TE OGH 1991/1/16 9ObA318/90

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Veröffentlicht am 16.01.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang Dorner und Walter Bacher als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei *****, vertreten durch Dr. E***** P***** und Dr. R***** P*****, Rechtsanwälte *****, wider die beklagte Partei *****, vertreten durch Dr. P***** K***** und DDr. K***** P*****, Rechtsanwälte *****, wegen Feststellung (Streitwert S 100.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. August 1990, GZ 34 Ra 129/89-25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teilurteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 12. Juni 1989, GZ 14 Cga 527/89-14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit

S 5.094,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 849,-- Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Ehe zwischen der Klägerin und dem früheren Vorsitzenden des Vorstandes der beklagten Bank (Aktiengesellschaft) ***** (im folgenden auch: der Unterhaltsverpflichtete) wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 23. März 1979 gemäß § 55 a EheG geschieden. Anläßlich der Scheidung schlossen die Ehegatten einen Vergleich, in dem sich der Ehemann unabhängig davon, ob die Ehefrau ein eigenes Einkommen beziehen sollte, zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von

S 30.000,-- verpflichtete. Mit dem Tod des Unterhaltspflichtigen sollte die Unterhaltspflicht auf die Erben als Nachlaßverbindlichkeit übergehen (§ 78 Abs 1 EheG). Die Klägerin muß sich jedoch alle Beträge auf ihren Unterhaltsanspruch anrechnen lassen, die ihr aus Anlaß des Ablebens des Unterhaltspflichtigen "im Wege einer Pension oder ähnlicher Leistungen von dritter Seite zukommen". Ferner vereinbarten die Ehegatten, daß dieser Unterhalt nach dem Verbraucherpreisindex 1976 wertgesichert sein sollte.

Am 17. September 1979 schloß der Unterhaltsverpflichtete mit der Beklagten einen Dienstvertrag (Vorstandsvertrag) ab, in dem auch sein Pensionsanspruch geregelt wurde und der unter anderem folgende Bestimmungen enthält:

" IV.

Bezüge

1./Sie erhalten einen Jahresbezug von S 2,500.000,-- (in Worten: Ö.Schilling zweimillionenfünfhunderttausend) brutto,...

V.

Pensionsanspruch

1./Im Hinblick auf Ihre langjährige Tätigkeit bei ***** haben Sie, soferne das Dienstverhältnis aus anderen als im § 27 Angestelltengesetz genannten und von Ihnen verschuldeten Gründen endet, Anspruch auf eine Firmenpension, insbesondere ...

2./Treten Sie erst nach Vollendung des 65. Lebensjahres in den Ruhestand, beträgt die Pension 90 (neunzig) Prozent Ihres letzten Aktivbezuges ...

4./Ihre Witwe erhält 60 (sechzig) Prozent, Ihre leiblichen, ehelichen Kinder erhalten bis zur Vollendung ihres

24. (vierundzwanzigsten) Lebensjahres je 20 (zwanzig) Prozent des Betrages, der Ihnen zugestanden wäre; ...

5./Pensionszahlungen, die Sie oder Ihre Rechtsnachfolger aus öffentlichen Kassen erhalten, zu denen die Gesellschaft Beiträge geleistet hat, werden auf die Firmenpension angerechnet.

VIII.

Vorzeitige Vertragsauflösung

1./Wird das Dienstverhältnis durch die Gesellschaft aus einem im § 27 Angestelltengesetz genannten und von Ihnen verschuldeten Grund aufgelöst, entfällt ein Pensionsanspruch für Sie und Ihre Rechtsnachfolger.

...

X.

Wertsicherung

Aktivbezug und Pensionsanspruch sind auf Grund des Durchschnitts sämtlicher Gehälter (ohne Vorstufen) nach den für Angestellte von Aktienbanken geltenden kollektivvertraglichen Bestimmungen wertgesichert; auszugehen ist von einem Betrag von S 11.427,--.

XIII.

