TE OGH 1991/2/12 4Ob1/91

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Veröffentlicht am 12.02.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei "D*****-Zeitschriftengesellschaft mbH", Wien 16., Odoakergasse 34-36, vertreten durch Dr. Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. R***** ZEITSCHRIFTENVERLAGSGESELLSCHAFT mbH, Wien 17., Pezzlgasse 66,

2. M***** Zeitungsvertriebsgesellschaft mbH & Co KG, 3. M***** Zeitungsvertriebsgesellschaft mbH, 4. Mag. Michael G*****, Geschäftsführer, 5. Bernd N*****, Geschäftsführer, alle diese Beklagten in Wien 19., Muthgasse 2, die erst- und die viertbeklagte Partei vertreten durch Dr. Heinz Giger und Dr. Stephan Ruggenthaler, Rechtsanwälte in Wien, die zweit-, die dritt- und die fünftbeklagte Partei vertreten durch Dr. Gerhard Engin-Deniz und Mag.Dr. Christian Reimitz, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert zu 17 Cg 12/89 S 2,050.000, zu 17 Cg 2/89 S 2,550.000 und zu 17 Cg 3/89 S 2,050.000; Revisionsinteresse zu 17 Cg 12/89

S 1,025.000, zu 17 Cg 2/89 und zu 17 Cg 3/89 je S 1,050.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 3. September 1990, GZ 4 R 121/90-36, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 2. März 1990, GZ 17 Cg 12/89-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der erst- und der viertbeklagten Partei die mit S 28.772,38 (darin S 4.795,40 Umsatzsteuer) und der zweit-, der dritt- sowie fünftbeklagten Partei die mit S 30.080,20 (darin S 5.013,37 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Medieninhaberin der Wochenzeitschrift "D*****". Die Erstbeklagte ist Medieninhaberin, Verlegerin und Herausgeberin der Monatszeitschriften "R*****" und "B*****". Die zweitbeklagte GmbH & Co KG, deren Komplementärin die drittbeklagte GmbH ist - der Viert- und der Fünftbeklagte sind deren Geschäftsführer -, besorgt den Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften aus den Verlagen der "W*****-Gruppe" sowie mehrerer anderer, zum Teil bedeutender Verleger in der Form, daß ihr der jeweilige Verleger das fertige Zeitungs- oder Zeitschriftenprodukt übergibt. Sie liefert dann das Produkt im eigenen Namen, jedoch auf Rechnung des Verlegers, unmittelbar an die verschiedenen Einzelhändler aus; nur beim Vertrieb in das Ausland bedient sie sich eines Großhändlers. Die Zweitbeklagte rechnet dann mit den Einzelhändlern ab, denen eine festgelegte Spanne von den verkauften Exemplaren belassen wird; nach Abzug der zwischen dem Verleger und ihr geregelten Vertriebskosten liefert sie den verbliebenen Erlös dem Verleger ab. Die nicht verkauften Exemplare von Zeitungen oder Zeitschriften werden ihr entweder im Wege der "Vollremission" oder der "Teilremission" zurückgeliefert. Sind im Zuge von Aktionen einer Zeitschrift irgendwelche Zugaben beizugeben, dann besorgt in der Regel die Zweitbeklagte dieses Dazupacken. Sie führt auch den Vertrieb an die Abo-Kunden durch, nachdem beim Verleger eingegangene Abo-Bestellungen an sie weitergegeben worden sind; die Zweitbeklagte nimmt dann die Bestellungen in die von ihr geführte Abo-Kartei auf. Es kommt auch vor, daß solche Abo-Karteien doppelt geführt werden, nämlich sowohl vom Verleger als auch von der Zweitbeklagten. Bei diesem Vertriebsvorgang verwendet die Zweitbeklagte Lieferscheine, Retourscheine und Rechnungsformulare, in denen jeweils ihre Firma als Kopf aufgedruckt ist (Beilagen L, M und N).

