TE OGH 1990/10/23 10ObS55/90

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Veröffentlicht am 23.10.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgereicht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Oskar Harter (AG) und Claus Bauer (AN) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Fanny K***, Pensionistin, 4 A Gervis Road, Bournemouth, Dorset, Großbritannien, vertreten durch Dr.Karl Zerner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*** DER

A***, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr.Erich Proksch und Dr.Richard Proksch, Rechtsanwälte in Wien, wegen Alterspension, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6.November 1989, GZ 31 Rs 190/89-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 2.Juni 1989, GZ 6 Cgs 21/89-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin die einschließlich 548,80 S Umsatzsteuer mit 3.292,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

(Paragraphen ohne Gesetzesangabe sind solche des ASVG.) Aufgrund des Antrages der am 3.5.1922 geborenen Klägerin vom 13.2.1987 anerkannte die beklagte Partei mit Bescheid vom 25.10.1988 den Anspruch der Klägerin auf Alterspension nach § 270 iVm § 253, setzte den Pensionsbeginn nach Art VI Abs 15 der 44. ASVGNov mit 1.1.1988 und die Leistungshöhe vom 1.1.1988 an mit 3.322,10 S, vom 1.7.1988 an mit 3.398,50 S fest. Dabei ging sie von 236 in Österreich erworbenen Versicherungsmonaten nach dem ASVG und von einer Bemessungsgrundlage nach § 238 von 8.565 S und einem Steigerungsbetrag von 37,367 % dieser Bemessungsgrundlage (= 3.200,50 S) aus, welcher sich durch die Pensionsanpassung auf 3.322,10 S erhöhe.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Klage begehrte die Klägerin vom 1.1.1988 an eine (Alters)Pension von 3.434,80 S. Wegen der Begünstigungszeiten nach § 502 Abs 4 betrage die Beitragsgrundlage nach § 251 Abs 4 210 S, als Aufwertungsfaktor sei der für 1988 geltende Aufwertungsfaktor für 1939 bis 1946 von 51,067 heranzuziehen. Deshalb betrage die Bemessungsgrundlage 9.192 S, die Pension 37,367 % davon, also aufgerundet 3.434,80 S. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Die Klägerin habe die Anspruchsvoraussetzungen frühestens zum 1.1.1986 erfüllt, weil erst zu diesem Stichtag 180 Beitragsmonate und mindestens 228 Versicherungsmonate vorlägen. Die nach § 251 Abs 4 für 1939 geltende Bbitragsgrundlage von 210 S sei daher zum genannten Stichtag mit dem Faktor 47,581 aufzuwerten. Daraus ergebe sich zum 1.1.1986 eine fiktive Beitragsgrundlage nach § 238 von 8.565 S und eine fiktive Leistung von 3.200,50 S. Die nach Art VI Abs 15 der 44. ASVGNov erst mit 1.1.1988 entstandene Leistung sei infolge der Pensionsanpassung mit 3.322,10 S festzustellen. Die Klägerin stellte außer Streit, daß sie die Anspruchsvoraussetzungen aufgrund der Übergangsbestimmungen der

40. ASVGNov zum frühestens möglichen Zeitpunkt 1.1.1986 erfüllt habe, meinte aber, daß nicht dieser Tag, sondern erst der durch ihren Leistungsantrag vom 13.2.1987 ausgelöste 1.1.1988 als Stichtag zu betrachten sei.

Das Erstgericht gab der Klage statt.

Nach seiner Rechtsansicht habe die Klägerin die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen am 3.5.1982 erfüllt. Weil sie die Pension nach Art VI Z (richtig Abs) 15 der 44. ASVGNov jedoch erst vom 1.1.1988 an beziehen könne, sei die Bemessungsgrundlage nach den für diesen Tag geltenden Berechnungsvorschriften zu ermitteln. Deshalb sei die Pension mit dem für 1988 geltenden Aufwertungsfaktor aufzuwerten.

Das Berufungsgericht gab der auf Abweisung der Klage gerichteten, wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung der beklagten Partei nicht Folge.

