TE OGH 1990/10/24 1Ob622/90

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Veröffentlicht am 24.10.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann, Dr.Schlosser, Dr.Graf und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** DER S*** M***, Mistelbach, Hauptplatz 1, vertreten durch Dr.Rudolf Krilyszyn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr.Michael G***, Rechtsanwalt, Wien 1., Bauernmarkt 2, wegen S 128.887,50 samt Anhang infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 19. Dezember 1989, GZ 11 R 211/89-37, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 29. Mai 1989, GZ 12 Cg 25/89-32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.172,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S. 1.028,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Wohnbauprojekt Wien 14., Rosenthalgasse 12, wurde nach dem Konkurs des Bauunternehmens, das die erste Baustufe durchzuführen hatte, von der Firma GVB Grundstückverwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH unter Beiziehung des Architekt Heinz P*** fertiggestellt; die Baukosten wurden von dieser Gesellschaft vorfinanziert. Der Beklagte wickelte unter anderem die Verrechnung der eingehenden Gelder treuhändig ab. Erster Hypothekargläubiger war das Bankhaus F*** & Co AG, im zweiten Rang war die klagende Partei sichergestellt.

Am 16.11.1983 schlossen die Streitteile, Architekt Heinz P*** und das Bankhaus F*** & Co AG über die Aufteilung der "Rückflußbeträge" nachstehende, vom Beklagten formulierte Vereinbarung: "Bei Wirksamkeit dieser Vereinbarung erfolgt die Verteilung der Rückflüsse über ein Treuhandkonot bei Dr.G*** nach folgender Maßgabe: a) An Dritte anfallende Nebenkosten (Anschlußgebühren etwa S 250.000, diverse Gebühren, Stempelmarken, rückständige Betriebskosten bis maximal ca S 100.000 und abzurechnen) sind jeweils vorweg nach Fälligkeit zu bezahlen, b) auf die Ansprüche Arch.P*** und Dr.G*** (2 x 1,5 mio Honorar + 8 % MWSt, S 100.000 Auslagenpauschale Arch.P***, S 150.000 P & M), fließen aus den ersten Verkäufen bis 1,2 mio, c) sobald an F*** rund 4,5 mio aus Wohnungen 1.Baustufe geflossen sind, Aufteilung:

10 % Forderungen P***/G***, 20 % Mistelbach, 70 % F***,

d) wenn F*** Hypothekarforderungen zur Gänze erledigt, fließen aus den dann folgenden Eingängen S 1 mio auf Forderungen P***/G***, e) Aufteilung der weiteren Rückflüsse: je 50 % zwischen Mistelbach und P***/G***, aber Anteil P***/G*** mindestens so viel, daß nicht mehr als S 90.000 bei der letzten Wohnung offen bleiben. Herr Direktor Dr.P*** muß zur Wirksamkeit dieser Vereinbarung seine Aufsichtsgremien um Zustimmung ersuchen, hält diese Zustimmung für wahrscheinlich und wird diese von sich aus befürworten." Die Genehmigung des Sparkassenrates der klagenden Partei wurde in der Folge erteilt. Das Bankhaus F*** & Co AG hat auf Grund des Verkaufes von Wohnungen der ersten Baustufe den in lit c angeführten Betrag von S 4,5 Mill erhalten. Wegen des schleppenden Abverkaufes der übrigen Wohnungen zog sich die Abwicklung und damit Befriedigung der aus der Vereinbarung vom 16.11.1983 Berechtigten über Jahre hin. Schließlich stand am 14.8.1986 (aus "Freistellungen" des Bauträgers) ein Betrag von (richtig) S 4,896.250 zur Verteilung. Davon überließ der Beklagte Beträge von S 3,412.787 und S 15.666,70 an das Bankhaus F*** & Co AG als erste Hypothekargläubigerin (d.s. rund 70 % des Gesamtbetrages). Über die restliche Verteilung (auch schon früher eingegangener Beträge der Käufer W***, P*** und P***) konnte zwischen der klagenden Partei einerseits und dem Beklagten und Architekt Heinz P*** andererseits keine Einigung erzielt werden. Weitere Eingänge sind nicht mehr zu erwarten. Der Beklagte und Architekt Heinz P*** vertreten die Ansicht, daß sie sich von den der Höhe nach anerkannten Forderungen keinen größeren Abzug als je S 90.000 gefallen lassen müßten, sonst wären ihre Forderungen aber vor der klagenden Partei zu befriedigen, sodaß aus der restlichen Verteilungsmasse dieser überhaupt nichts mehr zustünde. Die klagende Partei wiederum pochte auf die Bestimmung der lit c der Vereinbarung, wonach ihr aus der zur Verfügung stehenden Verteilungsmasse 20 % zustünden. Da eine Einigung über die Verteilung der restlichen Masse nicht erzielt werden konnte, übernahm der Klagevertreter vom Beklagten den (auf Sparbüchern eingelegten) Restbetrag von S 1,237.917,60 in treuhändige Verwahrung. Auf die Forderungen des Beklagten und des Architekten Heinz P*** sind unter Abzug von je S 90.000, S 1,345.021,80 insgesamt noch offen.

