TE OGH 1990/12/14 11Os126/90

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Veröffentlicht am 14.12.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Dezember 1990 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pokorny als Schriftführerin in der Strafsache gegen Minas T*** wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben nach den §§ 35 Abs. 2, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 2.Mai 1990, GZ 6 b Vr 8.622/87-84, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften Urteil wurde Minas T*** des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben nach den §§ 35 Abs. 2, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig erkannt. Ihm liegt inhaltlich des erstgerichtlichen Schuldspruches zur Last, in Wien gewerbsmäßig unter Verletzung abgabenrechtlicher Offenlegungs- und Wahrheitspflichten, nämlich durch Vorlage unterfakturierter Handelsrechnungen und demnach inhaltlich unrichtiger Verzollungspapiere beim Zollamt Wien anläßlich der Eingangsabfertigung von Teppichen zum freien Verkehr eine in zu niedriger Festsetzung gelegene Verkürzung der bescheidmäßig festzusetzenden Eingangsabgaben, und zwar der Einfuhrumsatzsteuer und des Außenhandelsförderungsbeitrages, in nachstehender Höhe bewirkt zu haben, nämlich

I. in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit den gesondert verfolgten Erdem K*** und Aytac K*** als Beteiligter in der Zeit zwischen Mai 1984 und März 1986 in 45 Angriffen bei Abfertigung von 2.210 Stück Teppichen (S 339 bis 347/II) Einfuhrumsatzsteuer in der Höhe von 3,732.729 S und Außenhandelsförderungsbeitrag in der Höhe von 34.983 S;

II. in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit den gesondert verfolgten Apel C***, Sabit Ö*** und Onur D*** als Beteiligter in der Zeit zwischen Oktober 1982 und Mai 1983 in 9 Angriffen bei Abfertigung von 205 Stück Teppichen (S 457 bis 473/II) Einfuhrumsatzsteuer in der Höhe von 393.596 S und Außenhandelsförderungsbeitrag in der Höhe von 3.948 S;

III. allein

1. im April 1985 bei Abfertigung von 46 Stück Teppichen (S 477/II) Einfuhrumsatzsteuer in der Höhe von 113.062 S und Außenhandelsförderungsbeitrag in der Höhe von 1.060 S;

2. im Februar 1986 bei Abfertigung von 25 Stück Teppichen (S 479/II) Einfuhrumsatzsteuer in der Höhe von 65.186 S und Außenhandelsförderungsbeitrag in der Höhe von 612 S. Der gegen den Schuldspruch gerichteten, nominell auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5 a, 9 lit. a und 10 (inhaltlich auch Z 5) StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

In der Verfahrensrüge (Z 4) wendet sich der Rechtsmittelwerber vorerst gegen die Abweisung seines in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf "Ermittlung des richtigen wertbestimmenden Betrages (gemeint wohl: strafbestimmenden Wertbetrages), da insbesondere die inländischen Spesen und Provisionen nicht in Abzug gebracht wurden" (S 107/III).

Rechtliche Beurteilung

Diesem Beweisantrag mangelt es aber bereits an den formellen Voraussetzungen:

Bei Stellung eines Beweisantrages sind nicht nur jene Tatsachen anzugeben, die bewiesen werden sollen, sondern auch alle Beweismittel, deren sich der Antragsteller bedienen will (Mayerhofer/Rieder StPO2 E 1 zu § 281 Abs. 1 Z 4).

Durch welche Beweismittel und auf Grund welcher (Ausgangs-) Unterlagen die Unrichtigkeit der zollamtlichen Berechnungen des strafbestimmenden Wertbetrages (ganz allgemein) dargetan werden sollte, ließ der Angeklagte offen. Schon aus diesem Grund hätte das Schöffengericht den in Rede stehenden Antrag abweisen können. Zudem übergeht der Antrag des Angeklagten - gleichwie seine darauf bezogenen Beschwerdeausführungen -, daß in den Faktengruppen II und III in den Berechnungsblättern des Zollamtes Wien "inländische Spesen" als "Fracht und Kosten ab Grenze" ohnedies berücksichtigt wurden.

