TE OGH 1990/10/23 4Ob101/90 (4Ob102/90, 4Ob103/90)

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Veröffentlicht am 23.10.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerihtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1) S*** G*** U*** W*** (führender Akt 4 Cg 201/87), Wien 4., Schwarzenbergplatz 14, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer und andere Rechtsanwälte in Wien; 2) WSV-W*** 1981

(verbundener Akt 4 Cg 195/87), Linz, Hessenplatz 3, vertreten durch Dr. Eduard Saxinger und Dr. Peter Baumann, Rechtsanwälte in Linz; 3)VSW-V*** FÜR S*** W*** (verbundener Akt 4 Cg 310/87), Salzburg, Mildenburggasse 6, vertreten durch Dr. Peter Raits und andere Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei F.M. Z*** Gesellschaft mbH & Co, Dornbirn, Wallenmahd 46, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwerte: 321.000 S, 440.000 S und 350.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 24.Jänner 1990, GZ 2 R 167-169/89-52, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 10.Februar 1989, GZ 4 Cg 201/87-42, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der erstklagenden Partei die mit 14.218,82 S und der drittklagenden Partei die mit 14.930,90 S bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen (darin enthalten 2.369,20 S und 2.488,48 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die zweitklagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof gemäß § 508 a Abs 1 ZPO nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision gegen sein bestätigendes Urteil liegen die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO hier nicht vor:

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerberin erkennt selbst, daß der Entscheidung des Berufungsgerichtes im Hauptverfahren derselbe Sachverhalt zugrunde liegt wie dem Provisorialverfahren des führenden Aktes. Entgegen der Meinung der Beklagten hat sich aber das Berufungsgericht nicht an die in diesem Provisorialverfahren ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 23.2.1988, 4 Ob 402/87 (SZ 61/41 = ÖBl 1989, 14) gebunden erachtet; es ist lediglich in den maßgebenden Punkten der dort geäußerten Rechtsmeinung des Höchstgerichtes gefolgt. Die geltend gemachte Nichtigkeit des Berufungsverfahrens liegt daher umso weniger vor, als Art 6 MRK auf vorläufige sichernde Maßnahmen - insbesondere auf einstweilige Verfügungen - gar nicht anzuwenden ist (RdW 1989, 333 = WBl 1989, 341; ebenso die über den Ablehnungsantrag der Beklagten ergangene Entscheidung 7 N 516/90). Der erkennende Senat hat in der Entscheidung SZ 61/41 erstmals ausgesprochen, daß bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer gewerblichen Tätigkeit nach § 15 Abs 1 GewO auch landesgesetzliche Raumordnungsvorschriften zu beurteilen sind und daß dann, wenn diese ein Verbot der Errichtung von Bauwerken für gewerbliche Zwecke enthalten und die betreffende Gewerbeausübung ihrem Wesen nach ohne vorherige Errichtung eines entsprechenden Bauwerks nicht denkbar ist, darin auch ein Verbot der Gewerbeausübung in einem bestimmten Standort liegt. Diese Rechtsansicht ist in der Zwischenzeit auch in drei weiteren Fällen, an denen entweder die Beklagte oder andere Angehörige der Firmengruppe Z*** mit demselben Beklagtenvertreter beteiligt waren und die Verstöße gegn § 69 stmkBauO, gegen § 16 Abs 2 oöROG (wie hier) sowie gegen § 16 b Abs 2 TirROG betroffen hatten, ausdrücklich aufrechterhalten worden, wobei zu den dagegen vorgebrachten, auch in der vorliegenden Revision wiederholten Argumenten ausführlich Stellung genommen wurde (RdW 1989, 333; ÖBl 1990, 73; 4 Ob 32/89). Das gleiche gilt für die von der Beklagten wiederholte Forderung nach einer verfassungs- und menschenrechtskonform reduzierten Anwendung des § 1 UWG: Hiezu ist bereits in ÖBl 1990, 73 dargetan worden, daß sich gerade diese Problematik im vorliegenden Fall gar nicht stellt, nach ständiger Rechtsprechung aber der Zivilrichter im Rahmen seiner Entscheidung, ob ein Verstoß gegen § 1 UWG vorliegt, sehr wohl selbständig als Vorfrage prüfen muß, ob der Beklagte eine Verwaltungsvorschrift verletzt hat (SZ 56/2 uva).

Da nach den Feststellungen der Vorinstanzen inwder Begründung sowohl der Baubewilligung als auch der gewerbebehördlichen Bewilligung der in den Sprüchen beider Bescheide mit "C & C-Markt (DOGRO)" umschriebene Begriff eindeutig im Sinne eines Großmarktes für Wiederverkäufer definiert worden ist, bedarf es keiner näheren Aufklärung, welche Bedeutung ihm allenfalls sonst im Wirtschaftsleben noch zukommt (RdW 1989, 333; ÖBl 1990, 73). Zum Bescheid des Magistrates der Stadt Wels vom 12.8.1988, MA 2-Ge-1620-1987, welcher noch nicht Gegenstand der Provisorialentscheidung SZ 61/41 war, hat das Berufungsgericht im Sinne der Entscheidung ÖBl 1990, 73 gleichfalls zutreffend darauf verwiesen, daß dieser Bescheid nicht die Beklagte betroffen hat. Ebenso steht die Auffassung des Gerichtes zweiter Instanz,daß die nach dem Schluß der Verhandlung erster Instanz erfolgte Löschung der beklagten Kommanditgesellschaft im Handelsregister nur deklarative Bedeutung hat und daher deren Partei- und Prozeßfähigkeit nicht beeinträchtigt, im Einklang mit der herrschenden Lehre und Rechtsprechung (Torggler-Kucsko in Straube, HGB Rz 3 zu § 157;

GesRZ 1984, 50; ÖBl 1990, 73 ua.) Die in jüngster Zeit divergierend

beantwortete Frage, ob dies auch für vollbeendete

Personenhandelsgesellschaften gilt (dafür: GesRZ 1990, 153 =

WBl 1990, 83; dagegen: GesRZ 1990, 156 = WBl 1990, 85 = RdW 1990,

11; vgl dazu Mahr in GesRZ 1990, 148 ff), muß hier nicht beantwortet werden, weil sich die Beklagte gar nicht auf ihre Vollbeendigung berufen hat. Im übrigen ist die von der Beklagten aus diesem Grund erhobene Nichtigkeitsberufung bereits - unanfechtbar (MietSlg 39.788 uva) - verworfen worden. Ob mit der Löschung der Beklagten im Handelsregister die Wiederholungsgefahr weggefallen ist, kann schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO sein, weil diese Frage stets nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz zu beurteilen ist (SZ 50/20; ÖBl 1981, 102 uva).

Die somit insgesamt wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) unzulässige Revision mußte deshalb zurückgewiesen werden (§ 510 Abs 3, letzter Satz, ZPO).

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung der erst- und drittklagenden Parteien gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die zweitklagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen, weil sie darin auf den vorliegenden Zurückweisungsgrund nicht hingewiesen hat.

Anmerkung

E22142

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00101.9.1023.000

Dokumentnummer

JJT_19901023_OGH0002_0040OB00101_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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