TE OGH 1990/11/28 3Ob103/90

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.11.1990
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Alfred P***, Bad Homburg, Nieder-Erlenbacher-Weg 2, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Norbert Grill, Rechtsanwalt in Jenbach, wider die verpflichtete Partei Jörg Peter F***, Angestellter, Salzburg, Habach 129, vertreten durch Dr. Reinhard Ratschiller, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 70.116,56 DM sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 8. Mai 1990, GZ 11 R 268/89-24, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 13. Dezember 1988, GZ 25 Nc 105/88-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuen Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind wie weitere Kosten des Exekutionsverfahrens zu behandeln.

Text

Begründung:

Die betreibende Partei beantragte auf Grund eines Vollstreckungsbescheides eines Amtsgerichtes der Bundesrepublik Deutschland die Bewilligung der Fahrnisexekution zur Hereinbringung von 72.064,56 DM sA. Sie legte dem Exekutionsantrag folgende Urkunden bei:

1. eine mit dem amtlichen Siegel versehene Ausfertigung eines Vollstreckungsbescheides vom 11. 7. 1983, ergangen zum Mahnbescheid vom 14. 6. 1983 über 70.116,56 DM samt 11 % Zinsen seit 22. 7. 1982 und 1.948 DM Kosten und weiterer Kosten von 808,70 DM, in welchem die Zustellung des Mahnbescheides für den 20. 6. 1983 und die Zustellung des Vollstreckungsbescheides für den 14. 7. 1983 angegeben sind;

2. die Bescheinigung des deutschen Amtsgerichtes, daß die Zustellung des Vollstreckungsbescheides ordnungsgemäß entsprechend den Vorschriften der deutschen ZPO erfolgt und der Vollstreckungsbescheid rechtskräftig sei;

3. die Bescheinigung des deutschen Amtsgerichtes, daß Voraussetzung für den Erlaß eines Vollstreckungsbescheides die ordnungsgemäße Zustellung des Mahnbescheides entsprechend den Vorschriften der deutschen ZPO sei;

4. die Bescheinigung des deutschen Amtsgerichtes, daß der Mahnbescheid "entsprechend diesen Vorschriften" ordnungsgemäß zugestellt worden sei;

5. die Postzustellungsurkunde über die Zustellung des Vollstreckungsbescheides am 14. 7. 1983 im Geschäftslokal an eine Angestellte des Verpflichteten.

Das Erstgericht bewilligte die Exekution.

Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Exekutionsantrag abgewiesen wurde. Es war der Auffassung, daß es an dem nach Art 7 Abs 2 des österreichisch-deutschen Vollstreckungsvertrages, BGBl 1960/105, notwendigen Nachweis der ordnungsgemäßen Zustellung der das Verfahren einleitenden Verfügung fehle. Nach deutschem Zivilprozeßrecht sei dies der Mahnbescheid. Über dessen Zustellung werde keine geeignete Urkunde vorgelegt. Ein Verbesserungsverfahren scheide aus, weil die betreibende Partei ohnedies eine Bescheinigung über die ordnungsgemäße Zustellung auch des Mahnbescheides vorgelegt habe, die aber unzureichend sei.

