TE OGH 1991/1/31 8Ob646/90

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Veröffentlicht am 31.01.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Graf, Dr.Jelinek und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** K***** S*****, vertreten durch Dr.A***** S*****, Rechtsanwalt *****, wider die beklagten Parteien 1. mj. Monika S*****, 2. mj. Martin S*****, ***** vertreten durch Dr.J***** J*****, Rechtsanwalt *****, wegen Bestreitung der ehelichen Geburt aus Anlaß der Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 11.Juni 1990, GZ 44 R 2039/90-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 5. Februar 1990, GZ 1 C 24/90v-5, bestätigt wurde, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Akt wird dem Bezirksgericht Mödling im Wege des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien mit folgenden Aufträgen zurückgestellt:

1. Beim Pflegschaftsgericht ist die Bestellung eines Kollisionskurators nach § 271 ABGB für die beklagten Parteien anzuregen.

Gleichzeitig ist den Parteien unter Setzung einer Frist Gelegenheit zu geben, die Behebung des Mangels der gesetzlichen Vertreter der beklagten Parteien durch einen Antrag auf Bestellung eines Kollisionskurators in die Wege zu leiten.

2. Der bestellte Kollisionskurator ist unter Setzung einer angemessenen Frist im Sinn des § 6 Abs 2 ZPO aufzufordern, eine Erklärung darüber abzugeben, ob er die bisherige Prozeßführung genehmigt.

Text

Begründung:

Die vorliegende, gegen die am 2.1.1975 geborenen mj. Zwillinge gerichtete Klage auf Bestreitung der ehelichen Geburt wurde antragsgemäß der ehelichen Mutter als gesetzliche Vertreterin zugestellt. Ein Kollisionskurator wurde nicht bestellt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die Revision an den Obersten Gerichtshof für zulässig.

Gegen dieses Urteil erhob der Kläger fristgerecht Revision.

Die beklagten Parteien beantragten, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlaß der zulässigen Revision war vor Erledigung des Rechtsmittels von Amts wegen zu prüfen, ob die Beklagten im Verfahren ordnungsgemäß vertreten sind.

Dies ist zu verneinen.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt, und zwar auch nach der Neuordnung des Kindschaftsrechtes, ausgesprochen hat (SZ 52/124; EFSlg 36.070 ua), ist im Ehelichkeitsbestreitungsprozeß eine Interessenkollision zwischen dem Kind und seiner (ehelichen) Mutter nicht auszuschließen, sodaß diese nicht als gesetzliche Vertreterin des Kindes im Verfahren auftreten und für dieses einen Rechtsanwalt bestellen kann. Einerseits hat nämlich das Kind ein im § 158 ABGB anerkanntes Interesse an der Klärung seiner natürlichen Abstammung, andererseits liegt es im Interesse der Mutter, nicht des Ehebruchs überführt zu werden. Die Mutter würde darüber hinaus im Falle einer erfolgreichen Bestreitung der ehelichen Geburt bis zur Feststellung des natürlichen Vaters allein unterhaltspflichtig werden, sodaß sie auch aus diesem Grund ein Interesse an einem bestimmten Prozeßausgang hat, der den Interessen des Kindes widerstreiten kann. Diese Überlegungen sind abstrakter Natur und müssen im Einzelfall auch nicht zutreffen; sie müssen aber bei der Möglichkeit einer Interessenkollision berücksichtigt werden. Wegen dieser möglichen Interessenkollision zwischen dem beklagten Kind und seiner Mutter verliert diese im Verfahren wegen Bestreitung der ehelichen Geburt ihre gesetzliche Vertretungsbefugnis und das Recht, einen Anwalt ihres Vertrauens zur Vertretung des beklagten Kindes zu bestellen. Es muß daher - ohne daß im Einzelfall zu prüfen wäre, ob eine Interessenkollision auch wahrscheinlich ist - für die minderjährigen Kinder ein Kurator bestellt werden (§ 271 ABGB).

Da ein ohne Mitwirkung eines Kollisionskurators zustande gekommenes Urteil mit dem Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 5 behaftet ist, müßte, falls der Mangel nicht sanierbar ist, das bisherige Verfahren einschließlich der Klagszustellung für nichtig erklärt werden (SZ 52/124 ua). Es war daher im Sinn des § 6 Abs 2 ZPO dem Erstgericht aufzutragen, die Behebung des Mangels zu versuchen.

Anmerkung

E25287

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0080OB00646.9.0131.000

Dokumentnummer

JJT_19910131_OGH0002_0080OB00646_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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