TE OGH 1990/11/14 3Ob123/90

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Veröffentlicht am 14.11.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Irma K***, Pensionistin, Tuchlauben 11/26, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Eric Agstner, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Helene S***, Angestellte, und den Beteiligten Erich Fritz S***, Pensionist, beide Margarethenstraße 153/1/7, 1050 Wien und vertreten durch Dr. Karl Grigkar, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 785.000,- sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei und des Beteiligten gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 21. August 1990, GZ 46 R 601/90-85, womit der Beschluß des Exekutionsgerichtes Wien vom 18. April 1990, GZ 21 E 16/88-76, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rechtsmittelwerber haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Für die Verpflichtete und ihren Ehemann ist in B-LNR 53 und 54 in der EZ 582 KG Margarethen an je 629/58640 Anteilen das mit Ehegattenwohnungseigentum an der Wohnung 6 untrennbar verbundene Eigentumsrecht einverleibt.

Zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Geldforderung bewilligte das Erstgericht am 2. März 1988 nach § 9 Abs 2 WEG die Zwangsvollstreckung durch die Pfändung des Anspruches der Verpflichteten auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums und die Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils und des damit verbundenen gemeinsamen Wohnungseigentums.

Am 6. Juli 1989 genehmigte das Erstgericht die Übernahme der zu versteigernden Liegenschaftsanteile um den Preis von S 637.500,-

durch die S*** Beteiligungs KG und stellte, nachdem der gesamte Übernahmspreis bezahlt war, mit Beschluß vom 20. Oktober 1989 das Versteigerungsverfahren nach dem § 204 Abs 2 EO ein. Nach der Anberaumung der Tagsatzung zur Verteilung des Übernahmspreises (§ 200 Z 1 letzter Halbsatz EO) erhob der beteiligte Ehemann der Verpflichteten beim Erstgericht die Widerspruchsklage nach § 37 EO. Er behauptet, iS des § 9 Abs 2 WEG, die Wohnung diene ihm zur Befriedigung seines dringenden Wohnungsbedürfnisses und zu seinem gewöhnlichen Aufenthalt. Zugleich wurde die Aufschiebung dieses Exekutionsverfahrens beantragt. Dem Widerspruchskläger ist der zuvor bevollmächtigte Rechtsanwalt als einstweiliger Sachwalter beigegeben, dessen Aufgabenkreis am 23. Feber 1990 auf die Vertretung des Betroffenen vor Gerichten und anderen Behörden erweitert wurde. Das Erstgericht schob das Zwangsversteigerungsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Widerspruchsklage gegen Erlag einer Sicherheit von S 62.500,- auf.

Das Rekursgericht wies über den Rekurs der betreibenden Partei den Aufschiebungsantrag ab. Nach rechtskräftiger Genehmigung der Übernahme der Liegenschaftsanteile sei die Widerspruchsklage aussichtslos. Das Versteigerungsverfahren sei nach Genehmigung der Übernahme und Bezahlung des Übernahmspreises eingestellt. Eine Aufschiebung der allein ausstehenden Verteilung des erlegten Übernahmspreises könne die vom Widerspruchskläger behaupteten Interessen an der Erhaltung der seinem dringenden Wohnungsbedürfnis dienenden Wohnung nicht schützen.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt und daß der (ordentliche) Rekurs (an den Obersten Gerichtshof) zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zur Frage der Aufschiebung der Exekution auf Grund eines auf § 9 Abs 2 letzter Halbsatz WEG gestützten Widerspruches des beteiligten Ehegatten nach Einstellung des Versteigerungsverfahrens infolge genehmigter Übernahme und Bezahlung des Übernahmspreises bisher soweit überblickbar nicht Stellung genommen wurde.

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Es entspricht der nun ständigen Rechtsprechung, daß die Aufschiebung der Exekution nicht schon deshalb verweigert werden kann, weil der Erfolg der Klagsführung zweifelhaft ist, daß aber ein auf die Erhebung einer Widerspruchsklage nach § 37 EO gestützter Aufschiebungsantrag abzuweisen ist, wenn die Klagsführung mit hoher Wahrscheinlichkeit als aussichtslos zu beurteilen ist (RdW 1989, 160 ua).