Sonderregelung für Frau *****

Der Pensionsanspruch Ihrer Witwe (V, X, XII) ermäßigt sich um S 30.000,-- (in Worten: Schilling dreißigtausend) pro Monat, die laut Beilage wertgesichert sind; dieser Betrag ist Ihrer geschiedenen Frau ***** zu bezahlen, auch wenn Sie ohne Hinterlassung einer Witwe ableben."

Als Beilage war diesem Vertrag ein Auszug aus dem oben genannten Scheidungsvergleich angeschlossen.

Am 24. Mai 1982 starb der Unterhaltsverpflichtete ohne Hinterlassung einer Witwe.

Mit Schreiben vom 24. Juni 1982 forderte die Beklagte die Klägerin auf, dem Personalbüro der Beklagten eine Lohnsteuerkarte einzusenden, weil die an die Klägerin laut Dienstvertrag zu leistende monatliche Zahlung (damals unter Berücksichtigung der Wertsicherung S 34.302,--) lohnsteuerpflichtig sei. Gleichzeitig forderte die Beklagte die Klägerin auf, bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft gemäß § 258 Abs 4 ASVG einen Pensionsantrag zu stellen und die Beklagte vom Ergebnis zu informieren.

Die Klägerin behauptet, ihr geschiedener Ehemann habe in dem von ihm mit der Beklagten abgeschlossenen Dienstvertrag vereinbart, daß die Beklagte für seine Unterhaltsverpflichtung entsprechend dem Scheidungsvergleich aufzukommen habe, um seine Erben nicht mit dem Unterhaltsanspruch zu belasten. Mit dem Tod des Unterhaltspflichtigen sei dessen Unterhaltspflicht auf die Beklagte übergegangen. Die Beklagte leiste aber den (wertgesicherten) Unterhalt von S 30.000,-- nicht netto, sondern nur brutto, so daß von November 1985 bis November 1988 bereits ein Fehlbetrag von S 449.934,90 aufgelaufen sei.

Die Klägerin begehrt Nachzahlung dieses Betrages und die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin monatliche Unterhaltszahlungen von S 30.000,-- (wertgesichert nach dem Verbraucherpreisindex 1976, Ausgangsbasis Jänner 1979) abzüglich der Nettobeträge, die der Klägerin auf Grund des Ablebens des Unterhaltspflichtigen als Pension nach dem GSVG oder als ähnliche Leistung zukommen, (gemeint: netto) zu zahlen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß der Unterhaltsverpflichtete früher Gesellschafter einer Personengesellschaft gewesen sei, die dann in die nunmehrige beklagte Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Der Unterhaltsverpflichtete sei Mehrheitseigentümer gewesen. Auf Grund seiner langjährigen Tätigkeit, seiner Verdienste und Anteilsrechte seien ihm mit dem Dienstvertrag vom 17. September 1979 Sonderrechte eingeräumt worden, zu denen auch die Regelung des Punktes XIII. des Dienstvertrages gehöre.

Die Leistungspflicht der Beklagten gegenüber der Klägerin beruhe nicht auf einer Schuldübernahme, sondern auf Verbindlichkeiten aus einem früheren Dienstvertrag; die zur Auszahlung gelangenden Beträge seien daher lohnsteuerpflichtig. Der Klägerin gebühre somit die Summe von S 30.000,-- (wertgesichert) nur als Bruttobezug. Die Beklagte habe von den an die Klägerin ausgezahlten Beträgen seit Jahren die Lohnsteuer ohne Widerspruch der Klägerin abgezogen. Es sei Sache der Klägerin, allenfalls bei der Finanzbehörde einen Anspruch auf Rückzahlung der Lohnsteuer geltend zu machen. Insoweit liege auch Unzulässigkeit des Rechtsweges vor.

Beide Parteien beantragten nach Vorlage der einschlägigen Urkunden (vorläufig) nur die Entscheidung über das Feststellungsbegehren, ohne weitere (Beweis-)Anträge zu stellen.

Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren mit Teilurteil statt.

Es war der Ansicht, daß der im Scheidungsvergleich vereinbarte Unterhalt netto zu verstehen gewesen sei. Die Sonderregelung, mit der sich die Beklagte zur Zahlung von S 30.000,-- monatlich an die Klägerin verpflichtet habe, sei zwar Bestandteil eines Dienstvertrages, passe aber "rechtstechnisch" nicht zu Punkt V. dieses Vertrages.