Die klagende Partei begehrt den Zuspruch des Betrages von S 128.887,50 samt Anhang, d.s. rund 10 % der von den Käufern W***, P*** und P*** (nicht aber aus der vom Bauträger überwiesenen "Freistellungssumme") eingegangenen Kaufpreise, die der Beklagte für sich beansprucht. Die Verteilung sollte nach in chronologischer Reihenfolge zu bildenden Massen erfolgen, es sei erst die Verteilungsmasse nach lit c der Vereinbarung gebildet worden. In diesem Rahmen stünde dem Beklagten aber kein Vorrecht zu. Der Beklagte wendete ein, daß die sich aus lit e der Vereinbarung ergebende bevorzugte Zuweisung auch im Fall der Verteilung nach lit c zu gelten habe, wenn es wir hier zu keiner weiteren Verteilung mehr kommen könne. Zuweisungen an die klagende Partei könnten dann nicht erfolgen, wenn im Zuge der Abverkäufe vorhersehbar sei, daß "die Decke um mehr als S 90.000 zu kurz" werde. Inzwischen sei die gänzliche Lastenfreistellung und Erledigung der Hpyothekarforderung des Bankhauses F*** & Co AG erfolgt. Es seien keine weiteren Eingänge, die zu einer Verteilung führen könnten, zu erwarten. Auch bei gesamter Zuweisung des Depots an den Beklagten und an Architekt Heinz P*** bleibe jeweils ein Betrag von über S 100.000 offen, sodaß der klagenden Partei nichts zustünde. Überdies sei das Leistungsbegehren verfehlt, da der Betrag treuhändig beim Klagevertreter erlegt worden sei.

Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang das Klagebegehren ab. Es stellte fest, bei Abschluß der Vereinbarung vom 16.11.1983 seien alle Beteiligten davon ausgegangen, daß ihre Forderungen voll gedeckt seien. Damals hätte sogar mit einem Überschuß gerechnet werden können. Zwischen den Streitteilen sei darüber gesprochen und in der Folge auch schriftlich festgehalten worden, daß die Aufteilung in chronologischer Weise nach den Richtlinien der Vereinbarung vom 16.11.1983 zu erfolgen habe.

