TE OGH 1991/3/20 3Ob512/91

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Veröffentlicht am 20.03.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Außerstreitsache der Hinterlegerin D*****Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17 - 19, 1011 Wien, wider die benannten Gegner 1. Adam W*****,

2. Friederike K*****, und 3. *****N*****, wegen der gerichtlichen Verwahrung eines Ölgemäldes, infolge Revisionsrekurses der gerichtlich bestellten Verwahrerin D*****Gesellschaft mbH, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 19. Dezember 1990, GZ 43 R 848/90-11, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 14. November 1990, GZ 3 Nc 65/90-6, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Hinterlegerin wandte sich im Mai 1990 mit dem Antrag auf gerichtliche Verwahrung nach § 1425 ABGB an das Erstgericht und behauptete, sie habe das von der als zweite Gegnerin benannten Person eingebrachte Ölgemälde bei der Kunstversteigerung am 15. März 1990 dem ersten Gegner zugeschlagen, sei aber am nächsten Tag verständigt worden, daß der als dritter Gegner benannte fremde Staat Eigentumsrechte an dem Bild geltend mache, weil es während des zweiten Weltkriegs illegal beschlagnahmt worden sei. Da die Hinterlegerin mit den einander ausschließenden Herausgabeansprüchen der mehreren Forderungssteller konfrontiert werde, werde beantragt, die gerichtliche Verwahrung anzunehmen und das noch in der Kunstabteilung befindliche Gemälde der Hinterlegerin in gerichtliche Verwahrung zu überlassen.

Das Erstgericht nahm die Hinterlegung an, bestellte die Hinterlegerin zum Verwahrer und trug ihr auf, das Bild in Verwahrung zu nehmen und gehörig instandzuhalten. Die Ausfolgung komme nur über gemeinsamen einverständlichen Antrag der Erlagsgegner oder auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zustande.

Am 12. November 1990 teilte die Verwahrerin dem Gericht mit, daß die halbjährige Aufbewahrungszeit für den Aufbewahrungsschein mit 23. November 1990 ablaufe und ersucht werde, die hiefür anfallende Gebühr von S 40.120,-- für die Prolongation der Aufbewahrung zu überweisen.

Das Erstgericht bestimmte die Gebühren des Verwahrers mit S 40.120,-- und ordnete die Auszahlung aus den Amtsgeldern des Gerichtes an.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß über den Rekurs einer Antragsgegnerin dahin ab, daß der Antrag der Verwahrerin, das Gericht wolle die für die Prolongation der Aufbewahrung anfallende Gebühr von S 40.120,-- (fällig am 23. November 1990) bezahlen, abgewiesen werde. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und daß der ordentliche Revisionsrekurs "zugelassen" werde. In der Sache meinte das Rekursgericht, die Kosten der Verwahrung nach dem § 1425 ABGB seien vorläufig vom Hinterleger zu tragen. Es fehle an einer gesetzlichen Vorschrift, daß das Erlagsgericht diese Kosten vorschieße. Da die Verwahrungsgebühren der Verwahrerin weiter laufen, sei Entscheidungsgegstand nicht bloß der Teilbetrag von S 40.120,--. Zentrale Rechtsfrage sei die Rechtsstellung des gerichtlichen Verwahrers.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Finanzprokuratur unter Berufung auf ihre Vertretungsbefugnis nach § 7 DorotheumG für die Hinterlegerin (= zugleich Verwahrerin) mit dem Ziel erhobene Revisionsrekurs, daß der Beschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt werde und der Bund die Kosten der Verwahrung trage, ist entgegen ihrer und der Ansicht des Rekursgerichtes jedenfalls unzulässig. Im Hinterlegungsverfahren sind die Allgemeinen Anordnungen der §§ 1 bis 19 AußStrG anzuwenden, also auch § 14 Abs 2 AußStrG idF des Art II WGN 1989. Der Revisionsrekurs ist danach jedenfalls unzulässig, wenn der Verfahrensgegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat (Entscheidungsgegenstand), an Geld oder Geldeswert S 50.000,-- nicht übersteigt, wobei die §§ 54 Abs 2, 55 Abs 1 bis 3, 56 Abs 3, 57, 58 und 60 Abs 2 JN sinngemäß anzuwenden sind (§ 14 Abs 2 Z 1 AußStrG), weiters über den Kostenpunkt (§ 14 Abs 2 Z 2 AußStrG), über die Verfahrenshilfe und über die Gebühren der Sachverständigen (§ 14 Abs 2 Z 3 und Z 4 AußStrG). Der Entscheidungsgegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, betraf allein den von der Verwahrerin erhobenen Anspruch auf Zahlung einer als Verwahrungskosten begehrten fälligen Gebühr für die halbjährige Verwahrung von S 40.120,--, also einen S 50.000,-- nicht übersteigenden Geldbetrag. Auch handelt es sich um Kosten. Letzteres wurde für im Exekutionsverfahren aufgelaufene Kosten der Verwahrung bereits mehrfach ausgesprochen (JBl 1959, 317; RPflSlgE 1978/5; zuletzt 3 Ob 113/90). Unter diesen Rechtsmittelausschluß fallen alle Sachentscheidungen über Kosten, gleich, ob es sich um ihre Bemessung oder darum handelt, von wem oder aus wessen Mitteln die Kosten zu erstatten sind oder wem Kosten zustehen (Heller-Berger-Stix 666; Jud 4 neu = SZ 2/143). Die Unanfechtbarkeit der Entscheidung im Kostenpunkt ist im Verfahren außer Streitsachen in gleicher Weise zu beurteilen wie im Prozeßverfahren (vgl zu § 528 Abs 1 Z 2 ZPO vor WGN 1989 = nunmehr § 528 Abs 2 Z 3 ZPO idF WGN 1989: NZ 1967, 11). Der umfassende Ausschluß jeder Anrufung des Obersten Gerichtshofes im Kostenpunkt nach § 14 Abs 2 Z 2 AußStrG idF WGN 1989 kann daher auch nicht dadurch überwunden werden, daß das Rekursgericht meinte, es gehe weniger um die Kosten (Gebühren) der Verwahrung als um die Rechtsstellung des Verwahrers. Es ist in Wahrheit nur strittig, ob die Kosten des Verwahrers vom Hinterleger zu tragen oder aus Geldern des Bundes vorzuschießen (und allenfalls von der Hinterlegerin oder sonst einer nach § 2 Abs 1 GEG ersatzpflichtigen Person sodann einzuheben) sind. Stets handelt es sich dabei um eine Frage im Kostenpunkt in der in der Rechtsprechung einhellig umfassend erblickten Abgrenzung.

