TE OGH 1990/12/19 9ObA313/90

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Veröffentlicht am 19.12.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Carl Hennrich und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Robert B***, Elektriker, Seyring, Hauptstraße 19, vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei E*** graphische Industrie Gesellschaft mbH, Wien 23., Altmannsdorferstraße 154-156, vertreten durch Dr. Gerda Kostelka-Reimer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 83.898,72 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. September 1990, GZ 34 Ra 51/90-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 7. Feber 1990, GZ 6 Cga 3013/89-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 5.094 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 849 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Urteils zutrifft, genügt es, auf ihre Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG). Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers noch folgendes zu erwidern:

Die Bestimmung des § 15 Z 6 des auf das gegenständliche Arbeitsverhältnis anzuwendenden Kollektivvertrages für das grafische Gewerbe Österreichs lautet:

"Die Bezahlung der Überstunden in Geld erfolgt nur dann, wenn keine geeigneten Arbeitskräfte, die auch zum Antritt der angebotenen Dienstverhältnisse bereit sind, im Tätigkeitsbereich des örtlich und sachlich zuständigen Arbeitsamtes vorhanden sind.

Ist die Einstellung solcher Arbeitskräfte betriebstechnisch möglich, so sind, wenn dennoch Überstunden notwendig sein sollten, diese durch je eine Arbeitsstunde in Freizeit zu entschädigen. Solche Überstunden können nur im Einvernehmen mit dem Betriebsrat zur Gänze ausbezahlt werden. Der fünfzigprozentige Zuschlag wird in bar ausbezahlt. Die Konsumierung der Freizeitstunden hat im Einvernehmen stundenweise (ausgenommen bei Herstellung von Tageszeitungen), tage- oder wochenweise innerhalb eines Jahres nach der Leistung zu erfolgen." Die beklagte Partei hat nicht nur den im Kollektivvertrag vorgesehenen fünfzigprozentigen Zuschlag für die vom Kläger geleisteten Überstunden gezahlt, sondern dem Kläger auch in den Jahren 1986, 1987 und 1988 a conto der aufgelaufenen Freizeitstunden insgesamt acht Wochen Freizeit zusätzlich zum Urlaub gewährt.

Dadurch wurden die durch Überstundenleistung angesammelten Freizeitstunden jedoch nicht soweit konsumiert, daß der Abbau, wie im Kollektivvertrag vorgesehen, innerhalb eines Jahres ab der Leistung der Überstunden erfolgte. Da die beklagte Partei entgegen den Ausführungen des Revisionswerbers den Verbrauch des durch Leistung von Überstunden erworbenen Anspruches auf Freizeit keineswegs grundsätzlich ablehnte, der Verbrauch der Freizeit im Einvernehmen zu erfolgen hatte und der Kläger - auf der Grundlage der für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen - nicht einmal ein Ansuchen um Freizeitgewährung gestellt hat, ist der beklagten Partei die Verletzung wesentlicher Vertragsbestimmungen iS des § 82 a lit d 2. Tatbestand GewO nicht vorzuwerfen. Die Vorgangsweise des Klägers, der - ohne der beklagten Partei eine angemessene Nachfrist zu setzen - den bisher von ihm geduldeten Verstoß gegen § 15 Z 6 letzter Satz KV über den Verbrauch der Freizeitstunden innerhalb eines Jahres zum Anlaß einer vorzeitigen Lösung des Arbeitsverhältnisses nahm, verstieß vielmehr gegen Treu und Glauben (siehe Martinek-Schwarz, Abfertigung, Auflösung des Arbeitsverhältnisses, 247; Arb 10.605; Arb 10.535; ZAS 1988/19 [Schauer]).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E22478

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00313.9.1219.000

Dokumentnummer

JJT_19901219_OGH0002_009OBA00313_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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