TE OGH 1990/12/13 8Ob589/89

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Veröffentlicht am 13.12.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch, Dr.Huber, Dr.Graf und Dr.Jelinek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz L***, Transportunternehmer, Karlauer Straße 40-42, 8020 Graz, vertreten durch Dr.Dagmar Arnetzl, Rechtsanwältin in Graz, wider die beklagte Partei Bernd D***, Kaufmann, Karlauer Straße 44, 8020 Graz, und deren Nebenintervenientin B*** S*** M***-L***

Gesellschaft mbH, Karlauer Straße 42, 8020 Graz, letztere vertreten durch Dr.Rainer Kurbos, Rechtsanwalt in Graz, wegen Räumung, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 9.November 1988, GZ 3 R 369/88-10, in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 31. März 1989, GZ 3 R 369/88-17, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 20.September 1988, GZ 5 C 413/88h-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. In Abänderung des angefochtenen Beschlusses wird die Entscheidung des Erstgerichtes mit der Maßgabe wiederhergestellt, daß sie zu lauten hat:

"Das Einschreiten der Nebenintervenientin bei der ersten Tagsatzung vom 20.9.1988 wird nicht zugelassen".

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt als Pächter des dem Martin W*** gehörigen Garagierungsunternehmens mit den dazugehörigen Garagen, Büroräumlichkeiten sowie Lagerräumen ua im Haus Karlauer Straße 42 a in Graz, den Beklagten zur Räumung der von ihm auf Grund des Untermietvertrages vom 3.Jänner 1986 benützten drei Werkstättenräume samt Lagerraum im Ausmaß von 288 m2 zu verpflichten, weil der Beklagte entgegen der im Untermietvertrag übernommenen Verpflichtung das Untermietobjekt zur Gänze an eine Firma B*** DFG, Karlauer Straße 42, 8020 Graz, am 19.Mai 1988 weitervermietet habe. Das Erstgericht ordnete über diese Klage die erste Tagsatzung für den 20.September 1988 an.

Am 19.September 1988 langte beim Erstgericht ein Schriftsatz der B*** S*** M***-L*** Gesellschaft mbH ein, in dem

sie ihren Beitritt als Nebenintervenientin auf Seiten des Beklagten erklärte, einen Unterbrechungsantrag gemäß § 41 MRG stellte und zur Sache selbst Prozeßvorbringen erstattete. Zur Beitrittserklärung führte die Nebenintervenientin aus, zwischen ihr, dem Grundstückseigentümer Martin W*** und dem Kläger seien "ohne Dazwischentreten" rechtskundiger Parteienvertreter verschiedene Vereinbarungen geschlossen worden, die miteinander und mit dem Gesetz nicht im völligen Einklang stünden. Sie sei Bestandnehmerin der streitgegenständlichen Räumlichkeiten und ihr gegenüber sei zunächst der Beklagte Vermieter gewesen; diesem Mietverhältnis sei jedoch auch der Kläger beigetreten. Im übrigen strebe sie, die Nebenintervenientin, in einem gesonderten Verfahren gegen Martin W*** und die Streitteile die Anerkennung als Hauptmieter gemäß § 2 Abs 3 MRG an.

Bei der ersten Tagsatzung vom 20.September 1988 erschienen die Rechtsvertreter des Klägers und der Nebenintervenientin; der Beklagte war ausgeblieben. Der Kläger beantragte die Fällung eines Versäumungsurteils. Daraufhin wies das Erstgericht zunächst die Nebenintervention zurück, weil eine Zustellung des Beitrittsschriftsatzes an die Parteien bisher nicht erfolgt und somit kein Prozeßrechtsverhältnis begründet sei, und erließ ein Versäumungsurteil im Sinne des Klagebegehrens. Der Vertreter der Nebenintervenientin beantragte die Zustellung einer Beschlußausfertigung und des Versäumungsurteils.

