TE OGH 1990/12/20 6Ob694/90

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Veröffentlicht am 20.12.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schlosser, Dr. Redl und Dr. Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann S***, Landwirt, Raitenberg 4, 4873 Frankenburg, vertreten durch Dr. Hubert Stüger, Rechtsanwalt in Frankenmarkt, wider die beklagte Partei Josef H***, Landwirt, Raitenberg 7, 4873 Frankenburg, vertreten durch Dr. Christian Rumplmayr, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wegen Feststellung, Entfernung und Einwilligung in die Einverleibung einer Dienstbarkeit (Streitwert S 21.000,-), 1 C 1141/88b des Bezirksgerichtes Frankenmarkt, nunmehr R 988/89 des Kreisgerichtes Wels, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 16. Oktober 1990, GZ Nc 19/90-2, womit der vom Beklagten gestellte Antrag, anstelle des Kreisgerichtes Wels das Kreisgericht Ried im Innkreis als Berufungsgericht zu delegieren, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Es wird dem Rekurs Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Oberlandesgericht Linz eine meritorische Entscheidung über den Delegierungsantrag des Beklagten aufgetragen. Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Beklagte war im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich durch Dr. Manfred D*** vertreten. Das dem Klagebegehren teilweise stattgebende Urteil wurde diesem am 11. 7. 1989 zugestellt. Aufgrund eines rechtzeitig gestellten Verfahrenshilfeantrages wurde für den Beklagten Dr. Christian R***, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, zum Vertreter bestellt, der für den Beklagten Berufung an das Kreisgericht Wels erhob und eine Berufungsbeantwortung zur Berufung des Klägers erstattete. Das Berufungsverfahren ist beim Kreisgericht Wels noch anhängig.

Am 31. 10. 1989 gab der Beklagte persönlich vor dem Erstgericht den Antrag zu Protokoll, das Verfahren an das Kreisgericht Ried im Innkreis zu delegieren, weil das Kreisgericht Wels zufolge der Ablehnung mehrerer seiner Richter durch den Beklagten entscheidungsunfähig geworden sei.

Das Oberlandesgericht Linz wies den Delegierungsantrag des Beklagten aus nachstehenden Erwägungen zurück:

Eine Delegierung nach § 30 JN käme erst dann in Betracht, wenn über die Ablehnung entschieden sei und ein anderes Gericht bestellt werden müßte, "während eine Delegierung nach § 31 JN nicht aufgrund eines Minus der Voraussetzungen des Sonderfalles des § 30 JN vorgenommen werden" könne. In einem Parallelverfahren habe der Beklagte sogar Ablehnungsanträge betreffend Richter des Kreisgerichtes Wels an das Oberlandesgericht gerichtet, obwohl entweder im selben Fall oder zumindest in ähnlich gelagerten Fällen der nach § 23 JN zuständige Senat des Kreisgerichtes Wels die Ablehnungsanträge verworfen habe. Aus diesen Gründen bestehe keine Rechtfertigung dafür, allein deshalb, weil Richter des Kreisgerichtes Wels schon über Rechtssachen des Berufungswerbers für ihn nachteilig entschieden hätten, für weitere Entscheidungen einen anderen Gerichtshof zu bestellen. Dieser meritorischen Erledigung vorgelagert sei aber der Gesichtspunkt, daß im Berufungsverfahren Anwaltszwang bestehe, für den Berufungswerber beziehungsweise Antragsteller nach den §§ 30 und 31 JN im Rahmen der Verfahrenshilfe schon ein Verfahrenshilfeanwalt bestellt sei, er aber trotzdem den Delegierungsantrag persönlich beim Bezirksgericht Frankenmarkt zu Protokoll gegeben habe. Nun sehe aber eine Reihe einschlägiger Gesetzesbestimmungen insbesondere für Rekurse und Berufungen, aber selbst für das Verfahren erster Instanz vor einem Bezirksgericht ein Protokollaranbringen nur dann vor, wenn die Partei nicht ohnehin durch einen Anwalt vertreten werde (vgl. hiezu §§ 434 Abs.1, 451, 465 und "530" - gemeint wohl 520 Abs.1 ZPO). Das sei aber bezüglich des Beklagten am 31. 10. 1989, als er den Delegierungsantrag zu Protokoll eingebracht habe, schon der Fall gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Beklagten gegen diesen Zurückweisungsbeschluß ist berechtigt.

Selbst wenn man der Rechtsansicht des Oberlandesgerichtes Linz folgen wollte, daß der im Berufungsverfahren anwaltlich vertretene Beklagte den Delegierungsantrag nicht selbst beim Bezirksgericht Frankenmarkt zu Protokoll geben durfte, müßte dieser Protokollarantrag einem mangels Anwaltsfertigung nicht formgerechten Schriftsatz gleichgehalten und einem Verbesserungsverfahren nach den §§ 84 und 85 ZPO unterzogen werden (vgl. EvBl. 1981/221). Die sofortige Zurückweisung des Antrages war verfehlt. Da der für den Beklagten bestellte Rechtsanwalt gegen die Zurückweisung des Delegierungsantrages des Beklagten Rekurs ergriffen und dadurch sich den Antrag des Beklagten zu eigen gemacht hat, ist der Formmangel als behoben anzusehen. Es erübrigt sich daher nunmehr die Durchführung eines Verbesserungsverfahrens. Das Oberlandesgericht Linz wird über den Delegierungsantrag meritorisch zu entscheiden haben.

Es war demnach dem Rekurs Folge zu geben und spruchgemäß zu beschließen.

Der Ausspruch über die Rekurskosten beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E22613

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0060OB00694.9.1220.000

Dokumentnummer

JJT_19901220_OGH0002_0060OB00694_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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