TE OGH 1991/1/15 4Ob168/90

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Veröffentlicht am 15.01.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Prof.Walter K.St*****, vertreten durch Dr.Thomas Wallentin, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei LAND NIEDERÖSTERREICH, Wien 1., Herrengasse 1-12, vertreten durch Dr.Erich Hermann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung, Rechnungslegung, Zahlung und Beseitigung (Streitwert im Provisorialverfahren S 305.000), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 3.September 1990, GZ 3 R 222/89-12, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 2.September 1989, GZ 38 Cg 218/89-5, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben; der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"Zur Sicherung des Anspruches der klagenden Partei auf Unterlassung des Eingriffes in Verwertungsrechte an Filmwerken wird der beklagten Partei bis zur rechtskräftigen Erledigung des mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruches verboten, vom Kläger hergestellte Filmwerke oder Filmwerke, auf denen der Kläger als Urheber genannt wurde, auch bloß ausschnittsweise zu vervielfältigen und/oder in unveränderter oder veränderter Form öffentlich aufzuführen (vorzuführen) bzw aufführen oder vorführen zu lassen; dieses Verbot erstreckt sich insbesondere auf die Filme "Auch das ist Österreich" und "Industrie in Österreich", die vom Kläger hergestellt wurden, sowie die Filme "Gaswerk" und "Gaserzeugung", an denen dem Kläger die Rechte als Filmhersteller und Filmurheber zustehen.

Das Mehrbegehren, der beklagten Partei auch die Bearbeitung solcher Filme und deren öffentliche Vorführung in bearbeiteter Form zu verbieten, wird abgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten des Sicherungsverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die beklagte Partei hat die Kosten des Sicherungsverfahrens endgültig selbst zu tragen".

Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die beklagte Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger betreibt ein Filmherstellungsunternehmen.

Er erhielt im Jahr 1947 von den Wiener Gaswerken den Auftrag, einen Film über die Gaserzeugung herzustellen. Zur Erfüllung dieses Auftrages schrieb er ein Drehbuch, wählte die Einstellungen und Motive aus und drehte den Film selbst mit dem von ihm beschafften Filmmaterial. Der Kläger besorgte auch selbst den Filmschnitt und ließ den fertigen, mit dem Titel "Gaserzeugung" versehenen Film bei der ***** vertonen. Der Nachspann dieses Films enthält folgende Angaben: "Ein Film der Wiener Gaswerke, Bild Walter K.St*****, Ton *****, Produktion SHB Film". Die Staatliche Hauptstelle für den Bildungsfilm (SHB) ist eine Dienststelle des Bundes (heute dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Sport nachgeordnet) und befaßt sich hauptsächlich mit dem Verleihen und dem Verbreiten audiovisueller Medien für den Bereich Schule, Jugend- und Erwachsenenbildung. Die SHB wurde auf ihr Verlangen als Filmhersteller angegeben, weil sie 1/3 der Filmherstellungskosten getragen hatte. Der Kläger stellte Kopien des Films der SHB zur Verfügung und räumte ihr das zeitlich unbegrenzte, räumlich auf das Gebiet der Republik Österreich begrenzte Recht der Vervielfältigung, Verbreitung und Vorführung in unveränderter und vollständiger Form, beschränkt auf den Schulgebrauch ein. Aus diesem Filmmaterial stellte der Kläger im Auftrag der SHB einen weiteren dreiteiligen Film mit dem Titel "Gaswerk" her, welcher mit Trickzeichnungen ergänzt wurde und hauptsächlich in Schulen für Unterrichtszwecke verwendet wurde.

Im Jahr 1953 erhielt der Kläger von der SHB den Auftrag, einen Bildungsfilm über Österreich herzustellen. Er verfaßte dafür das Drehbuch "Das ist Österreich", kaufte das Filmmaterial, wählte die Motive und Einstellungen aus und drehte auch diesen Film selbst; die Kosten hiefür trug die SHB zur Gänze. Von diesem Film stellte der Kläger eine zweite, vierteilige Version mit dem Titel "Auch das ist Österreich" her, deren vierter Teil den Titel "Industrie in Österreich" trägt. Dieser Film enthält nur die Herstellerbezeichnung "SHB Wien", aber keinerlei Hinweise auf die Tätigkeit des Klägers. Der Kläger gestattete der SHB die Verwendung dieses Films ausschließlich in Schulen und für Bildungszwecke. Inhaltlich deckt sich dieses Werknutzungsrecht mit jenem, das er der SHB an dem Film "Gaserzeugung" eingeräumt hat.