Punkt XIII. des Dienstvertrages enthalte eine Schuldübernahme, mit der die Beklagte die nach dem Tode des Unterhaltspflichtigen auf seine Erben übergehende Schuld übernommen habe. Die Verbindlichkeit der Beklagten sei daher gemäß § 1407 ABGB dieselbe wie die des Unterhaltspflichtigen und somit ebenfalls netto zu verstehen. Die Klägerin habe spätestens mit dem Schreiben der Beklagten vom 24. Juni 1982 von der Schuldübernahme erfahren und dieser durch Annahme der Leistungen zugestimmt. Eine allfällige Pflicht der Beklagten, den Betrag von S 30.000,-- der Lohnversteuerung zu unterziehen, gehe nicht zu Lasten der Klägerin.

Das Berufungsgericht bejahte die Zulässigkeit des Rechtsweges und verwarf daher die Berufung der Beklagten, soweit sie Nichtigkeit geltend machte, gab aber dem Rechtsmittel im übrigen Folge und wies das Feststellungsbegehren ab. Die zweite Instanz sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,-- übersteige.

Die Auslegung des Dienstvertrages nach den allgemeinen Regeln führe zu dem Ergebnis, daß die Beklagte der Klägerin nur Bruttobeträge schulde. Die in Punkt XIII. des Dienstvertrages enthaltene Verweisung auf den Scheidungsvergleich beziehe sich nur auf die Wertsicherung, zumal Wertmaßstab und Basiszeitpunkt im Dienstvertrag selbst ungeregelt geblieben seien. Im Arbeitsrecht richte sich der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers regelmäßig auf einen Bruttobetrag, auch wenn eine ausdrücklich davon abweichende Nettovereinbarung, mit der der Arbeitgeber die sonst vom Arbeitnehmer zu tragenden Abgaben übernehme, zulässig sei. Von der allgemeinen Regel, daß der Arbeitgeber grundsätzlich Bruttovergütungen schulde, sei aber im vorliegenden Fall nicht abgegangen worden. Punkt IV. des Dienstvertrages, der die Basis für die Pensionsansprüche bilde, sehe ausdrücklich einen Jahresbezug des Arbeitnehmers in Höhe von S 2,5 Mio. brutto vor. Daraus folge, daß auch die davon abgeleiteten Pensionsansprüche lohnsteuerpflichtig seien. Auch für die Pensionsansprüche der Witwe und der Kinder sei das im Arbeitsrecht übliche Bruttoprinzip nicht durchbrochen worden. Mit gleicher Diktion regle Punkt XIII. des Dienstvertrages auch die Aufteilung der Witwenpension zwischen einer allfälligen überlebenden zweiten Ehefrau und der geschiedenen Ehefrau. Die Pensionsklausel sei ein echter Vertrag zugunsten Dritter; die darin geregelten Begünstigungen seien der Klägerin schon mit dem Vertragsabschluß erwachsen. Eine privative oder kumulative Schuldübernahme zugunsten der Verlassenschaft des Unterhaltsverpflichteten liege nicht vor. Das Schreiben der Beklagten vom 24. Juni 1982 und das Verhalten der Klägerin spreche dafür, daß dem Wortlaut des Punktes XIII. kein von den Punkten V, X und XII abweichender Sinn zu entnehmen sei.

Die Klägerin bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Stattgebung der Klage (gemeint: des Feststellungsbegehrens) abzuändern oder aufzuheben.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision der Klägerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Parteien haben nach Vorlage der einschlägigen Urkunden die Entscheidung über das Feststellungsbegehren beantragt, ohne weitere Anträge zu stellen. Die Absicht der Parteien ist daher auf Grund der vorliegenden, ihrem Wortlaut nach unbestrittenen Urkunden im Wege der rechtlichen Beurteilung zu ermitteln.

