TE OGH 1990/11/27 5Ob32/90 (5Ob33/90)

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Veröffentlicht am 27.11.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Mietrechtssachen der Antragsteller 1.) Albert P***, 2.) Josef F***, 3.) Susanne N***, alle 8160 Weiz, Marburgerstraße 107, alle vertreten durch Dr. Dieter Gorschegg und Dr. Guido Lindner, Rechtsanwälte in Gleisdorf, gegen die Antragsgegnerin G*** G*** W*** registrierte Genossenschaft mbH,

8010 Graz, Neuholdaugasse 5, vertreten durch Dr. Alfred Lind und Dr. Klaus Rainer, Rechtsanwälte in Graz, wegen Zulässigkeit des begehrten Entgeltes (§§ 14, 22 Abs 1 Z 6 WGG) infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 16. Februar 1990, GZ 3 R 340/89-18, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Weiz vom 14. September 1989, GZ Msch 14/88-14, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragsteller sind (neben anderen, denen Gelegenheit zur Teilnahme am Verfahren geboten wurde) Nutzungsberechtigte von im Hause der Antragsgegnerin in Weiz, Marburgerstraße 107, gelegenen Wohnungen. Sie beantragten die Überprüfung der Zulässigkeit der von der Antragsgegnerin begehrten Nutzungsentgelte mit der Behauptung, die Antragsgegnerin habe der Berechnung dieser Entgelte dem tatsächlichen Leistungsumfang nicht entsprechende Baukosten zugrundegelegt.

Die Antragsgegnerin wendete ein, sie habe dieses Haus im Jahre 1985 gekauft und unter gleichzeitiger Vornahme von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten saniert. Es unterliege daher den Bestimmungen des WGG. Da die Baukostenendabrechnung von der Landesregierung noch nicht geprüft sei, habe sie die Berechnung der auf die Nutzungsberechtigten entfallenden Entgelte nicht auf Grundlage der Baukosten, sondern auf Grundlage des zuerkannten Förderungsdarlehens (abzüglich Planungs- und Bauleitungskosten), eines den Nutzungsberechtigten gewährten Darlehens sowie einer 2,5 %igen Verzinsung der Grundkosten vorgenommen.

Das Erstgericht wies den Antrag der Antragsteller mit der Begründung ab, daß vor Überprüfung der Baukostenendabrechnung durch den Förderungsträger die Berechnung des Entgeltes auf der Grundlage des der Antragsgegnerin gewährten Förderungsdarlehens zulässig sei. Das Rekursgericht hob diesen Sachbeschluß auf, trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und sprach die Zulässigkeit des Revisionsrekurses aus. Infolge Erfüllung des Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs 3 MRG seien für die Berechnung des Mietzinses (Nutzungsentgeltes) die Bestimmungen des WGG maßgebend. Da aber die Prüfung und Anerkennung der Endabrechnung der gemeinnützigen Bauvereinigung durch die Verwaltungsbehörde die Nutzungsberechtigten nicht binde, sei über die Zulässigkeit des von der Antragsgegnerin begehrten Entgeltes unabhängig von dieser - im hier zu beurteilenden Fall noch ausstehenden - Prüfung der Endabrechnung durch das Amt der Landesregierung zu entscheiden. Im fortzusetzenden Verfahren werde daher das Erstgericht unter Beachtung der Verfahrensvorschriften des § 22 Abs 2 bis 4 WGG die von der Antragsgegnerin vorzulegende, den gesetzlichen Erfordernissen entsprechende Baukostenabrechnung auf ihre Richtigkeit sowie auf die für die widmungsgemäße Benützung der Baulichkeit gegebene Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der einzelnen Ausgaben hin zu prüfen haben. Sodann werde mit den Parteien zu erörtern sein, ob und in welchem Umfang eine weitere Überprüfung der Zulässigkeit der von der Antragsgegnerin begehrten Entgelte vorzunehmen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist nicht berechtigt. Zu dem Hinweis des Erstgerichtes auf die Unverständlichkeit des Gesetzes, die darin liege, daß die Verfahrensvorschriften des § 22 Abs 2 WGG auf Anträge nach § 22 Abs 1 Z 1 oder 3 WGG verweisen, die gar nicht die Zulässigkeit der Überprüfung des Entgeltes oder Preises zum Gegenstand hätten, ist folgendes zu sagen:

In der Fassung vor dem 1. WRÄG, BGBl. 1987/340, war die jetzt im Zuständigkeitskatalog des § 22 Abs 1 WGG in dessen Z 6 aufgezählte Angelegenheit (Angemessenheit des vereinbarten oder begehrten Preises bzw. Entgelts) in den Z 1 und 3 geregelt. Bei der Novellierung unterblieb die Anpassung des Einleitungssatzes des § 22 Abs 2 WGG.