Im Jahr 1971 wurden die Filme "Gaserzeugung" und "Industrie in Österreich" (nunmehr bezeichnet als "Österreich VI/Industrie") von der SHB in das Österreichische Filmarchiv verlagert. Die SHB ermächtigte das Österreichische Filmarchiv als Treuhänder, die Filme zu archivieren und zu Benützungszwecken weiterzugeben.

Im Jahr 1989 erteilte die beklagte Partei dem Historiker Dr.Hannes Z***** den Auftrag, für die Niederösterreichische Landesausstellung 1989 ("Magie der Industrie") in Pottenstein an der Triesting einen Videofilm über die Industrie in Niederösterreich herzustellen. Dr.Z***** erhielt dafür vom Österreichischen Filmarchiv ua die Filme "Gaserzeugung" und "Österreich VI/Industrie". Das Österreichische Filmarchiv erteilte dem beklagten Land im Auftrag der SHB, welche in dem Vertrag als "Rechteinhaber bzw Eigentümer" bezeichnet wurde, die nicht ausschließliche Erlaubnis, zum Zweck der Herstellung einer Videokassette für die Ausstellung "Magie der Industrie" Ausschnitte aus diesen Filmen vorzuführen. Der Ausstellungsfilm enthält einen ca 2minütigen Ausschnitt aus dem Film "Gaserzeugung" und einen ca 1 bis 1 1/2minütigen Ausschnitt aus dem Film "Österreich VI/Industrie". Der Nachspann des Ausstellungsfilms enthält folgende Angaben: "Im Auftrag des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung, Copyright 1989, alle Rechte vorbehalten, Realisation Dr.Hannes Z*****, Ton-Mix: Bernd A*****, Schnitt: E.P*****". Der Kläger erteilte für diese Benützung keinerlei Bewilligung.

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches beantragt der Kläger, der beklagten Partei mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, von ihm hergestellte Werke der Filmkunst (Laufbilder), an denen ihm die Urheber- und/oder Leistungsschutzrechte zustehen, auch bloß ausschnittsweise zu vervielfältigen und/oder zu bearbeiten und/oder in bearbeiteter und/oder unbearbeiteter Form öffentlich aufzuführen (vorzuführen) bzw zu lassen; dieses Verbot erstrecke sich insbesondere auf die Filme mit den Titeln "Auch das ist Österreich", "Industrie in Österreich", "Gaswerk" sowie "Gaserzeugung".

