TE OGH 1990/12/11 15Os122/90

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Veröffentlicht am 11.12.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Dezember 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Siegl als Schriftführer in der Strafsache gegen Chun Ju L*** wegen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Graz vom 19. September 1990, GZ 12 Vr 1778/90-46, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Jerabek, des Angeklagten Chun Ju L*** und des Verteidigers Dr. Kohlhofer zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde Chun Ju L*** der Verbrechen (1.) der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB sowie (2.) des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 6.Juli 1990 in Hartberg (zu 1.) an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst verursacht, indem er im oberen Stockwerk des dem Hun Tin L*** gehörigen China-Restaurants "A***" im Vorraumbereich vor dem Schlafzimmer des genannten Eigentümers Benzin verschüttete und anzündete, wodurch am Gebäude mindestens 600.000 S Schaden entstand, sowie (zu 2.) Hun Tin L*** zu töten versucht, indem er dem Genannten vor dessen Schlafzimmertür mit dem Vorsatz auflauerte, ihn beim Verlassen des Schlafzimmers mit einem 35 cm langen Küchenmesser zu erstechen.

Rechtliche Beurteilung

Mit der auf § 345 Abs 1 Z 8 StPO gestützten, der Sache nach nur gegen den Schuldspruch wegen versuchten Mordes gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde bemängelt der Angeklagte die den Geschwornen zu § 15 Abs 2 StGB erteilte Rechtsbelehrung deswegen als unzureichend, weil dabei (mit Bezug auf die Abgrenzung des Versuchs von der straflosen Vorbereitungshandlung) das hier aktuelle Erfordernis der Ernstlichkeit (Ernsthaftigkeit) einer Mordabsicht (gemeint: eines Mordvorsatzes) des Täters in Gegenüberstellung zum Vorhaben bloß einer gefährlichen Drohung zu undifferenziert dargestellt worden sei.

Auf das vom Beschwerdeführer insoweit als entscheidend verstandene Kriterium, ob der Täter mit dem Bewußtsein handle, gerade jenes Delikt, in Ansehung dessen die Erreichung des Versuchs-Stadiums zu prüfen ist, jetzt als ein gegenwärtiges zu begehen, hat aber der Schwurgerichtshof die Laienrichter durch die Belehrung, daß der für den Entschluß zur Tatausführung maßgebende Tätervorsatz speziell auf die Verwirklichung des eben jenem Deliktstyp entsprechenden tatbildmäßigen Unrechts gerichtet sein muß, sowie durch die ausführliche Erläuterung der Voraussetzung einer zeitlichen, örtlichen und aktionsmäßigen Ausführungsnähe des zur Realisierung des Ausführungsentschlusses gesetzten Täterverhaltens ohnehin eingehend hingewiesen (S 9/10 der Rechtsbelehrung). Das Zurückführen der in die Frage aufgenommenen gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung auf den ihnen im konkreten Einzelfall zugrunde liegenden Sachverhalt hingegen ist nicht Aufgabe der Rechtsbelehrung, sondern Gegenstand der vom Vorsitzenden im Anschluß an die mündliche Belehrung (§ 323 Abs 1 StPO) mit den Geschwornen abzuhaltenden Besprechung (§ 323 Abs 2 StPO). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28 (Abs 1), 75 StGB zu zehn Jahren Freiheitsstrafe. Dabei wertete es seine Unbescholtenheit und sein Geständnis, welches wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat, sowie den Umstand, daß der Mordanschlag beim Versuch blieb, ohne daß das Opfer verletzt wurde, als mildernd, das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen, die Gefährdung der körperlichen Sicherheit mehrerer Personen und die heimtückische Begehungsweise hingegen als erschwerend. Auch der Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung der Strafe unter das gesetzliche Mindestmaß anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.

Selbst wenn man seine (weitgehend selbstverschuldete) familiäre und soziale Isolierung mit ins Kalkül zieht, kann davon, daß er sich zur Brandstiftung und zum Mordversuch in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung hätte hinreißen lassen (§ 34 Z 8 StGB), nach den Verfahrensergebnissen ebensowenig die Rede sein wie im Rahmen der vom Erstgericht zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründe von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsumstände; für eine außerordentliche Strafmilderung (§ 41 StGB) war dementsprechend kein Raum.

Der Berufung mußte daher gleichfalls ein Erfolg versagt bleiben.

Anmerkung

E22300

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0150OS00122.9.1211.000

Dokumentnummer

JJT_19901211_OGH0002_0150OS00122_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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