Rechtlich ging das Erstgericht von der ihm im Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes vom 20.12.1988, 11 R 243/88-27, überbundenen Rechtsansicht aus, wonach auch im Falle der nicht vollständigen Befriedigung der Hypothekarforderung des Bankhauses F*** & Co AG sich danach ergebende weitere Geldrückflüsse für nachfolgende Berechtigte vorweg zugunsten des Beklagten und des Architekten Heinz P*** auswirkten. Diese seien zufolge des Verteilungsvorbehaltes im Falle des Verzichtes des Bankhauses F*** & Co AG gegenüber der klagenden Partei wegen der in lit e vorgesehenen Aufteilung dadurch begünstigt, daß vor einer prozentuellen Aufteilung (50 : 50) dem Beklagten und Architekt Heinz P*** der Vorrang zukomme. Danach werde zu prüfen sei, ob nach nicht vollständiger Tilgung aber gänzliche Erledigung der Forderungen des Bankhauses F*** & Co AG noch weitere Geldmittel zur Verteilung gemäß lit e vorhanden gewesen seien.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es sprach aus, daß die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO aF zulässig sei. Da Klagsgegenstand die 20 %igen Anteile der klagenden Partei aus Rückflüssen seien, die vor gänzlicher Erledigung der Forderung des Bankhauses F*** & Co AG erfolgten, und das Berufungsgericht in seinem Aufhebungsbeschluß dem Erstgericht die Prüfung der Frage aufgetragen habe, ob nach gänzlicher Erledigung der Forderung des Bankhauses F*** & Co AG noch weitere Geldmittel zur Verteilung gemäß lit e der Vereinbarung vom 16.11.1983 vorhanden gewesen seien, sei das Berufungsgericht an diese Rechtsansicht gemäß § 499 Abs 2 ZPO auch im zweiten Rechtsgang gebunden geblieben. Eine Befassung mit der der Berufung zugrunde liegenden Rechtsansicht, Punkt e der Vereinbarung beziehe sich nur auf Rückflüsse, die erst nach gänzlicher Erledigung der Forderungen des Bankhauses F*** & Co AG eingegangen seien, also nicht nur zu diesem Zeitpunkt mangels Verteilung noch vorhanden gewesen seien, bleibe dem Berufungsgericht daher verwehrt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt. Wie die Vereinbarung vom 16.11.1983 auszulegen ist, ob, wie in der Revisionsbeantwortung erstmals ausgeführt wird, auf Grund ergänzend zu treffender weiterer Tatsachenfeststellungen sich eine mit dem objektiven Erklärungswert nicht übereinstimmende Absicht der Parteien ergebe und ob nicht allenfalls ergänzende Vertragsauslegung nach dem hypothetischen Parteiwillen Platz zu greifen habe, kann dahingestellt bleiben, weil das von der klagenden Partei gestellte Leistungsbegehren, wie der Beklagte im Zuge des Verfahrens mehrmals vorbrachte, rechtlich verfehlt ist.

Die treuhändige Hereinnahme und Verrechnung der eingehenden Gelder aus dem Bauvorhaben durch den Beklagten wurde durch die später getroffene Vereinbarung der Übergabe und Verwahrung der restlichen Gelder an den Klagevertreter in treuhändige Verwahrung ersetzt. Nach dem vorliegenden Sachverhalt sind die Streitteile und Architekt Heinz P*** Treugeber des Klagevertreters. Da der Beklagte aber dieser Verpflichtung nachkam, kann von ihm aus der seinerzeitigen Vereinbarung nicht Zahlung eines der klagenden Partei angeblich zustehenden Geldbetrages an sie erfolgreich begehrt werden, sodaß auch die Fällung eines positiven Feststellungsurteiles als minus zum gestellten Leistungsbegehren (SZ 60/91; SZ 58/185; SZ 54/180 ua; Fasching, Lehrbuch2 Rz 1451) nicht möglich erscheint. Die in Frage kommenden Begehren (Zustimmung zur Ausfolgung eines Geldbetrages aus dem Treuhanderlag an die klagende Partei, allenfalls ein negatives Feststellungsurteil) zögen aber eine andere Rechsfolge als die von der klagenden Partei auf Leistung eines Geldbetrages angestrebte nach sich. Einer Umdeutung des Klagebegehrens in diese Richtung stünde damit aber die Vorschrift des § 405 ZPO entgegen.

Schon aus diesem Grunde erweist sich die Revision als nicht berechtigt.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E22079

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0010OB00622.9.1024.000

Dokumentnummer

JJT_19901024_OGH0002_0010OB00622_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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