Die "W*****" ist zu je 45 % an der "K***** Zeitungsverlag und Druckerei AG und an der "K*****-Verlag GmbH & Co KG beteiligt. Vorstand der K***** Zeitungsverlag und Druckerei AG - an welcher die K*****Beteiligungs AG zu 55 % beteiligt ist - ist der Viertbeklagte; Geschäftsführer der K*****-Verlag GmbH & Co KG - an welcher Hans D***** mit 55 % beteiligt ist - ist (u.a.) der Fünftbeklagte. Die K***** Zeitungsverlag und Druckerei AG ist zu 30 %, die K*****-Verlag GmbH & Co KG zu 70 % an der M***** Zeitungs- und Zeitschriftenverlag GmbH & Co KG (Geschäftsführer: Viert- und Fünftbeklagter) beteiligt. Die zweitbeklagte ist eine 100 %ige Tochter dieser KG. Zu 26 % ist die K***** Zeitungsverlag und Druckerei AG an der M*****-Holding Beteiligungs GmbH beteiligt; die Erstbeklagte ist eine 100-%ige Tochter der M*****-Holding Beteiligungs GmbH.

Vertraglich geregelte Einflußmöglichkeiten der Zweit- oder der Drittbeklagten sowie des Viert- und des Fünftbeklagten als deren Geschäftsführer auf die Erstbeklagte bestehen nicht. Auf Grund der gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen bestehen aber faktische Einflußmöglichkeiten. So hatte etwa der Viertbeklagte als Geschäftsführer der 100-%igen Muttergesellschaft der Erstbeklagten im Zuge des zwischen der Klägerin und der W*****-Gruppe tobenden "Zeitungskrieges" die Anweisung gegeben, streng darauf zu achten, daß Wettbewerbsverstöße in den Zeitschriften "R*****" und "B*****" nicht mehr vorkämen. Im Dezember 1989 ordnete daher eine Geschäftsführerin der Erstbeklagten - nach abermaliger Rücksprache mit dem Viertbeklagten - selbständig an, daß eine möglicherweise wettbewerbswidrige Abo-Werbung aus dem Heft 12/1989 der Zeitschrift "B*****" in der Weise entfernt werde, daß die beiden letzten Seiten der Ausgabe herausgeschnitten werden; das hat dann die Zweitbeklagte bei rund 95 % der Auflage dieses Heftes auch tatsächlich durchgeführt.

Wegen der Kürze der Zeit, die zwischen der Lieferung der Zeitungen oder Zeitschriften durch die Druckerei und der notwendigen Inangriffnahme des Vertriebes zur Verfügung steht, ist ein Durchlesen und fachgemäßes Überprüfen der einzelnen Druckwerke dahin, ob sie allenfalls wettbewerbsrechtlich bedenkliche Artikel oder Ankündigungen enthalten, nicht möglich. Überdies sind die von der Erstbeklagten hergestellten Zeitschriften "B*****" und "R*****" nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung für die W*****-Gruppe; von der faktischen Einflußmöglichkeit auf die Erstbeklagte wird daher nur spärlich Gebrauch gemacht und die Führung der Gesellschaft den hiefür bestellten Organen überlassen.

Dem Heft der Zeitschrift "B*****" Nr. 1/1989 war ein "Abo-Scheck" in Form einer Postkarte beigelegt; welche an "B*****" adressiert war. In der Spalte links daneben hieß es:

"Holen Sie sich 1 Jahr Basta.

Abo-Scheck.

Ja, ich will B***** im Abonnement, und ich will den exklusiven Hollywood-Regiesessel von FLYLINE. ....

Ich möchte meinen Regiesessel in folgender Farbe: ....."

Auf der anderen Seite der Karte war ein Regiesessel abgebildet; daneben stand:

"Der Hollywood-Regiesessel

GRATIS ZUM ABO

Wenn Sie jetzt B***** FÜR EIN JAHR LANG ABONNIEREN, SCHENKEN WIR

IHNEN EINEN EXKLUSIVEN FALTBAREN REGIESESSEL AUS LACKIERTEM STAHL

IN IHRER WUNSCHFARBE. .....".

Dem Heft Nr. 2/89 der Zeitschrift "B*****" war gleichfalls ein "Abo-Scheck" angeheftet, mit welchem den Bestellern eines Jahresabonnements der Zeitschrift "B*****" im Wert von S 350,- die unentgeltliche Ausfolgung einer Flasche des "exklusiven französischen Cognaks der Marke Courvoisier" angekündigt wurde.