Die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen seien zwar entgegen der Rechtsmeinung des Erstgerichtes erst am 1.1.1986 erfüllt. Doch sei Art VI Abs 15 der 44. ASVGNov anzuwenden, dessen Wortlaut dem Art II Abs 10 der 19. ASVGNov entspreche. Beide Übergangsbestimmungen legten nur hinsichtlich der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch eine Abweichung des Prüfungszeitpunktes fest. Die Bemessung der Leistung sei hingegen nach der Sach- und Rechtslage an dem durch die Antragstellung ausgelösten Stichtag vorzunehmen. In Übereinstimmung mit § 506 Abs 2 ergebe sich daher aus Art VI Abs 15 der 44. ASVGNov, daß die Leistung zu dem durch die Antragstellung ausgelösten Leistungsbeginn 1.1.1988 zu berechnen sei. Dagegen richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit den Anträgen, das angefochtene Urteil im Sinne einer gänzlichen, allenfalls teilweisen Abweisung der Klage abzuändern.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Das nach § 46 Abs 4 ASGG in der hier noch anzuwendenden Fassung vor der WGN 1989 zulässige Rechtsmittel ist nicht berechtigt. Ansprüche auf die Leistungen aus der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung entstehen in dem Zeitpunkt, in dem die im 2., 3. und im (die Pensionsversicherung regelnden) 4. Teil des ASVG hiefür vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt werden (§ 85). Unter "Ansprüchen auf die Leistungen aus der ... Pensionsversicherung" sind Leistungsansprüche im materiellen Sinne zu verstehen (Teschner in MGA ASVG 50. ErgLfg 719 FN 5). Daß ein solcher Anspruch dem Grunde nach zusteht, sagt noch nichts darüber aus, in welchem Ausmaß und ab welchem Zeitpunkt er gebührt (Schrammel in Tomandl, SV-System

3. ErgLfg 138; Tomandl, Grundriß des Sozialrechts4 Rz 65). Soweit nichts anderes bestimmt ist, fallen die sich aus den Leistungsansprüchen ergebenden Leistungen mit dem Entstehen des Anspruches (§ 85) an (§ 86 Abs 1). Pensionen aus den Versicherungsfällen des Alters und der geminderten Arbeitsfähigkeit fallen mit Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen an, wenn sie auf einen Monatsersten fällt, sonst mit dem der Erfüllung der Voraussetzungen folgenden Monatsersten, sofern die Pension binnen einem Monat nach Erfüllung der Voraussetzungen beantragt wird. Wird der Antrag auf die Pension erst nach Ablauf dieser Frist gestellt, so fällt die Pension mit dem Stichtag an (§ 86 Abs 3 Z 2). Unter dem Leistungsanfall ist also der Zeitpunkt zu verstehen, von dem an die Leistung zusteht (Schrammel in Tomandl aaO 147; Tomandl aaO). Stichtag für die Feststellung, ob, in welchem Zweige der Pensionsversicherung und in welchem Ausmaße eine Leistung gebührt, ist der Eintritt des Versicherungsfalles, wenn er auf eine Monatsersten fällt, sonst der dem Eintritt des Versicherungsfalles folgende Monatserste. Wird jedoch der Antrag ua auf eine Leistung aus den Versicherungsfällen des Alters oder der geminderten Arbeitsfähigkeit erst nach Eintritt des Versicherungsfalles gestellt, der bei Leistungen aus den erstgenannten Versicherungsfällen mit der Erreichung des Anfallsalters als eingetreten gilt (§ 223 Abs 1 Z 1), ist Stichtag für diese Feststellung der Zeitpunkt der Antragstellung, wenn er auf einen Monatsersten fällt, sonst der dem Zeitpunkt der Antragstellung folgende Monatserste (§ 223 Abs 2). Da die Antragstellung auf die Leistung im zweiten, dritten und vierten Teil des ASVG nicht behandelt wird, ist sie keine Voraussetzung für das Entstehen des materiellen Anspruchs, sondern in den Fällen, in denen Leistungen nur auf Antrag festgestellt werden, Voraussetzung für die Leistungspflicht des Versicherungsträgers (Teschner-Fürböck in MGA ASVG 46. ErgLfg 516 f FN 1).