Der Kläger sei nicht nur als Hersteller sondern auch als Drehbuchautor, Regisseur und Kameramann tätig gewesen; er sei daher auch Filmurheber. Die Filme seien Werke der Filmkunst im Sinne des § 4 UrhG, jedenfalls aber Laufbilder gemäß § 73 UrhG; dem Kläger stünden an ihnen sämtliche Urheber- und Verwertungsrechte zu. Für den im Auftrag der beklagten Partei hergestellten Ausstellungsfilm seien den Filmen des Klägers Ausschnitte entnommen, umgeschnitten und teilweise in unterschiedlicher Reihenfolge verwendet worden. Ob die verwendeten Ausschnitte aus den Filmen "Gaswerk" oder "Gaserzeugung" einerseits oder aus den Filmen "Auch das ist Österreich" oder "Industrie in Österreich" stammen, könne der Kläger nicht beurteilen, weil diese Filme jeweils aus demselben Ausgangsmaterial hergestellt worden seien. Er habe der Verwendung seiner Filme für den Ausstellungsfilm nicht zugestimmt. Die beklagte Partei habe damit in die Verwertungsrechte des Klägers eingegriffen. Von der SHB oder dem Österreichischen Filmarchiv als deren Treuhänder habe die beklagte Partei die erforderlichen Berechtigungen nicht erlangen können, weil diese über die ihr vom Kläger erteilten Berechtigungen hinausgingen.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung des Sicherungsantrages. Der Kläger sei nicht der Hersteller der für den Ausstellungsfilm verwendeten Filme; sollte er auch an der Herstellung dieser Filme beteiligt gewesen sein, dann habe das in den Angaben der Filme keinen Niederschlag gefunden. Bis zum Beweis des Gegenteils gelte als Filmhersteller, wer als solcher auf den Vervielfältigungsstücken bezeichnet ist; das sei aber bei beiden Filmen die SHB. Wegen seiner Tätigkeit als Kameramann komme dem Kläger nicht die Urheberschaft an diesen Filmen zu; auch daraus könne der Kläger keine Rechte ableiten. Die für die Verwendung von Filmausschnitten für den Ausstellungsfilm erforderlichen Bewilligungen habe das Österreichische Filmarchiv im Auftrag der SHB als Inhaberin sämtlicher Rechte an den verwendeten Filmen erteilt. Die Vorführung der Filmausschnitte im Rahmen einer Landesausstellung diene auch Aufgaben der Volksbildung; es sei durch die Leihordnung der SHB gedeckt.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Es war rechtlich der Ansicht, daß die vom Kläger geschaffenen Filme im Hinblick darauf, daß der Handlungsablauf, die Kameraführung, die Reihung der Bildsequenzen, der Schnitt und die Auswahl der einzelnen Filmaufnahmen seine individuellen Züge trügen, Filmwerke im Sinne des § 4 UrhG seien. Wenngleich der Kläger in keinem der Filme als Hersteller, sondern nur im Film "Gaserzeugung" (zweite Version: "Gaswerk") als der für das Bild Verantwortliche genannt worden sei, sei ihm der gemäß § 38 Abs 3 UrhG zulässige Nachweis gelungen, Hersteller dieser Filme zu sein; daher stünden ihm auch die Verwertungsrechte daran zu. Daß die beklagte Partei von seiner Herstellereigenschaft nichts gewußt habe, sei ohne Belang. Die der beklagten Partei eingeräumten Nutzungsrechte seien durch die der SHB seinerzeit vom Kläger eingeräumten Rechte nicht gedeckt, weil diese nur die vollständige Filmaufführung umfaßt hätten; auch entspreche die Aufführung im Rahmen einer entgeltlichen Ausstellung nicht dem bedungenen Schul- und Bildungszweck.