TE OGH 1991/1/29 4Ob174/90

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Veröffentlicht am 29.01.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö***** Druck- und Verlagsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei E***** Zeitschriftenverlagsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Friedrich H.Knöbl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 500.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 6.September 1990, GZ 2 R 116/90-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 26.März 1990, GZ 37 Cg 128/89-12, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 19.069,20 S bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 3.178,20 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

Das Provisorialverfahren ist durch den die vom Erstgericht antragsgemäß erlassene Verfügung bestätigenden Beschluß des Rekursgerichtes vom 21.9.1989, GZ 2 R 164/89-8, rechtskräftig beendet worden. Auch im Hauptverfahren ist das Urteil des Erstgerichtes, welches in rechtlicher Hinsicht nur auf die Beurteilung des unverändert gebliebenen Sachverhalts im Provisorialverfahren verwiesen hat, noch vor der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 26.6.1990, 4 Ob 41/90 (ÖBl 1990, 154 = MR 1990, 144 = EvBl 1990/114 = WBl 1990, 308 = eco 1990, 558), gefällt worden. Mit dieser Entscheidung ist der erkennende Senat allerdings nur von seiner bisherigen Rechtsprechung zur wahrheitsgemäßen vergleichenden Werbung abgegangen; er sieht diese nunmehr im Lichte einer verfassungskonformen Auslegung der UWG-Novelle 1988 als grundsätzlich zulässig an, sofern sie nicht im Sinne des § 2 UWG zur Irreführung geeignet ist oder - etwa durch Pauschalabwertungen, unnötige Bloßstellungen oder aggressive Tendenzen - das Sachlichkeitsgebot verletzt (§ 1 UWG). Soweit sich daher die Ausführungen der Beklagten zum Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung darauf beschränken, den bloßen Gang des Provisorialverfahrens und den in diesem Rahmen von ihr insbesondere schon im Rekurs und später dann in der Berufung - mit Ausnahme zum zweiten Unterlassungsbegehren - eingenommenen Rechtsstandpunkt wiederzugeben, läßt sich daraus nicht erkennen, welche konkrete Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes - das sich ja bereits mit den Unterlassungsbegehren der Klägerin im Lichte der neuen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur wahrheitsgemäßen vergleichenden Werbung auseinandergesetzt hat - von der Beklagten überhaupt noch weiterhin als unrichtig bekämpft wird. Die Rechtsmittelwerberin macht allerdings unter Hinweis auf die Entscheidung ÖBl 1990, 154 geltend, daß das Berufungsgericht zu Unrecht die Irreführungseignung ihrer "Mediainformation" bejaht habe und überdies eine Begründung dafür schuldig geblieben sei, warum die konkret beanstandeten "Eigenschaftsprofile" keine objektiv nachprüfbaren Tatsachenbehauptungen sein sollen. Gegenstand der Rechtsrüge und damit des Revisionsverfahrens sind daher nur noch das erste und dritte Unterlassungsbegehren der Klägerin. In diesem Umfang liegen jedoch entgegen dem - den Obersten Gerichtshof gemäß § 508 a Abs 1 ZPO nicht

bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision gegen sein teilweise abänderndes Urteil die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vor:

Die Frage, welchen Inhalt eine bestimmte Bekanntmachung oder Mitteilung nach ihrem Gesamteindruck auf die angesprochenen Verkehrskreise hat, so daß ihr im Sinne des § 2 UWG eine zur Irreführung geeignete Angabe (hier: bestimmte Kennzahlen über das Leserverhalten in bezug auf die Fachzeitschrift der Beklagten im Vergleich zu anderen Fachzeitschriften, wobei aber diese Kennzahlen nicht auf den Ergebnissen einer repräsentativen Umfrage unter sämtlichen Lesern der in Betracht kommenden Fachzeitschriften, sondern nur auf einer solchen unter den Lesern der Fachzeitschrift der Beklagten beruhen) entnommen werden kann (erstes Urteilsbegehren), hängt so sehr von den Verhältnissen des konkreten Falles - nämlich von den Formulierungen und der Aufmachung der von der Beklagten an in der KFZ-Branche für Werbung verantwortliche Personen versendeten "Mediainformation" - ab, daß ihre Beantwortung keine brauchbaren Anhaltspunkte für die Beurteilung ähnlicher Fälle erwarten läßt (vgl ÖBl 1984, 79; ÖBl 1985, 163; JBl 1986, 192; 4 Ob 358/87; 4 Ob 98/88; 4 Ob 141/90 ua); sie wird auch von der geänderten Rechtsprechung zur wahrheitsgemäßen vergleichenden Werbung nicht berührt. Dasgleiche gilt für die Frage, ob das mit dem dritten Unterlassungsbegehren beanstandete "Eigenschaftsprofil", mit dem die Fachzeitschrift der Beklagten in den Bereichen "kompetent/objektiv", "interessant", "sympathisch", "gibt praktische Anregungen", "anspruchsvoll und nützlich" als überlegen dargestellt wird, eine das Sachlichkeitsgebot (§ 1 UWG) verletzende, mit bloßen Schlagwörtern (Wertungen) operierende Pauschalabwertung ist, weil diesem Qualitätsvergleich selbst für ein fachkundiges Publikum keine objektiv nachprüfbaren Tatsachenbehauptungen zugrunde lagen; auch die hier entscheidende Rechtsfrage ist - ebenso wie die von der Beklagten schließlich noch geltend gemachte zu weite Fassung der Unterlassungsgebote, welche sich zwar grundsätzlich an den konkreten Wettbewerbsverstößen zu orientieren haben, was

aber - vorbeugend - doch eine gewisse allgemeine Fassung nicht ausschließt (MR 1990, 27 ua) - in einem solchen Maß auf die Verhältnisse des vorliegenden Einzelfalles abgestellt, daß ihre Beantwortung keine brauchbaren Anhaltspunkte für die Beurteilung ähnlicher Fälle erwarten läßt.

Die somit insgesamt wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) unzulässige Revision mußte deshalb zurückgewiesen werden (§ 510 Abs 3, letzter Satz, ZPO).

Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf den vorliegenden Zurückweisungsgrund hingewiesen; die Beklagte hat ihr daher gemäß §§ 41, 50 ZPO die Kosten der Rechtsmittelgegenschrift zu ersetzen.

Anmerkung

E25047

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:004OB000174.9.0129.000

Dokumentnummer

JJT_19910129_OGH0002_004OB000174_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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