Grundlage des Unterhaltsanspruches der Klägerin gegen ihren geschiedenen Ehemann ist der Vergleich vom 29. März 1979. Diese Unterhaltspflicht ist auf die Erben als Nachlaßverbindlichkeit übergegangen (§ 78 Abs 1 EheG). Der Ansicht des Erstgerichtes, daß die nach dem Tode des Unterhaltsverpflichteten auf seine Erben übergegangene Unterhaltspflicht von der Beklagten mit Punkt XIII. des Dienstvertrages übernommen worden sei und die Klägerin spätestens mit dem Zugehen des Schreibens vom 24. Juni 1982 von dieser Schuldübernahme erfahren und ihr durch Annahme von Leistungen zugestimmt habe, ist ebensowenig zu folgen wie der Meinung der Revisionswerberin, die Beklagte sei mit der Vereinbarung des Punktes XIII. des Dienstvertrages der Unterhaltsschuld ihres Dienstnehmers beigetreten. Gegenstand der Vereinbarungen der Dienstvertragsparteien war nicht die Übernahme einer Unterhaltsschuld des Dienstnehmers (hier: Vorstandsvorsitzender einer AG; siehe unten), sondern die Gewährung von Versorgungsgenüssen an den Dienstnehmer und (nach seinem Tod) an seine Angehörigen. Abgesehen davon kommt eine Schuldübernahme entweder durch Vertrag zwischen Altschuldner und Neuschuldner mit Einwilligung des Gläubigers ("Schuldnervertrag") oder durch Vertrag zwischen Neuschuldner und Gläubiger ("Gläubigervertrag") im Wege des Schuldbeitritts zustande (Ertl in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 1405). Die Beklagte ist aber beim Abschluß des Dienstvertrages mit ihrem Vorstandsvorsitzenden in keine Rechtsbeziehungen zur Klägerin getreten. Der Dienstvertrag ist auch nicht mit ihrer Zustimmung zustandegekommen, so daß weder ein Schuldbeitritt noch eine Schuldübernahme vorliegt.

Grundlage der Rechtsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte ist der Dienstvertrag vom 17. September 1979, bei dem es sich um einen sogenannten freien Dienstvertrag zwischen einem Vorstandsmitglied und einer Kapitalgesellschaft handelt. Grundlage ist aber nicht eine Schuldübernahme oder ein Schuldbeitritt, weil sich der geschiedene Ehemann der Klägerin als damaliger Vorstandsvorsitzender der Beklagten in diesem Dienstvertrag nicht nur für sich, sondern auch für seine Angehörigen (nach seinem Tod) Pensionsansprüche ausbedungen hat. Soweit es sich nicht um seine eigenen Pensionsansprüche, sondern um eine Pensionszusage an seine Hinterbliebenen handelte, liegt ein "echter Vertrag" zugunsten Dritter nach § 881 ABGB vor, der den begünstigten Angehörigen spätestens mit dem Tode des Dienstnehmers eigene durchsetzbare Ansprüche gegen den Dienstgeber verschafft (F. Bydlinski in FS Schnorr, Witwenpensionszusage, Zweitehe und Vertragsauslegung 3 6;

Grillberger, DRdA 1977, 14; Strasser, Arbeitsrecht2 II 294;

Arb. 9.142). Die Ansprüche der Klägerin als Begünstigte aus dem Vorstandsvertrag ihres geschiedenen und inzwischen verstorbenen Ehegatten sind mit ihren Unterhaltsansprüchen nicht identisch, mag auch der Unterhaltspflichtige - wie die Klägerin behauptet - mit der zu ihren Gunsten ausgehandelten monatlichen Zahlung eine Entlastung seiner Erben von der sie treffenden Unterhaltspflicht (§ 78 Abs 1 EheG) bezweckt haben. Die Verschiedenheit der Anspruchsgründe aus dem Unterhaltsvergleich und aus dem Dienstvertrag ergibt sich schon aus Punkt VIII./1. des Dienstvertrages, wonach der Pensionsanspruch des Dienstnehmers und seiner Rechtsnachfolger entfällt, wenn das Dienstverhältnis durch die Gesellschaft aus einem im § 27 AngG genannten, vom Dienstnehmer (Vorstandsmitglied) verschuldeten Grund aufgelöst wird.