An das Heft Nr. 1/1989 der Zeitschrift "R*****" war außen eine Faltkarte angeheftet; mit welcher ein "R*****-Jahresabonnement" zum ermäßigten Preis von S 225 bestellt werden konnte; als Einstandsgeschenk wurden wahlweise ein Jogging-Anzug und ein Kosmetik-Set angekündigt. Auch in den folgenden Heften der Zeitschriften "B*****" und "R*****" - bis einschließlich Heft Nr. 7 bis 8/89 der Zeitschrift "B*****" - wurden Ankündigungen veröffentlicht, welche die Klägerin zum Anlaß für weitere Wettbewerbsklagen und Exekutionsanträge machte.

Die Klägerin begehrt - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung -

I. zu 17 Cg 12/89:

1. die Erstbeklagte schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, in der Zeitschrift "B*****" oder auf einer dieser Zeitschrift beigegebenen Karte dem Besteller eines B*****-Abonnements eine Flasche besten französischen Cognacs gratis in Aussicht zu stellen oder zu geben oder geben zu lassen oder sonst im Zusammenhang mit der Bestellung eines B*****-Abonnements ein Gratisgeschenk nicht nur geringen Wertes anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren;

2. die übrigen Beklagten schuldig zu erkennen, es ab sofort zu unterlassen, die Zeitschrift "B*****" zu vertreiben, insbesondere zu verkaufen oder verkaufen zu lassen, wenn darin oder damit gegen eines der vorstehend genannten Verbote verstoßen wird;

II. zu 17 Cg 2/89:

die Zweit- und die Drittbeklagte sowie den Viert- und den Fünftbeklagten schuldig zu erkennen, es ab sofort zu unterlassen, die Zeitschrift "R*****" zu vertreiben, insbesondere zu verkaufen oder verkaufen zu lassen, wenn ihr eine Bestellkarte für ein "Geschenks-Abo" oder ein "Abo-Geschenk" beigegeben ist, mit der einem Einsender bei Bestellung eines "R*****"-Abonnements ein Jogging-Anzug oder ein Kosmetik-Set in Aussicht gestellt wird oder den Einsendern solcher Bestellkarten ein Jogging-Anzug oder ein Kosmetik-Set gratis gegeben wird oder sonst im Zusammenhang mit der Bestellung eines Abonnements des "R*****" eine solche Gratisgabe angeboten, angekündigt oder gewährt wird;

III. zu 17 Cg 3/89:

die zweit- und die Drittbeklagte sowie den Viert- und den Fünftbeklagten schuldig zu erkennen, es ab sofort zu unterlassen, die Zeitschrift "B*****" zu vertreiben, insbesondere zu verkaufen oder verkaufen zu lassen, wenn ihr ein "B*****-Abo-Scheck", insbesondere in Form einer Postkarte, beigegeben ist, mit dem einem Einsender bei Bestellung eines "B*****"-Abonnements ein "Hollywood-Regiesessel von Flyline" gratis in Aussicht gestellt wird, oder den Einsendern von "B*****-Abo-Schecks" ein Regiesessel gratis gegeben wird oder sonst im Zusammenhang mit der Bestellung eines "B*****"-Abonnements ein solches Gratisgeschenk angeboten, angekündigt oder gewährt wird.

In allen Verfahren stellt die Klägerin ferner ein Veröffentlichungsbegehren.

