegen den rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschluß gerichtete Rekurs der Erst- und der Drittantragsgegnerin ist nicht berechtigt. Der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag, der der rechtzeitigen und vorausschauenden Sicherstellung der Finanzierung der Kosten der jeweils erkennbaren und in absehbarer Zeit notwendig werdenden Erhaltungsarbeiten sowie von nützlichen Verbesserungsarbeiten dienen soll (§ 45 Abs. 2 MRG), ist gemäß § 45 Abs. 1 MRG wie folgt zu errechnen:

1.) Für eine Wohnung:

Von 2/3 des Betrages, der sich für die Wohnung bei

Zugrundelegung der Berechnungsvorschriften des § 16 Abs. 2 bis 4 als zulässigerweise zu vereinbarender Hauptmietzins errechnet, ist der Betrag in Abzug zu bringen, der für die Wohnung als Hauptmietzins oder erhöhter Hauptmietzins entrichtet wird.

2.) Für einen sonstigen Mietgegenstand:

Von 2/3 des Betrages, der sich für den Mietgegenstand bei Zugrundelegung der Berechnungsvorschriften des § 16 Abs. 2 Z 1 und Abs. 4 als Hauptmietzins errechnet, ist der Betrag in Abzug zu bringen, der für den Mietgegenstand als Hauptmietzins oder erhöhter Hauptmietzins entrichtet wird; stellt sich heraus, daß der für den Mietgegenstand nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessene Hauptmietzins (§ 16 Abs. 1) niedriger ist als der Betrag, der sich bei Zugrundelegung der Berechnungsvorschriften des § 16 Abs. 2 Z 1 und Abs. 4 errechnet, so sind bei der Berechnung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages 2/3 des angemessenen Hauptmietzinses in Anschlag zu bringen.

Aus dem im § 45 Abs. 1 Z 1 MRG enthaltenen Hinweis auf § 16 Abs. 2 bis 4 ergibt sich, daß bei der Errechnung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages für eine Wohnung gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 MRG von dem valorisierten Betrag der Ausstattungskategorie nach § 16 Abs. 2 MRG auszugehen ist, die dem Ausstattungszustand der Wohnung im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages entspricht. Daraus allein, daß nach § 45 Abs. 1 Z 2 MRG der Berechnung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages für einen sonstigen Mietgegenstand - offenbar zur Vereinheitlichung (vgl. § 18 Abs. 1 Z 6 lit b MRG sowie die EB zur RV des MRG, abgedruckt bei Derbolav, MRG 247) und wohl auch Vereinfachung der Berechnung (wobei der Gesetzgeber davon ausging, daß der für Geschäftsräume angemessene Hauptmietzins zumeist den für Wohnungen der Ausstattungskategorie A vorgesehenen Erhaltungsbeitrag übersteigt: vgl. die EB zur RV des MRG, abgedruckt bei Derbolav aaO 261) - zunächst der valorisierte Betrag der Ausstattungskategorie A (§ 16 Abs. 2 Z 1 und Abs. 4) zugrundezulegen ist, ohne daß bei dieser Berechnungsgrundlage auf § 16 Abs. 3 (Satz 1) MRG hingewiesen wird, kann nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes noch nicht geschlossen werden, daß der angemessene Hauptmietzins, von dem bei der Berechnung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages für einen sonstigen Mietgegenstand auszugehen ist, wenn sich herausstellt, daß der für den Mietgegenstand nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessene Hauptmietzins (§ 16 Abs. 1 MRG) niedriger ist als der Betrag, der sich bei Zugrundelegung der Berechnungsvorschriften des § 16 Abs. 2 Z 1 und Abs. 4 MRG errechnet, nach dem Ausstattungs- und Erhaltungszustand des sonstigen Mietgegenstandes im Zeitpunkt der Vorschreibung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages zu bestimmen ist. Der Umstand, daß § 45 Abs. 1 Z 2 MRG nur den Hinweis auf § 16 Abs. 2 Z 1 und Abs. 4 MRG enthält, ist damit zu erklären, daß bei sonstigen Mietgegenständen eine Änderung der Ausstattungskategorie zufolge Änderung des Ausstattungszustandes nicht in Betracht kommt. § 45 Abs. 1 Z 2 MRG regelt die Frage, auf welchen Zeitpunkt in Ansehung des Ausstattungs- und Erhaltungszustandes des sonstigen Mietgegenstandes bei Bestimmung des angemessenen Hauptmietzinses abzustellen ist, nicht. Diese offensichtliche Regelungslücke ist durch analoge Anwendung der im § 45 Abs. 1 Z 1 MRG für Wohnungen enthaltenen Vorschrift zu füllen. Der Gesetzgeber wollte durch die Einführung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages weitgehend die Wirkung einer allgemeinen Nachziehung der gesetzlichen Altmietzinse erreichen und damit den wirtschaftlichen Notwendigkeiten im Interesse der Erhaltung und Verbesserung des Althausbestandes Rechnung tragen (Würth in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG 367 sowie in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 45 MRG; Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht, Rz 1 zu § 45 MRG). Wie § 45 Abs. 1 Z 1 MRG zeigt, sollte dabei die eingetretene Änderung der Verhältnisse, ausgenommen des Erhaltungs- und Ausstattungszustandes des Mietgegenstandes, berücksichtigt werden. Der Bedachtnahme auf die bis zum Zeitpunkt der Vorschreibung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages eingetretenen Valorisierung der für die Urkategorie festgesetzten Zinsbeträge bei Wohnungen entspricht die Bedachtnahme auf den Ausstattungs- und Erhaltungszustand im Zeitpunkt der Anmietung und auf die sonstigen wertbestimmenden Faktoren nach dem Zeitpunkt der Vorschreibung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages bei sonstigen Mietgegenständen.