Es trifft aber auch nicht zu, daß der Wert des in Geld bestehenden Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt. Eine Bewertung hatte, weil der Entscheidungsgegenstand ausschließlich in dem von der Verwahrerin vom Erlagsgericht geforderten Geldbetrag bestand, nach § 13 Abs 1 Z 1 AußStrG idF WGN 1989 zu unterbleiben. Der Ausspruch kann den Obersten Gerichtshof nicht binden. Da es sich bei der Entscheidung über die Kostenforderung der Verwahrerin um einen vermögensrechtlichen Anspruch und um keinen gesetzlichen Unterhaltsanspruch handelt, trifft auch die Ausnahme des § 14 Abs 3 AußStrG nicht zu, wonach in diesen Fällen der § 14 Abs 2 Z 1 AußStrG nicht gilt.

Es wurde auch nicht nur der Teilbetrag einer höheren Geldforderung geltend gemacht (§ 55 Abs 3 JN), sondern die Verwahrungsgebühr für einen bestimmten Zeitraum. Daß weitere gleichartige Forderungen künftig geltend gemacht werden könnten, hat nicht damit zu tun, daß die fällige Verwahrungsgebühr für eine Periode zur Gänze beansprucht wurde. Auch bei wiederkehrenden Leistungen, wie etwa bei einem Bestandverhältnis, sind bei Einforderung des Miet- oder Pachtzinses für einen bestimmten Zeitraum nicht weitere Bestandzinse für künftige Zeiträume hinzuzurechnen. Für die wegen § 14 Abs 3 AußStrG in diesem Zusammenhang nicht bedeutsame Bewertung gesetzlicher Unterhaltsansprüche sieht § 58 Abs 1 JN eine Sonderregelung vor. Bei anderen wiederkehrenden Leistungen kommt es auf das Entstehen eines höheren Anspruches an, um von Teil-Geltendmachung sprechen zu können. Es muß daher auch hier die Frage auf sich beruhen, ob die Ansicht, daß die für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof erhebliche Wertgrenze des Entscheidungsgegenstandes des Gerichtes zweiter Instanz nicht auf den Streitgegenstand im Sinne des § 55 Abs 3 JN, sondern nur auf den tatsächlichen Entscheidungsgegenstand der zweiten Instanz (so etwa 3 Ob 1506/84) abstellt, unter Zugrundelegung der Rechtslage nach WGN 1989 aufrecht zu halten ist (AnwBl 1991, 109 = 3678).

Da ein Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist, kann auf die im Rechtsmittel aufgeworfenen Fragen der Stellung des im Rahmen des gerichtlichen Hinterlegungsverfahrens bestellten Verwahrers nicht eingegangen werden. Die dort wegen des zugegebenen Fehlens der gesetzlichen Grundlage für Kosten des Verwahrers nach § 1425 ABGB gestellte Forderung nach analoger Anwendung der für Sachverständige geltenden Bestimmungen (GebAG) müßte wieder dazu führen, auch noch den Rechtsmittelausschluß für alle gerichtlichen Aussprüche, die sich auf Sachverständigengebühren beziehen (vgl Fasching, ZPR2 Rz 2021; 3 Ob 113/90), anzunehmen.

Anmerkung

E25628

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0030OB00512.91.0320.000

Dokumentnummer

JJT_19910320_OGH0002_0030OB00512_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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