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Ob dem Kläger die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des § 38 Abs 3 UrhG gelungen sei, müsse im Provisorialverfahren bezweifelt werden. Durch § 38 Abs 1 UrhG sollte nämlich - im Interesse der Rechtsbeständigkeit der von Filmherstellern abgeleiteten Verwertungsrechte - eine klare und sichere Rechtslage geschaffen werden. Die Verwertungsrechte an Filmen sollten kraft Gesetzes in der Person des Filmherstellers und unabhängig davon entstehen, ob er mit allen, die am Filmwerk schöpferisch mitgewirkt haben, gültige Verträge über den Erwerb der Werknutzungsrechte abgeschlossen hat. Der Gesetzgeber habe es mit dieser Regelung bewußt in Kauf genommen, daß die Urheber eines Filmwerks um ihre Verwertungsrechte gebracht werden. Nur solche Personen, die der Gesamtgestaltung des Filmwerks den Stempel ihrer Persönlichkeit aufgedrückt haben - in der Regel also der Regisseur -, sollten (gemäß § 39 Abs 1 UrhG) einen Anspruch darauf haben, als Urheber des Filmwerks genannt zu werden. Die Frage, wer die für die Gesamtgestaltung des Filmwerks maßgebende schöpferische Leistung vollbracht hat, müsse daher zwischen dem Filmhersteller und dem an der Schaffung des Filmwerks Beteiligten bereinigt werden, Dritten gegenüber könne hingegen der Anspruch, als Urheber des Filmwerks genannt zu werden, nur von den Personen geltend gemacht werden könne, die in dem vom Filmhersteller ausgehenden Ankündigungen als Urheber bezeichnet werden. Da der Kläger in dem Film "Gaserzeugung" - im Einvernehmen mit der Filmherstellerin SHB - nicht als Hersteller genannt worden sei, könne auch nicht davon gesprochen werden, daß ihm der Nachweis seiner Herstellereigenschaft gelungen wäre. Ein solcher Nachweis stehe nur dem zu, dessen Bezeichnung als Filmhersteller ohne sein Wissen unterblieben ist, nicht aber auch jenem vermeintlichen Hersteller, der sich mit seinem Anspruch auf Bezeichnung als Filmhersteller nicht habe durchsetzen können. Der Kläger habe zwar dargetan, daß die Filme "Gaserzeugung" und "Österreich VI/Industrie" seine geistigen Schöpfungen sind; die beklagte Partei habe jedoch durch die Kürzung und die Aufnahme einzelner Sequenzen in den Ausstellungsfilm solche Änderungen an den Filmwerken vorgenommen, die der Zustimmung des Filmherstellers und des Urhebers bedürfen, falls letzterer in der Urheberbezeichnung als solcher genannt wird. Mit der Angabe "Bild" sei aber eine Nennung als Filmurheber nicht verbunden. Da der Kläger somit weder die Eigenschaft als Filmhersteller habe noch in den Filmen als Urheber genannt worden sei, habe es seiner Zustimmung zur Verwertung der Filme nicht bedurft.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die erst am 28.Tag nach der Zustellung des Revisionsrekurses erstattete Revisionsrekursbeantwortung ist verspätet, weil die Rechtsmittelfrist im Provisorialverfahren gemäß § 402 Abs 1, letzter Satz, EO nur 14 Tage beträgt; sie war daher zurückzuweisen.