Nach Ansicht der Klägerin liege in all diesen Fällen ein Verstoß gegen das Zugabengesetz, aber auch gegen § 1 UWG vor. Es sei ständige Vertriebspolitik und Praxis der Erstbeklagten, den Absatz der Zeitschriften "B*****" und "R*****" durch das Gewähren und Ankündigen verbotener Zugaben sowie durch die glücksspielartige Vergabe von Preisen zu steigern und damit einen unsachlichen Anreiz auf das vorwiegend jugendliche Käuferpublikum auszuüben. Der Viert- und der Fünftbeklagte hätten somit laufend Kenntnis von der planmäßigen, andauernden Verletzung von Wettbewerbsvorschriften durch die Erstbeklagte gehabt. Im übrigen seien sie Konzern-Geschäftsführer des "M*****-Konzerns" und als solche über alle relevanten Vorgänge in diesem Konzern unterrichtet. Sie bestimmten die Konzernpolitik und die Geschäftsführung und verfolgten das allen M*****-Gesellschaften gemeinsame wirtschaftliche Interesse; sie seien demnach für alles, was im "M*****-Konzern" geschieht, verantwortlich. Das wettbewerbswidrige Verhalten der Erstbeklagten sei von ihnen gefördert und überhaupt erst ermöglicht worden. Die Unterlassungsklagen nach § 14 UWG und § 5 ZugG könnten daher gegen sie als Mittäter, Anstifter und Gehilfen des eigentlichen Störers gerichtet werden. Auf Grund ihrer beherrschenden Stellung im Konzern hätten sie auch die Möglichkeit, die Wettbewerbsverstöße abzustellen und den Vertrieb wettbewerbswidriger Zeitschriften zu unterbinden. Die Zweitbeklagte setze die wettbewerbswidrig beschaffene Ware im eigenen Namen in Verkehr; das Wissen ihrer Geschäftsführer um die Gesetzesverstöße sei ihr zuzurechnen. Da dem Viert- und dem Fünftbeklagten bekannt gewesen sei, daß jede neue Ausgabe von "B*****" und "R*****" mit hoher Wahrscheinlichkeit wettbewerbswidrig sein werde, hätten sie als Geschäftsführer der Erstbeklagten diese Ausgaben vor der Auslieferung an die Letztverkäufer überprüfen müssen, selbst wenn das sonst im Vertriebsgewerbe nicht üblich wäre. Sie hätten die beanstandeten Zeitungen auch von den Letztverkäufern zurückrufen müssen.

Die Erstbeklagte anerkannte das gegen sie gerichtete Unterlassungsbegehren; darüber wurde vom Erstgericht am 10. Oktober 1989 ein Teilanerkenntnisurteil gefällt (S 206).

Im übrigen beantragten die Beklagten die Abweisung sämtlicher Klagebegehren. Die Erstbeklagte wendete ein, daß das Veröffentlichungsbegehren zu weit gehe. Die anderen Beklagten machten geltend, daß sie sich an den beanstandeten Wettbewerbsverstößen nicht beteiligt hätten; sie hätten keinen Einfluß auf den Inhalt und die Gestaltung der Zeitungen. Die Zweitbeklagte besorge nur deren Vertrieb. Sie stehe zur Erstbeklagten in einem Auftrags-, allenfalls Kommissionsverhältnis; eine Untersuchungspflicht treffe sie nicht. Es wäre auch gar nicht möglich, die Zeitschriften vor der Auslieferung zu untersuchen.

Der Erstrichter, welcher die Rechtssachen 17 Cg 2/89 und

17 Cg 3/89 mit der Rechtssache 17 Cg 12/89 als der führenden

verbunden hatte (S 206), ermächtigte die Klägerin, den Spruch des

Teilanerkenntnisurteils vom 10. Oktober 1989 auf Kosten der

Erstbeklagten in der Zeitschrift "B*****" zu veröffentlichen; das

darüber hinausgehende Urteilsveröffentlichungsbegehren wies er

ebenso ab wie alle gegen die übrigen Beklagten gerichteten

Begehren. Ob Wettbewerbsverstöße vorliegen, könne dahingestellt

bleiben: Eine Haftung der Zweitbeklagten als bloßes

Vertriebsunternehmen komme nicht in Frage, sei sie doch weder

Mittäterin noch Anstifterin oder Gehilfin. Sie habe keine

Einflußmöglichkeiten auf die von der Erstbeklagten

herausgegebenen Zeitschriften; auch habe keine Möglichkeit

bestanden, den Inhalt der Zeitschriften zu prüfen und ihren

Vertrieb abzulehnen. Aus diesem Grund bestehe auch keine Haftung

der Komplementärin (= der Drittbeklagten) und ihrer

Geschäftsführer (= des Viert- und des Fünftbeklagten).