Im vorliegenden Falll ist der Anspruch der Klägerin auf die Alterspension in dem Zeitpunkt entstanden, in dem die in den §§ 235 und 236 genannte allgemeine Voraussetzung der Wartezeit und die im § 253 genannten besonderen Voraussetzungen der Vollendung des 60. Lebensjahres und des Nichtbestehens einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG, GSVG oder BSVG am Stichtag erfüllt waren. Obwohl die am 3.5.1922 geborene Klägerin das 60. Lebensjahr bereits mit Ablauf des 2.5.1982 vollendet und damit das Anfallsalter erreicht hatte, womit der Versicherungsfall des Alters als eingetreten gilt (§ 223 Abs 1 Z 1), entstand ihr Anspruch auf die Alterspension erst am 1.1.1988, weil sie erst mit diesem Zeitpunkt aufgrund des § 502 idF des Art V Z 22 der 44. ASVGNov auch die allgemeine Voraussetzung der Wartezeit erfüllt hatte. Weil der Antrag auf die Alterspension erst nach Eintritt des Versicherungsfalles, nämlich am 13.2.1987 gestellt wurde, wäre Stichtag für die Feststellung, ob und insbesondere in welchem Ausmaß diese Leistung gebührt, an sich der dem Zeitpunkt der Antragstellung folgende Monatserste, demnach der 1.3.1987.

Da sich die Klägerin im Zeitpunkt der Antragstellung in Auswirkung einer aus den Gründen des § 500 Abs 1 erfolgten Auswanderung noch im Ausland befand, ist das Zutreffen der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch nach Art VI Abs 15 zweiter Satz der 44. ASVGNov abweichend vom § 223 Abs 2 zum Zeitpunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles, hier also zum 3.2.1982 zu prüfen, allerdings unter Zugrundelegung der seit der 44. ASVGNov geltenden Rechtslage. Diese Bestimmung soll - wie die vergleichbare Bestimmung des Art II Abs 10 der 19. ASVGNov - verhindern, daß infolge der durch die neuerliche Antragstellung bewirkten Stichtagsverschiebung die Anspruchsvoraussetzungen neuerlich nicht gegeben sein könnten. Damit wird der Stichtag des § 223 Abs 2 jedoch nur für die Feststellung, ob die Leistung gebührt (arg: "das Zutreffen der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch"), nicht aber für die Feststellung, in welchem Ausmaß die Leistung gebührt, geändert (vgl OLG Wien 2.9.1981 SSV 21/80 zum ähnlichen Art II Abs 10 der 19. ASVGNov). In letzterer Hinsicht würde es daher an sich bei dem oben genannten Stichtag 1.3.1987 bleiben. Entsteht der Anspruch auf eine Pension - wie im vorliegenden Fall wegen der am 1.1.1988 in Kraft getretenen

Gesetzesänderung - erst während des aufgrund des Leistungsantrages eingeleiteten Verfahrens, dann wird dadurch ein neuer Stichtag ausgelöst (ähnlich SSV-NF 3/134 mwN). Dies ist im vorliegenden Fall der 1.1.1988.

Die zu diesem Stichtag zu berechnende Leistung gebührt nach Art VI Abs 15 Satz 1 der 44. ASVGNov ab 1.1.1988.

Nach § 242 Abs 3 lit c sind Beitragsgrundlagen nach § 251 Abs 4, soweit es sich um vorgemerkte Arbeitsverdienste handelt, bzw sie mit 7 S für den Kalendertag (210 S für den Kalendermonat) festgesetzt sind, mit dem Faktor zu vervielfachen, der sich aus der Teilung des für das Jahr, in dem der Nachteil in den sozialversicherungsrechtlichen Verhältnissen (§ 500) eingetreten ist, geltenden Aufwertungsfaktors (§ 108 c) durch den der zeitlichen Lagerung der Beitragsgrundlagen entsprechenden Aufwertungsfaktor ergibt ... Die Faktoren sind auf drei Dezimalstellen zu runden. Dieser Faktor ist im Hinblick auf den Stichtag 1.1.1988 der von der Klägerin und den Vorinstanzen angewendete, für das Kalenderjahr 1988 festgestellte Faktor 51,067.

Daß sich aber daraus ab 1.1.1988 die von den Vorinstanzen zuerkannte Leistung errechnet, wird in der Revision nicht bestritten. Deshalb war der Revision nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a und Abs 2 ASVG.

Anmerkung

E22500

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:010OBS00055.9.1023.000

Dokumentnummer

JJT_19901023_OGH0002_010OBS00055_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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