In der Faktengruppe II geschah dies in all jenen Fällen, in denen derartige Kosten anläßlich des Antrages auf Verzollung - in der Rubrik 29 der Warenerklärungen ("abzugsfähige Kosten") - geltend gemacht worden waren. Diese abzugsfähigen Kosten wurden bei Berechnung des strafbestimmenden Wertbetrages zur Gänze im geltend gemachten Umfang anerkannt, soweit sämtliche Teppiche einer Sammellieferung den im Finanzstrafverfahren behandelten zollunredlichen Vorgängen zugeordnet werden konnten (Berechnungsblatt und Warenerklärung im Ordner B II 6 zum Schlußbericht des Zollamtes ON 58). In jenen Fällen, in denen nicht alle Teppiche einer Sammellieferung als von den inkriminierten Tathandlungen umfaßt angesehen wurden, fanden bei Ermittlung des strafbestimmenden Wertbetrages für das vorliegende Verfahren entsprechende aliquote Teile der anläßlich der Verzollung geltend gemachten abzugsfähigen Kosten Berücksichtigung (siehe Berechnungsblätter und Warenerklärungen in den Ordnern B II 3, B II 5, B II 7, B II 8, B II 9 und B II 10 zum Schlußbericht des Zollamtes Wien).

In jenen Fällen, in denen selbst anläßlich des seinerzeitigen Verzollungsantrages keine abzugsfähigen Kosten geltend gemacht wurden (siehe die Warenerklärungen in den Ordnern B II 1 und B II 2), bestand aber kein Anlaß, derartige Kosten (mit) in Betracht zu ziehen, zumal auch der Beschwerdeführer nunmehr konkret zu diesen Importen nicht einwendete, daß entgegen den seinerzeitigen Warenerklärungen dennoch abzugsfähige Kosten entstanden wären.

Ähnliches gilt für die Faktengruppe III:

Im Faktum III 1 wurde - anders als in den Faktengruppen I und II - "ab Werk" geliefert und demnach in der Warenerklärung der deklarierte Kostenbetrag von 12.200 S bis zur Grenze (Rubrik 28 der Warenerklärung) hinzugerechnet; abzugsfähige Kosten waren hier nicht geltend gemacht worden (Rubrik 29). Im Faktum III 2 - auch hier wurde "ab Werk" geliefert - wurden sowohl Hinzurechnungskosten (bis zur Zollgrenze) als auch abzugsfähige Kosten (ab Grenze) geltend gemacht (Rubriken 28 und 29 der Warenerklärung) und letztere - in Form einer Saldierung - berücksichtigt (siehe Berechnungsblätter und Warenerklärungen im Ordner C I und II zum Schlußbericht). In der Faktengruppe I unterblieb eine Berücksichtigung abzugsfähiger Kosten (siehe die Warenerklärungen im Ordner A II 1 zum Schlußbericht) ersichtlich schon deshalb, weil nicht feststellbar schien, in welcher Sammellieferung die vom Finanzstrafverfahren erfaßten 2.210 Teppiche enthalten waren (siehe Schlußbericht S 7 und 337/II).

Durch welche Beweismittel eine derartige Ermittlung vor sich gehen solle, wurde aber vom Angeklagten weder in seinem Beweisantrag noch in der Beschwerdeschrift entsprechend dargetan. Gleichfalls verfehlt ist die Verfahrensrüge, soweit sie die Abweisung weiterer Beweisanträge des Angeklagten moniert, nämlich einer Anfrage an das türkische Außenhandelsministerium, allenfalls die türkische Handelskammer, darüber, daß aufgrund einer Verordnung des türkischen Handelsministeriums alle in den Export gehenden Teppiche von Sachverständigen zu schätzen seien und die türkische Regierung einen bestimmten Teppichwert vorgebe, sowie der Einvernahme des Serefendi S***, des Geschäftsführers des Lieferunternehmens N***, im Rechtshilfeweg darüber, nach welchen Werten die Verzollung und die Rechnungen in der Türkei erstellt worden seien (S 107/III).