Aus dieser Bestimmung ergibt sich deutlich, daß der Rechtsgrund der Leistungen der Beklagten nicht in der (unbedingten) Übernahme einer Unterhaltspflicht mit den Folgen des § 1407 Abs 1 ABGB ("die Verbindlichkeiten des Übernehmers sind mit den Verbindlichkeiten des bisherigen Schuldners in Rücksicht auf die übernommene Schuld eben diesselben"), sondern in der Erbringung von Arbeitsentgelt lag. Bei den Pensionsleistungen der Beklagten handelt es sich um ein vom Dienstnehmer schon vorher verdientes, und damit in Wahrheit "thesauriertes" Arbeitsentgelt (Strasser, Arbeitsrecht3 II 355; DRdA 1989, 417), das im Wege eines Vertrages zugunsten Dritter nach dem Tode des Dienstnehmers auch noch dessen Angehörigen zugutekommt. Auch der Anspruch auf Witwen- (und Waisen-) Pension beruht noch auf den früheren Arbeitsleistungen des Dienstgebers und ist daher "von entgeltlicher Beschaffenheit" (Bydlinski in FS Schnorr aaO 6). Solche Ruhegeldleistungen können allerdings daran gebunden werden, daß der Dienstnehmer (unter Umständen auch noch als Pensionist) seine Treuepflicht gegenüber dem Dienstgeber erfüllt (Spielbüchler, Arbeitsrecht3 I 184). Wenn auch die Einstellung einer Betriebspension wegen treuewidrigen Verhaltens des Dienstnehmers nur auf Grund einer vereinbarten "Treuepflichtklausel" in Betracht kommt und selbst bei Treuepflichtverletzungen, die das Gewicht eines Entlassungsgrundes haben, noch nicht stets gerechtfertigt sein muß (SZ 61/160 = Arb 10.746), ergibt sich aus der hier (für die Zeit des aufrechten Dienstverhältnisses) getroffenen Vereinbarung dennoch eine deutliche Abhängigkeit aller Ruhegenußansprüche von einem vertragsgemäßen Verhalten des (aktiven) Dienstnehmers, die gegen eine bloße Schuldübernahme spricht.

Die vertraglichen Einschränkungen des Anspruchs trafen nicht nur den Dienstnehmer selbst sowie seine Witwe und die Kinder (Pkt. IV/4. iVm Pkt. VIII./1.), sondern auch die Klägerin. Auch sie ist iS des Punktes VIII/1 des Vertrages "Rechtsnachfolgerin", leitet sich doch die für sie getroffene Sonderregelung grundsätzlich vom Pensionsanspruch der Witwe ab, welcher sich dadurch um S 30.000,-- monatlich ermäßigt, so daß er einen (potentiellen) Anspruch der Witwe voraussetzt. Daß die Beklagte diese Zahlungen auch dann zu leisten hatte, wenn der Dienstnehmer ohne Hinterlassung einer Witwe starb, verfolgte nur den Zweck, die Versorgung der Klägerin auch für diesen Fall zu sichern, besagt aber nicht, daß die Beklagte auch dann zahlungspflichtig gewesen wäre, wenn der geschiedene Ehemann der Klägerin wegen gerechtfertigter Entlassung (aus einem besonders schwerwiegenden Grund) überhaupt keinen Pensionsanspruch gehabt hätte. Die Verweisung auf den dem Pensionsvertrag angeschlossenen Auszug aus dem Scheidungsvergleich bezieht sich, wie das Berufungsgericht treffend erkannte, nur auf die vereinbarte Wertsicherung, die von jener, die in Punkt X. des Dienstvertrages für Aktivbezüge und Pensionsansprüche vorgesehen ist, abweicht. Zweck der Vereinbarung nach Punkt XIII. war es daher, der früheren geschiedenen Ehefrau - ähnlich wie nach § 258 Abs 4 ASVG - auch neben der Witwe einen Pensionsanspruch zu verschaffen, wobei jedoch für den Fall einer konkurrierenden Bezugsberechtigung beider Hinterbliebenen vereinbart wurde, daß der der Witwe gebührende Pensionsanspruch derart gekürzt wird, daß durch die Leistungen an beide Frauen der vorgesehene Gesamtpensionsgenuß nicht überschritten wird.

