TE OGH 1991/2/26 14Os8/91

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Veröffentlicht am 26.02.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Feber 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.-Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Winge als Schriftführer, in der Strafsache gegen Stefan (Istvan) C***** wegen des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßig schweren Diebstahls nach §§ 15, 127, 128 Abs. 1 Z 2, 130 (höherer Strafsatz) StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27.November 1990, GZ 2 c Vr 10.924/90-15, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgerichtes Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Stefan C***** wurde des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßig schweren Diebstahls nach §§ 15, 127, 128 Abs. 1 Z 2, 130 (höherer Strafsatz) StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung von Diebstählen aus Kirchen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, am 22.Oktober 1990 in Wien in der Dominikanerkirche versucht, Bargeld aus Opferstöcken zu stehlen.

Der Angeklagte bekämpft seinen Schuldspruch unter Geltendmachung der Nichtigkeitsgründe nach § 281 Abs. 1 Z 4, 5, 5 a, 9 lit. a, 9 lit. b und 10 StPO.

Rechtliche Beurteilung

Die Ausführungen zur Verfahrensrüge (Z 4) sind insoweit schon formell unbeachtlich, soweit sie die in erster Instanz gestellten Beweisanträge (S 73), insbesondere das dort jeweils genannte Beweisthema, überschreiten, ergänzen oder abändern: Die vom Verteidiger beantragte Einvernahme der einschreitenden Polizeibeamten sollte demnach global dem Beweis dienen, daß der Angeklagte keine strafbare Handlung begangen hat. Zutreffend führt dazu das Erstgericht aus, daß dem Angeklagten keine im Beisein der beantragten Beamten und damit von diesen wahrnehmbare strafbare Handlung angelastet wird; die angeklagte Tat wurde vielmehr schon von dem allein die Tat beobachtenden Pater vereitelt. Der beantragte Lokalaugenschein sollte aufzeigen, daß es dem Angeklagten nicht möglich war, aus den Opferstöcken (ergänze: durch deren Geldeinwurfschlitze) auch Geld zu entnehmen. Dies war jedoch schon aus rechtlicher Sicht ohne Relevanz, weil nicht einmal behauptet wurde, daß die Tatvollendung unter "keinen Umständen" (s. § 15 Abs. 3 StGB) möglich war; dazu kommt, daß dem Erstgericht ohnehin neben der beschriebenen Breite der Schlitze auch jener Papiertrichter vorlag, der durch einen solchen Schlitz zum Auffangen von Geld in den Opferstock eingeschoben und durch die einschreitenden Beamten mittels der vom Angeklagten mitgeführten Drahtschlinge wieder herausgezogen werden konnte. Ob aber, wie die Beschwerde ergänzt, die vom Tatzeugen beschriebenen "Tathandlungen" bereits ausführungsnah, im Sinn einer strafbaren Versuchshandlung waren (§ 15 Abs. 2 StGB), unterlag als zu beurteilende Rechtsfrage keiner Beweisführung. Die vom Erstgericht erörterten Beleuchtungsverhältnisse in der Kirche waren in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, weil der Angeklagte zugegebenermaßen (S 74) mit seiner ebenfalls sichergestellten Taschenlampe in die Opferstöcke geleuchtet hat. Welche Absicht aber der Angeklagte bei Begehung seiner Tat hatte, mußte insbesondere aus dem zur Tatzeit gezeigten Verhalten erschlossen werden. Der vom Erstgericht ohnehin ersichtlich nicht in Zweifel gezogenen Annahme einer vom Angeklagten künftig erhofften Wohnung und eines später erwarteten Arbeitsplatzes steht dabei die Urteilsfeststellung eines gewerbsmäßigen Handelns des Angeklagten bei Begehung des versuchten Diebstahls nicht entgegen, sodaß die kurzgefaßte Beschlußbegründung dazu, daß dieses Beweisthema für das Ergebnis ohne Bedeutung sei, nicht unzutreffend und daher nicht mit dem geltend gemachten Nichtigkeitsgrund behaftet ist.

