TE Vfgh Beschluss 2001/11/27 G298/01

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Veröffentlicht am 27.11.2001
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Index

50 Gewerberecht
50/01 Gewerbeordnung

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
GewO 1994 §175
GewO 1994 §213 Abs1 Z5

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung der Festlegung der gewerberechtlichen Bewilligungspflicht für den Großhandel mit bestimmten medizinischen Präparaten (hier: Schwangerschaftstest) wegen Zumutbarkeit des Umwegs über einen Antrag auf Erteilung der Bewilligung

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 (letzter Satz) B-VG gestützten (Individual-)Antrag begehrt eine Gesellschaft mbH, die Wortfolge "mit Präparaten, die zur diagnostischen Verwendung ohne Berührung mit dem menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind" (in eventu die Wortfolge "mit dem menschlichen oder") in §213 Abs1 Z5 der Gewerbeordnung (GewO) 1994 wegen Verstoßes gegen die Erwerbsfreiheit als verfassungswidrig aufzuheben.

1. Die angefochtene Bestimmung, welche in der Fassung der Wiederverlautbarung BGBl. 194/1994 in Kraft steht, lautet (angefochtene Wortfolge iSd Hauptbegehrens hervorgehoben):

"§213 (1) Der Bewilligungspflicht unterliegt

...

5. der Großhandel mit Arzneimitteln, mit Präparaten, die zur diagnostischen Verwendung ohne Berührung mit dem menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und mit sterilisiertem Verbandmaterial;

..."

2. Zu ihrer Antragslegitimation bringt die antragstellende Gesellschaft vor, daß sie über keine Bewilligung im Sinne des §213 Abs1 Z5 GewO 1994 bzw. "eine Drogistenkonzession" verfüge, daß sich ihre Geschäftstätigkeit aber unter anderem auf den Großhandel mit einem bestimmten Schwangerschaftstest beziehe. Dieser Schwangerschaftstest habe keinen Kontakt mit dem und keine Auswirkungen auf den menschlichen Körper; es handle sich - vereinfacht ausgedrückt - um einen Katalysator, der in Verbindung mit Urin anzeige, ob eine Schwangerschaft vorliege oder nicht. Derartige Schwangerschaftstests unterlägen den Vorschriften über Medizinprodukte (Medizinprodukterichtlinie und Medizinproduktegesetz), welche keine besonderen Voraussetzungen für den Vertrieb derartiger "In-vitro-Diagnostica" normierten.

Da die antragstellende Gesellschaft die Schwangerschaftstests im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes zu Erwerbszwecken vertreibe, greife die angefochtene Bestimmung, die diese Tätigkeit einer (verwaltungsstrafrechtlich und auch wettbewerbsrechtlich sanktionierten) Bewilligunspflicht unterwerfe, unmittelbar in ihre Rechtssphäre ein. Tatsächlich sei ihr eine Wettbewerbsklage bereits angedroht worden, ein Verfahren sei aber noch nicht anhängig. Ein anderer Rechtsweg als jener des Individualantrages stünde ihr nicht zur Verfügung, um die Verfassungswidrigkeit der Bestimmung geltend zu machen.

II. Der Antrag ist unzulässig:

1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11.684/1988, 13.871/1994).

2. Durch die angefochtene Bestimmung (iVm §§127, 174 ff.) wird für den Großhandel mit Präparaten, die zur diagnostischen Verwendung ohne Berührung mit dem menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind, eine Bewilligungspflicht festgelegt. Der antragstellenden Gesellschaft steht es gemäß §175 iVm §341 GewO 1994 frei, eine Bewilligung zu beantragen und im Fall der Antragsabweisung nach Erschöpfung des verwaltungsbehördlichen Instanzenzuges Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu erheben. Dieser Weg zur Erwirkung eines Bescheides ist der antragstellenden Gesellschaft zumutbar und ermöglicht es ihr, erforderlichenfalls ihre Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des §213 Abs1 Z5 GewO 1994 geltend zu machen.

Der Antrag ist sohin mangels Legitimation der antragstellenden Gesellschaft zurückzuweisen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Gewerberecht, Gewerbeberechtigung, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:G298.2001

Dokumentnummer

JFT_09988873_01G00298_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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