In der vorliegenden Fiskalstrafsache wurden bereits vom Zollamt Wien in den Jahren 1987 und 1988 türkische Zollbehörden um Amtshilfe ersucht; diese Ersuchen blieben nach der Aktenlage bisher unerledigt (S 459/I, 465/I, 1/III). Dem liegt ersichtlich der Umstand zugrunde, daß die Türkei - zur Zeit der Hauptverhandlung vor dem Erstgericht - in Fiskalsachen (noch) keine Rechtshilfe leistete. Zum Zeitpunkt der Antragstellung in erster Instanz, der für die Beurteilung eines behaupteten Verfahrensmangels maßgebend ist (EvBl. 1951/349 uvam), waren demnach die begehrten Beweisaufnahmen undurchführbar.

Darüber hinaus gehen die Anträge aus folgenden Erwägungen fehl:

Zur Ermittlung der hier interessierenden Einfuhrumsatzsteuer (§ 1 Abs. 2 Z 3 UStG 1972) gleichwie des Außenhandelsförderungsbeitrages (Außenhandelsförderungs-BeitragsG 1984, BGBl. 1984/49 [Wiederverlautbarung]) ist der Zollwert der nach Österreich eingeführten Ware zugrundezulegen (§§ 5 Abs. 1, 24 Abs. 1 UStG 1972). Der Zollwert hinwieder ist nach den Bestimmungen des WertzollG 1980, auf das § 5 Abs. 1 UStG 1972 verweist, grundsätzlich der Kaufpreis der Ware (§ 2 Abs. 2 und § 3 WertzollG 1980). Nur dann, wenn der Zollwert nicht anhand eines Kaufpreises ermittelt werden kann, kommen die subsidiären Ermittlungsmethoden der §§ 4 bis 7 WertzollG 1980 in Betracht (§ 2 Abs. 3 WertzollG 1980); kann der Zollwert auch nach diesen Methoden nicht ermittelt werden, so ist er letztlich zu schätzen (§ 3 Abs. 4 und § 8 WertzollG 1980).

Im vorliegenden Finanzstrafverfahren wurden durch zollbehördliche Erhebungen die tatsächlichen zwischen den österreichischen Käufern und den türkischen Verkäufern der Teppiche vereinbarten Kaufpreise ermittelt (nur jene Fälle, in denen eine solche Ermittlung gelang, wurden dem Finanzstrafverfahren zugrundegelegt). Nach dem Gesagten sind allein diese Kaufpreise maßgebend, und zwar unabhängig davon, welche "Verzollungen und Rechnungen" in der Türkei (anläßlich einer allfälligen Ausgangsverzollung) erstellt wurden. Die beantragten Beweise sind daher auch aus diesen Erwägungen entbehrlich.

Eine konkrete Behauptung dahin aber, daß die vom Erstgericht konstatierten, zwischen den türkischen Veräußerern und den österreichischen Erstehern der Teppiche vereinbarten Preise, auf die es hier ankommt, nicht zuträfen, wurde im Verfahren erster Instanz gar nicht aufgestellt; es bietet sich im übrigen nach der Aktenlage kein hinlänglicher Anhaltspunkt für eine solche Annahme.

Auch die Tatsachenrüge (Z 5 a) vermag nicht durchzudringen:

Soweit sich der Beschwerdeführer dagegen wendet, daß in der Hauptverhandlung seine Verantwortung zur Faktengruppe I (zu ergänzen: vom Staatsanwalt) als unlogisch (wörtlich: nicht sinnvoll) bezeichnet worden sei (S 102/III), erweckt sie damit keine erheblichen Bedenken gegen im Urteil konstatierte entscheidende Tatsachen zur Schuldfrage. Dies gilt auch für die unsubstantiierte Behauptung, die Tätigkeit des Beschwerdeführers sei "sehr wohl als eigene wirtschaftliche Leistung zu betrachten", den Hinweis auf die Beweisanträge und die Sammellieferungen in der Faktengruppe I sowie auf eine "extreme zeitliche und psychische Belastung" bei der von 15.30 Uhr bis 19.50 Uhr dauernden Vernehmung des (damals geständigen) Beschwerdeführers am 26.August 1987, und zwar im Licht der gesamten Aktenlage, darunter auch der weiteren Geständnisse vor dem Zollamt (S 54 f, 351 ff, 481 ff/I) und vor dem Untersuchungsrichter (S 366/I).