Ohne Begründungsmangel (Z 5) ist die Urteilsfeststellung, daß der Angeklagte auch den in einem Opferstock sichergestellten Papiertrichter angebracht hat. Konnte doch das Schöffengericht diese Handlung mit den anderen zur selben Zeit, am selben Ort an weiteren Opferstöcken vom Angeklagten vorgenommenen und festgestellten Manipulationen verknüpfen, ohne daß es dafür noch einer weiteren Begründung bedurfte. Der Beschwerdebehauptung, die Vorstrafakten des Angeklagten hätten im Urteil in "keiner Form" als Beweismittel berücksichtigt werden dürfen, weil sie im Beweisverfahren unerwähnt blieben, widerstreitet das ungerügt gebliebene Hauptverhandlungsprotokoll, wonach gemäß § 252 (ergänze: Abs. 2) StPO "der wesentliche Akteninhalt" verlesen wurde. Da ein diesbezüglicher Verzicht nicht protokolliert ist, gehören dazu jedenfalls auch die gegen den Angeklagten früher ergangenen Straferkenntnisse, deren zugehörige Akten auch Bestandteil des vorliegenden Strafakts sind (s. ON 9, 10 und 11). Ob aber gegen die in den Vorstrafakten beurkundeten Vorgänge etwas vorgebracht "hätte" werden können, muß aber, als in der Hauptverhandlung tatsächlich nicht vorgebracht, unerörtert bleiben (§ 258 Abs. 1 StPO). Dem Schöffengericht war es auch nicht verwehrt, die dem Angeklagten nunmehr vorgeworfenen Straftaten auch im Lichte seines früheren Verhaltens bei Kirchenbesuchen zu sehen. Daß er aber bei seinen früheren Aufenthalten in Kirchen - soweit diesbezüglich ein Freispruch gefällt worden ist - ebenfalls strafbare Handlungen gesetzt hätte, wurde vom Schöffengericht ohnehin nicht angenommen.

Der Schuldspruch gründet sich nicht auf ein ausschließliches Gelegenheitsverhältnis des Angeklagten zur Tat, sodaß der vom einzigen Tatzeugen erwähnte Umstand, daß auch andere Personen während seines gesamten Beobachtungszeitraumes in der Kirche gewesen sind, keiner Erörterung bedurfte. Das Erstgericht stellt auch gar nicht fest, daß der wegen vorangegangener Kirchendiebstähle die Opferstöcke beobachtende Priester gesehen habe, daß der Angeklagte neben dem Hineinleuchten in die Opferstöcke auch daran hantiert habe und insbesondere das "Papierschnitzel" in einen Opferstock gesteckt habe. Wohl aber berücksichtigt das Erstgericht die Zeitspanne zwischen der letzten legalen Entleerung der Opferstöcke und dem Bezug des Beobachtungspostens durch den Priester. Der Schuldspruch gründet sich dabei vor allem auf die von diesem Zeugen angegebenen und für glaubwürdig erachteten Umstände und die weitere Tatsache, daß beim Angeklagten entsprechende Werkzeuge sichergestellt wurden und dieser auch zugegebenermaßen in die Opferstöcke hineingeleuchtet hat. Dabei stand es dem Erstgericht durchaus zu, unter Verwertung aller Beweismittel die Verantwortung des Angeklagten, lediglich die Opferstöcke abgeleuchtet zu haben, um nachzusehen, ob seine angebliche Geldspende von 4 S von ihm richtig eingeworfen wurde (obwohl kein einziger Schilling in diesem Opferstock von den einschreitenden Polizeibeamten gesichert wurde), für widerlegt zu erachten. Soweit die Beschwerde meint, daß das Hantieren an den Opferstöcken, welches nach den Urteilsfeststellungen "offenbar" dem Herausangeln von Bargeld diente, keine Feststellung eines Diebstahlsvorsatzes sei, übergeht sie die diesbezüglich ausdrückliche Konstatierung zur Schuldform gleich am Beginn der Urteilsfeststellungen (US 4).

Der einzige Tatzeuge hat nicht mehrdeutige, sondern eindeutige Angaben über seine Beobachtungen und sein Einschreiten gegenüber dem Angeklagten gemacht. Widersprüchliche Angaben in den Urteilsentscheidungsgründen darüber sind nicht zu finden. Welche Bedeutung aber dieses Beweismittel für die Feststellung der Täterschaft des Angeklagten hatte und welche Schlüsse daraus und auf Grund weiterer Beweismittel zu ziehen waren, kann als Ergebnis des Beweisverfahrens niemals aktenwidrig sein.

