TE OGH 1991/3/13 2Ob522/91

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Veröffentlicht am 13.03.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot. Firma A. S*****, vertreten durch Dr. Theodor Strohal und Dr. Wolfgang G. Kretschmer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Friedrich S***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Walter Panzer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 162.000 sA und Räumung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 17. Oktober 1990, GZ 41 R 506/90-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 30. März 1990, GZ 8 C 581/88v-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 19.906,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 3.317,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei betreibt aufgrund eines von ihrer Rechtsvorgängerin mit der klagenden Partei abgeschlossenen, als "Pachtvertrag" bezeichneten Vertrages, vom 6. Oktober 1980 im Haus *****, einen Handel mit Bekleidung und Textilwaren. Am 21. Mai 1987 kündigte die klagende Partei der beklagten Partei das im Haus ***** gelegene, gegen halbjährige Kündigung gepachtete Unternehmen (Handel mit Bekleidung und Textilwaren samt Zubehör) für den 31. Dezember 1987 auf. Die beklagte Partei erhob keine Einwendungen. Nach Ablauf der Einwendungsfrist brachte sie einen Schriftsatz ein, in welchem sie ausführte, das aufgekündigte Objekt sei in der Kündigung undeutlich und unvollständig bezeichnet, die Aufkündigung sei daher nicht als Exekutionstitel geeignet. Überdies sei die Aufkündigung verfehlt, weil es sich nicht um eine Pacht, sondern um ein (Unter-)Mietobjekt handle.

In der am 7. März 1988 eingebrachten Klage brachte die klagende Partei vor, die beklagte Partei benütze das Pachtobjekt seit 1. Jänner 1988 ohne Rechtstitel. Die klagende Partei hätte bei rechtzeitiger Räumung des Pachtobjektes das Unternehmen weiter verpachten können, die beklagte Partei schulde aus dem Titel des Schadenersatzes die entgangenen Pachtzinse für die Monate Jänner bis März 1988. Die klagende Partei begehrt Zuspruch eines Betrages von S 162.000 samt Zinsen. Weiters begehrt sie, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, das auf dem Standort ***** betriebene Pachtunternehmen, nämlich den Handel mit Bekleidung und Textilwaren, geräumt von ihren Fahrnissen zu übergeben.

Die beklagte Partei wendete ein, es bestehe kein Pachtverhältnis, sondern ein dem Mietrechtsgesetz unterliegendes Mietverhältnis.

Das Erstgericht wies sowohl das auf Zahlung gerichtete Begehren als auch das Räumungsbegehren ab. Aus dem festgestellten Sachverhalt ist folgendes hervorzuheben:

Der "Pachtvertrag" wurde abgeschlossen, nachdem die Firma P***** ihren Geschäftsbetrieb eingestellt und aus den Räumlichkeiten ausgezogen war. Als die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei das Geschäftslokal ***** übernahm, war in diesem Objekt kein wie immer geartetes lebendes Unternehmen etabliert, die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei übernahm vielmehr lediglich leere Räumlichkeiten ohne Inventar, Warenlager, Kundenkartei, Kundenstock, Betriebsmittel, Angestellte und auch ohne einen sogenannten Unternehmens-good will, welcher von dem früher dort etablierten Unternehmen abgeleitet hätte werden können. Auch eine Gewerbeberechtigung wurde von der klagenden Partei nicht beigestellt. Die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei richtete die Räumlichkeiten nach eigenen Bedürfnissen völlig neu ein.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, es handle sich um eine bloße Raummiete, die nur bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes nach § 30 MRG aufgekündigt werden könne.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge und erklärte die ordentliche Revision nicht für zulässig. Es führte aus, der behauptete Verfahrensmangel liege nicht vor, weil der von der klagenden Partei beantragte Zeuge zum Beweis dafür geführt worden sei, daß ausdrücklich ein Pachtvertrag vereinbart worden sei. Darauf, welche rechtliche Qualifikation die Parteien im Vertrag vorgenommen hätten, komme es aber nicht an. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, gemäß § 562 ZPO sei der Bestandgegenstand in der Aufkündigung genau zu bezeichnen. Die klagende Partei habe dadurch, daß sie das gepachtete Unternehmen (Handel mit Bekleidung und Textilwaren) aufgekündigt habe, eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß der Gegenstand des aufgekündigten Bestandvertrages das gepachtete Unternehmen, nicht aber die zur Verfügung gestellten einzelnen Räume seien. Sei dem Bestandnehmer aber niemals ein Unternehmen verpachtet worden, so könne auch dessen Aufkündigung materiellrechtliche Wirkungen nicht entfalten. Eine Umdeutung einer Aufkündigung einer Unternehmenspacht in eine solche von Räumen mit der Konsequenz, daß durch die Aufkündigung der nicht existierenden Unternehmenspacht das Mietverhältnis an den zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten aufgelöst worden sei, sei unzulässig (vgl. MietSlg. 16.567). Das Mietverhältnis sei daher durch die Aufkündigung nicht beendet worden. Das Begehren auf geräumte Übergabe des gepachteten Unternehmens sei darüber hinaus auch deshalb abzuweisen gewesen, weil die beklagte Partei zur Übergabe eines nicht gepachteten Unternehmens nicht verhalten werden könne.

