TE OGH 1991/3/12 4Ob1520/91

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Veröffentlicht am 12.03.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes

Hon.Prof. Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl in der Pflegschaftssache der am 20. November 1981 geborenen minderjährigen Nicole-Christin E*****, in Obsorge der Mutter Helene E*****, vertreten durch Dr. Norbert Bergmüller, Rechtsanwalt in Schladming, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Mutter gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 14. November 1990, 43 R 715/90-23, womit infolge Rekurses des Vaters Friedrich E*****, der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 10. Oktober 1990, 3 P 119/90-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die mj. Nicole-Christin E***** befindet sich auf Grund eines pflegschaftsbehördlich genehmigten Vergleiches, welchen ihre Eltern anläßlich der Scheidung am 7. August 1990 geschlossen haben, in Obsorge der Mutter; diese ist nach L***** übersiedelt.

Das Erstgericht übertrug auf Antrag der Mutter die Zuständigkeit zur Besorgung dieser Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Liezen (§ 111 Abs 1 JN).

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters Folge, es wies den Antrag der Mutter, die Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Liezen zu übertragen ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Übertragung der Zuständigkeit an das Bezirksgericht Liezen sei im derzeitigen Verfahrensstadium nicht zweckmäßig, weil der Vater beantragt habe, ihm die Obsorge über das Kind zu übertragen; solange darüber nicht entschieden sei, könne der künftige Aufenthalt des Kindes nicht mit Sicherheit abgesehen werden.

Der gegen diese Entscheidung erhobene Revisionsrekurs der Mutter ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Frage, ob die sofortige Übertragung der Zuständigkeit in dieser Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Liezen im Interesse des Kindes gelegen erscheint oder ob damit bis zur Erledigung der Anträge des Vaters auf Übertragung der Obsorge an ihn zuzuwarten ist, ist keine erhebliche Rechtsfrage iS des § 14 Abs 1 AußStrG, deren Bedeutung über den vorliegenden Einzelfall hinausgeht.

Von Amts wegen zu prüfen war allerdings, ob die angefochtene Entscheidung wegen Verletzung der Rechtskraft nichtig ist: Der Vater hat nämlich mit Schriftsatz vom 13. November 1990, welcher am 14. November 1990 beim Erstgericht eingelangt ist, seinen Rekurs gegen die Entscheidung des Erstgerichtes zurückgezogen. Am 14. November 1990 hat das Rekursgericht über den Rekurs entschieden und die in nichtöffentlicher Sitzung gefaßte Entscheidung am 15. November 1990 der Geschäftsstelle zur Ausfertigung übergeben (§ 416 Abs 2 ZPO); am selben Tag wurde die Abteilung 43 des Rekursgerichtes telefonisch von der Zurückziehung des Rechtsmittels verständigt; dem Akteninhalt ist jedoch nicht zu entnehmen, daß der Zurückziehungsschriftsatz der zweiten Instanz vorgelegt worden wäre.

Die Zurücknahme eines Rechtsmittels ist an das Rechtsmittelgericht zu richten, wenn das Rechtsmittel bereits der zweiten Instanz vorgelegt wurde; unrichtig adressierte Erklärungen sind von Amts wegen an das funktionell zuständige Gericht weiterzuleiten. Findet keine mündliche Verhandlung über das Rechtsmittel statt, dann muß die Zurücknahme beim Rechtsmittelgericht noch vor dem Zeitpunkt eintreffen, in welchem der Rechtsmittelsenat seine Entscheidung über das Rechtsmittel der Geschäftsstelle zur Ausfertigung übergeben hat (§ 416 Abs 2 ZPO), also das Gericht an seine Entscheidung gebunden ist (Fasching, LB2 Rz 1707; derselbe, Komm IV 175). Da im vorliegenden Fall die Zurückziehung des Rechtsmittels bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht beim Rekursgericht eingelangt war, ist sie unwirksam; damit ist aber der erstgerichtliche Beschluß durch die Zurückziehung des Rekurses nicht in Rechtskraft erwachsen.

Anmerkung

E25439

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB01520.91.0312.000

Dokumentnummer

JJT_19910312_OGH0002_0040OB01520_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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