Richtig ist allerdings der Beschwerdeeinwand, daß der Zeuge Pater R***** angegeben hat, der (= Einzahl) Mittelscheinwerfer in der Kirche sei eingeschaltet gewesen, während das Urteil auf Grund dieser Zeugenaussage vom Einschalten der (= Mehrzahl) Mittelscheinwerfer spricht (S 78, US 6). Angesichts der weiteren Aussage des Zeugen jedoch, daß es in der Kirche nicht finster war und auch er alles genau gesehen habe, kommt der Zahl der Lichtquellen keine entscheidende Bedeutung zu.

Aber auch aus der gesamten Aktenlage ergeben sich keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen (Z 5 a).

Als Versuchshandlung wird dem Angeklagten das Einführen einer Papiertüte in den Schlitz des Opferstocks sowie das Ausleuchten weiterer Opferstöcke, verbunden mit einem nicht näher beschriebenen Hantieren daran, angelastet (US 3, 5), nicht hingegen jedoch der (geplante oder wirkliche) Einsatz der von ihm mitgeführten Diebstahlswerkzeuge, oder nur das Ableuchten der Opferstöcke. Die Rechtsrüge (Z 9 lit. a), welche daher den Einsatz und den Aufbewahrungsort der Diebswerkzeuge releviert oder nur auf den Einsatz der Taschenlampe abstellt, geht daher nicht von den für die Versuchshandlung entscheidenden und gesamten Urteilskonstatierungen aus; theoretische Geschehensvarianten aber sind rechtlich unbeachtlich. Die einzelnen Tathandlungen werden im Spruch aufgezählt und in den Gründen in der zeitlichen Abfolge beschrieben. Die Behauptung des Angeklagten, das Gericht habe dabei nicht erkannt, daß es sich um "mehrere Fakten" gehandelt habe, entbehrt nicht nur jeglicher Grundlage, sondern stellt andererseits, soweit damit ersichtlich die Nichtannahme einer Realkonkurrenz bemängelt wird, kein Vorbringen zum Vorteil des Angeklagten dar (§ 281 Abs. 1 StPO).

Die an sich zutreffende Rechtsansicht in der Nichtigkeitsbeschwerde (Z 10), daß Gewerbsmäßigkeit ein Einkommen "über der Bagatellgrenze" verlangt, wofür "einige wenige Schillinge" nicht ausreichen, verläßt abermals die Urteilsgrundlage und ist damit ebenfalls nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Denn nach den der Entscheidung zugrundeliegenden Tatumständen hatte der Angeklagte die Absicht, nicht nur durch den vorliegenden Diebstahl in der Dominikanerkirche, sondern durch weitere fortlaufende Diebstähle aus Kirchen, wobei er sich dann nicht auf Opferstöcke beschränken wollte, sein dürftiges Einkommen erheblich aufzubessern und sich dadurch auf längere Sicht eine wirksame Einkommensquelle zu verschaffen (US 4). Diese ausdrücklichen Konstatierungen widersprechen einer von der Nichtigkeitsbeschwerde auf Bagatellniveau reduzierten Einkommensquelle durch Diebstähle. Damit braucht auf die weiteren Beschwerdeausführungen, es liege bloß eine Entwendung vor (§ 141 StGB), welche mangels Ermächtigung des Verletzten nicht strafbar sei (Z 9 lit. b), nicht eingegangen zu werden, weil diese Rechtsmittelausführungen ausdrücklich nur für den Fall geltend gemacht werden, daß der Diebstahlsversuch des Angeklagten nicht gewerbsmäßig begangen worden ist; eine Bedingung die somit nicht gegeben ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung teils als unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt nach § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO zurückzuweisen.

Damit ist das Oberlandesgericht Wien zur Erledigung der Berufung zuständig (§ 285 i StPO).

Anmerkung

E25377

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0140OS00008.91.0226.000

Dokumentnummer

JJT_19910226_OGH0002_0140OS00008_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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