Die klagende Partei bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit außerordentlicher Revision, macht die Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde. Hilfsweise stellt die klagende Partei einen Aufhebungsantrag.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig (§ 502 Abs 1 ZPO), aber im Ergebnis nicht berechtigt.

Als Verfahrensmangel rügt die klagende Partei die Ausführungen des Berufungsgerichtes, der von ihr beantragte Zeuge sei nur darüber geführt worden, daß ausdrücklich ein Pachtvertrag vereinbart worden sei. Tatsächlich sei der Zeuge aber auch zum Beweis dafür beantragt worden, daß bis September 1980 an der Adresse ***** ein Textilhandelsunternehmen unter der Geschäftsbezeichnung P***** geführt worden sei.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß daraus, daß in den Räumen vor Abschluß des "Pachtvertrages" ein Unternehmen geführt wurde, nicht folgt, daß ein lebendes Unternehmen in Bestand gegeben wurde. Der behauptete Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.

In ihrer Rechtsrüge führt die Revisionswerberin im wesentlichen aus, die Entscheidung MietSlg 16.567 betreffe einen anderen Sachverhalt. Nach nunmehr ständiger Judikatur führe auch eine unrichtige Bezeichnung des Bestandobjektes in der Aufkündigung zum Untergang des Bestandverhältnisses. Da die beklagte Partei keine Einwendungen erhoben habe, sei der Bestandvertrag untergegangen, die klagende Partei habe einen Räumungsanspruch.

Dazu ist folgendes zu erwägen:

Die Entscheidung MietSlg 16.567 betrifft tatsächlich einen ganz anderen Sachverhalt. Dort wurde ausgeführt, es seien Räumlichkeiten aufgekündigt worden, diese Kündigung könne (in dem aufgrund der Einwendungen der beklagten Partei eingeleiteten Verfahren) nicht in die Kündigung einer Unternehmenspacht umgedeutet werden. Im vorliegenden Fall wurden gegen die gerichtliche Aufkündigung hingegen keine Einwendungen erhoben, die Aufkündigung wurde rechtswirksam. Durch eine rechtswirksame Aufkündigung wird das Bestandverhältnis aber aufgelöst. Dafür, daß zwischen den Parteien noch weitere Bestandverhältnisse bestanden, fehlt jeglicher Anhaltspunkt, es ist daher davon auszugehen, daß für die beklagte Partei kein Zweifel daran bestehen konnte, welches Bestandverhältnis durch die gerichtliche Aufkündigung aufgelöst werden sollte.

Ob im vorliegenden Fall trotzdem das Bestandverhältnis weiterbesteht, weil dieses in der rechtswirksam gewordenen Aufkündigung unrichtig als Pacht bezeichnet worden war, muß in diesem Verfahren nicht erörtert werden. Die beklagte Partei betreibt ein Unternehmen, hat dieses aber nicht von der klagenden Partei gepachtet, sie betreibt das Unternehmen lediglich in den von der klagenden Partei gemieteten Räumlichkeiten. Sie ist daher auch nicht verpflichtet, ein Unternehmen zu räumen und der klagenden Partei zu übergeben. Das auf Räumung des Unternehmens gerichtete Begehren ist daher jedenfalls verfehlt.

Das auf Zahlung gerichtete Begehren begründete die klagende Partei damit, sie könnte das Unternehmen neuerlich verpachten und erleide dadurch, daß die beklagte Partei das Pachtobjekt nicht rechtzeitig geräumt habe, einen Schaden. Da die klagende Partei gar kein Unternehmen verpachten könnte, weil ein ihr gehörendes Unternehmen in den Geschäftsräumlichkeiten nicht betrieben wird, ist der Umstand, daß die beklagte Partei die Geschäftsräumlichkeiten nicht geräumt hat, für einen Pachtzinsentgang der beklagten Partei nicht kausal, weshalb auch das Zahlungsbegehren nicht berechtigt ist.

Aus diesen Gründen war der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E25138

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0020OB00522.91.0313.000

Dokumentnummer

JJT_19910313_OGH0002_0020OB00522_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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