Der Pensionsanspruch der Klägerin wurde allerdings nicht wie bei der Witwenpension (Punkt V./4.) mit einem bestimmten Prozentsatz der Pension des Dienstnehmers, sondern mit einem absoluten Betrag bemessen, der mit der Höhe ihrer Unterhaltsansprüche übereinstimmt. Es mag durchaus sein, daß der geschiedene Ehegatte der Klägerin ihr mit dieser Regelung, ohne die lohnsteuerrechtlichen Konsequenzen zu bedenken, gerade jenen Betrag verschaffen wollte, den er selbst als Unterhalt zu leisten hatte. Das führt jedoch nicht dazu, daß auch der Dienstvertrag in diesem Sinn auszulegen wäre. Für die Qualifikation des Anspruches der Klägerin bzw. die Beurteilung der Verpflichtungen des Dienstgebers ist das Deckungsverhältnis zwischen dem die Witwenpension versprechenden Dienstgeber und dem Versprechensempfänger, nicht aber das Valutaverhältnis, also das andere Innenverhältnis zwischen Versprechensempfänger (Dienstnehmer und begünstigten Dritten, Witwe; frühere geschiedene Ehefrau) entscheidend (Bydlinski in FS Schnorr aaO 6). Den maßgebenden Bestimmungen des Dienstvertrages ist jedoch nicht zu entnehmen, daß für die Zahlung des Betrages von S 30.000,-- monatlich andere Kriterien als für die übrigen Ruhegeldleistungen gelten sollten; jene wurden in Einklang mit den schon vom Berufungsgericht erwähnten allgemeinen Regeln des Arbeitsrechts gemäß Punkt IV./1. und V./4. (vgl. die Worte ... "des Betrages, der ihnen zugestanden wäre") unzweifelhaft als Bruttobeträge vereinbart.

Die gegenteilige Auslegung (Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung jenes Bruttobetrages, der einer Nettopension von wertgesichert S 30.000,-- entspricht) hätte zur Folge, daß sich der Pensionsanspruch der Witwe entgegen dem klaren Wortlaut des Vertrages um mehr als S 30.000,-- ermäßigt hätte. Die Klägerin hat nämlich nicht behauptet, daß die Beklagte den Betrag von

S 30.000,-- zu Unrecht der Lohnsteuer unterziehe. Besteht aber nach dem übereinstimmenden Parteienvorbringen eine Lohnsteuerpflicht, so müßte die Beklagte (wesentlich) mehr als

S 30.000,-- aufwenden, um der Klägerin

S 30.000,-- (wertgesichert) netto auszahlen zu können. Das hätte je nach der jeweiligen Gestaltung des Lohnsteuerrechts unter Umständen zu einem nahezu vollständigen Anspruchsverlust der Witwe führen können und widerspricht damit dem offensichtlichen Vertragszweck einer Aufteilung dieses Ruhegenusses auf beide Frauen. Ein höherer, an die Klägerin zu leistender Betrag ist aber im Vertrag auch nicht für den - nunmehr tatsächlich eingetretenen - Fall vorgesehen, daß der Dienstnehmer ohne Hinterlassung einer Witwe ableben sollte (arg. ".. dieser Betrag"). Auf die Frage, welche Ansprüche der Klägerin gegen die Erben des Unterhaltsverpflichteten allenfalls zustehen, ist hier nicht einzugehen.

Auf die Ausführungen der Revison, wonach die Beklagte gemäß § 1409 ABGB und § 25 HGB wegen Übernahme eines Vermögens (Unternehmens) für die Unterhaltsverpflichtungen ihres damaligen Vorstandsvorsitzenden haftet, ist als unzulässige Neuerung nicht einzugehen. Im übrigen gelten diese Bestimmungen (bei Unternehmensübergang) nur für Unternehmensschulden, nicht aber für Privatschulden.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E25070

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:009OBA00318.9.0116.000

Dokumentnummer

JJT_19910116_OGH0002_009OBA00318_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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