Gemäß § 1 Abs 3 MRG gelten für Mietgegenstände in Gebäuden, die von einer gemeinnützigen Wohnbauvereinigung errichtet worden sind und im Eigentum einer gemeinnützigen Bau- oder Verwaltungsvereinigung stehen, die paragraphenweise aufgezählten zinsrechtlichen Vorschriften des MRG nicht. Dadurch soll eine Koordination mit dem WGG in der Form erreicht werden, daß bei Vorliegen der Voraussetzungen dieser Ausnahmebestimmung die Vorschriften des WGG auch im Regelungsbereich des MRG anzuwenden sind (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 1 MRG Rz 43). Nach der Absicht des Gesetzgebers sollte durch die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 3 MRG eine einheitliche Bewirtschaftung aller von gemeinnützigen Bau- oder Verwaltungsvereinigungen eine einheitliche Bewirtschaftung aller von errichteten und in ihrem Eigentum stehenden Objekten gewährleistet werden (s 425/BlgNR 15.GP, 36). Unter Errichtung des Gebäudes im Sinne des § 1 Abs 3 MRG war zum Zeitpunkt bei Schaffung des MRG zwangslos jener Tatsachenkomplex zu verstehen, der in § 2 Abs 1 WGG zur Definition des Begriffes "Errichtung" umschrieben war. Insofern ist also die Koordination dem MRG mit dem WGG jedenfalls gelungen gewesen. Durch § 57 Z 1 des Wohnbauförderungsgesetzes 1984, BGBl. 482, wurde dem § 2 Z 1 WGG der Satz angefügt, daß der Errichtung die Sanierung größeren Umfanges durch die gleichzeitige Vornahme von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten gleichzusetzen ist, sofern nach Abschluß der Sanierung die allgemeinen Teile der Baulichkeit und mindestens 2/3 der Wohnungen den Erfordernissen gemäß § 2 Z 2 WGG (normale Ausstattung) entsprechen. Zur Erhaltung der vom Gesetzgeber beabsichtigten Koordination des MRG und des WGG, die durch § 1 Abs 3 MRG vorgenommen wurde, ist es erforderlich, den in der letztgenannten Bestimmung gebrauchten Begriff "Errichtung des Gebäudes" in § 1 Abs 3 MRG in dem durch § 2 Abs 1 WGG definierten Umfang zu verstehen. Nur dadurch wird der seinerzeitigen Absicht des Gesetzgebers hinlänglich Rechnung getragen (igl Sinn auch Korinek-Funk-Scherz-Weinberger-Wieser, Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, Anm 2 a zu § 14). Der erkennende Senat folgt daher hinsichtlich der Auslegung des § 1 Abs 3 MRG nicht der von Würth (Würth-Zingher Miet- und Wohnrecht19 § 1 MRG Rz 44) vertretenen Ansicht, wonach die bloße Sanierung zur Verwirklichung des Ausnahmetatbestandes nicht genüge, und auch nicht der Meinung von Bernat in Korinek-Krejci, Handbuch zum Mietrechtsgesetz 115, der gleichfalls - ohne zum speziellen Problemkreis der Sanierung durch die gemeinnützige Wohnbauvereinigung etwas zu sagen - auf die Errichtung schlechthin abstellt.

Zutreffend ist auch die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß die Überprüfung der Zulässigkeit des von der Antragsgegnerin geforderten Entgeltes ausschließlich nach dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis und den hiefür geltenden Normen des WGG zu erfolgen hat. In diesen Vorschriften ist die Maßgeblichkeit des Prüfungsergebnisses des Amtes der Landesregierung betreffend die von der gemeinnützigen Bauvereinigung aufgewendeten Baukosten nicht vorgesehen. Überdies wies das Rekursgericht zutreffend daraufhin, daß die Antragsteller im letztgenannten Prüfungsverfahren keine Parteistellung haben (vgl. hiezu MietSlg. 31.574/31) und daher ihre Einwendungen - abgeleitet aus den das Entgelt betreffenden Bestimmungen des WGG - in dem bloß unter förderungsrechtlichen Gesichtspunkten durchgeführten Prüfungsverfahren gar nicht geltend machen können.

Die weitere Vorgangsweise des Erstgerichtes hat daher entsprechend den vom Rekursgericht richtig erteilten Aufträgen zu erfolgen.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E22147

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0050OB00032.9.1127.000

Dokumentnummer

JJT_19901127_OGH0002_0050OB00032_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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