Die Rechtsrügen (Z 9 lit. a und Z 10) sind nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, denn sie gehen nicht - wie es hiefür erforderlich wäre - von dem im Urteil insgesamt festgestellten Sachverhalt aus:

Mit der Behauptung, im erstgerichtlichen Urteil fehlten "nähere Angaben", ab welchem Zeitpunkt dem Angeklagten eine "vorsätzliche Kenntnis der Unterfakturierung bzw. Verkürzung vorgeworfen" werde (Z 9 lit. a), übergeht der Beschwerdeführer die Urteilsfeststellung, daß er in allen inkriminierten Fällen - in den Faktengruppen I und II zusammen mit Komplizen - nicht irrtümlich, sondern "jeweils mit Verkürzungsvorsatz" agierte (US 9).

Ebenso geht seine Subsumtionsrüge (Z 10, zum Teil unzutreffend in den Ausführungen zur Z 9 lit. a enthalten) zur konstatierten Gewerbsmäßigkeit, in der er behauptet, es fände sich im Urteil nur eine "allgemeine Definition des gewerbsmäßigen Handelns" ohne die im konkreten Fall notwendigen Feststellungen, an der ausdrücklichen fallbezogenen Urteilsannahme vorbei, daß er die ihm angelasteten Tathandlungen in der Absicht verübte, in Verfolgung einer "Preispolitik" durch "Ersparung" von Eingangsabgaben eine fortlaufende Einnahme zu erzielen (US 10).

Mit den weiteren Ausführungen im Rahmen der Rechtsrügen werden in Wahrheit nicht - wie der Beschwerdeführer

meint - Feststellungsmängel, sondern Begründungsmängel (Z 5) geltend gemacht; dies allerdings zu Unrecht:

Das Schöffengericht begründete nämlich, warum es trotz der Bezugnahme des Beschwerdeführer auf Sammellieferungen und Gesamtfakturen in der Faktengruppe I zur Feststellung gelangte, daß er auch insoweit vorsätzlich handelte; entgegen den Beschwerdebehauptungen fehlen dabei keineswegs "nähere Ausführungen", aus welchen Umständen diese Feststellung abgeleitet wurde, denn das Schöffengericht bezog sich dabei auf das vor dem Zollamt Wien abgelegte Geständnis des Beschwerdeführers und den gleichartigen modus operandi in den anderen Faktengruppen (US 17). Ebenso wird im Urteil in gedrängter Darstellung (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) die Annahme der Gewerbsmäßigkeit entgegen den Beschwerdeausführungen, wonach "keinerlei Indizien und Anhaltspunkte" dafür genannt worden seien, mit dem Hinweis auf den wirtschaftlichen Effekt der (vielfachen) "Ersparung" von Eingangsabgaben für den Beschwerdeführer und die gesondert verfolgten Mittäter formal zureichend begründet (US 10). Mit dem in der Beschwerde in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Umstand, daß dem Angeklagten angesichts einer vereinbarten Provision von 15 % der Fakturenpreise an einer "Unterfakturierung" nicht gelegen gewesen sein konnte, beschäftigte sich das Schöffengericht ausdrücklich und erachtete ihn nicht der bekämpften Urteilskonstatierung widerstreitend, weil sich der Beschwerdeführer im Hinblick auf einen zu erwartenden hohen Umsatz bei Mitwirkung an den Zollunredlichkeiten mit gutem Grund höheren Gewinn erwarten konnte als bei Ablehnung einer solchen Mitwirkung, die aller Voraussicht nach zum alsbaldigen Abbruch der Geschäftsbeziehungen zu den Mittätern geführt hätte (US 18).

Aus den angeführten Gründen war daher die Nichtigkeitsbeschwerde schon bei der nichtöffentlichen Beratung teils als offenbar unbegründet, teils als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 1 und 2 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO). Die Entscheidung über die Berufung fällt in die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus der zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E22526

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0110OS00126.9.1214.000

Dokumentnummer

JJT_19901214_OGH0002_0110OS00126_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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