Der Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.

Nur der Mangel jeglicher Begründung, nicht aber eine mangelhafte oder fehlerhafte Begründung bildet den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO; daß das Rekursgericht im Rahmen der Begründung seiner Entscheidung nur auf den Wortlaut des Nachspanns zum Film "Gaserzeugung", nicht aber auch auf den Film "Das ist Österreich" (zweite Version: "Das ist Österreich" mit dem Teil 4 "Industrie in Österreich", nunmehr bezeichnet als "Österreich VI/Industrie") eingegangen ist, macht die Entscheidung daher nicht nichtig. Die gerügten Verfahrensmängel liegen ebenfalls nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

In seiner Rechtsrüge macht der Kläger mit Recht geltend, daß ihm der Nachweis, Hersteller der von der beklagten Partei verwerteten Filme gewesen zu sein, gelungen sei, und ihm auch (teilweise) die Rechte als Filmurheber zustünden:

Gemäß § 38 Abs 1 UrhG stehen die Verwertungsrechte an gewerbsmäßig hergestellten Filmwerken mit der in § 39 Abs 4 UrhG enthaltenen Beschränkung dem Inhaber des Unternehmens (Filmhersteller) zu. Wer an der Schaffung eines gewerbsmäßig hergestellten Filmwerks derart mitgewirkt hat, daß der Gesamtgestaltung des Werks die Eigenschaft einer eigentümlichen geistigen Schöpfung zukommt, kann jedoch gemäß § 39 Abs 1 UrhG vom Hersteller verlangen, auf dem Film und in den Ankündigungen des Filmwerks als dessen Urheber genannt zu werden. Ist das der Fall, dann bedarf es zu einer nach § 21 UrhG nur mit Einwilligung des Urhebers zulässigen Änderung des Filmwerks, seines Titels und der Urheberbezeichnung sowie zur Verwertung von Bearbeitung und Übersetzungen des Filmwerks außer der Einwilligung des Filmherstellers auch der Einwilligung der in der Urheberbezeichnung genannten Urheber (§ 39 Abs 3 und 4 UrhG). Wie der Oberste Gerichtshof bereits zu der für Filmurheber bestehenden Rechtslage (unter Hinweis auf die EB zu §§ 38 bis 40 UrhG) ausgesprochen hat (MR 1990, 189), wollte der Gesetzgeber durch diese Bestimmungen das Verwertungsrecht an Filmen kraft Gesetzes in der Person des Filmherstellers entstehen lassen, um damit eine klare und sichere Rechtslage zu schaffen, deren Bestand nicht davon abhängt, daß der Filmhersteller mit allen, die an dem Filmwerk schöpferisch mitgewirkt haben, gültige Verträge über den Erwerb der Werknutzungsrechte abgeschlossen hat; wer mit dem Filmhersteller einen Vertrag schließt, durch den ihm das Recht, das Filmwerk zu benützen, eingeräumt werden soll, muß sich darauf verlassen können, daß ihm die Benützung des Filmwerks nicht von einem anderen streitig gemacht werden kann, der zB dartut, daß er zu den Miturhebern des Filmwerks gehört und der Vertrag, mit dem ihm der Filmhersteller ein Werknutzungsrecht eingeräumt hat, aus irgendeinem Grund ungültig ist; daß die gesetzliche Regelung des § 38 UrhG die Urheber des Filmwerks um ihre Verwertungsrechte bringt, hat der Gesetzgeber im Interesse der Rechtssicherheit bewußt in Kauf genommen. Nur solchen Personen, die der Gesamtgestaltung des Filmwerks den Stempel ihrer Persönlichkeit aufgedrückt haben, wurde ein Anspruch darauf gewährt, als Urheber des Filmwerks genannt zu werden. Die Frage, wer die für die Gesamtgestaltung des Filmwerks maßgebende schöpferische Leistung vollbracht hat, muß aber zwischen dem Filmhersteller und den an der Schaffung des Filmwerks Beteiligten bereinigt werden. Urheber, die maßgeblich an der Gesamtgestaltung von Filmwerken beteiligt waren, auf dem Film oder in den vom Filmhersteller ausgehenden Ankündigungen aber nicht als Urheber bezeichnet werden, können nach dieser Rechtslage Dritten gegenüber keinerlei Ansprüche geltend machen.

Die Rechte des Filmherstellers hängen dagegen nicht von der Nennung des wahren Herstellers im Film oder in sonstigen Ankündigungen ab. Gemäß § 38 Abs 3 Satz 1 UrhG in der Fassung des Art I Z 3 der UrhG-Novelle 1982 BGBl 285 gilt zwar bis zum Beweis des Gegenteils als Filmhersteller, wer als solcher auf den Vervielfältigungsstücken eines Filmwerks durch die Angabe seines wahren Namens, seiner Firma oder eines von ihm bekanntermaßen gebrauchten Decknamens oder Unternehmenskennzeichens bezeichnet wird. Mit dieser - schon in der Regierungsvorlage zur UrhGNovelle 1980 vorgesehenen - Bestimmung sollte aber in grundsätzlicher Übereinstimmung mit Art 15 Abs 2 der Pariser Fassung der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst eine dem § 12 UrhG entsprechende Vermutung jetzt auch für gewerbsmäßig hergestellte Filmwerke eingeführt werden (EB zu Art I Z 5 der UrhGNovelle 1980, abgedruckt bei Dillenz, Materialien zum österreichischen Urheberrecht 358 f). Unbeschadet der Bezeichnung einer bestimmten Person im Film als Hersteller steht aber dem wahren Filmhersteller gegenüber Dritten jederzeit der Nachweis offen, Hersteller des Films zu sein. § 38 Abs 3 UrhG normiert lediglich eine Verschiebung der Beweislast: Macht der im Film als Hersteller bezeichnete Unternehmer Rechte aus einer unerlaubten Benützungshandlung geltend, dann obliegt es dem Beklagten zu beweisen, daß ein anderer der wahre Hersteller gewesen ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der wahre Hersteller bloß versehentlich nicht als Hersteller bezeichnet wurde, entsteht doch das Verwertungsrecht an gewerblich hergestellten Filmwerken ohne weitere Formalitäten beim Filmhersteller; nur der Filmurheber ist auf seine Nennung als solcher auf dem Film und in Ankündigungen des Filmwerkes angewiesen, um die ihm nach § 39 Abs 3 und 4 UrhG zustehenden Rechte ausüben zu können. Auch der wahre Hersteller, der sich gegenüber einem anderen - etwa einem Geldgeber - mit seinem Anspruch auf Nennung als Filmhersteller nicht durchsetzen konnte, kann daher diesen Gegenbeweis führen, falls er nicht seine Verwertungsrechte zur Gänze dem übertragen hat, der als Filmhersteller bezeichnet wurde. Dem Gesetz läßt sich auch nicht entnehmen, daß ein solcher Gegenbeweis in einem Provisorialverfahren ausgeschlossen wäre.

