TE OGH 1991/2/7 6Ob511/91

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Veröffentlicht am 07.02.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als Richter in der Vormundschaftssache des mj. Kindes Carmen *****, im Haushalt seines Vaters *****, in Verfolgung der Unterhaltsansprüche vertreten durch das Amt *****, wegen Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nach den §§ 3 und 4 Z 1 UVG infolge Revisionsrekurses des Kindes gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 24. Oktober 1990, AZ 44 R 675/90 (ON 159), womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 16.August 1990, GZ 8 P 635/87-149, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht stattgegeben.

Text

Begründung:

Das vorschußbegehrende Kind wurde am 23.August 1986 von einer ledigen Frau geboren. Ihr Lebensgefährte anerkannte die Vaterschaft und verpflichtete sich zu einer monatlichen Unterhaltszahlung in der Höhe von 1.000 S zu Handen des jeweiligen Vormunds. Nachdem die Mutter noch während des ersten Lebensjahres des Kindes die Haushaltsgemeinschft mit dem Vater des Kindes verlassen und in einer Eingabe an das Vormundschaftsgericht zugunsten des Vaters auf "Vormundschaft, Pflege sowie Erziehung" ihres Kindes "verzichtet" hatte, wurde der Vater zum Vormund bestellt (ON 10). Knapp sechs Wochen später wurde der Mutter das Pflege- und Erziehungsrecht entzogen und dieses dem Vater zuerkannt (ON 13). Der Vater nahm wieder eine Lebensgemeinschaft mit seiner geschiedenen Frau Elfriede auf und in diesem Haushalt wuchs auch das Kleinkind heran. Nachdem der Vater Mitte Februar 1989 den gemeinsamen Haushalt mit seiner geschiedenen Frau verlassen hatte, dieser die vorläufige Pflege und Erziehung des Kindes übertragen worden war und Erhebungen über Aufenthalt und Beschäftigung des Vaters zunächst ergebnislos geblieben waren, stellte das Kind durch den Jugendwohlfahrtsträger einen auf die §§ 3, 4 Z 1 UVG gestützten Antrag auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen.

Die Antragsvoraussetzung nach § 4 Z 1 UVG wurde dabei mit der Ausführung begründet, daß "der Unterhaltsschuldner seit März 1989 unbekannten Aufenthaltes ist und auch seine bisherige Arbeitsstelle verlassen hat". Als Zahlungsempfänger wurde im Antrag die geschiedene Frau des Vaters, in deren Pflege sich das Kind damals befand, bezeichnet.

Nach einem Bericht des Jugendwohlfahrtsträgers vom 3.Juli 1989 habe der Vater bereits am 29.Juni 1989 gemeinsam mit seiner geschiedenen Ehefrau vor dem Amt vorgesprochen und Erklärungen über die Pflege und Erziehung seiner damals knapp drei Jahre alten Tochter abgegeben. Der Vater wurde am 19.September 1989 auch durch das Pflegschaftsgericht gehört und teilte dabei seine neuerliche Eheschließung und seine nunmehrige Wohnanschrift mit. Bei einer weiteren Vorsprache gab der Vater am 27.Oktober 1989 dem Pflegschaftsgericht seinen nunmehrigen Dienstgeber bekannt. Im Zuge von Erhebungen zu einem Sorgerechtsantrag wurden sowohl der Vater als auch seine geschiedene Ehefrau am 9.Februar 1990 durch einen beauftragten Richter des Rekursgerichtes vernommen. Der Jugendwohlfahrtsträger erstattete dem Rekursgericht einen eingehenden Erhebungsbericht über die Verhältnisse des Vaters und seiner geschiedenen Ehefrau. Nachdem das Rekursgericht eine Sorgerechtsentscheidung im Sinne des Vaters getroffen hatte, teilte der Jugendwohlfahrtsträger unter Berufung auf § 21 UVG dem Pflegschaftsgericht mit, daß der Vater die Auszahlung der Unterhaltsvorschüsse an seine Adresse begehre (was sich allerdings vermutlich auf die dem Kind bewilligten Vorschüsse auf die ihm von seiner Mutter geschuldeten Unterhaltszahlungen zu beziehen war).