Rechtliche Beurteilung

Für eine verschiedene Beantwortung der hier in Rede stehenden Frage bei Wohnungen und sonstigen Mietgegenständen ist weder aus dem Mietrechtsgesetz noch aus der Natur der Sache ein Anhaltspunkt zu finden. Es ist den Rekurswerberinnen zwar einzuräumen, daß der Gesetzgeber Mietverträge über Wohnungen und Mietverträge über Geschäftsräumlichkeiten hinsichtlich Zinsbildung, Aufwandersatz und Kündigungsschutz in mehrfacher Beziehung unterschiedlich behandelt. Aus dieser jeweils in anderem Zusammenhang getroffenen unterschiedlichen Regelung lassen sich aber entscheidende Argumente für die hier zu beantwortende Frage nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes nicht gewinnen. Was insbesondere die Regelung des § 12 Abs. 3 MRG betrifft, so ist in diesem Fall die Bestimmung des angemessenen Hauptmietzinses auch hinsichtlich des Ausstattungs- und Erhaltungszustandes des Mietgegenstandes nach dem Zeitpunkt des Mietrechtsüberganges (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht, Rz 16 zu § 12 MRG mwN) dadurch gerechtfertigt, daß der gesetzlich angeordnete Mieterwechsel einer Neuvermietung durch den Vermieter gleichgestellt werden soll. Die Vorschreibung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages kommt jedoch nur bei Altverträgen, also gerade nicht bei Mieterwechsel in Betracht. Es kann auch nicht generell gesagt werden, daß seit der Anmietung durch Renovierungen (seitens des Mieters oder seitens des Vermieters) aufgewertete Mietgegenstände einen höheren (durch den Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag zu deckenden) Erhaltungs- und Verbesserungsaufwand erfordern. Das von den Rekurswerberinnen angestrebte Ergebnis (die Bestimmung des angemessenen Hauptmietzinses auch hinsichtlich des Ausstattungs- und Erhaltungszustandes von Geschäftsräumlichkeiten nach dem Zeitpunkt der Vorschreibung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages) ist aus der unterschiedlichen Interessenlage und Schutzwürdigkeit der Mieter von Wohnungen und von Geschäftsräumlichkeiten gleichfalls nicht ableitbar. Schließlich fällt der Umstand, daß der Ausstattungs- und Erhaltungszustand von Geschäftsräumlichkeiten nur einer von mehreren wertbestimmenden Faktoren ist - daß diesem Faktor nur untergeordnete Bedeutung zukäme, wie die Rekurswerberinnen meinen, kann nicht generell gesagt werden -, für die Beantwortung der gegenständlichen Frage nicht entscheidend ins Gewicht, zumal das Abstellen auf je verschiedene Zeitpunkte bei der Beurteilung mehrerer wertbestimmender Faktoren nicht unmöglich ist. Der Oberste Gerichtshof pflichtet daher dem Rekursgericht darin bei, daß der angemessene Hauptmietzins für die verfahrensgegenständlichen Geschäftsräumlichkeiten unter Berücksichtigung der bei der Anmietung gegebenen Ausstattung und des damaligen Erhaltungszustandes zu bestimmen sein wird, weshalb dem Rekurs ein Erfolg zu versagen war.

Anmerkung

E21920

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0050OB00073.9.0925.000

Dokumentnummer

JJT_19900925_OGH0002_0050OB00073_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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