TE OGH 1991/2/27 9ObA323/90

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Veröffentlicht am 27.02.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dkfm. Dr. Franz Schulz und Winfried Kmenta als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** VERSICHERUNGS AG, *****, vertreten durch ***** Rechtsanwälte *****, wider die beklagte Partei H***** A*****, Kraftfahrer, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwälte *****, wegen S 29.300,70,-- sA und Feststellung (Streitwert S 31.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. September 1990, GZ 31 Ra 95/90-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 24. Februar 1990, GZ 32 Cga 16/87-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.077,-- (darin S 679,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Rechtliche Beurteilung

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht hat die für das Revisionsverfahren allein entscheidende Frage der Leistungsfreiheit der Klägerin im Sinne des § 6 Abs 3 VersVG und des Art 8 AKHB zutreffend gelöst. Es reicht daher insoweit aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist zur Rechtsrüge der Revisionswerberin folgendes auszuführen:

Wie die Vorinstanzen richtig erkannten, entfällt mit dem (sofortigen) Tod des Verletzten die Hilfeleistungspflicht nach Art 8 Abs 1 Z 1 AKHB (vgl. Petrasch, Obliegenheitsverletzung und Leistungsfreiheit in den Kfz-Versicherungen, ZVR 1985, 76; SZ 52/108). Die in der Revision dazu angeführten Entscheidungen betreffen zum Teil nicht die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung oder gehen nicht von der Rechtslage zur Zeit des Unfalls aus. Die Obliegenheit zur sofortigen Meldung eines Unfalls mit Personenschaden bei der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle war nämlich gemäß Art I Z 14 und 15 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen vom 16. Dezember 1980, BGBl. 1980/605, nicht mehr wie früher in Art 8 Abs 1 Z 1 AKHB enthalten, sondern in Art 8 Abs 2 Z 4 AKHB. Damit wurde anders als früher auch bei einer vorsätzlichen Verletzung dieser Obliegenheit der Kausalitätsgegenbeweis zulässig (Petrasch aaO 70 und 76; SZ 50/37; SZ 49/129; SZ 46/104). Demnach ist die Leistungspflicht des Versicherers lediglich auf den Betrag beschränkt, den er auch bei gehöriger Erfüllung der Pflichten zu leisten gehabt hätte (ebenso § 8 Abs 2 AKHB 1988).

Auch wenn daher von einer vorsätzlichen Verletzung der Obliegenheiten insbesondere nach Art 8 Abs 2 Z 2 und Z 4 AKHB auszugehen ist, ist dem Beklagten der Kausalitätsgegenbeweis, daß die Obliegenheitsverletzung keinen Einfluß auf die Leistungspflicht der Klägerin hatte, zuzubilligen. Bei der Verletzung der allgemeinen Aufklärungspflichten muß der Versicherer überdies beweisen, daß eine ihm dienliche Aufklärung unterlassen wurde (Petrasch aaO 76; SZ 60/139; SZ 51/180; ZVR 1979/55 und 294; ZVR 1978/80; ZVR 1969/281 ua). Dazu stellten die Vorinstanzen im Ergebnis unbekämpft fest, daß sich dem Akt nicht entnehmen lasse, inwieweit das Unfallgeschehen weitergehend als dies ohnehin geschehen ist aufgeklärt hätte werden können. Eine bessere Aufklärung des Sachverhalts sei nicht möglich gewesen. Der Beklagte wurde unmittelbar nach dem Unfall festgenommen und gegen ihn ein Strafverfahren eingeleitet. Die Polizei nahm alle notwendigen Erhebungen vor, rekonstruierte das Unfallsgeschehen und erstattete einen ausführlichen und vollständigen Erhebungsbericht. Diese Erhebungen standen überdies nicht dem Beklagten zur Verfügung, sondern waren im Wege der Korrespondenzversicherung der Klägerin zugänglich. Behauptungen in dem Sinn, daß ein konkreter Verdacht in bestimmter Richtung durch objektives Unbenützbarwerden oder objektive Beseitigung eines Beweismittels infolge der Obliegenheitsverletzung im Nachhinein nicht mehr mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne, wofür die Klägerin beweispflichtig war, wurden von ihr in erster Instanz gar nicht aufgestellt (Petrasch aaO 75; SZ 51/180; SZ 49/94; ZVR 1985/94; VersRdSch 1988/97 ua).

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 50 und 41 ZPO begründet.

Anmerkung

E25503

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:009OBA00323.9.0227.000

Dokumentnummer

JJT_19910227_OGH0002_009OBA00323_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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