Zur Erklärung über den Vorschußantrag aufgefordert, erklärte der Jugendwohlfahrtsträger, daß der Antrag - ebenso wie ein Unterhaltsfestsetzungsantrag - aufrechterhalten, aber für den Zeitraum vom 1.Februar 1989 bis 31.Mai 1990 eingeschränkt würde. Dazu erstattete der Jugendwohlfahrtsträger die Mitteilung, daß sich das Kind seit 8.Juni 1990 wieder bei seinem Vater aufhalte.

Mit Beschluß vom 16.August 1990 (ON 149) wies das Vormundschaftsgericht den Antrag des Kindes auf Gewährung von Vorschüssen auf die ihm von seinem Vater geschuldeten Unterhaltszahlungen ab. Dazu führte das Vormundschaftsgericht aus, daß Unterhaltsvorschüsse nach dem Vater nicht im nachhinein zu Handen einer Person bewilligt werden dürften, die das Kind nun nicht mehr betreue, "zumal sich die Minderjährige nunmehr wieder beim damaligen Unterhaltsschuldner befindet".

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus der Erwägung, daß Vorschußleistungen für vergangene Zeiträume grundsätzlich nur zu Handen jener Person dem Gesetzeszweck entsprächen, die das Kind im Zeitpunkt der Entscheidung über die Gewährung der Vorschüsse pflege und erziehe, einer Auszahlung an den Vater aber § 2 Abs. 2 Z 1 UVG entgegenstünde. Eine Auszahlung von Vorschüssen zu Handen des Unterhaltsschuldners würde sofort dessen Ersatzpflicht in gleicher Höhe begründen. Eine Auszahlung an die geschiedene Ehefrau des Vaters - die das Kind während des Zeitraumes, für den die Vorschußzahlungen gewährt werden sollten, tatsächlich betreute - käme nicht mehr dem Kind zugute, sondern bedeutete im Ergebnis einen Ausgleich, den die Pflegemutter nur im Rahmen des § 1042 ABGB durchzusetzen vermöchte; eine Befriedigung solcher Ansprüche sei aber nicht das Anliegen des UVG.

Rechtliche Beurteilung

Der (für das Kind erhobene) Revisionsrekurs des Jugendwohlfahrtsträgers ist zwar wegen der darzulegenden grundsätzlichen Frage zulässig, aber nicht berechtigt.

Als Vorschußgrund wurde im Antrag im Sinne des § 4 Z 1 UVG vorgebracht, daß der Unterhaltsschuldner seit etwa zwei Monaten unbekannten Aufenthaltes sei und auch seine bisherige Arbeitsstelle verlassen habe. Obwohl in aktenkundiger Weise bereits etwa zwei Monate nach dieser Antragstellung dem Jugendwohlfahrtsträger der Aufenthalt des Unterhaltsschuldners bekannt war und in der Folge auch seine persönlichen Verhältnisse und insbesondere seine Beschäftigung aktenkundig wurden, hielt das Kind seinen Antrag auf Vorschußgewährung, wenn auch eingeschränkt für die in der Vergangenheit gelegenen Zeiträume, aufrecht, wobei es aber selbst die Antragsbehauptung des unbekannten Aufenthaltes des Unterhaltsschuldners inhaltlich widerrief, ohne konkret darzulegen, daß die voraussichtliche Aussichtslosigkeit einer Exekutionsführung gegen den Unterhaltsschuldner aus besonderen Gründen nach wie vor fortbestehe.

Der Vorschußgrund der voraussichtlichen Aussichtslosigkeit von Eintreibungsversuchen im Sinne des § 4 Z 1 UVG muß auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Vorschußgewährung aufrechtbestehen.

Da das schon nach dem - in Übereinstimmung mit der Aktenlage - geänderten Vorbringen des Jugendwohlfahrtsträgers nicht mehr der Fall war, erfolgte die Antragsabweisung im Ergebnis zu Recht.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E25229

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0060OB00511.91.0207.000

Dokumentnummer

JJT_19910207_OGH0002_0060OB00511_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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