Im vorliegenden Fall hat der Kläger - von bloßen Hilfstätigkeiten abgesehen - alle für das Zustandekommen der gegenständlichen Filme erforderlichen Tätigkeiten selbst ausgeführt; er war überdies schon seit 1947 im Besitz der zur gewerblichen Filmherstellung erforderlichen Berechtigung. Daß seine Auftraggeber die für die Verwirklichung der Vorhaben erforderlichen Geldmittel zur Verfügung gestellt haben, steht dem nicht entgegen; maßgebend ist vielmehr, wer im Rahmen seines Unternehmens die für das Zustandekommen des Filmwerks erforderlichen wirtschaftlichen und organisatorischen Leistungen erbracht hat. Das war aber im vorliegenden Fall eindeutig der Kläger, während seine Auftraggeber nach den Feststellungen der Vorinstanzen überhaupt keine für einen Filmhersteller typischen Tätigkeit entfaltet haben.

Schon wegen seiner Tätigkeit als Filmhersteller stehen also dem Kläger die Verwertungsrechte an den streitgegenständlichen Filmen zu. Die Eigenschaft dieser vorliegenden Bildungsfilme als Filmwerke ist im Revisionsrekursverfahren nicht mehr strittig; ebensowenig ist strittig, daß sie gewerbsmäßig hergestellt worden sind. Selbst wenn das aber nicht der Fall gewesen wäre, käme man zu keinem anderen Ergebnis, stehen doch die Verwertungsrechte bei nicht gewerbsmäßig hergestellten Filmwerken ohnedies nur dem Filmurheber zu. Der Vollständigkeit halber ist aber auch noch darauf zu verweisen, daß der Kläger in dem Film "Gaserzeugung" (zweite Version: "Gaswerk") auch als Urheber genannt wurde: Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung MR 1990, 189 ebenfalls bereits ausgesprochen hat, regelt das Gesetz nicht, wie die Urheberbezeichnung gestaltet sein muß; es muß nur eine solche Bezeichnung sein, aus der - im Interesse der Sicherheit des Verkehrs - klar und deutlich hervorgeht, daß damit derjenige bezeichnet werden soll, der an der Schaffung des Filmwerks derart mitgewirkt hat, daß der Gesamtgestaltung des Werkes die Eigenschaft einer eigentümlichen geistigen Schöpfung zukommt. Bei einem Bildungsfilm, in dem bestimmte Gegebenheiten und Vorgänge mit den Mitteln der Bildgestaltung deutlich gemacht werden sollen, wird aber gerade durch die Bezeichnung "Bild" deutlich zum Ausdruck gebracht, daß der dafür Verantwortliche der Gesamtgestaltung des Werkes seine individuellen Züge aufgeprägt hat.

Der Beklagte hat der SHB an den vorliegenden Filmen nur das zeitlich unbegrenzte, räumlich auf Österreich begrenzte Recht der Vervielfältigung, Verbreitung und Vorführung in unveränderter und vollständiger Form eingeräumt; überdies wurden diese Rechte beim Film "Gaserzeugung" auch auf den Schulgebrauch beschränkt. Das Recht, einzelne Filmausschnitte in einen anderen Film aufzunehmen, ist davon nicht umfaßt. Die SHB (bzw das Österreichische Filmarchiv als ihr Treuhänder) konnte daher die für die vorliegende Verwertung von Filmausschnitten für den Ausstellungsfilm erforderliche Berechtigung nicht weitergeben. Für die Beurteilung der Rechte der SHB ist auch nicht deren Leihordnung maßgebend, sondern allein der Inhalt der vom Kläger übertragenen Rechte. Da der SHB aber nur die Verwertung des ungekürzten Films zusteht, kommt es auch nicht darauf an, daß die Vorführung in einer Ausstellung Volksbildungszwecken gedient hat. Da sämtliche Werknutzungsrechte beim Kläger als Filmhersteller entstanden sind und der Kläger kein unbeschränktes Werknutzungsrecht weitergegeben hat, ist für die Beurteilung der Wirksamkeit der der beklagten Partei erteilten Werknutzungsbewilligungen auch nicht das Ausmaß der den Filmurhebern nach § 39 Abs 3 und 4 UrhG zustehenden Rechte maßgebend. Ob die beklagte Partei im Rahmen einer allenfalls bestehenden freien Werknutzung an Filmwerken durch Zitieren handeln konnte, braucht schon deshalb nicht geprüft zu werden, weil sie die dafür jedenfalls erforderliche Quellenangabe unterlassen hat (vgl MR 1988, 13).