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes jeweils S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Die Feststellung des Erstrichters, daß die Zweitbeklagte die Zeitschriften auf Rechnung des Verlegers vertreibe, sei in Wahrheit eine Rechtsausführung im Sinne eines Kommissionsgeschäftes (§ 383 HGB). Im übrigen habe der Erstrichter in Übereinstimmung mit den Behauptungen der Klägerin als erwiesen angenommen, daß die Zweitbeklagte Rechnungsformulare mit ihrem Firmenwortlaut verwendet; es habe auch durchaus detaillierte Feststellungen über den Vertrieb an die Abo-Kunden getroffen. Ob derjenige, der einen Abo-Scheck zum Bezug eines unzulässigen Werbegeschenkes weiterleitet, Mittäter dessen ist, der das unzulässige Geschenk gewährt, könne unbeantwortet bleiben; Mittäter könnten nämlich nur auf Unterlassung ihres jeweiligen Tatbeitrages geklagt werden. Das Unterlassungsbegehren betreffe aber nicht den beanstandeten Tatbeitrag der Zweitbeklagten, also die Bekanntgabe des Namens des neuen Abonnenten sowie die Entgegennahme der Einzahlung. Es möge durchaus sein, daß der Viert- und der Fünftbeklagte auf die Wettbewerbskonformität der Zeitschriften "B*****" und "R*****" Einfluß nehmen können; darum gehe es hier aber nicht. Für wettbewerbswidriges Verhalten eines anderen habe nur einzustehen, wer den Wettbewerbsverstoß durch eigenes Verhalten gefördert oder überhaupt erst ermöglicht hat. Die M*****-Holding GmbH hätte zwar als 100 %ige Gesellschafterin der Erstbeklagten dieser verbindliche Weisungen erteilen können; da jedoch den Gesellschaftern einer GmbH deren Wettbewerbsverhalten nicht zuzurechnen sei, komme eine Haftung des Viertbeklagten als Geschäftsführer der M*****-Holding GmbH für einen Wettbewerbsverstoß der Erstbeklagten nicht in Frage. Das Berufungsgericht könne sich der Ansicht, daß die bloße Kenntnis von Wettbewerbsverstößen anderer Gesellschaften und die Möglichkeit, deren Verhalten zu beeinflussen, eine Haftung als Mittäter, Anstifter oder Gehilfe begründe, nicht anschließen, liege doch darin weder eine Förderung noch eine Ermöglichung fremder Wettbewerbsverstöße. Selbst bei planmäßigem wettbewerbswidrigem Vorgehen der - bereits rechtskräftig zur Unterlassung verurteilten - Erstbeklagten sei die Haftung der anderen Beklagten zu verneinen, auch wenn nur diese in der Lage wären, im Fall eines gerichtlichen Verbotes den weiteren Verkauf der Zeitschrift zu unterbinden. Ob die Tätigkeit der Erstbeklagten über einen "klassischen" Lohnvertrieb hinausgehe, sei rechtlich unbeachtlich; einem Vertriebsunternehmen sei es jedenfalls nicht zumutbar, die ihm zum Vertrieb übergebenen Zeitschriften auf allfällige Wettbewerbsverstöße zu untersuchen. Auch wenn man davon ausgehe, daß die Beklagten von Wettbewerbsverstößen in den und durch die Zeitschriften "B*****" und "R*****" gewußt haben, könne ihnen doch nicht zugemutet werden, jede neue Ausgabe durch Spezialisten auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechtes untersuchen zu lassen und dann allenfalls den Vertrieb zu verweigern. Eine solche Vorgangsweise sei mit dem Wesen des Zeitungsvertriebes unvereinbar; das von der Klägerin begehrte Verhalten sei unzumutbar. Daraus folge, daß die Zweit- und die Dritt- sowie der Viert- und der Fünftbeklagte weder auf Grund der gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen noch auf Grund der Stellung der Erstbeklagten als Vertriebsunternehmen für die Wettbewerbsverstöße der Erstbeklagten in Anspruch genommen werden könnten.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Erst- und der Viertbeklagte beantragen, der Revision nicht Folge zu geben; die übrigen Beklagten stellen den Antrag, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Daß die Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 502 Abs 1 ZPO hier vorliegt, kann nicht zweifelhaft sein, fehlt es doch an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den hier maßgebenden Fragen, wann eine Zeitungsvertriebsgesellschaft, die auch die Abonnements verwaltet, für Wettbewerbsverstöße des Medieninhabers haftet, sowie ob und unter welchen Voraussetzungen eine wettbewerbsrechtliche Haftung von "Konzerngeschäftsführern" besteht.

Die Revision ist aber nicht berechtigt.