Rechtliche Beurteilung

Der von der betreibenden Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist berechtigt. Die Ansicht der betreibenden Partei, daß die Exekution schon auf Grund der vorgelegten Urkunden hätte bewilligt werden müssen, trifft allerdings nicht zu. Der Oberste Gerichtshof hat sich mit diesen Urkunden schon in den dieselben Parteien betreffenden Entscheidungen 3 Ob 48/90 (= Jus extra 1990/521) und 3 Ob 53/90 befaßt und ausgeführt, daß hiedurch der gemäß Art 7 Abs 2 des österreichisch-deutschen Vollstreckungsvertrages erforderliche Nachweis über die ordnungsgemäße Zustellung des Mahnbescheides nicht erbracht worden sei. Ohne diesen Nachweis kann die Exekution entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Ansicht auch nicht zur Hereinbringung der Kosten bewilligt werden, die gemäß § 699 Abs 3 dZPO in den Vollstreckungsbescheid als Kosten des vorangegangenen Verfahrens aufgenommen oder dort als Kosten des Verfahrens zur Erlassung des Vollstreckungsbescheides festgesetzt wurden. Es handelt sich dabei nämlich in beiden Fällen um Kosten des Mahnverfahrens, die für die Frage der Exekutionsführung gleich zu behandeln sind wie der in diesem Verfahren zugesprochene Kapitalsbetrag. Somit hängt auch die Bewilligung der Exekution zur Hereinbringung dieser Kosten davon ab, ob die betreibende Partei gemäß Art 7 Abs 2 des Vollstreckungsvertrages die ordnungsgemäße Zustellung des Mahnbescheides als der das Verfahren einleitenden Verfügung nachgewiesen hat.

Der Oberste Gerichtshof hat aber schon in den angeführten Entscheidungen die Ansicht des Rekursgerichtes abgelehnt, daß kein Verbesserungsverfahren stattzufinden habe, weil sich die betreibende Partei durch die Vorlage einer unzureichenden Bestätigung des Problems bewußt gewesen und nur von einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung ausgegangen sei. Die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens ist danach zwar grundsätzlich nicht dazu bestimmt, Anträgen, die nur wegen eines Rechtsirrtums unschlüssig sind, zur Schlüssigkeit zu verhelfen (Fasching, ZPR2 Rz 513). Dies kann aber nur gelten, wenn sich eine Partei ausdrücklich auf die Vollständigkeit und Richtigkeit ihres Antrages beruft, wenn also die betreibende Partei in ihrem Exekutionsantrag etwa ausdrücklich die Rechtsansicht vertreten hätte, es sei nur die von ihr vorgelegte Bestätigung nötig. In dem zu entscheidenden Fall stehe dies aber nicht fest, sondern die betreibende Partei kann auch nur übersehen haben, daß sie keine Bestätigung "über den Zustellvorgang", sondern nur eine Bestätigung, "daß" die Zustellung gemäß den deutschen Vorschriften stattgefunden habe, vorgelegt hat, weshalb sie so zu behandeln ist wie eine Partei, die versehentlich überhaupt keine Bestätigung vorgelegt hat. Vor der Abweisung des Exekutionsantrages muß daher die Verbesserung des Mangels versucht werden. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 3 Ob 48/90 (in diesem Punkt abgedruckt in Jus extra 1990/519) ferner ausgeführt, daß die Exekutionsbewilligung mit der Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses die Wirkung verliert. Damit ist auch dem Pfandrecht der betreibenden Partei an den im Pfändungsprotokoll verzeichneten und beschriebenen körperlichen Sachen die Grundlage entzogen, wobei hier dahingestellt bleiben kann, ob es ohne weiteres erlischt (so anscheinend Heller-Berger-Stix I 681) oder ob es in sinngemäßer Anwendung des § 39 Abs 1 EO durch einen Beschluß aufzuheben ist. Die der betreibenden Partei gebotene Verbesserungsmöglichkeit führt in keinem Fall zu einer Rangverschiebung, weshalb es ohne Bedeutung ist, ob sonst ein Verbesserungsauftrag ausgeschlossen wäre (vgl Heller-Berger-Stix I 615 und Matscher, JBl 1969, 615).

Die Beschlüsse der Vorinstanzen waren daher aufzuheben. Das Erstgericht hat der betreibenden Partei eine angemessene Frist zur Nachbringung der im Art 7 Abs 2 des Vollstreckungsvertrages erwähnten beglaubigten Abschrift der Zustellungsurkunde oder gerichtlichen Bestätigung über den Zustellungsvorgang für den Mahnbescheid zu erteilen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO iVm § 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E22591

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00103.9.1128.000

Dokumentnummer

JJT_19901128_OGH0002_0030OB00103_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten