TE OGH 1991/1/30 9ObA4/91

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Veröffentlicht am 30.01.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Wolfgang Adametz und Rupert Gnant als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** G*****, Installateur, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei F***** L*****, vertreten durch *****, Rechtsanwalt *****, wegen 115.709,56 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7.Dezember 1989, GZ 7 Ra 91/89-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 20. Juni 1989, GZ 35 Cga 73/89-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 6.172,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.028,70 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bei der beklagten Partei vom 3.3.1975 bis 18.11.1988 beschäftigt; das Dienstverhältnis wurde durch Entlassung beendet. Er begehrt von der beklagten Partei die Zahlung eines Betrages von 115.709,56 S brutto sA an Kündigungsentschädigung, Urlaubsentschädigung, aliquoter Weihnachtsremuneration und Abfertigung. Diese Ansprüche stünden ihm zu, da er zu Unrecht entlassen worden sei.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Der Kläger sei zu Recht entlassen worden, weil er die Verrichtung betriebsnotwendiger Überstunden abgelehnt habe. Einredeweise geltend gemacht wurde eine Gegenforderung von 41.224 S; der beklagten Partei sei infolge einer unsachgemäßen Verrichtung von Arbeiten durch den Kläger ein Schaden in dieser Höhe entstanden.

Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf die Klagsforderung ein und gab mit Teilurteil dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die Entscheidung als unzulässig aufzuheben und die Sache zur gemeinsamen Verhandlung über die Klagsforderung und die Gegenforderung an das Erstgericht zurückzuverweisen; eventualiter begehrt die beklagte Partei die Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer Klageabweisung oder aber ihre Aufhebung zur Verfahrensergänzung durch eine der Vorinstanzen.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Nach Erstattung der Revision wurde über das Vermögen der beklagten Partei das Konkursverfahren eröffnet. Der Oberste Gerichtshof stellte zufolge der hiedurch eingetretenen Unterbrechung des Verfahrens die Akten an das Erstgericht zurück. Im Konkursverfahren anerkannte der Masseverwalter die hier geltend gemachte Forderung des Klägers; auch von Seiten der beklagten Partei als Gemeinschuldner blieb die Forderung unbestritten.

Nach Aufhebung des Konkursverfahrens beantragte die beklagte Partei die Fortsetzung des Verfahrens. Der Kläger führte dazu aus, die im Konkurs anerkannte Forderung sei aus Mitteln des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds zur Gänze beglichen worden. Der Fortsetzung des Verfahrens stehe das Prozeßhindernis der entschiedenen Rechtssache entgegen und es fehle dem Beklagten auch an einer Beschwer.

Gemäß § 60 Abs 2 KO idF d Art II IRÄG 1982, BGBl 370, bindet dann, wenn der Gemeinschuldner eine Forderung nicht bestritten hat, deren Feststellung im Konkurs die Gerichte und, sofern besondere Gesetze nichts anderes bestimmen, auch die Verwaltungsbehörden. Leistungsklagen über solche Forderungen bleiben jedoch zulässig. Die Feststellung nach § 109 KO äußert sohin eine streitabschneidende Wirkung, die sich nach Konkursaufhebung bei Nichtbestreiten durch den Gemeinschuldner zur Bindungswirkung verdichtet (Jelinek in FS Fasching, 245 ff (246)). Die Feststellung zieht keine volle Rechtskraftwirkung nach sich, doch ergibt § 60 Abs 2 KO, daß sie eine der Rechtskraftwirkung nahekommende Tragweite hat (Jelinek aaO, 250).

Ebenso wie die Feststellung einer Forderung im Konkurs der späteren klageweisen Geltendmachung des Leistungsanspruches nicht entgegensteht, bildet sie auch kein Hindernis für die Fortsetzung eines bereits früher eingeleiteten, durch die Konkurseröffnung unterbrochenen Verfahrens über ein Leistungsbegehren. Nach den Grundsätzen des österreichischen Zivilprozesses ist (ausgenommen in Fällen mit Neuerungserlaubnis) im Rechtsmittelverfahren nur zu prüfen, ob der Klagsanspruch im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz berechtigt war. Nach diesem Zeitpunkt liegende Sachverhaltsänderungen dürfen bei der Rechtsmittelentscheidung nicht berücksichtigt werden. Eine nach Schluß der Verhandlung erster Instanz erfolgte Klaglosstellung durch Erfüllung hat daher außer Betracht zu bleiben (Fasching Kommentar III, 661); es ist daher ausgeschlossen die Beschwer des Beklagten deshalb zu verneinen, weil die ihm durch die bekämpfte Entscheidung auferlegte Leistung mittlerweile (wenn auch wie hier von dritter Seite) erbracht wurde (EvBl 1981, 101). Die von der klagenden Partei vorgebrachten Umstände hindern daher die Revisionsentscheidung nicht.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof folgt der in ständiger Rechtsprechung zur

Frage der Zulässigkeit der Fällung eines Teilurteiles vertretenen

Ansicht, daß zwischen den Entgeltansprüchen des Dienstnehmers und

der eingewendeten Schadenersatzforderung des Dienstgebers aus

einem Verhalten bei Erbringung der Dienstleistungen kein

rechtlicher Zusammenhang besteht, da Grundlage des

Entgeltanspruches unmittelbar der Dienstvertrag ist, während

Grundlage des Schadenersatzanspruches ein deliktisches Verhalten

des Dienstnehmers ist, das mit der Erfüllung des Arbeitsvertrages

nur so weit unmittelbar im Zusammenhang steht, als es sich

während des Dienstes ereignete (SZ 56/70 = Arb 10.247 = EvBl

1983/94 = RdW 1983, 20 = JBl 1983, 609; SZ 56/150 = ZAS 1984/189

= EvBl 1984/103 = JBl 1984, 157). Die Fällung des Teilurteiles

über die Klagsforderung war daher zulässig.

Das Eingehen auf die Ausführung der Revision, welche die beklagte Partei gegen die sachliche Berechtigung der Klagsforderung ins Treffen führt, ist dem Revisionsgericht jedoch verwehrt. Die Feststellung der vom Masseverwalter anerkannten und vom Gemeinschuldner nicht bestrittenen Forderung des Klägers entfaltet ihre bindende Wirkung auch im Revisionsverfahren. Ausgehend hievon ist das Klagebegehren berechtigt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Da das Revisionsverfahren ausschließlich die Klagsforderung zum Gegenstand hatte, konnte über die Kosten dieses Verfahrensabschnittes endgültig entschieden werden. Ein Fall, auf den die besondere Kostenregelung des § 60 Abs 2 KO anwendbar wäre, liegt nicht vor, da einerseits die Verfahrensfortsetzung von der beklagten Partei beantragt wurde und diese überdies ihr Begehren auf Abweisung der Klage aufrecht erhalten hat.

Anmerkung

E25323

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:009OBA00004.91.0130.000

Dokumentnummer

JJT_19910130_OGH0002_009OBA00004_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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