Die Klägerin hält weiter an ihrer Auffassung fest, daß die Zweitbeklagte den Vertrieb der Zeitschriften insbesondere auch den gesamten Abonnement-Vertrieb, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durchführe. Da ihr die Abonnementverwaltung obliege, sie die Abonnements fakturiere, die Bezahlung überwache und nach erfolgter Zahlung die Versendung allfälliger Gratisgeschenke veranlasse, müsse sie über die Aktion schon vom Planungsstadium an im Bilde sein; sie dürfe dann Zeitungen, die derartige Bestellkarten enthalten, eben nicht vertreiben. Die Kenntnis von dieser Aktion habe sie nicht erst beim Durchsehen der versandbereiten Zeitungen, sondern schon durch die Planung der Aktion, jedenfalls aber mit dem Einlangen der Bestellungen erlangt. Auch danach habe sie aber die weitere Auslieferung der Zeitschriften - welche jeweils einen Monat lang zum Verkauf aufliegen - nicht gestoppt.

Zu diesen Ausführungen war zu erwägen:

Nach Lehre (Hohenecker-Friedl 94; Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rz 511.1; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 286) und ständiger Rechtsprechung (ÖBl 1990, 123 mwN) richtet sich der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch nicht nur gegen den unmittelbaren Täter (Störer), also gegen jene Person, von der die Beeinträchtigung ausgeht und auf deren maßgeblichem Willen sie beruht, sondern auch gegen Mittäter, Anstifter und Gehilfen des eigentlichen Störers. Für wettbewerbswidriges Verhalten eines anderen - auch eines selbständig handelnden Dritten - hat jeder einzustehen, der den Wettbewerbsverstoß durch eigenes Verhalten gefördert oder überhaupt erst ermöglicht hat (ÖBl 1984, 135 uva).

In den hier zu beurteilenden Fällen hat die Erstbeklagte Zugaben angekündigt und gewährt (§ 1 ZugG); sie ist sohin die (unmittelbare) Täterin. Entgegen den Revisionsausführungen kann aber aus dem festgestellten Sachverhalt nicht geschlossen werden, daß die übrigen Beklagten schon an der Planung der beanstandeten Zugabenaktionen mitgewirkt hätten. Daraus, daß die Zweitbeklagte die ihr eingesandten Bestellkarten dateimäßig verfaßt und die Abonnements fakturiert, die Bezahlung überwacht und in manchen Fällen Gratisgeschenke versandt hat, kann nicht geschlossen werden, daß sie schon im vorhinein von den hier bekämpften Werbemaßnahmen unterrichtet worden wäre; umso weniger gibt es Anhaltspunkte dafür, daß sie als Anstifterin einzustufen wäre. Da sie die Zugaben nicht gleichzeitig selbst angekündigt und gewährt haben, scheiden die Zweit- und die Dritt- sowie der Viert- und der Fünftbeklagte auch als Mittäter aus. Richtig ist allerdings, daß die Zweitbeklagte die beanstandeten Aktionen der Erstbeklagten insofern unterstützt hat, als sie die Zeitschriften - welche letztlich von den Einzelhändlern oder (im Fall der Abonnenten) von Postboten den Beziehern ausgefolgt wurden - näher an die Adressaten der Werbung herangebracht hat. "Gehilfe" im Sinne der angeführten Rechtsprechung ist aber nur, wer den Täter bewußt fördert (Hohenecker-Friedl aaO; vgl. Nordemann in Fromm-Nordemann, Urheberrecht7, 386 Rz 17, und

