TE OGH 1991/1/25 16Os37/90

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Veröffentlicht am 25.01.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.Jänner 1991 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melnizky als Vorsitzenden sowie durch die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, Dr. Kießwetter und Hon.Prof. Dr. Steininger und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärtes Dr. Hofer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Maria N***** wegen des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 25.Juli 1990, GZ 13 Vr 822/90-8, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten und ihres Vertreters zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Schuldberufung wird zurückgewiesen.

Der Strafberufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die nunmehr 54-jährige Maria N***** des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 StGB schuldig erkannt.

Ihr liegt zur Last, am 8.März 1990 in Rosental, Bezirk Voitsberg, eine fremde bewegliche Sache, nämlich ein Paar Damenschuhe im Wert von 319 S, Verfügungsberechtigten des Schuhmarktes J***** mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei sie bei ihrer Betretung auf frischer Tat dadurch, daß sie der Filialleiterin Hannelore K*****, die sie vor dem Geschäft beanstandete und nach der in einem Korb verwahrten Diebsbeute greifen wollte, einen Stoß gegen den Körper versetzte, Gewalt gegen eine Person anwendete, um sich die weggenommene Sache zu erhalten.

Diesen Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 5, 5 a, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Der in der Mängelrüge (Z 5) reklamierte Widerspruch zwischen dem Urteilsspruch und den Urteilsgründen liegt zwar vor, betrifft jedoch nach Lage des Falles keine für das Erkenntnis in der Schuldfrage einschließlich der einen bestimmten Strafsatz bedingenden Tatumstände entscheidende Tatsache. Denn ob die Angeklagte der Zeugin K***** einen Stoß gegen den Körper versetzte, als diese nach der in einem Korb verwahrten Diebsbeute greifen wollte (so der Urteilsspruch S 52 d.A, wobei weder im Vorverfahren noch in der Hauptverhandlung von einem Korb die Rede war, weil sowohl die Angeklagte als auch die Zeugen stets nur von einer Tasche bzw Handtasche bzw schwarzen Lederzipftasche bzw einem Lederbeutel gesprochen hatten), oder ob dieser Stoß gegen die Zeugin erfolgte, als diese nach einem aus der Handtasche der Angeklagten zu Boden gefallenen Damenschuh greifen wollte (so - im Einklang mit den Verfahrensergebnissen - die Urteilsgründe S 54 d.A), ist für die Unterstellung der Tat unter die Bestimmung des § 131 StGB nicht entscheidend; steht doch im einen wie im anderen Fall unzweifelhaft fest, daß die Angeklagte - was allein entscheidungswesentlich ist - der Zeugin K***** den Stoß versetzte, um sich die weggenommene Sache, nämlich das Paar Damenschuhe, das sie im Geschäft heimlich an sich genommen hatte, zu erhalten.

Der dem Urteil anhaftende (und von der Beschwerde an sich zutreffend aufgezeigte) Mangel ist demnach nicht geeignet, eine Nichtigkeit im Sinn der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO zu begründen.

Mit der Tatsachenrüge (Z 5 a) wendet sich die Angeklagte gegen die Urteilsfeststellung, wonach sie gegenüber der Zeugin K***** Gewalt angewendet hat, indem sie der Genannten einen Stoß gegen den Körper versetzte, wodurch die Zeugin zum Zurückweichen veranlaßt wurde, sodaß der PKW, in welchem die Angeklagte saß, wegfahren konnte (S 54 d.A). Das bezügliche Beschwerdevorbringen ist indes nicht geeignet, sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Feststellung zu erwecken. Das Erstgericht hat die in Rede stehende Konstatierung auf die - in den verschiedenen Verfahrensstadien im Kern stets gleichbleibenden - Bekundungen der Zeugin K***** gestützt, der es (auch aufgrund des von ihr in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks) Glauben schenkte, wobei es (auch) darauf Bezug nahm, daß die Angaben dieser Zeugin mit der Aussage der gleichfalls als glaubwürdig beurteilten Zeugin S***** im Einklang stehen (S 55 ff d.A). Was die Beschwerde dagegen einwendet, läuft der Sache nach lediglich auf eine Bekämpfung der erstrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer (gegen Urteile der Schöffengerichte nach wie vor unzulässigen) Schuldberufung hinaus; eine Urteilsnichtigkeit gemäß § 281 Abs. 1 Z 5 a StPO wird damit nicht aufgezeigt.

Nicht berechtigt ist aber auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a, der Sache nach Z 10), mit welcher die Angeklagte das Vorliegen eines räuberischen Diebstahls mit der Begründung bekämpft, sie habe keine Gewalt iS des § 131 StGB angewendet, und überdies vorbringt, ihre Tat sei lediglich als Entwendung zu beurteilen, wobei es aber an einer Ermächtigung zur Verfolgung fehle.