Die beklagte Partei haftet als Auftraggeberin des Ausstellungsfilms für den bei der Herstellung und Aufführung des Films begangenen Verstoß gegen die Verwertungsrechte des Klägers; der daraus resultierende Unterlassungsanspruch besteht unabhängig davon, ob ihr der wahre Filmhersteller bekannt war.

In dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang konnte daher die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederhergestellt werden. Der Anführung von Laufbildern im Verbot bedurfte es allerdings nicht: Der Kläger hat nicht schlechthin die Verletzung seiner Leistungsschutzrechte an Laufbildern geltend gemacht, sondern nur für den Fall, daß die von ihm hergestellten Filme nicht als Filmwerke qualifiziert werden sollten, auf den Laufbildschutz verwiesen. Da jedoch die von ihm hergestellten Filme als Filmwerke zu qualifizieren sind, Laufbilder des Klägers demnach nicht verwertet wurden, reicht die Anführung von Filmwerken zur Umschreibung des durch den Verstoß begründeten Verbotes aus. Der auf 30 Jahre beschränkte Laufbildschutz (§ 74 Abs 6 UrhG) wäre im übrigen zum Zeitpunkt der von der beklagten Partei vorgenommenen Benützungshandlungen bereits abgelaufen gewesen.

Auch das Begehren, das Verbot auch auf die Bearbeitung von Filmwerken zu erstrecken, ist nicht berechtigt: Der Kläger hat dazu nur behauptet, daß aus seinen Filmen Ausschnitte entnommen, umgeschnitten und teilweise in unterschiedlicher Reihenfolge verwendet worden seien. Die dabei entnommenen Stellen betreffen aber nur einzelnen Szenen und nicht den Kern des Werkes; ihre Verwendung im Rahmen eines anderen Filmes könnte daher auch dann nicht als "Bearbeitung" der Filme des Klägers gewertet werden, wenn dabei die Reihenfolge der Bildsequenzen geändert worden wäre. Eine "Bearbeitung" im Rechtssinn ist die Umgestaltung äußerer Merkmale bei gleichzeitiger Identität des Werkes (Mitteis, Grundriß des österreichischen Urheberrechts 30), also eine - nicht rein mechanische, sondern aus eigener schöpferischer Gestaltungskraft entwickelte - Änderung der äußeren Form unter Beibehaltung des Kern des Werkes (Rintelen, Urheber und Urhebervertragsrecht 79), nicht aber eine geringfügige Änderung oder Umgestaltung des Originals (Fromm-Nordemann, Urheberrecht7 Rz 2 zu § 3 dUrhG; von Gamm, Urheberrechtsgesetz Rz 8 zu § 3 dUrhG). Eine solche Bearbeitung seiner Filme hat aber der Kläger nicht dargetan.

Zur Konkretisierung des Verbotes konnte auf sämtliche aus demselben Ausgangsmaterial hergestellten Filme verwiesen werden; dabei war eine geringfügige Umformulierung deshalb erforderlich, weil dem Kläger nicht an sämtlichen Filmen die Rechte als Filmhersteller und als Filmurheber zustehen.

Die Entscheidung über die Kosten des gesamten Provisorialverfahrens gründet sich in Ansehung des Klägers auf § 393 Abs 1 EO, in Ansehung der beklagten Partei auf §§ 78, 402 EO, §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E25198

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00168.9.0115.000

Dokumentnummer

JJT_19910115_OGH0002_0040OB00168_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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