v. Gamm, Urheberrechtsgesetz 719 f Rz 20 je zu § 97 dUrhG, wonach Beihilfe nur mit Vorsatz möglich ist). Davon kann aber keine Rede sein, wenn jemandem die Werbemaßnahme, um deren Förderung es geht, nicht einmal in tatsächlicher Hinsicht bekannt ist. Fehlt diese Kenntnis, dann ist auf die Frage, ob es zum Wesen des Gehilfen gehört, daß er auch die Rechtswidrigkeit der von ihm unterstützten Handlung erfaßt, nicht mehr einzugehen. Das trifft aber hier zu: Wer - wie die Zweitbeklagte - Zeitungen oder Zeitschriften, die ihm verpackt zum Zweck des Vertriebes übermittelt worden sind, versendet, nimmt zwar den Vertrieb bewußt vor; der Inhalt der Zeitungen, also auch die darin enthaltenen Werbeankündigungen, müssen ihm aber nicht bewußt sein. Daß die nur mit dem Vertrieb befaßten Beklagten vor dem Verkauf der Zeitschriften "B*****" Nr. 1 und 2/1989 sowie "R*****" Nr 1/1989 die darin aufscheinenden Ankündigungen wahrgenommen hätten, steht nicht fest und hätte auf Grund der Beweisergebnisse auch nicht festgestellt werden können. Aus dem in der Revision aufgezeigten Umstand, daß der Zweitbeklagten die Abonnementbestellungen zugegangen sind, läßt sich aber auch nicht folgern, daß die Beklagten zumindest während des Vertriebes der beanstandeten Zeitschriftenausgaben von den Zugabeverstößen Kenntnis erlangt hätten. Die hier maßgeblichen Bestellkarten waren nicht an die Zweitbeklagte, sondern an die jeweilige Zeitschrift - also an die Erstbeklagte - adressiert. Die Feststellung, daß beim Verleger eingegangene Abo-Bestellungen an die Zweitbeklagte weitergegeben wurden, ist - insbesondere auch im Lichte der ihr zugrunde liegenden Parteiaussage des Viertbeklagten (S 217) - jedenfalls nicht eindeutig dahin zu verstehen, daß die Originalbestellkarten übersandt wurden; eine solche Vorgangsweise ist im Hinblick auf die heute übliche dateimäßige Erfassung von Kundennamen und -anschriften auch nicht zu erwarten. Konkrete Feststellungen darüber, wie in den hier zu beurteilenden Fällen vorgegangen wurde, fehlen überhaupt. Kann also der rechtlichen Beurteilung nicht die Tatsachenannahme zugrunde gelegt werden, daß die nur mit dem Vertrieb befaßten Beklagten von den hier geltend gemachten Verstößen vor oder während des Vertriebes der davon betroffenen Zeitschriftenhefte Kenntnis erlangt haben, dann können sie - selbst wenn man die Auffassung vertreten wollte, es komme nicht darauf an, ob sie sich der Rechtswidrigkeit der beanstandeten Aktionen bewußt waren - nicht als Gehilfen der Erstbeklagten im Sinne der Rechtsprechung angesehen werden. Auch wenn man denjenigen, der die maßgeblichen Umstände kennt, jenem gleichhalten wollte, der sich dieser Kenntnis bewußt verschließt (vgl. Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 147 Rz 127 EinlUWG; ÖBl 1984, 95), wäre für die Klägerin nichts zu gewinnen, weil für die Annahme eines solchen Verhaltens der Beklagten gleichfalls jede Tatsachengrundlage fehlt. Als Vertriebsunternehmen ist die Zweitbeklagte auch nicht verpflichtet, die von ihr vertriebenen Zeitschriften - gleichsam als Zensor - auf allfällige Rechtsverletzungen hin zu überprüfen.

Daß sich die Zweitbeklagte am Gewähren der hier beanstandeten Zugaben beteiligt hätte, steht nicht fest. Die Feststellung, daß sie in der Regel das Dazupacken von Zugaben zu Zeitschriften besorgt, bezieht sich ersichtlich auf solche Zugaben, die - wie etwa ein T-Shirt Beilage./. Q, S. 217) - einzelnen Zeitschriftenexemplaren beigepackt werden können. Hingegen sollten die beanstandeten Zugaben, welche sich schon ihrer Beschaffenheit nach nicht dazu eignen, einer Zeitschrift beigegeben zu werden, nach den Ankündigungen gesondert durch die Post zugestellt werden. Daß die Zweitbeklagte diesen Versand besorgt hätte, wurde weder behauptet noch festgestellt.

