TE OGH 1990/9/25 5Ob548/90

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Veröffentlicht am 25.09.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Zehetner, Dr.Klinger und Dr.Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bruno L***, Hafnermeister, 4752 Riedau, Linzerstraße 133, vertreten durch Dr.Karl Reiter, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagte Partei Ludwig H***, Postbediensteter, 4791 Rainbach, Hingsham 6, vertreten durch Dr.Walter Brandt, Rechtsanwalt in Schärding, wegen 58.594 S s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 30. November 1989, GZ 13 R 41/89-54, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 10. Februar 1989, GZ 1 Cg 198/88-47, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen. Der Antrag der beklagten Partei auf Zuspruch von Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Zahlung des vereinbarten und mit Rechnung vom 24.10.1986 fakturierten Preises von S 58.594,-- für Lieferung und Versetzen eines Kachelofens.

Der Beklagte wendete im ersten Rechtsgang mangelnde Fälligkeit wegen nichtgehöriger Erfüllung des Vertrages unter Aufzählung bestimmter Mängel, die dem Kläger mit Schreiben vom 13.11.1986 bekannt gegeben worden seien, ein (ON 3); im zweiten Rechtsgang machte der Kläger Wandelung geltend, weil das bisherige Verhalten des Klägers zeige, daß er zu einer Behebung der Mängel nicht in der Lage sein (ON 42 und 46).

Das Erstgericht gab auch im zweiten Rechtsgang dem (nach rechtskräftiger Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens noch verbleibenden) Klagebegehren statt. Es stellte folgenden für die Erledigung der Revision wesentlichen Sachverhalt fest:

Als der Beklagte im Schauraum des Klägers das Modell eines Kachelofens mit abgeschrägten Kacheln im Oberteil ausgestellt sah, wünschte er die Aufstellung eines solchen Ofens, allerdings mit abgeschrägten Kacheln im Eckbereich auch im unteren Teil. Bei derartiger Bauweise stehen die Kacheln im abgeschrägten Eckbereich in einem Winkeln von ca 135 Grad zueinander, wodurch rechts und links der schrägstehenden Kachel keine Fuge, sondern ein keilförmiger (allerdings glasierter) Spalt von ca 14 mm entsteht. Der Kläger wies den Beklagten weder auf die Vor- noch auf die von den Unterinstanzen festgestellten Nachteile einer solchen Konstruktion hin.

Rechtlich erachtete das Erstgericht die festgestellten Mängel nur als unbedeutende Nebenmängel, und zwar sowohl in technischer wie in optischer Hinsicht, die keine Wandelung rechtfertigen. Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil in klageabweisendem Sinn ab.

Wie es dem Gewährleistungsberechtigten als Kläger gestattet sei, bei rechtzeitig überreichter Klage den darin gestellten Gewährleistungsanspruch auch nach Ablauf der Gewährleistungsfristen in ein Wandelungsbegehren umzustellen (SZ 9/149 und 58/174; EvBl 1982/32; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 8 und 10 zu § 933), so sei er auch als Beklagter berechtigt, statt des Einwandes der mangelnden Fälligkeit wegen noch nicht behobender Mängel Wandelung einredeweise geltend zu machen, weil gemäß § 933 Abs 2 ABGB bei rechtzeitiger Mängelanzeige die einredeweise Geltendmachung des Gewährleistungsanspruches perpetuiert werde.

Die festgestellten Mängel des Kachelofens würden diesen zwar für den seiner Natur nach bestimmten Verwendungszeck als Heizquelle nicht unbrauchbar machen, doch sei davon auszugehen, daß der Besteller eines solchen Ofens damit auch dekorative Zwecke verfolge, weil zur Erfüllung des Heizzweckes allein ein Bruchteil des mit der Errichtung eines solchen Kachelofens verbundenen Aufwandes genügen würde. Es sei daher - wenn gegenteiliges nicht ausdrücklich festgestellt sei - davon auszugehen, daß der durchschnittliche Käufer eines Kachelofens damit auch den Zweck verfolge, den damit auszustattenden Raum schöner und wohnlicher zu gestalten. Der Gebrauch des Kachelofens bestehe daher zum Teil auch in der Erweckung eines ästhetischen Eindrucks. Das optisch einwandfreie Erscheinungsbild eines Kachelofens sei daher als eine konkludent vereinbarte Eigenschaft anzusehen. Erfülle ein Kachelofen wegen eines optisch unschönen Gesamteindruckes diese Voraussetzungen nicht, so sei er mit einem wesentlichen Mangel behaftet. Entgegen der vom Erstgericht vorgenommenen Wertung stellten die festgestellten Mängel eine wesentliche optische Beeinträchtigung des Kachelofens dar; dies berechtige den Werkbesteller, vom Vertrag abzugehen (= Wandelung zu Verlangen), weil es sich dabei um einen wesentlichen Mangel handle. Auf die Behebbarkeit komme es in diesem Fall nicht an (§ 1167 ABGB). Der Umstand, daß ein Teil der Mängel auf die vom Werkbesteller gewünschte unübliche Bauweise (hier: seltene Form der Eckausführung) zurückzuführen ist, entlaste den Kläger ebensowenig wie die Tatsache, daß ein Teil der Mängel auf die Schrägstellung der Mauer zurückgehe. In beiden Fällen hätte nämlich der Kläger als Fachmann den Werkbesteller auf die damit verbundenen Folgen hinweisen müssen. Eine Verletzung dieser Warnpflicht ginge zu seinen Lasten.

