TE OGH 1990/12/19 3Ob108/90

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Veröffentlicht am 19.12.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei C***-B***,

Wien 1, Schottengasse 6, vertreten durch Dr. Eduard Saxinger ua, Rechtsanwälte in Linz, und dem als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der verpflichteten Partei beigetretenen Dr. Günther G***, Rechtsanwalt in Linz, wider die verpflichtete Partei Hermann E***, Kaufmann, Kematen/Krems, Piberbach 1, wegen 1 Mio S sA und kridamäßiger Versteigerung, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei und Pfandgläubigerin C***-B***

gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Steyr als Rekursgerichtes vom 30. Juli 1990, GZ 1 R 138/90-50, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Kremsmünster vom 28. Juni 1990, GZ E 3018/88-47, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz und der von der Anfechtung in zweiter Instanz betroffene Teil des Beschlusses des Erstgerichtes werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird in diesem Umfang, eine neue, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen.

Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihres Rekurses und Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies nach Befriedigung zweier nicht strittiger Vorzugsposten den gesamten Meistbotrest von 804.763,70 S an die Revisionsrekurswerberin für ihr Höchstbetragspfandrecht von 1,8 Mio S zu COZ 5 = CLNR 2 zu. Den Antrag der Revisionsrekurswerberin, ihr "hinsichtlich des Pfandrechtes von 1,8 Mio S" ob einer simultan haftenden, jedoch nicht versteigerten anderen Liegenschaft die Einverleibung einer Ersatzhypothek zu bewilligen, wies das Erstgericht mit der Begründung ab, die Revisionsrekurswerberin stehe mit ihrem Höchstbetragspfandrecht von 1,8 Mio S im ersten Rang und sei damit zur Gänze aus dem Meistbot befriedigt worden.

Das Gericht zweiter Instanz deutete zwar den Antrag der Revisionsrekurswerberin dahin, daß sie die Ersatzhypothek trotz einer etwas mißverständlichen Formulierung nicht etwa zur Deckung eines nicht befriedigten Teiles ihrer zu COZ 5 = CLNR 2 gesicherten Forderung von 1,8 Mio S, sondern zugunsten des im Rang unmittelbar zu COZ 10 = CLNR 3 nachfolgenden weiteren Höchstbetragspfandrechtes von 1,7 Mio S begehre. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte jedoch den Beschluß des Erstgerichtes mit der Begründung, die Bestimmungen des § 222 Abs 3 und 4 EO kämen nicht zur Anwendung, wenn der "nachstehende Berechtigte" mit dem unverhältnismäßig befriedigten Gläubiger der Simultanhypothek identisch sei. Es handle sich um eine Billigkeitsnorm, die zugunsten der Nachhypothekare auch dann ein Normalverteilungsverhältnis sicherstellen solle, wenn der Simultanhypothekar eine davon abweichende Befriedigung begehrt. Damit werde aber stillschweigend eine personelle Verschiedenheit des vor- und des nachrangigen Hypothekars vorausgesetzt, während es der Gläubiger sonst selbst in der Hand habe, die Versteigerung nur einer oder aller simultan haftenden Liegenschaften zu beantragen und die Bezahlung aus jedem Pfandobjekt im richtigen Anteil zu begehren. Dies zeige sich besonders im Fall des § 222 Abs 3 EO; es sei sinnlos, eine unverhältnismäßige Befriedigung zu beantragen und zugleich einen Ersatzanspruch geltend zu machen.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Gericht zweiter Instanz wegen Fehlens einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes mit Recht für zulässig erklärte Revisionsrekurs der Pfandgläubigerin zu COZ 10 = CLNR 3 ist berechtigt.

Dem Gesetz ist eine Beschränkung der Rechte der Nachhypothekare nach § 222 Abs 3 und 4 EO auf vom Vorhypothekar verschiedene Personen nicht zu entnehmen. Die Überlegungen des Gerichtes zweiter Instanz sind aber auch vom Zweck der Vorschriften über einen Ersatzanspruch nach § 222 Abs 3 und 4 EO nicht zielführend. Auch bei Personenidentität kann durchaus ein Bedürfnis nach Eintragung eines solchen Ersatzanspruches bestehen:

Wenn mehrere Liegenschaften für eine erste Forderung eines Gläubigers haften, aber nur eine von ihnen für eine weitere Forderung desselben Gläubigers, dann muß auch ein solcher Gläubiger nicht auf sein Recht verzichten, eine unverhältnismäßige Befriedigung der ersten Forderung aus nur einer der mehreren Liegenschaften zu verlangen. Es steht ja nie fest, ob die weiteren Liegenschaften zu einem weiteren Befriedigungsfonds führen. Hat ein solcher Gläubiger aus einer der mehreren Liegenschaften eine unverhältnismäßig höhere Befriedigung erhalten, so steht ihm aus den übrigen simultan mithaftenden Liegenschaften für seine erste Forderung nur mehr eine unverhältnismäßig niedrigere Restbefriedigung zu. Dies gilt besonders auch für Simultanhöchstbetragshypotheken. Der Höchstbetrag kann zwar immer wieder ausgenützt werden; aber nach Zuweisung eines Teiles des Höchstbetrages aus einer von mehreren Liegenschaften haften die übrigen Liegenschaften nicht mehr für den vollen Höchstbetrag, sondern nur noch für den restlichen Teil desselben (SZ 61/191 mwN). Auf diese Weise kann dem Gläubiger aber der Teil seiner Pfanddeckung für beide Forderungen verloren gehen, den er bei verhältnismäßiger Befriedigung iSd § 222 Abs 2 EO zur Verfügung gehabt hätte. Das Argument, er könne selbst für die Versteigerung aller mithaftenden Liegenschaften sorgen und dann die verhältnismäßige Befriedigung aus allen Meistboten beantragen, würde nur zutreffen, wenn dem Gläubiger bekannt wäre, daß alle Liegenschaften erfolgreich versteigert werden können. Bei einer Simultanhöchstbetragshypothek kommt noch dazu, daß der Gläubiger nicht wissen muß, in welcher Höhe für die vorrangige und für die nachrangige Höchstbetragshypothek Forderungen entstehen werden.

Das Erstgericht wird sich daher der Verhandlung über den vom Gericht zweiter Instanz zutreffend ausgelegten Antrag auf Einräumung einer Ersatzhypothek unterziehen und die nötigen Feststellungen über die Wertverhältnisse zu treffen haben.

Da der Revisionsrekurswerberin bei ihrem Antrag nur die Stellung einer Hypothekargläubigerin zukommt und bisher kein Gegenantrag vorliegt, hat sie die Kosten ihres Rekurses an die zweite Instanz und ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen (Heller-Berger-Stix 708).

Anmerkung

E22590

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00108.9.1219.000

Dokumentnummer

JJT_19901219_OGH0002_0030OB00108_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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