Soweit die Klägerin ihre Unterlassungsansprüche auf die Haftung des Viert- und des Fünftbeklagten als "Konzerngeschäftsführer" stützt, ist ihr gleichfalls nicht zuzustimmen:

Ob die erstbeklagte Mitglied eines Konzerns ist, in dem sie dem beherrschenden Einfluß eines anderen Unternehmens unterliegt (vgl § 15 Abs 1 AktG; § 115 GmbHG; Kastner-Doralt-Nowotny, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechtes5, 31 ff), braucht hier nicht untersucht zu werden; aus dem bloßen Bestehen eines Konzers könnte nämlich noch nicht die Haftung von Geschäftsführern der beherrschenden Unternehmen für wettbewerbswidrige Handlungen irgendeines dem Konzern angehörenden, rechtlich selbständigen Unternehmens abgeleitet werden. Selbst die Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH haften für Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft nur dann, wenn sie diese selbst begangen haben oder doch zumindest davon beteiligt waren; außerdem können sie auch durch Unterlassung verantwortlich werden, wenn ihnen der Wettbewerbsverstoß bekannt geworden ist und sie ihn nicht verhindert haben, obwohl sie dazu infolge ihrer Organstellung in der Lage gewesen wären (ÖBl 1980, 18 ua). Aus der Stellung des Geschäftsführers einer Gesellschaft mbH allein folgt hingegen noch nicht die Haftung für Verstöße der Gesellschaft; umso weniger kann daher von einer Haftung eines "Konzerngeschäftsführers" ausgegangen werden. Daß aber der Viert- und der Fünftbeklagte die beanstandeten Zugabenverstöße selbst angeordnet oder auch nur im vorhinein gekannt hätten, wurde weder hinreichend konkret behauptet noch festgestellt. Soweit die Klägerin aus der Fülle von (angeblichen) Wettbewerbsverstößen der Erstbeklagten auf die Kenntnis des Viert- und des Fünftbeklagten von einer planmäßigen und andauernden Verletzung von Wettbewerbsvorschriften der Erstbeklagten geschlossen hat (S. 159), übersieht sie, daß die hier zu beurteilenden Wettbewerbsverstöße am Beginn der von ihr aufgezählten Serie stehen. Daß vor den zu 17 Cg 2/89 und zu 17 Cg 3/89 geltend gemachten Verstößen in den Zeitschriften "B*****" Nr. 1/89 und "R*****" Nr. 1/89 schon Wettbewerbsverstöße der Erstbeklagten vorgekommen wären, hat die Klägerin nicht behauptet. Dann müssen aber der Viert- und der Fünftbeklagte auch beim Vertrieb der Zeitschrift "B*****" Nr. 2/89 - welche Gegenstand des Verfahrens 17 Cg 12/89 ist - die Erstbeklagte noch nicht - wie die Klägerin offenbar meint - als gewohnheitsmäßige, unverbesserliche Verletzerin des Wettbewerbsrechtes erkannt haben.

Die Klägerin hat zwar in erster Instanz vorgebracht, daß der Viert- und der Fünftbeklagte über alle erheblichen Vorgänge im M*****-Konzern unterrichtet seien und die Konzernpolitik sowie die Geschäftsführung bestimmten; darin ist aber nicht die Behauptung enthalten, daß die beanstandeten Zugabeaktionen Bestandteil dieser Konzernpolitik gewesen seien, daß der Viert- und der Fünftbeklagte davon (im vorhinein) gewußt hätten oder diese Aktionen gar selbst angeordnet hätten. Da ein solches Vorbringen fehlt, liegen auch die geltend gemachten Feststellungsmängel nicht vor. Der Annahme, daß die beanstandeten Zugabenaktionen der Erstbeklagten Bestandteil der Konzernpolitik waren, stünde im übrigen auch die Feststellung entgegen, daß die Zeitschriften "B*****" und "R*****" für die W*****-Gruppe nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung sind. Daß diese beiden Beklagten faktisch die Möglichkeit gehabt hätten - und in späteren Fällen auch ausgenützt haben -, Wettbewerbsverstöße der Erstbeklagten hintanzuhalten, ist ohne Bedeutung, weil die dafür notwendige Voraussetzung - nämlich die Kenntnis von den Verstößen - in den hier zu beurteilenden Fällen nicht feststeht.

Da die Klägerin auf ihren Veröffentlichungsanspruch mit keinem Wort zurückkommt, ist das angefochtene Urteil insoweit nicht zu überprüfen (EvBl 1985/154).

Der Revision, welche - entgegen dem Wortlaut des Revisionsantrages - erkennbar nur auf die Klagestattgebung in jenem Umfang gerichtet war, der noch Gegenstand des Berufungsverfahrens war, mußte somit ein Erfolg versagt bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E25447

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00001.91.0212.000

Dokumentnummer

JJT_19910212_OGH0002_0040OB00001_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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