Die als Folge der Unteilbarkeit des mit Wohnungseigentum verbundenen Mindestanteils (§ 8 Abs 1 WEG), die nur zugunsten des Ehegattenwohnungseigentums durchbrochen wird (§ 9 Abs 1 WEG), erforderliche besondere Regelung der Zwangsvollstreckung auf die mit gemeinsamen Wohnungseigentum von Ehegatten verbundenen halben Mindestanteile sieht im § 9 Abs 2 WEG vor, daß die Exekution auf Grund eines nur gegen einen der Ehegatten bestehenden Titels nur im Weg der Pfändung des Anspruches auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums und durch Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils und des damit verbundenen Wohnungseigentums zulässig ist, daß aber der andere Ehegatte, der im Exekutionsverfahren Beteiligter ist und zur Wahrung seiner Rechte Rechtsmittel erheben kann, wie wenn er Verpflichteter wäre, überdies gegen diese Exekution Widerspruch (§ 37 EO) erheben kann, wenn sich die Exekution auf eine Wohnung bezieht, die ihm zur Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses und zu seinem gewöhnlichen Aufenthalt dient. Nach § 9 Abs 3 WEG ist während der Ehe bei einer Wohnung, die wenigstens einem Ehegatten zur Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses und zu seinem gewöhnlichen Aufenthalt dient, die Klage des anderen Ehegatten auf Aufhebung der Gemeinschaft unzulässig. Das gleiche Ziel des Wohnraumschutzes zugunsten des Ehegatten, der diese Voraussetzungen erfüllt und gegen den kein Exekutionstitel vorliegt, verfolgt die Sonderregelung im Fall der Exekution nach § 9 Abs 2 WEG, die dem zu schützenden Ehegatten die Exszindierungsklage gegen die Exekutionsführung gewährt (AB 1681 BlgNR 13. GP zu § 9 WEG in Meinhart, WEG 1975, 89; Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht Rz 17 zu § 9 WEG). Damit wird die Einwendungsposition des nicht verpflichteten Ehegatten, die ihm in einem Aufhebungsprozeß nach § 9 Abs 3 WEG zustünde, in den Exszindierungsprozeß verlagert, der ihm Schutz vor Obdachlosigkeit verschaffen soll (Faistenberger-Barta-Call, Rz 49 zu § 9 WEG). Faistenberger-Barta-Call meinen, der andere Ehegatte könne ab Gerichtshängigkeit des Exekutionsantrages und bis zur Beendigung oder Einstellung der Exekution klagen (Faistenberger-Barta-Call, WEG, Rz 51 zu § 9) und berufen sich auf Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht (1. Auflage 125). Die Exszindierungsklage ist nur während des Exekutionsverfahrens zulässig, doch wird sie auch nach Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht3 135 (1. Auflage 126) unzulässig, wenn der in die Sphäre des Exszindierungsklägers übergreifende Exekutionsakt vollständig durchgeführt ist. Im Regelfall der Geltendmachung eines Rechtes, welches die Vornahme der Exekution unzulässig machen würde (§ 37 Abs 1 EO), kann die Exszindierungsklage auch nach dem Versteigerungstermin solange zulässig erhoben (oder fortgeführt) werden, als der Meistbotsverteilungsbeschluß nicht ausgeführt ist, weil nach der Versteigerung zwar nicht mehr die Sache, wohl aber der Erlös in Anspruch genommen werden kann (Heller-Berger-Stix 473; GlUNF 5588; ZBl 1933/99 ua).

Der dem nicht verpflichteten Ehegatten, dem durch die Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils Obdachlosigkeit droht, im § 9 Abs 2 WEG eingeräumte Widerspruch ist aber nichts anderes als ein Rechtsbehelf, um das zwischen den Ehegatten bestehende Teilungshindernis, das auch der Exekutionsführung entgegensteht, im Exszindierungsprozeß geltend machen zu können. Der Anspruch erstreckt sich nicht auf den Erlös, der ohnehin anteilig dem nicht verpflichteten Ehegatten zukommen muß. Diese Klage kann daher nur dort sinnvoll sein, wo das Teilungshindernis noch geltend gemacht werden kann. Sie ist verspätet und aussichtslos, wenn sie erst nach der Erteilung des Zuschlages (oder der Genehmigung der Übernahme und Einstellung der Versteigerung nach Bezahlung des Übernahmspreises) erhoben wird, weil sie dann ihr Ziel, die Versteigerung (Übernahme) des gesamten Mindestanteiles abzuwenden, nicht mehr erreichen kann.

Nach der Aktenlage ist der Beschluß, womit nach Bezahlung des Übernahmspreises das Versteigerungsverfahren nach § 204 Abs 1 EO eingestellt wurde, in Rechtskraft erwachsen. Daß noch die Verteilung des Übernahmspreises stattzufinden und der entsprechende Anteil auch dem nicht verpflichteten Ehegatten zuzukommen hat, ändert nichts daran, daß die veräußerte Eigentumswohnung zur Befriedigung des behaupteten Wohnbedürfnisses nicht mehr erhalten werden kann. Obwohl daher das Exekutionsverfahren noch nicht zur Gänze beendet ist, kann die Aufschiebung schutzwürdigen Interessen des Beteiligten nicht mehr dienen, weil diese sich nicht auf den Erlös, sondern allein auf die Erhaltung der Wohnmöglichkeit beziehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO und den §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E22124

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00123.9.1114.000

Dokumentnummer

JJT_19901114_OGH0002_0030OB00123_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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