In Stattgebung des Rekurses der Nebenintervenientin gegen die Zurückweisung der Nebenintervention hob das Rekursgericht den erstinstanzlichen Beschluß auf und führte aus, gemäß § 18 Abs 1 ZPO könne die Nebenintervention in jeder Lage des Verfahrens bis zu dessen rechtskräftiger Beendigung durch Zustellung eines Schriftsatzes an beide Parteien erfolgen. Das Gericht habe das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen zu prüfen; als solche kämen aber nur die Anhängigkeit eines Rechtsstreites zwischen zwei anderen Parteien, die Partei- und Prozeßfähigkeit des Nebenintervenienten sowie dessen rechtliches Interesse am Obsiegen einer der Parteien und eine schriftliche Beitrittserklärung in Betracht. Ein Prozeßrechtsverhältnis zwischen den Prozeßparteien und der Nebenintervenientin sei keine Zulässigkeitsvoraussetzung. Mangels Vorliegens des vom Erstgericht gebrauchten Zurückweisungsgrundes sei daher der angefochtene Beschluß ersatzlos aufzuheben. Es bewertete mit dem Ergänzungsbeschluß vom 31.März 1989 den Beschwerdegegenstand im Zulassungsbereich und erklärte den weiteren Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der klagenden Partei ist berechtigt. Wie der erkennende Senat schon in der Entscheidung vom 9.Februar 1989, AZ 8 Ob 511/89, dargelegt hat, hatte der Erstrichter mit seinem "Zurückweisungsbeschluß", wie aus der Begründung zu entnehmen ist, nicht etwa nach amtswegiger Prüfung und Verneinung des rechtlichen Interesses der Nebenintervenientin im Sinn des § 17 ZPO oder anderer Prozeßvoraussetzungen dafür die Nebenintervention an sich zurückgewiesen, sondern nur das Einschreiten der mangels Zustellung ihres Beitrittsschriftsatzes an beide Parteien noch nicht wirksam dem Verfahren beigetretenen Nebenintervenientin bei der ersten Tagsatzung vom 20.September 1988 nicht zugelassen. Diese Vorgangsweise des Erstgerichtes ist aber durch das Gesetz gedeckt, weil gemäß § 18 Abs 1 ZPO die Nebenintervention ... durch Zustellung eines Schriftsatzes an beide Parteien erfolgt, sodaß mangels Zustellung des am 19.September 1988 beim Erstgericht eingelangten Beitrittsschriftsatzes an die Parteien der Beitritt am 20.September 1988 noch nicht wirksam war und die von der Nebenintervenientin vor diesem Zeitpunkt vorgenommenen Prozeßhandlungen unwirksam und unbeachtlich gewesen wären (Fasching Zivilprozeßrecht2 Rz 401 mwH). Die Nebenintervenientin wurde daher vom Erstrichter vom Einschreiten bei der ersten Tagsatzung am 20.September 1988 zu Recht ausgeschlossen.

Nach der Aktenlage wurde der Beitrittsschriftsatz den Prozeßparteien in der Folge am 13.Oktober 1988 zugestellt, sodaß ab diesem Zeitpunkt die Nebenintervention im dargestellten Sinn wirksam wurde. Der Kläger hat am 20.Oktober 1988 einen Antrag auf "Zurückweisung der Anträge der Nebenintervenientin" (im abschließenden Antrag: "auf Abweisung der Anträge der Nebenintervenientin") gestellt, der seinem Inhalt nach als Zurückweisungantrag im Sinn des § 18 Abs 2 ZPO zu verstehen ist. Über diesen Antrag wird das Erstgericht gemäß § 18 Abs 2 ZPO unter Beachtung der gegen die Prozeßhandlungen der Nebenintervenientin abgegebenen Erklärungen des Beklagten noch zu entscheiden haben. Die Entscheidung über den Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E22464

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0080OB00589.89.1213.000

Dokumentnummer

JJT_19901213_OGH0002_0080OB00589_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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