TE OGH 1990/10/18 6Ob666/90

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Veröffentlicht am 18.10.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Schlosser, Dr.Redl und Dr.Kellner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Charlotte Elisabeth D***, geboren am 14.Juli 1956 in Hallein, Hilfsarbeiterin, Katharina Sikorastraße 18, 5400 Hallein, vertreten durch Dr.Ernst Blanke, Rechtsanwalt in Hallein, wider die beklagte Partei Milic D***, geboren am 17.Mai 1938 in Samaila, Jugoslawien, Kaufmann, Katharina Sikorastraße 18, 5400 Hallein, vertreten durch Dr.Aleksa Paunovic, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 9. August 1990, GZ 21 a R 15/90-23, womit die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Hallein vom 30.März 1990, GZ 6 C 29/90w-16, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht stattgegeben.

Der Rekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Im Rechtsstreit über das Ehescheidungsbegehren der Frau schritt nach der Wiederaufnahme des seit 27.April 1989 ruhenden Verfahrens ein Salzburger Rechtsanwalt unter Berufung auf die ihm vom Mann erteilte Vollmacht als dessen Prozeßbevollmächtigter ein. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 30.März 1990 trat der Kanzleikollege des Beklagtenvertreters unter Berufung auf die ihm vom anwesenden Beklagten erteilte Vollmacht als dessen Prozeßbevollmächtigter auf, gab nach Verkündung des klagsstattgebenden Urteiles eine Berufungsanmeldungserklärung zu Protokoll und wiederholte diese in Schriftsatzform. Zur Prozeßvollmacht des in dem mit 8.Januar 1990 datierten Schriftsatzes (ON 6) namentlich als Prozeßbevollmächtigten genannten Rechtsanwaltes wurde nach dem Einschreiten seines Kanzleikollegen keine Prozeßerklärung abgegeben.

Das Prozeßgericht erster Instanz verfügte die Zustellung der schriftlichen Urteilsausfertigung an den namentlich genannten Rechtsanwalt, der als erster für den Beklagten als Prozeßbevollmächtigter eingeschritten war. Die Gerichtssendung wurde nach dem Rückschein für ihn am 18.Mai 1990 (unter Beisetzung eines Kanzleistempels mit der Anführung beider Rechtsanwälte) "i.V."

übernommen.

Mit einem am 21.Mai 1990 datierten und am folgenden Tag beim Prozeßgericht eingelangten Schriftsatz gab der im Schriftsatz ON 6 namentlich als Prozeßbevollmächtigter des Beklagten bezeichnete Rechtsanwalt bekannt, "daß das Vollmachtsverhältnis des Beklagtenvertreters zum Beklagten Herrn ... aufgelöst wurde". Diese Erklärung nahm das Prozeßgericht beschlußmäßig zur Kenntnis.

Am 19.Juni 1990 brachte ein Wiener Rechtsanwalt unter Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht namens des Beklagten einen mit 18.6.1990 datierten Berufungsschriftsatz an das Prozeßgericht zur Postaufgabe. Darin stellte der Berufungswerber die mit der dargestellten Aktenlage in Widerspruch stehende, durch nichts bescheinigte Behauptung auf, das angefochtene Urteil wäre ihm "am 25.5.1990 zugestellt" worden.

Das Berufungsgericht wies die Berufung als verspätet zurück.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Rechtsmittelwerber gegen diesen berufungsgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß erhobene Rekurs ist nicht berechtigt. Die Erteilung der Prozeßvollmacht durch den Beklagten an den im Schriftsatz ON 6 namentlich bezeichneten Rechtsanwalt ist unbestritten. Dieser Rechtsanwalt ist auch im Rechtsstreit als Prozeßbevollmächtigter des Beklagten eingeschritten. An ihn - oder bei Bestellung mehrerer Rechtsanwälte nebeneinander an einen von diesen - hatten gemäß § 93 Abs 1 ZPO "bis zur Aufhebung der Prozeßvollmacht (§ 36)" alle Zustellungen der für den Beklagten bestimmten Gerichtssendungen zu erfolgen. Gemäß § 36 Abs 1 ZPO wird im Prozeßrechtsverhältnis gegenüber dem Prozeßgegner, aber auch gegenüber dem Gericht (unabhängig vom Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Vollmachtsnehmer) das Erlöschen einer Prozeßvollmacht erst mit der entsprechenden Anzeige in Schriftsatzform wirksam.

Die Rekursausführungen über eine bereits am 25.April 1990 erfolgte Auflösung des Vollmachtsverhältnisses sind aus diesem Grunde unerheblich. Am Tage der durch den Rückschein ausgewiesenen Urteilszustellung vom 18.Mai 1990 lag noch keine dem § 36 Abs 1 ZPO entsprechende Anzeige über das Erlöschen der Prozeßvollmacht vor. Die Zustellung an den nach wie vor als Prozeßbevollmächtigten des Beklagten ausgewiesen gewesenen Rechtsanwalt zeitigte die volle Zustellungswirkung gegenüber dem Beklagten und setzte die Berufungsfrist in Gang. Ein Unterbrechungsgrund ist nicht aktenkundig und wurde auch vom Rechtsmittelwerber nicht behauptet. Die verspätete Verfassung und Absendung der Berufungsschrift erklärt sich offenkundig aus der irrigen Annahme eines Zustelldatums vom 25.Mai 1990, welcher Irrtum aber spätestens seit Zustellung des berufungsgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses aufgeklärt erscheint.

Dem gegen den berufungsgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß erhobenen Rekurs war ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E21937

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0060OB00666.9.1018.000

Dokumentnummer

JJT_19901018_OGH0002_0060OB00666_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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