TE OGH 1990/12/19 9ObA306/90

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Veröffentlicht am 19.12.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Carl Hennrich und Mag.Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei M*** Baugesellschaft mbH,

Wien 2., Zirkusgasse 38/14, vertreten durch Dr.Alfred Boran, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Thomas T***, Maler und Anstreicher, Leobersdorf, Südbahnstraße 25/37, vertreten durch Dr.Gottfried Forsthuber, Rechtsanwalt in Baden, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens 4 Cga 693/88 des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht (Streitwert 87.429,54 S brutto sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12.September 1990, GZ 33 Ra 72/90-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 26.April 1990, GZ 4 Cga 30/90-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 5.094 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 849 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Vorprozeß wurde der auf Zahlung von insgesamt 87.429,54 S brutto sA an Entgelt für den Zeitraum vom 5.September bis 31. Dezember 1988 gerichteten Klage des nunmehrigen Beklagten rechtskräftig stattgegeben. Zur strittigen Frage, ob es am 5. September 1988 aufgrund einer während des Arbeitsverhältnisses getroffenen Vereinbarung zwischen den Streitteilen zu einer bloßen Aussetzung des Arbeitsverhältnisses gekommen war oder ob das Arbeitsverhältnis von der klagenden Partei fristwidrig beendet wurde, wurden im Vorprozeß folgende Feststellungen getroffen:

Bei seiner Einstellung wurde der (nunmehrige) Beklagte weder von der Geschäftsführerin der klagenden Partei Margarete SCH. noch von ihrem Ehemann Peter SCH. noch von einem anderen Organ der klagenden Partei darauf hingewiesen, daß er bei mangelnder Auftragslage freigesetzt werden könne. Nachdem sich der Beklagte am 4.September 1988 eine Verletzung beim Fußballspiel zugezogen hatte, erklärte Margarete SCH. dem Bruder des Beklagten, der sie davon verständigte, daß der Beklagte ab sofort "freigesetzt werde", weil die klagende Partei nicht mehr die Möglichkeit habe, ihn zu beschäftigen. Zugleich folgte Margarete SCH. dem Bruder des Beklagten einen Geldbetrag von 9.322,40 S aus, womit die Gehaltsansprüche des Beklagten bis einschießlich 4.September 1988 getilgt wurden. Bei der G*** wurde der Beklagte von der klagenden Partei mit dem Endigungsgrund "Freistellung wegen Arbeitsmangel" abgemeldet. Mit der am 16.Februar 1990 beim Erstgericht eingelangten, auf Wiederaufnahme dieses Verfahrens gerichteten Klage macht die klagende Partei geltend, ihre Geschäftsführerin habe am 24.Jänner 1990 davon Kenntnis erlangt, daß einem bestimmten, namentlich genannten Beamten des A*** B***die Übung der klagenden Partei bekannt gewesen sei, bei mangelnder Auftrags- bzw Beschäftigungslage die Angestellten "freizustellen" und diese Leute wieder einzustellen.

Das Erstgericht wies das Wiederaufnahmebegehren ab und traf aufgrund der Aussage des als Zeugen vernommenen Beamten folgende Feststellungen:

Im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hatte der Zeuge als Mitarbeiter des A*** B***auch Kontakt zur klagenden Partei. Er wußte, daß es bei der klagenden Partei fallweise vorkam, daß Arbeitnehmer über die Wintermonate "freigesetzt" wurden. Zur Frage, welche Vereinbarungen die Streitteile bei Begründung des Arbeitsverhältnisses hinsichtlich der Lösbarkeit getroffen hatten, konnte der Zeuge nichts aussagen.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, das Wiederaufnahmsbegehren sei unberechtigt, weil der Zeuge zur entscheidungswesentlichen Frage, was über die Lösbarkeit des Arbeitsverhältnisses vereinbart wurde, nichts aussagen konnte. Mit ihrem - in der Tagsatzung vom 26.April 1990 gestellten - Antrag, den Akt des A*** B***bzw sämtliche Unterlagen des A***

BADEN, die sich auf das gegenständliche Arbeitsverhältnis beziehen, beizuschaffen, strebe die klagende Partei die Durchführung eines unzulässigen Erkundungsbeweises an; der Beweisantrag sei daher abzuweisen gewesen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Die Abweisung des Beweisantrages der klagenden Partei habe nicht zu einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz geführt, weil seitens der klagenden Partei nicht einmal behauptet worden sei, welche konkreten rechtserheblichen Tatsachen, die zu einer anderen Sachentscheidung im wiederaufzunehmenden Verfahren geführt hätten, dem Akt des A*** zu entnehmen gewesen wären. Weiters vertrat das Berufungsgericht die Rechtsauffassung, daß schon aufgrund des in der Wiederaufnahmsklage genannten Beweisthemas die Einvernahme des betreffenden Zeugen nicht geeignet gewesen sei, eine günstigere Entscheidung im wiederaufzunehmenden Verfahren herbeizuführen. Daraus, daß es bei der klagenden Partei ein üblicher Vorgang gewesen sei, Angestellte "freizustellen", sei nichts für die Beurteilung der entscheidungswesentlichen Tatfrage zu gewinnen, ob mit dem Kläger eine Vereinbarung über die Aussetzung des Arbeitsverhältnisses bei Arbeitsmangel tatsächlich getroffen wurde. Mit dem Vorbringen in der Wiederaufnahmsklage sei daher kein tauglicher Wiederaufnahmsgrund geltend gemacht worden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Unter beiden Revisionsgründen rügt die Revisionswerberin, daß die Vorinstanzen es unterlassen haben, den Akt des A*** B***beizuschaffen. Die Vorinstanzen haben diesen Beweisantrag mit der Begründung abgewiesen, es handle sich mangels Angabe eines Beweisthemas um einen unzulässigen Erkundungsbeweis. Da damit nicht materiellrechtliche Gründe, wie die mangelnde Relevanz des Beweisthemas, sondern rein verfahrensrechtliche Gesichtspunkte - die prozessuale Unzulässigkeit des Beweismittels - zur Abweisung des Beweisantrages führten, macht die Revisionswerberin mit ihrer Rüge einen Verfahrensmangel geltend. Da die im § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG vorgesehene Neudurchführung der Verhandlung vor dem Berufungsgericht in das ASGG nicht übernommen wurde, kann ein Mangel des Verfahrens erster Instanz, dessen Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, auch in Arbeitsrechtssachen mit Revision nicht mehr geltend gemacht werden (RZ 1989/16 ua).

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E22479

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00306.9.1219.000

Dokumentnummer

JJT_19901219_OGH0002_009OBA00306_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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