Da der Kläger die Mängel insgesamt geleugnet, allenfalls bestehende aber als unbehebbar bezeichnet und daher folgerichtig Mängelbehebung nicht einmal versucht habe, sei das Wandelungsbegehren des Beklagten berechtigt.

Das Berufungsgericht sprach die Zulässigkeit der Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO mit der Begründung aus, es gebe zur Frage, ob der optisch gute Eindruck bei Bestellung eines Kachelofens als konkludent vereinbarte Eigenschaft anzusehen und bei seinem Fehlen ein wesentlicher Mangel anzunehmen sei, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist unzulässig.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes erblickt der Oberste Gerichtshof in der Frage, ob der optisch gute Eindruck eines Kachelofens neben dessen Funktionsfähigkeit zu einer stillschweigend mitbedungenen Eigenschaft gehört, keine erhebliche Rechtsfrage. Daß bei Aufstellung eines Kachelofens, womit erheblich höhere Kosten als mit der Schaffung anderer, bloße Wärmespendung im selben Ausmaß gewährenden Heizstellen verbunden ist, vom durchschnittlichen Käufer zumindest auch im gleichem Ausmaß wie die Wärmespendung ein dekorativer Effekt angestrebt wird, ist eine bei Gericht offenkundige, keines Beweises bedürftige Tatsache im Sinne des § 269 ZPO. Ausgehend von dieser Tatsache löste aber das Berufungsgericht die mit dem Vorliegen eines solchen wesentlichen Mangels verbundene Rechtsfrage entsprechend dem § 1167 ABGB im Einklang mit Lehre und Rechtsprechung.

Auch die in der Revisionsschrift abermals aufgegriffene Frage der Berechtigung des Klägers, seien ursprünglich im Ergebnis auf Verbesserung bestimmter Mängel gerichtetes Gewährleistungsbegehren in ein solches auf Abgehen vom Vertrag abzuändern, wurde vom Berufungsgericht im Einklang mit der zu dem Recht des Gewährleistungsberechtigten bestehenden Lehre und Rechtsprechung - die selbstverständlich unabhängig davon gilt, ob er als Kläger oder als Beklagter auftritt - gelöst.

Nur am Rande sei bemerkt, daß es sich bei einem Kachelofen um eine unbewegliche Sache handelt (Reischauer in Rummel2, ABGB, Rz 4 zu § 933 mwN), sodaß in der Stützung des Wandelungsanspruches (innerhalb der dreijährigen Frist) auch auf andere als zunächst im Verbesserungsbegehren geltend gemachte Mängel keine unzulässige Vorgangsweise des Beklagten läge, selbst wenn man davon ausginge, daß die zunächst geltend gemachten Mängel (Stückelung des unteren Gesimses; zu große Fugen zwischen den Kacheln; oberes und mittleres Gesimse sei schief und ungenau; die Abdeckplatte sei gestückelt und nicht ausgefugt) nicht ohnedies im Kern die Geltendmachung des vom Berufungsgericht als erheblich anerkannten Mangels des optischen Gesamteindruckes erblicken würde.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Da der Beklagte auf die Unzulässigkeit der Revision in der Revisionsbeantwortung nicht hinwies, gebührt ihm kein Kostenersatz.

Anmerkung

E21906

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0050OB00548.9.0925.000

Dokumentnummer

JJT_19900925_OGH0002_0050OB00548_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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