TE OGH 1990/10/10 2Ob602/90

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Veröffentlicht am 10.10.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Zehetner und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Angelika Erika P***, geboren am 12. Dezember 1966, infolge Rekurses des Vaters Helmut P***, vertreten durch den Zustellkurator Mag. Günther Zeirzer, Rechtspraktikant beim Bezirksgericht Linz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 30.Juli 1990, GZ 18 R 435/90-44, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 28. Juni 1990, GZ 1 P 253/70-40, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Helmut P***, der Vater der am 12.12.1966 geborenen Angelika Erika P***, befand sich laut Mitteilung des Gefangenhauses Linz in der Zeit vom 20.3.1984 bis 20.6.1984 in Strafhaft. Er wurde auf seinen Antrag mit Beschluß des Erstgerichtes vom 26.4.1984, ON 26, mit Wirkung vom 1.4.1984 für die Dauer der Haft von der Unterhaltspflicht befreit. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 26.4.1984, ON 27, wurde Angelika Erika P*** gemäß § 4 Z 3 UVG ein monatlicher Unterhaltsvorschuß in der in § 6 Abs.2 Z 3 UVG vorgesehenen Höhe gewährt.

Am 8.6.1990 beantragte der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz, Helmut P*** nach § 29 UVG zur Rückzahlung der Vorschüsse von insgesamt S 6.477 zu verpflichten.

Das Erstgericht wies diesen Antrag wegen Verjährung ab. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz Folge, hob den Beschluß des Erstgerichtes auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung auf. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, die nach § 29 UVG geltend gemachte Forderung sei eine Unterhaltsforderung. Zur Verjährung enthalte § 26 Abs.3 UVG die Sonderbestimmung, wonach die Pflicht des Unterhaltsschuldners zur Leistung der Unterhaltsbeiträge insoweit nicht verjähre, als auf sie Vorschüsse gewährt worden seien.

Rechtliche Beurteilung

Der von dem für Helmut P*** bestellten Zustellkurator gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Beizupflichten ist den Ausführungen im Revisionsrekurs allerdings insoweit, als damit der Ansicht des Rekursgerichtes entgegengetreten wird, die Rückzahlungspflicht im Sinne des § 29 Abs 1 UVG verjähre im Hinblick auf § 26 Abs.3 UVG nicht. Nach der zuletzt angeführten Vorschrift verjährt die Pflicht des Unterhaltsschuldners zur Leistung der Unterhaltsbeiträge insoweit nicht, als auf sie Unterhaltsvorschüsse gewährt worden sind. Helmut P*** war aber in der Zeit, für die die Vorschüsse gewährt wurden, nicht unterhaltspflichtig. Die Unterhaltsvorschüsse wurden nicht nach den im § 26 UVG angeführten §§ 3 und 4 Z 1 und 4 UVG gewährt, sondern nach § 4 Z 3 UVG, weil der Vater länger als einen Monat wegen einer Freiheitsstrafe seine Unterhaltspflicht nicht erfüllen konnte. Da der Vater für die Zeit der Haft von der Unterhaltsverpflichtung befreit war, hat er für diesen Zeitraum weder an das Kind noch an die Bezirksverwaltungsbehörde Unterhaltsbeiträge zu leisten. Bei der im § 29 Abs.1 normierten Pflicht zur Rückzahlung der Vorschüsse handelt es sich daher nicht um Unterhaltsleistungen. Daran vermag die Verwendung des Wortes "Unterhaltsschuldner" im § 29 UVG nichts zu ändern. Die Vorschrift des § 26 Abs.3 UVG stünde daher einer Verjährung nicht entgegen. Nicht verständlich sind die Rechtsmittelausführungen, die bezahlten Unterhaltsvorschüsse seien als Leistung einer Nichtschuld zu qualifizieren, der Anspruch verjähre daher gemäß § 1480 ABGB in drei Jahren. Abgesehen davon, daß keine Zahlung einer Nichtschuld vorlag, weil die Unterhaltsvorschüsse im § 4 Z 3 UVG ihre Rechtsgrundlage hatten und mit rechtskräftigem gerichtlichen Beschluß gewährt worden waren, bezieht sich § 1480 ABGB nicht auf Kondiktionsansprüche (vgl Rummel in Rummel, ABGB, Rz 12 zu § 1431). Die Ansicht des Rechtsmittelwerbers, § 22 Abs.3 UVG, wonach die Ersatzpflicht drei Jahre nach Auszahlung der Vorschüsse erlischt, stehe der Rückforderung entgegen, kann nicht geteilt werden. Diese Vorschrift bezieht sich nur auf die Ersatzpflicht für zu Unrecht gewährte Vorschüsse, nicht aber auf eine Rückzahlungspflicht nach § 29 UVG. Entgegen den Rechtsmittelausführungen liegt hier auch keine sachlich nicht gerechtfertigte unterschiedliche Regelung vor. Die Vorschrift des § 22 Abs.3 UVG wurde geschaffen, damit die Ersatzpflichtigen nicht noch nach Jahren fürchten müssen, vom Bund in Anspruch genommen zu werden (EBzRV 5 BlgNR 14.GP 20), es handelt sich also um eine dem Schutz des Ersatzpflichtigen dienende Bestimmung. § 29 Abs.1 UVG enthält aber ohnedies eine Regelung, die auf die Interessen des Zahlungspflichtigen weitgehend Bedacht nimmt, da der "Unterhaltsschuldner" im allgemeinen gar nicht verpflichtet ist, die gemäß § 4 Z 3 UVG gewährten Vorschüsse zurückzuzahlen, sondern nur, wenn dies bei Vorliegen der im Gesetz angeführten Umstände aus Gründen der Billigkeit geboten erscheint (2 Ob 573/90). Aus dem Unterhaltsvorschußgesetz kann somit nicht abgeleitet werden, daß die Zahlungspflicht durch Zeitablauf erloschen wäre. Da hier auch kein Fall vorliegt, in dem andere Gesetze eine kurze Verjährungszeit vorsehen, steht der Umstand, daß die Rückzahlung der im Jahre 1984 ausbezahlten Vorschüsse erst im Jahre 1990 beantragt wurde, einer Stattgebung dieses Antrages nicht entgegen. Ob das Erstgericht von Amts wegen überhaupt auf die Verjährung hätte Bedacht nehmen dürfen, braucht aus diesem Grund nicht erörtert zu werden.

Zutreffend hat daher das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes aufgehoben.

Anmerkung

E21863

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0020OB00602.9.1010.000

Dokumentnummer

JJT_19901010_OGH0002_0020OB00602_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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