Rechtliche Beurteilung

Unter den Begriff der Gewalt in der Bedeutung des § 131 StGB fällt jeder Einsatz einer physischen Kraft zur Überwindung eines wirklichen oder vermeintlichen Widerstandes, wobei eine besondere körperliche Kraftanstrengung nicht erforderlich ist; genug daran, daß es gerade der (tätergewollte) Krafteinsatz ist, der das Opfer dazu veranlaßt, von seinem Bestreben, die weggenommene Sache wieder zu erlangen, und solcherart dazu führt, daß der Täter den Gewahrsam an der Diebsbeute aufrecht erhalten kann

(vgl ÖJZ-LSK 1987/83 ua, zuletzt 16 Os 11/90). Indem die Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen der Zeugin K***** als diese nach einem der weggenommenen Schuhe greifen wollte, einen Stoß gegen ihren Körper versetzte, der jedenfalls von solcher Intensität gewesen ist, daß die Zeugin ihr Vorhaben nicht verwirklichen konnte, sondern zurückweichen und die Flucht der Diebin geschehen lassen mußte, hat sie eine die Erheblichkeitsschwelle unzweifelhaft überschreitende Gewalt angewendet, weshalb die Tat rechtsrichtig dem § 131 StGB unterstellt wurde. Damit scheidet aber eine Tatbeurteilung als Entwendung aus, weil § 141 StGB kraft Gesetzes (ua) dann nicht anwendbar ist, wenn ein Fall des § 131 StGB vorliegt.

Was schließlich die begehrte Anwendung des § 42 StGB betrifft (Z 9 lit b), so steht diesem Begehren (schon) der Umstand entgegen, daß räuberischer Diebstahl mit einer drei Jahre übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist, womit es an den formellen Voraussetzungen für die Anwendung des in Rede stehenden Straflosigkeitsgrundes fehlt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist somit nach keiner Richtung hin berechtigt, weshalb sie zu verwerfen war.

Die von der Angeklagten angemeldete Schuldberufung (vgl S 62 d.A) war zurückzuweisen, weil gegen schöffengerichtliche Urteile ein derartiges Rechtsmittel - nach wie vor - nicht zulässig ist.

Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagte nach dem ersten Strafsatz des § 131 StGB unter Anwendung des § 43 a Abs. 2 StGB zu einer Geldstrafe von 140 Tagessätzen, wobei es die Ersatzfreiheitsstrafe mit 70 Tagen und den Tagessatz mit 50 S festsetzte, sowie zu einer unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 5 Monaten.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend das einschlägig getrübte Vorleben (die Angeklagte weist eine Vorstrafe wegen Vergehens des Diebstahls aus dem Jahr 1988 auf), als mildernd hingegen die erfolgte Schadensgutmachung.

Mit ihrer Berufung wendet sich die Angeklagte gegen die Anwendung des § 43 a Abs. 2 StGB, indem sie die Verhängung einer insgesamt bedingt nachgesehenen Geldstrafe, jedenfalls aber den Entfall einer Freiheitsstrafe begehrt.

Der Berufung kommt gleichfalls keine Berechtigung zu.

Auch wenn der Berufungswerber - neben der erfolgten Schadensgutmachung - überdies ihr Geständnis in Ansehung des Grundtatbestands des Diebstahls als mildernd zugute gehalten wird, so kann dem Begehren auf Verhängung allein einer Geldstrafe (gemäß § 37 Abs. 1 StGB) deshalb nicht nähergetreten werden, weil sie, obwohl sie im Jahr 1988 wegen eines gleichartigen Diebstahls verurteilt worden ist, abermals einschlägig straffällig geworden ist, womit sich zeigt, daß die damals über sie verhängte (unbedingte) Geldstrafe ersichtlich wirkungslos geblieben ist.

Angesichts dieser Rückfälligkeit der Angeklagten ist das Schöffengericht somit zutreffend davon ausgegangen, daß auf eine Freiheitsstrafe zu erkennen ist, deren Ausmaß sechs Monate zu übersteigen hätte, um die Angeklagte von der Begehung weiterer gleichgelagerter strafbarer Handlungen abzuhalten. Da angesichts der Vorstrafe die Voraussetzungen für eine bedingte Nachsicht der ganzen verwirkten Freiheitsstrafe nicht vorliegen, wurde weiters zutreffend an Stelle eines Teiles dieser Freiheitsstrafe auf eine schuldangemessene Geldstrafe erkannt, was es ermöglicht, den verbleibenden Teil der Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachzusehen (§ 43 a Abs. 2 StGB).

Auch der Berufung mußte demnach ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E25022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:016OS000037.90011.0125.000

Dokumentnummer

JJT_19910125_OGH0002_016OS000037_9001100_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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